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R Ü S T U N G   2 0 0 7

 

 

Zukunft Luftmacht: jault

29. Januar 2008

Zu Zeiten, in denen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und sein Führungsstab (Fü S) am Erlass “Bundeswehrplan 2009” basteln, bewerten die Teilstreitkräfte schon die Wunden, die ihnen geschlagen wurden. Damit werden sie bei oberflächlicher Betrachtung keine rechte Zustimmung finden, denn im Bewusstsein solcher Betrachter wäre nach der massiv erscheinenden Erhöhung der Verteidigungsausgaben in 2008 eigentlich alles im Lot.

Dass das mitnichten der Fall ist, zeigt ein Blick in die Bewertung der Zukunft, wie ihn die Luftwaffe angestellt hat:

  • “Die im BwPlan 2008 für die Luftwaffe erheblichen Einschnitte konnten .. nur zum Teil korrigiert werden ...
    Abzusehen aus konzeptioneller Sicht sind nach wie vor signifikante Lücken in wesentlichen Teilfähigkeiten und infolgedessen substanzielle Defizite in Kernkompetenzen von Luftmacht ...
    Dies gilt ... insbesondere für die Durchhaltefähigkeit. Diese Entwicklung birgt auch weiterhin sowohl im Bereich RüInvest als auch Materialerhaltung Luftfahrzeuge neben operationell nicht hinnehmbaren Einschränkungen mittelfristig die Gefahr struktureller Konsequenzen.”
     
  • Zu den einzelnen Fähigkeitskategorien findet man:

    - Wirksamkeit im Einsatz

    “Zudem bleibt eine zeitliche Verschiebung bezüglich des Erreichens der vollen Einsatz- und Koalitionsfähigkeit mit Blick auf internationale Verpflichtungen weiterhin bestehen. Dies kann aus konzeptioneller Sicht nicht mitgetragen werden ...

    Der pünktliche Zulauf der 3. Tranche (Eurofighter) mit einer zukunftsfähigen Ausstattung, ohne Obsoleszenzen, beispielsweise beim Radar, ist eine Grundvoraussetzung für den Erhalt des erforderlichen Fähigkeitsspektrums im Bereich Luftangriff und Luftverteidigung ...

    Der resultierende verspätete Zulauf von geringen Bewaffnungsumfängen beeinträchtigt die Einsatzfähigkeit, beeinflusst eingegangene internationale Verpflichtungen und schränkt die Durchhaltefähigkeit im Einsatz ein ...

    Das System Flugabwehr (SysFla) zur Luftverteidigung im Nah- und Nächstbereich ... ist nur mit seinen stationären Komponenten in einer Anfangsfähigkeit berücksichtigt. Der FüS-seitigen nichtsetzung der komplementären und daher ebenso erforderlichen mobilen Waffenplattform kann aus konzeptioneller Sicht nicht gefolgt werden.”

    - Überlebensfähigkeit und Schutz

    “Die Umsetzung der gesetzlichen Auflage zur MODE S-Befähigung für C-160 TRANSALL kann nicht mehr zeitgerecht realisiert werden. Es sind daher signifikante Einschränkungen der Einsatzfähigkeit der C-160 TRANSALL zu erwarten ...”

    - Nachrichtengewinnung und Aufklärung

    “Die Abbildung UAV HALE SIGINT (unbemannter Hochflieger mit grossen Lauschohren) konnte wiederum nicht bedarfsgerecht erfolgen ... als schwerwiegend zu bewerten.”

    - Unterstützung und Durchhaltefähigkeit

    “Trotz der u.a. zur Umsetzung luftfahrtrechtlicher Auflagen erforderlichen Beschaffung der 2. Lose Feuerlöschfahrzeuge wurden diese Vorhaben durch Fü S nicht gesetzt.”
     
  • “Der Ausgabenbereich Materialerhaltung fliegender Waffensysteme ist auch dieses Jahr nicht bedarfsgerecht abgedeckt ... Er liegt ... auf einem so niedrigen Niveau, dass die bestehende Flugstundenkontingentierung, trotz laufender Einsätze, nicht zu Gunsten einer im Sinne der Durchhaltefähigkeit breiter gefächerten einsatzorientierten Ausbildung aufgehoben werden kann. Die in Folge über die Jahre akkumulierenden Beeinträchtigung der Ausbildung sind in ihrer Bedeutung für die Einsatzfähigkeit als zunehmend kritisch zu bewerten.”
     
  • “Im Ergebnis liegt, trotz konsequenter Priorisierung und Schwerpunktsetzung, der unabweisbare Mindestbedarf für Militärische Beschaffungen der Luftwaffe signifikant oberhalb des zugewiesenen Plankostenrahmens.”

Ein durchgekühlter Lehnstuhl-Stratege würde natürlich über solche Einzelschicksalstränen hinwegsehen. Wenn man sich  um “internationale Verpflichtungen” nicht mehr schert, liegt das vielleicht im Zeitgeist? Wenn aber per Gesetz vorgeschriebene Ausrüstungsgegenstände nicht mehr beschafft werden können (TRANSALL, Feuerlöschfahrzeuge), sollte die entspannte Schaukelei ein Ende finden.

{Don Quichotte jault: “Begrabt meine Konzeption an der Biegung des Flusses”}

 

48. HiTaTa: H.S. (und Nachtrag 24.1)

22. Januar 2008

Wer zulange keine gute Seeluft geschnuppert hat, sollte auf
http://www.dmkn.de/1779/ruestung.nsf/News/626F20D537985936C12573D10004572A
nachlesen, was die oberste Führung der Deutschen Marine am 9./10. Januar 2008 in Warnemünde auf der 48. “Historisch-Taktischen Tagung” (HiTaTa) zu sagen hatte.

Die gebotenen Vortragstexte des Inspekteurs der Marine, Vizeadmiral Wolfgang Nolting, und des Befehlshabers der Flotte, Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker geben zu Vergangenem und Zukunft der Marine gute Einsichten; als Motto hatte man gewählt: “Vom Rand in den Focus”:

  • Bei Nolting findet man:
    “Denn auch wenn wir mit F 125, K 130, dem 2. Los U 212 Verträge für hochmoderne Einheiten abschliessen konnten, die Qualität der abgelieferten Einheiten bereitet uns fast regelmässig Kopfzerbrechen.”;
     
  • Stricker wird genauer:
    - Er erkennt “Licht am Ende des Tunnels”, dass die bereits 2005/6 in Dienst gestellte F 124 im ersten Halbjahr 2010 ihre “Full Operational Capability” erreicht.
    - Er unterstützt “ den Willen des Amtschefs Marineamt, der Flotte nur eine voll funktionsfähige, den Spezifikationen entsprechende Korvette zur Verfügung zu stellen. Derzeit existieren noch ca. 30 abnahmehemmende Punkte. Diese Einzelbeanstandungen müssen vor Abnahme zwingend beseitigt werden.”
    (Die Übernahme der K 130 war für Mai 2007 terminiert; sie soll nun im April 2008 - oder so - erfolgen);
     
  • Die kostentreibende Havarie-Bilanz der Marine in 2007 wird von den Admiralen adäquat abgearbeitet und gibt auch generell wertvolle Tipps für Unfallforscher:
    Stricker:
    “Als Ursache für Havarien ist das unzureichende Führungsverhalten dabei fast doppelt so häufig vertreten wie das unzureichende Handlungsverhalten ... Das festgestellte Fehlverhalten ist dabei in folgender Reihenfolge zurückzuführen auf:
    1. Einstellungsmängel
    2. Erfahrungsmängel
    3. Ausbildungsmängel”;
     
  • Den augenscheinlich vorherrschenden “Geist” in der “Einsatzmarine” kontert Stricker mit der Forderung, “unseren Kommandanten weitestgehend den Rücken frei zu halten, damit sie sich ihrer originären Aufgabe widmen können ...
    “Wir brauchen hier auch die Unterstützung durch den Fü M und das BMVg. Alle sind aufgefordert, den Einsatz der Bw nicht so intensiv regeln zu wollen, dass er nicht mehr stattfinden kann.”

Der Kern der bisher immer geschickten Präsentation der Marine-Interessen ist aber ihre neue Konzeption “Basis See”. Dazu muss man das Referat von Karsten Schneider, Kapitän z.S. und Referatsleiter im Führungsstab der Marine (Fü M III), lesen, den der triphibische Gedanke, von Ruge bis heute, umzutreiben scheint.

Verschlafen hat unsereins, dass der Generalinspekteur die “Konzeptionelle Grundvorstellung ‘Die See als Basis für streitkräftegemeinsame Operationen’, Basis See” am 12. Dezember 2007 unterzeichnet hat. Das wird von der Marine als Vorteil vor allen anderen Teilstreitkräften gefeiert und fördert zukünftige Rüstungsprojekte, die man in den Vorträgen wiederfindet:

  • Admiral Nolting stellt fest, dass die “Tanker” der Marine (gemeint sind die 6 Tender der 1993/94 gelieferten ELBE-Klasse? Nein, siehe Nachtrag) “anstelle von Kampfschiffen” zu einer “spürbaren Entlastung geführt (haben)”.
    “Ggf. müssen wir daher auch einmal andenken, ob die Beschaffung von zwei neuen Einheiten dieser ‘High Valuable Units’ nicht auch einen notwendigen und langfristigen Erhalt wesentlicher Fähigkeiten unserer Marine bedeutet.”
     
  • Marine-Stabsvordenker Schneider wertet den mit dänischen Firmen abgeschlossenen 10 Mio.-EUR-Vertrag über zivilen Zugriff auf gewerblichen Seetransport als “bedrohungsfrei” ab und empfiehlt GMSV: “Gesicherte Militärische Seeverlegefähigkeit”, die “800 Soldaten mit ihrer Ausstattung an Bord” unterbringt.

    Dazu lässt K.z.S. Schneider noch aufblinken, was die “Basis See” noch zu bieten hat (S. 12): “... Theatre Ballistic Missile Defense ...”
    (Tipp: Die “Basis See” bietet mit “Standard Missille III” eine TBMD, die unter Pfarrerstöchtern eigentlich recht ordentlich bewertet wird).

Kurzum: HiTaTa ist nicht nur eine so spassige Abkürzung, sondern ein richtiges Event.

{Danke, H.S.: Ohne Deine Hilfe sähe ich alt aus}

P.S.: “Unter die Räder kommen” wollte Stricker nicht, dass die “Sea King” 96 SAR-Missionen geflogen haben und dabei “46 Personen aus Notlagen befreit wurden”!

Nachtrag 24.1.:

Von der sachkundigen Küste ist uns MOIN MOIN zugerufen worden:

“Admiral Nolting meinte mit "Tanker" mit Sicherheit nicht die Tender Kl 404, sondern die beiden "Betriebsstofftransporter" Kl 704 (RHÖN und SPESSART). Beide Schiffe sind umgebaute (militarisierte) zivile Tankschiffe, die zivil bemannt sind und die tatsächlich heiß begehrt sind in aller Welt (militärische Tanker-Kapazitäten sind überall knapp). Die Einheiten absolvieren daher auch permanent ein Fahrprogramm, daß vollgestopft ist mit Deployments u.a zu OEF, OAE und SNMG.

Tatsächlich gibt es wohl keine Einheit der Flotte, die "more bang for the buck" liefert, als diese beiden Schiffe. Vergleichbares hat die RN mit den RFA und die USN mit dem MSC.
Mehr Infos gibt es hier:
http://en.wikipedia.org/wiki/Rh%C3%B6n_class_tanker
oder hier:
http://www.marine.de/01DB070000000001/CurrentBaseLink/W269DBYZ949INFODE”

 

Boeing goes UK: GE?

20. Dezember 2007

Sorry, schon im betrunkenen Status erreicht uns die “Defense News”-Meldung, dass BOEING ab dem 1. Januar 2008 mit 150 Beschäftigten BOEING UK aufmachen wird.

Seit wann müsste jeder Global Player der Rüstungsindustrie wissen, dass er in UK nur dann Geschäfte machen kann, wenn er UK-based ist? Wie laut soll das britische Imperium noch hinausposaunen, dass britische Rüstungsaufträge nur zugunsten britischer Arbeitsplätze zu erhaschen sind? Wann wird sich dies in den Rüstungskonzernen (z.B. in Deutschland) entsprechend “herumsprechen”?

Journalisten haben (irgendwo zu recht) das Image, dass sie ganz unglaubliche Klugscheisser sind. Uns fehlt leider eine Studie, die (post mortem) belegt, dass unsere Ahnung von der “Aufstellung” manch einer Formation doch so falsch nicht sein kann.

{Gute Frage: Warum macht BOEING nicht GE auf?}

 

Unbemannte Systeme: U-what?

19. Dezember 2007

Im Prekariatsdeutsch würde man sagen, dass das ein ganz fettes Teil ist, was Clapper, Young, Cartwright und Grimes den Freaks unter den Weihnachtsbaum gelegt haben: Die Strassenkarte für Unbemannte Systeme, 2007 - 2032” (188 Seiten, 12 MB):
http://www.acq.osd.mil/usd/Unmanned%20Systems%20Roadmap.2007-2032.pdf

Bürokraten, Strategen, Forscher, Buchhalter und alle Militärstäbe müssen sich das abladen:

  • Allein die Finanztabelle (pdf-Seite 24) gibt Stoff genug für x Rechnungen;
     
  • Militärs aller Teilstreitkräfte und Analysten in Rüstungskonzernen werden gleich auf die pdf-S. 35/36 schauen, ob sie wirklich alles im Portfolio haben;
     
  • Ab pdf-Seite 57 erfährt man alles, was man zu den technologischen Herausforderungen schon immer wissen wollte;
     
  • Das Kapitel 7 (ab pdf-S. 69) ist hochinteressant: Man zähle nach, wie oft “Germany” im Vergleich zu anderen Mitbewerbern in Sachen “internationale Kooperation” vorkommt, und beachte die Kooperationsanstrengungen der U.S.-Seite sowie deren Folgen;
     
  • Auch ganz zivile Freaks werden ihre Freude an den rund 100 Seiten haben, die alles auflisten, was heutzutage schon in der Luft (UAS), am Boden (UGV), über (USV) und unter Wasser (UUV) kreucht und fleugt und weucht (w wie Wasser).

Für die EDA (EU-Verteidigungsagentur) hätten wir auch einen schönen Auftrag: Vergabe einer gut dotierten Studie, die innerhalb eines halben Jahres, wenigstens für die 6 LoI-Staaten, anhand des U.S.-Roadmap-Formulars alles ermittelt, was die Europäer immer schon zu diesem Thema wissen wollten (und das Teil kommt dann auf die Website der EDA!). Ach nee, wir sollten die vorweihnachtliche Freude doch nicht zu weit treiben.

{Denk mal lieber nicht dran, was nicht auf dem fetten Gabentisch liegt}

 

Rüstungsexport: offen

18. Dezember 2007

Deutscher Rüstungsexport ist natürlich ein Reizwort. Liest man den neuesten Rüstungsexport-Bericht der Bundesregierung zum Jahr 2006:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/ruestungsexportbericht-2006,property=pdf,berei ch=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf
und die Kritik der “Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung” (GKKE) dazu:
http://www3.gkke.org/fileadmin/files/publikationen/REB_2007.pdf ,
wird man schon leichte Schwierigkeiten der Einordnungssauberkeit haben.

Wenn man sich beeilt, wird man noch den Kommentar eines “alten” Rü-Ex-Experten finden, Otfried Nassauer, auf ZEIT-Online (Nein, um 5 Uhr, 18.12., muss man schon die Suchmaschine bemühen, ihn zu finden):
http://www.zeit.de/online/2006/39/Ruestungsexporte

Am 18.12, 5 Uhr präsent ist allerdings noch Michael Schlieben:
http://www.zeit.de/online/2007/51/deutsche-ruestungsexporte
Seine Breitseiten mit den Zitaten des evangelischen Prälaten Stephan Reimers krachen so, dass man ihnen eine längere “best before” gewähren will.

Ob man selbst zu sauberen Einordnungskriterien in Sachen Rüstungsexport findet, bleibt offen:

  • Wenn man den Rüstungsexport in NATO/EU-Staaten (und “Gleichgestellte”) in Frage stellt, kann man gleich wie Harpe Kerkeling banal schreiben: “Ich bin dann mal wech”;
     
  • Wenn man liest, dass Staaten wie Indien in der Kategorie “Entwicklungsländer” mit den dazugehörigen Einstufungskriterien abgehandelt werden, kommt Widerspruchsgeist auf;
     
  • Unbeantwortet bleibt die Frage, ob Staaten, die angesichts unserer demokratischen Korrektheitsansprüche am unteren Ende ansiedeln, nicht doch irgendwo das allseits bekannte Sicherheitsproblem haben. Anders ausgedrückt: Gibt es Regierungen, die angesichts ihrer immensen innergesellschaftlichen Probleme mit einem kläglichen Rest von Fassade das Abgleiten in den gefallenen Staat verhindern wollen (zugegeben, ganz schwierig).
     
  • Wenn man Israel allerfeinste U-Boot-Technologie auch noch im quasi “Offset”-Verfahren “schenkt”, merkt man spätestens, dass es strategisch-politische Mega-Sätze gibt, die man durchaus zu bekennen bereit sein sollte;
     
  • Uns aufstösst wieder: Wenn nach den diversesten Einstufungen Deutschland mit seinem Rüstungsexport bis zu 7,7 Mrd. EUR “betriebs”/gesamtgesellschaftlich einspielt, sind seine Bundeswehr-Rüstungen mit 4 - 5 Mrd. EUR wie einzuordnen?

{Idee für eine Polit-Soap: “Wie würden Sie entscheiden”?}

 

U.S.-Rüstungssuche: wagen

14. Dezember 2007

Auch dieses Jahr haben wir uns genauer angeschaut, was sich das U.S.-Verteidigungsministerium vom ausländischen Rüstungsmarkt zu konkurrenzierenden Tests ausgesucht hat (FCT - Foreign Comparative Testing Programs) und welche Rüstung sie als Herausforderung betrachtet (DAC - Defense Acquisition Challenge).

Für das U.S.-Haushaltsjahr 2008 sind 29 Neubeginner verzeichnet (“Germany” ist mit Abstand quantitativer Spitzenreiter - 6x Kandidat):
http://www.defenselink.mil/news/d20071213Maka.pdf

Natürlich erscheinen viele Projekte als Kleinkram, aber einige sind richtig heftig:

  • Gleich die erste Position, “Hard Body Armors”, hat erhebliches Markt-Potential (mit “Germany”);
     
  • Das DAC-Projekt “IP-Interface zu Tactical Data Links” ist sicher ein Hit;
     
  • Wer die 120mm-Mehrzweckmunition für den “Abrams” hinbekommem würde, kann eine ordentliche Serienfabrikation erwarten (mit “Germany”, sicher RHEINMETALL);
     
  • Das hindernisvermeidende SONAR für Unterwasser-Vehikel (DAC) wäre eine Hausaufgabe für ATLAS, Bremen?
     
  • Nachdenkenswert ist die Position “40MM Extended Range Marking - Germany”:
    Eine 40 mm-Granatwerfer-Munition mit einem “blunt-trauma impact”, die Personen und Material mit sichtbaren/infraroten, nicht-tödlichen Stoffen zwecks Verfolgung “markiert” (kann nur ein Typ aus der 40mm-Munitionspalette von RHEINMETALL sein). In der Bundeswehr wird wahrscheinlich niemand laut sagen mögen, dass man sowas auch haben will (kann man aber unterhalb der parlamentszustimmungspflichtigen 25 Mio. EUR-Grenze “unter dem Ladentisch” kaufen).
     
  • Ein absoluter Renner müsste das japanische 3D-Liquid Crystal Display werden. Wer den Anbieter herausfindet und gut recherchiert, sollte den Gang an die Börse erwägen - bitte aber nur mit Spiel-Kapital.

{Wagst Du schon oder verlierst Du noch?}

 

Streumunition: Kultur

10. Dezember 2007

Die dritte internationale Konferenz über “cluster munitions” ist am vergangenen Wochenende zumindestens mit einem Erfolg zu Ende gegangen: Die österreichische Regierung hat als 2. nach der belgischen erklärt, dass sie einen Gesetzentwurf zur vollständigen Beseitigung jeglicher Streumunition einbringen will.

Zunächst sollte man erinnern, dass die Minen-Gegner zu recht 1996 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden sind. Nicht umsonst gilt das
“Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte” vom 10. Juni 1977 (mit dem Bundesgesetzblatt 1990, BGBL. II, S. 1551)
hierzulande als in Kraft getreten. Es ist somit auch das “Massblatt” für Rüstungsprojekte, militärische Einsatzverfahren etc. Dass herkömmliche Streumunition mit ihren Wirkungseigenschaften gegen dieses gültige Völkerrecht verstösst, steht ausser Frage.

Wer sich auf www.landmine.de oder www.stopclustermunitions.org mit der derzeitigen Problematik beschäftigt, wird allerdings herausfinden, dass sich die von vielen Kulturschaffenden (lies z.B. das Anne Will zugeschriebene Zitat) unterstützte Aktion auch gegen Submunition ausspricht, die die zu recht zu beklagenden Wirkungseigenschaften durch Anwendung modernster Technologien vermeidet; solche Streumunition enthält Selbstzerstörungsmechanismen, die eine Schädigung der Zivilbevölkerung mit einer Fehlerrate um 1% ausschliessen (die zugrundeliegende Problematik wird nicht entschärft, wenn man auf die 10%ige Fehlerrate im Libanonkrieg hinweist).

Selbstzerlegend ist allerdings auch die Geschicklichkeit, die landmine.de z.B. mit dem vorgegebenen Text für die angebotene Protestmail an den Deutschen Bundestag zwecks eines Resolutionsentwurfes (oder der Rüstungsindustrie) offenbart. Wer - aus welchen Gründen auch immer - nicht den Krachpunkt des Problems mitbekommen hat, wird wie die Kulturschaffenden (und der 1 Million UnterzeichnerInnen) moralisiert indossieren.

Der Bundesregierung kann man nicht vorwerfen, dass sie das Problem nicht erkannt hat. Auf
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Presse/Meldungen/2007/071114-Streum unition.html
lernt man, dass sie sich sachlich festgelegt hat und, dass die Verhandlungen über dieses ernsthafte Problem im Rahmen der U.N. (CCW) nun aufgenommen werden (man muss aber genau lesen: siehe alternative Munition).

Wer “militaristisch” übermütig ist, wird den Grundsatz verkünden:
“Das Völkerrecht verbietet ganz und gar nicht den tödlichen Waffeneinsatz mit intelligenter Munition, die auf den gegnerischen Kombattanten zielt.”
Andersherum: Man wird keinem Kulturschaffenden weißmachen können, dass es in der Fraktion der Kriegshetzer, Rüstungsprofiteure und sonstiger mörderischer Elemente doch Menschen gibt, die den Krieg, wenn schon, dann rechtlich und mit “intelligenter Rüstung” führen wollen, “decisive” auf das schnelle Ende bedacht, damit - “nebenbei” - so wenig wie möglich zivile Opfer (auf beiden Seiten) zu beklagen sind.

{Bei Risiken und Nebenschäden fragen Sie Ihren Verstand oder Kultur}

 

Deutscher Rüstungskern: froh

21. November 2007

Es kann nur ein einziges Frohlocken geben über die
“Gemeinsame Erklärung des Bundesministeriums der Verteidigung und des Ausschusses Verteidigungswirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. zu Nationalen Wehrtechnischen Kernfähigkeiten”:
http://www.bmvg.de/portal/PA_1_0_P3/PortalFiles/C1256EF40036B05B/W2795HZA433INFODE/ Erkl%C3%A4rung+wehrtechnische+Kernf%C3%A4higkeiten.pdf?yw_repository=youatweb

Alle Beteiligten werden mit leuchtenden Augen die 4 Seiten verschlingen, hoffnungsfroh ein “historisches Dokument” so ablegen, dass man es zur Reklamation schnell zur Hand hat. Wer den meisterhaft im Sinne eines kräftigen “Sowohl als Auch”-Stils verfassten Text allerdings als Garantie-Urkunde begreift, sollte sich selbst Naivität attestieren.

Zur kühlen Urteilsfindung sollte man die “Anlage” studieren, die die “Wehrtechnischen Kernfähigkeiten” definiert und aufzählt, die auf S. 3 (unten) der Gemeinsamen Erklärung angesprochen wird, bei www.bundeswehr.de allerdings nicht mitgeliefert wird, aber hier zu finden ist.

Unsereins ist immer irritiert hinsichtlich der verehrten Leserschaft:
Versucht man, auch “Tante Emma” (sorry) zu erklären, was das alles bedeutet, schriebe man wie ein Wolf. Die Eingeweihten würden sich andererseits aber fragen, ob man wieder rhetorischen Schliessmuskelschwund hat, die “Flatworld” erklären will. Glückwunsch: Heute nicht (vgl. aber
dies).

{Es ist doch sehr subjektiv, über was man so froh ist}

 

Technologie-Strategie: Traum

15. November 2007

Man stelle sich vor, das Bundesverteidigungsministerium veröffentlichte ein 192-seitiges Positionspapier zur Strategie bezüglich der Entwicklung der deutschen Rüstungstechnologie, in dem ganz konkret das Konzept nachzulesen wäre!

Nein, das ist ein Traum. Aber die britische Regierung kann das:
http://www.science.mod.uk/
(das ist Modernität, Informationszeitalter, Demokratie etc.)

Umtriebigen Chefs muss man nur die pdf.-Seiten 170 - 176 in die Vorlagen-Mappe legen, damit sie ihren Wasserträgern entsprechende Analyse-Aufträge erteilen können. Zusätzlich sollte man noch die pdf.-Seiten 149 ff. überfliegen, die nicht in den o.a. Tabellen enthalten sind und sich mit dem wichtigen Thema “Emerging Technologies” beschäftigen. Lieblich ist, dass das britische Verteidigungsministerium eingesteht, dass es rüstungsrelevante Technologien geben könnte, die man nicht kennt (“unaware”, pdf.-S. 150, unten).

Das Bundesverteidigungsministerium fummelt seit rund drei Jahren an einem entsprechenden Konzept. Ausgeguckt wird es zwischen Würdenträgern des BMVg und des verteidigungswirtschaftlichen Arbeitskreises des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI). Vormals hatte man eine rund 130 Positionen umfassende Liste erstellt, die alle zu erhaltenden technologischen Kompetenzen nannte (streng vertraulich). Kritiker meinten allerdings, dass diese Liste nur das Spiegel-Bild aller deutschen Rüstungsfähigkeiten enthielt; jede Firma wollte sich wiederfinden und die Erhaltung (und Ausdehnung) ihres Geschäfts dokumentiert sehen.

Zu Jahresbeginn 2007 konnte man vernehmen, dass die 130er-Liste auf 30 Themen zusammengeschmolzen werden sollte; als Vorlage-Termin wurde das Jahresende 2007 genannt. Schon das Erlangen der 130er-Liste war für uns äusserst schwierig; hoffentlich fügt sich entsprechendes, wenn das neue BMVg/BDI-Papier vorliegt.

{Die Hoffnung kann gar nicht sterben}

 

Flugkörper-Szene: Grund (und Nachklärung 16.11.)

14. November 2007

Die zwei vergangenen Tage hat uns die Teilnahme an den Fachpressetagen der MBDA/LFK im weiten Schrobenhausen gekostet. Aber man hat sich gut orientieren können, wie es in der Flugkörper-Szene aussieht und welche Trends möglich sind. Die Einordnung der “Lenkflugkörper GmbH” (LFK) ist allerdings etwas kompliziert, langatmig erklärungsbedürftig:

  • Noch 2001 befand sich die LFK in “erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten” und wurde durch die EADS und MBDA “rekapitalisiert”. Danach folgte aber eine Flut von Aufträgen:

    - der rein deutsch entwickelte Marschflugkörper TAURUS, dessen bunkerbrechende Fähigkeiten einmalig zu sein scheinen, und dessen Fähigkeiten die U.S.-Rüstungsindustrie in den nächsten 5 - 10 Jahren nicht darstellen können soll, erbrachte mit einem Auftrag über 600 Stück 570 Mio. EUR;

    - An der Entwicklung des Luft/Luft-Flugkörpers METEOR (120 km Reichweite) ist die LFK massgeblich beteiligt;

    - 2005 erbrachte der heftig umstrittene Entwicklungsauftrag für MEADS 936 Mio. EUR für das Auftragsbuch;

    - zuletzt erbrachte der PARS 3 LR 218 Mio. EUR.

    Derzeit setzt die LFK mit 1.350 Mitarbeitern jährlich 500 Mio. EUR um, 50 % davon durch transatlantische Programme.
     
  • In 2006 schichtete die EADS ihre LFK in die MBDA ab, die wiederum 2001 aus den französischen MATRA, den britischen BAE Dynamics und der italienischen Alenia entstand. Anteilseigner der MBDA (über 10.000 Beschäftigte, 3,3 Mrd. EUR Umsatz) sind wiederum der britische Rüstungsriese BAE Systems und die EADS mit je 37,5 % und die italienische FINMECCANICA mit 25 % (siehe www.mbda-systems.com ).

    Die LFK wird einerseits von der MBDA als “MBDA Germany” dargestellt, legt aber andererseits grossen Wert darauf, noch nicht wirklich in den neben der U.S.-Firma RAYTHEON weltweit grössten Lenkflugkörper-Hersteller integriert zu sein. Dieser “Hintergrund” ist auf dem deutschen Vordergrund zu sehen:

    Die deutsche Rüstungs- und Industriepolitik möchte zu gern gegen die übermächtigen britischen, französischen und italienischen Potenziale einen deutschen Raketen-Standort erhalten, Kernkompetenz genannt, der sehr eng mit dem Begriff der (nationalen) “Wertschöpfung” verbunden ist. Natürlicher Verbündeter ist dafür die DIEHL-Defence, die als rein nationales und sehr ambitioniertes Familien-Unternehmen der LFK heftige Konkurrenz machen will. Alle Pläne, DIEHL und die LFK zu einem “German Missile House” zusammen zu schmieden, sind bisher gescheitert.

    Exemplarisch wird dieser Vordergrund auf dem Hintergrund des anstehenden Beschaffungsvorhabens MELLS deutlich, die Beauftragung für ein “mehrrollenfähiges tragbares Lenkflugkörpersystem”. Es ist zunächst die, vereinfacht gesagt, neue Panzerabwehr-Rakete, die auf den Schützenpanzer PUMA aufgesetzt werden soll; lt. Bundeswehrplan 2008 ist der Heereswunsch, auch die infantristischen Kräfte damit auszustatten, “nicht einplanbar” gewesen (die noch für 2007 ausgeworfenen 111 Mio. EUR entfallen und sind auf das Jahr 2013 verschoben).

    Für die LFK würde der PUMA/MELLS-Auftrag eine 5-Jahres-Auslastung bedeuten
    (siehe u.a. Nachklärung). Allerdings muss man die Aussichten des von ihr angebotenen Systems MILAN ADT-ER eher skeptisch beurteilen. Es scheint eine “Verschwörung” (siehe u.a. Nachklärung) von seiten der Heeresführung und der Administration zu geben, die dem von DIEHL geführten EUROSPIKE-Konkurrenten von vornherein den Vorzug gibt. In Wirklichkeit beruht dieser Konkurrenzkampf allerdings aufgrund einer jeweiligen Beurteilung verschiedener Leistungsparameter, die man je nach Lager gewichten kann. Nur erfahrene Mitarbeiter der “Stiftung Waffentest” wären vielleicht in der Lage, eine sachliche Empfehlung zu geben.

    Beim 2,4 Mrd. EUR-Projekt SYS FLA (System Flugabwehr), kann die LFK vielleicht Trost finden. Dass von ihr betriebene Projekt LFK NG (System Lenkflugkörper Neuer Generation), in Kooperation mit DIEHL, wird als “europäisches Pilotprojekt” klassifiziert.

Die “deutsche” Lenkflugkörper-Frage kann man als Paradebeispiel betrachten. Letztlich sind es nur emotionale Schwankungen zwischen nationaler Identität und europäischen Träumen, zwischen Zukunftsangst und optimistischen Hoffnungen - aber auch deutlichen Ambitionen; der eigenen Urteilsfindung ist das nicht besonders zuträglich.

{Welchen Vordergrund hat der Hintergrund vor dem Grund?}

(Nachklärung 16.11.: Wir sind von der LFK darauf hingewiesen worden, dass die “5-Jahres-Auslastung” genau beschrieben werden sollte: Sie wäre es nur unter der Annahme, dass einem deutschen Auftrag das dadurch geöffnete Export-Potential eingedacht würde; MILAN ADT-ER würde so grösster Auftragsposten der LFK werden können.

Der von uns verwendete Begriff “Verschwörung” habe keinerlei Grundlage in den LFK-Briefings. Klar bestätigt wird aber, dass die “Regeln des Wettbewerbs” nicht eingehalten worden seien.)

 

Raketenabwehr: Janein

31. Oktober 2007

Wer Lernbedarf bezüglich der technischen Aspekte und des naturwissenschaftlichen Hintergrunds der Raketenabwehr hat, sollte sich die 36 Seiten abladen, die Daniel Lübbert, Christian Behme und Felix Faltin vom “Wissenschaftlichen Dienst” des Deutschen Bundestages verfasst haben:
http://www.bundestag.de/bic/analysen/2007/Raketenabwehr.pdf

Aus dem letzten Absatz des Fazits ((pdf-Seite 34), der - wie die ganze Arbeit - sehr sauber und sachlich geschrieben ist, könnte sich man sich natürlich den genehmen Satz herauspicken, den man mag. Anderseits ist der Text ein Musterbeispiel für eine differenzierte und konditionierte Kommunikation, die unsereins generell empfiehlt.

{Deine Rede sei JA/NEIN, JA/NEIN, JA...}

 

Rüstungsbasis: Glocken

24. Oktober 2007

Eine herrliche Geschichte zum Thema Rüstungsindustrielle Basis meldet uns ein lieber Netzwerker aus Berlin: Der bei der EADS beheimatete, weltweit führende Hubschrauber-Produzent EUROCOPTER hatte zum Parlamentarischen Abend die Berliner Polit-Promis geladen. Lutz Bertling, CEO, trägt u. a. folgende Geschichte vor:

  • Die Japaner haben genau die zwei Firmen in Europa aufgekauft, die die kohlefaser-verstärkten Kunststoffe (CFK) herstellen, aus denen die rund 500 bestellten Hubschrauber des Typs NH-90 ganz wesentlich zusammengeklebt werden.

    Nach der CFK-Übernahme fragen die Japaner nun ganz unschuldig, wo denn die export-regulierende Vorschrift der EU oder Deutschlands sei (die es nicht gibt). Folge ist, dass bei EUROCOPTER ein Umsatz in Höhe von 2 Mrd. EUR im “limbo” rotiert.

Das Googlen nach den zwei Firmen haben wir nicht wirklich begonnen, das Fahnden nach den verantwortlichen “Idioten” schon gar nicht. Eines scheint aber sicher: Die blöden Amis sind von dem Problem nicht betroffen, weil sie eine Regierungsvereinbarung mit den Japanern haben, die die “security of supply” (das Stichwort für Fragen der Rüstungsbasis) gewährleistet.

Die Erkenntnis aus diesem Vorfall sollte Schule machen: Die Globalisierung verzeiht keinen Fehler.

{Tabea singt: “Schläfst Du noch? - hörst Du nicht die Glocken”?}

 

Rüstungs-Schau: Knall

19. Oktober 2007

Es gibt schon einige Gründe, sich ins niedersächsische Unterlüß (bei Celle) aufzumachen, um die “Live 2007”-Präsentation von RHEINMETALL Defence (Rh) zu erleben. Der grösste nationale Rüstungsproduzent (6.759 Mitarbeiter, 1.445 Mio. EUR Umsatz, 7,7 % Gewinn) hat nach 2005 zum zweiten Mal die Form gewählt, sich auf dem eigenen, 50 qkm-grossen Erprobungsgelände, mit seiner System-Palette sehr aufwendig zu präsentieren. Während der erste Tag den internationalen Gästen gewidmet war (Export-Anteil 63 %), war gestern die Prominenz der deutschen Bedarfsträger (Streitkräfte) und Bedarfsdecker (Rüstungsabteilung, BWB etc.) angereist.

Rund 150 Seiten braucht der Firmenkatalog, um die breite Produktpalette vorzustellen. Dass Geräusche einen besonderen Erfahrungseindruck hinterlassen, stellt man (ohne Ohrstöpsel) immer wieder fest:

  • Das “Live Firing” der 30mm-PUMA-Kanone, der sonstigen Kalibergrössen und der weltweit einzigen rückstoss-freien Maschinenkanone RMK 30 oder des 35mm-Skyshield-Systems erschüttert wirklich. Das lauteste System, der neue Mörser auf dem WIESEL-Kleinpanzer, ist dabei ein Fall für Sorge. Selbst im Firmenkatalog vergessen, wünscht sich das Heer das System, findet aber im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S) des BMVg keine Kameraden;
     
  • Im taktischen Bereich strebt Rh massiv System-Kompetenz an. Das Zauberwort von der netzwerk-basierten Operationsführung (NetOpFü) ist zu reizvoll, um es sich nicht zueigen zu machen. Folglich braust ein imposanter ziviler Flieger (Stichwort OPALE) mit dem von der KZO-Drohne übernommenen Sensor-Paket über dem Übungsgelände, um die Feldherrn-Befehle vorzubereiten;
     
  • Noch gestern haben wir uns für die Mikrowelle gegen Strassenbomben (HPM) erwärmt, bei “Rh-Live 2007” demonstrierte man, unter dem Kürzel HPEM, die “fertige” Hardware, natürlich mit Übungsknall.

Um wieder richtig ernst zu werden: Das Beispiel RHEINMETALL zeigt die Misere politischer Handlungsoptionen:

  • Die deutsche “rüstungs-industrielle Basis” ist - nur im europäischen - Vergleich - zu klein, um eine Überlebenschance auf lange Sicht zu haben. Wenn der tendenziös marode Rüstungstitel des Verteidigungshaushaltes nicht mehr die Finanzen hat, um wenigstens eine Referenz-Beschaffung der Bundeswehr als Ausweis für Export-Chancen auszustellen, ist längerfristig das Ende von einem Teil unserer Sponsoren (hier: DIEHL, KRAUSS-MAFFEI, RHEINMETALL) abzusehen. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung dieses Szenars fehlt noch. Dass eine unglaubliche Kompetenz verloren geht, wird kaum jemanden interessieren;
     
  • Um den absehbaren Trend zu kippen, ist letztlich schon eine Menge von Geld “in die Hand” zu nehmen. Man müsste sich exponieren, um im Subventionsbericht der Bundesregierung selbstbewusst aufzutreten.

{Muss man denn immer erst den Knall gehört haben?}

 

Schutz: lernen

18. Oktober 2007, Celle/Unterlüß

In den vergangenen zwei Tagen haben wir bei der “Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik” (DWT: www.dwt-sgw.de ) den Lernstuhl gedrückt. 27 Referenten aus den Bereichen Militär, Industrie und Wissenschaft haben das Kern-Thema “Schutz im Einsatz” umfassend ausgeleuchtet. Im Vordergrund standen die Bedrohungen der asymetrischen Kampftechniken der sog. “Opposing Military Forces” (OMF), auch als Terroristen bekannt, und ihre Bekämpfung: IED’s (improvisierte Sprengmittel, Strassenrand-Bomben), Selbstmord-Attentate, Mörser und kleine Raketen-Geschosse. Im Focus stehen insbesondere die IED’s, die Tausende Soldaten getötet und verwundet haben, und die Sprengstoff-Anschläge, die für die unbeteiligte Zivilbevölkerung verheerend sind:

  • Improvised Electronic Devices (IED)

    Ein Bw-Experte hat uns die Bekämpfungs-Grundsätze für IED’s so erklärt:

    - Zunächst muss ein umfassender Ansatz gewählt werden: Bekämpfung des Netzwerkes (Materialien, Beschaffung, Finanzen);

    - Von den Stäben vor Ort ist eine genaue Bedrohungsanalyse zu erstellen;

    - Neben den technischen Mitteln ist vor allem eine sehr intensive Ausbildung der Soldaten notwendig. Nach Einschätzung unseres Gesprächspartners könnten 60 % der Opfer dadurch vermieden werden (!!);

    Bei den technischen Gegenmitteln stehen die sog. Jammer im Vordergrund: Störsender, die das funk-elektronische Frequenzband im vorderen Umfeld eines Konvois spezifiziert und für kurze Zeit lahmlegen. In absehbarer Zeit wird die Bw in AFG 80 Jammer erhalten, die in Deutschland lizenz-produziert werden.

    Eine radikale Methode verfolgt eine Entwicklung von DIEHL. Mittels ausgestrahlter Mikrowellen (High Power Microwave, HPM) wird in einem weiten Umkreis jegliche elektronische Tätigkeit nachhaltig beendet. Einerseits möchten Planer der Bundeswehr HPM gern beschaffen, andererseits gibt es Bedenkenträger bei den Juristen, die HPM als “Waffe” einstufen und auf mögliche Kollateralschäden beim Einsatz im urbanen Gelände verweisen.
     
  • Sprengstoff-Detektion

    Der Höhepunkt des DWT-Forums entstand so: Etwas verzweifelt fragte der “fachlich Leitende”, Brigadegeneral Bühler (Fü S V, BMVg), ob nicht einer der Anwesenden im Saal eine Mögllichkeit sähe, das anscheinend Unmögliche zu realisieren, nämlich Sprengstoff auf weite Entfernung festzustellen. Nach einiger Ruhe meldete sich ein führender Mitarbeiter der “AIM Infrarot-Module GmbH” (DIEHL/RHEINMETALL) und bejahte dies mit einer kurzen, aber eindrucksvollen Begründung. Unter den weltweit ganz wenigen Firmen mit entsprechenden Fertigkeiten sei bekannt, dass durch eine Anwendung von Laser-Techniken das Frequenz-Spektrum von Sprengstoff ausgefiltert und durch Infrarot-Technik sichtbar gemacht werden könne (unsere Wortwahl).

{Man lernt doch gern}

 

Weltraum-Konzept: Trübsinn

13. September 2007

In den vergangenen zwei Tagen hat die “Studiengesellschaft der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik” ( www.dwt-sgw.de ) mit 25 Einzelvorträgen Interessierten vor allem der Bundeswehr und der Industrie ein Forum zum Thema “Nutzung des Weltraums” geboten.

Uns hat besonders beeindruckt:

  • Die Luftwaffe hat sich als deutlicher Treiber positioniert. Ihr stellvertretender Inspekteur, Generalleutnant Heinz Marzi, forderte, dass man eine nationale Initiative entwickeln und das nationale Interesse eindeutig definieren müsse.

    Praktisch fertig ist die AG “Weltraum” des BMVg mit ihrer dementsprechenden Arbeit, die vor allem von der Luftwaffe getragen wurde. Innerhalb der nächsten 6 Monate wird der Verantwortliche im Führungsstab der Streitkräfte, Oberst Wiermann (Fü S III), dem Generalinspekteur das Grundlagen-Papier “Konzeptionelle Grundvorstellungen der Luftwaffe - Weltraumnutzung Bw” präsentieren. Während Fragen wie raumbasierte Kommunikation, Navigation, Aufklärung und Lagebild als unbedenklich gelten, elektrisiert neben dem Thema Schutz von Satelliten vor Angriffen insbesondere der Abschnitt “Flugkörper-Abwehr”, volkstümlich Raketenabwehr genannt. Dass unsere französischen Freunde schon heute praktisch handeln, zeigt die Tatsache, dass sie 123 Mio. EUR aufwenden, um ihren ersten Test-Satelliten (SPIRALE) zur Frühwarnung vor Raketen-Angriffen ins All zu schiessen (ihre nationale Weltraum-Strategie soll auf der Internet-Seite des französischen Verteidigungsministeriums zu finden sein).
     
  • Spannung löste Hellmut Hoffmann, Verantwortlicher im Auswärtigen Amt, aus. Sein Ministerium sieht die diskutierten Fragen vor allem unter dem Aspekt der Rüstungskontrolle; die “Weaponization of Space” müsse verhindert werden. Prof. Kai-Uwe Schrogl vom “European Space Policy Institute” (ESPI) empfahl unter Hinweis auf die U.S.-Weltraumstrategie, dass sich die EU dagegen als “Wahrer” eines waffenfreien Raums aufstellen solle. Einigkeit herrschte insofern, dass das gültige Weltraum-Recht die Stationierung “konventioneller” Waffen nicht verböte.
     
  • Dem Referenten Sascha Lange, Wissenschaftler der “Stiftung Wissenschaft und Politik” (SWP), verdanken wir die Daten zur Situation der industriellen Konkurrenz-Trends in Europa:

    - Die französische Raum-Industrie setzt derzeit rund 2,1 Mrd. EUR um, ihr folgt die deutsche mit 700 Mio. EUR. Die mit uns bisher fast gleichauf liegenden Italiener scheiden mit der Verschmelzung der tragenden ALENIA mit THALES aus dem Zukunftsrennen aus. Wenn die Raum-Aktivitäten der SAGEM noch mit THALES verflochten werden, wird der Abstand zum deutschen Rest mit ASTRIUM (EADS) und dem quirligen “Fuchs” (OHB, Bremen) zum K.O.-Trend (die Briten wechseln im wesentlichen alles über die U.S.-Freunde ab).

    - Die gesellschaftlich leider unbeachtete deutsche Ingenieurskunst (hier: Weltraum) zeigt aber, dass mit den sehr mageren Finanz-Ressourcen (noch!) technologische Spitzenleistungen erbracht werden, die Weltrang geniessen.

{Trübsinn sollte man mit Ambitionen verscheuchen}

 

AGS/UAV: Neid

29. August 2007

Es ist ohne Zweifel peinlich, wenn man sich nach einem kurzen Zeitraum eingestehen muss, dass man daneben gelegen hat: Am 9. Juli 07 haben wir geschätzt, dass, nach dem Absturz der ambitiösen AGS-Lösung, der Zug in Richtung einer “europäischen” Lösung abfahren wird.

Nach Kenntnisnahme der gemeinsam vereinbarten Position des BMVg zur Zukunft des seit 1989 geforderten NATO-Projekts “Allied Ground Surveillance” (AGS) müssen wir feststellen:

  • Die Deutschen stehen zu einer “UAV-only”-Version von AGS, die eine Kauf-Version von 8 (acht) Fliegern eines verbesserten “Global Hawk”-Systems vorsieht. Die Industrie soll einen dementsprechenden Vorschlag unterbreiten; der Preis-Rahmen des zuletzt auf 3,3 Mrd. USD dotierten Programms soll auf die Ebene von geschätzten 1,1 - 1,6 Mrd. USD fallen.
     
  • Dass die Rolle Frankreichs (mit einem geplanten Anteil von 15 %) kritisch ist, wird in der Vorlage vermerkt; es will sich nur an dem Bodensegment (ein technologischer Leckerbissen) beteiligen.
     
  • Da die Deutschen im Bundeswehrplan seit Jahren 500 Mio. EUR für AGS eingeplant haben, wäre der bisher immer gebuchte Anteil von 18 % in Hinsicht auf die neuen Gesamtkosten (von maximal 1,6 Mrd. USD) locker zu bezahlen (288 Mio. USD), und ein französischer Gesamtausstieg sogar zu verkraften.
     
  • Obwohl die Einsatzreife von AGS auf 2017 terminiert ist, wird (nach unserer etwas unsicheren Erinnerung) der Bundestag bereits im Okt. d. J. eine entsprechende Informationsvorlage erhalten.
     
  • Meckerig könnte man anmerken, dass angesichts der Meldungen über die “einstürzenden Neubauten” der NATO Response Force (NRF) und der vermeldeten Rest-Alternativen in “Brigade-Stärke” das AGS-Projekt nicht doch etwas zu ambitiös erscheint.

Im nationalen UAV-Bereich, in dem es um die “abbildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes” (Kürzel SAATEG) geht, ist behäbiger Fortgang zu spüren. Die Luftwaffen-Führung hat dem Staatssekretär die “Realisierungsgenehmigung” auf den Schreibtisch geschaufelt. Wenn er abzeichnet, wird das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) das ganze Jahr 2008 benötigen, um die “Funktionale Forderung” zu tippen. Ende 2008 könnte das Parlament dann entscheiden, was der wehrtechnische “Klein-Fritzchen” ehedem weiss: Der “Predator” muss her (am besten gleich der REAPER). 2010 soll der erste Flieger landen, 2013 die restlichen vier.

Wer Modernitäts-Ambitionen hat und sieht, dass die Briten und die Italiener (!!) den Predator schon gekauft haben und irgendwie vor der Einsatzreife stehen, wird vor Neid platzen.

{Ist Neid die Mutter der Ambition?}

 

A 400 M: Flut

17. August 2007

Am 1. Dezember 2006 hatte die EADS die zweimonatige Überprüfung ihres A400M-Programms mit der Feststellung abgeschlossen, dass noch “Herausforderungen zu bewältigen” seien. Als “kritische Risikobereiche” wurden genannt:

  • - “Systemauslegung (insbesondere die Verkabelung),
    - die Reife der militärischen Missionssysteme,
    - Veränderungen am Triebwerk und
    - noch ausstehende Arbeiten an der Endmonatagelinie”.

In den Medien ist der Strom von Tartaren-Meldungen über Verzögerungen nie abgerissen. Zuletzt meldete FOCUS am 26.7.07, dass der Erstflug offiziell von April auf den Sommer 2008 verschoben worden sei. Der Fachinformationsdienst “Flugpost” von Peter Pletschacher notiert in seiner Ausgabe 31 vom 6.8.07, dass die “Triebwerksaufhängungen völlig neu entwickelt werden (müssten), weil die Vibrationen sehr viel grösser .. als angenommen” seien. Dazu haben wir die Information erhalten, dass das von der italienischen AVIO-Gruppe gelieferte Getriebe - Umsetzung der 11.000 Wellen-PS des Triebwerks TP400-D6 von EUROPROP auf den Mords-Propeller von RATIER-FIGEAC - mehrere Male “geplatzt” sei.

Plausibel ist der Gesamtzusammenhang: Wenn man ohne genauere Erfahrung im Turbo-Prop-Bereich das westlicherseits stärkste je gebaute Triebwerk mit einem Getriebe kombiniert, dass in der ersten Ausschreibung durchgefallen war, alles mit einem Riesenpropeller verbindet, muss konzeptionelle Leichtfertigkeit vibrieren.

In den Flüsterstuben Berlins hört man eine bedrohliche Reichweite von Verzögerungs-Angaben:

  • In “einfachen” Amtsstuben ist man sich “sicher”, dass es mindestens eine einjährige Verzögerung für den Militär-Transporter geben wird;
     
  • Seit längerer Zeit wird die zweijährige Liefer-Verzögerung kolportiert, von Experten und der hochrangigen politischen Ebene;
     
  • Bei der dreijährigen Variante ist die Ebene natürlich so hochpolitisiert, dass man den Versuch einer entsprechenden Stellungnahme gleich ganz vergessen kann.

Wo Verlierer sind, tauchen die Gewinner auf. Jeder Planer im Führungsstab der Streitkräfte des BMVg freut sich, dass der explodierende Finanzhunger des A400M-Projekts auf der Zeitschiene nach hinten verschoben werden könnte. So kann man die Not getrost auf die Zeit nach der eigenen Zurruhe-Setzung verschieben.

{Die Flut kommt nicht vor mir}

 

NATO/AGS: malträtiert

9. Juli 2007, Hannover

Eigentlich schon im Urlaub möchten wir doch noch melden, dass das sehr ambitiöse NATO-Projekt “Alliance Ground Surveillance” (AGS) halb tot ist. Am 25. Juni hat die AGS-Steuergruppe beschlossen, die “mixed fleet” aus Kostengründen (zuletzt 3,3 Mrd. USD) zu begraben. Damit sind die Airbus A 321 mit Radardome vom Himmel.

Nun werden 3 Optionen genannt:

  1. Kauf-Lösung “Global Hawk” mit bereits eingeführtem Radar;
     
  2. Kauf von acht UAV (aus dem Regal) und Entwicklung eines neuen Radars;
     
  3. Kauf von vier Regal-UAV plus vier UAV mit neuem Radar.

Die 1. Option scheidet praktisch aus, weil von ihr nur die U.S.A. profitieren würden.
Vor Beurteilung von Option 2 und 3 muss man sich fragen, was eigentlich mit “of the shelf”-UAV gemeint sein könnte:
Vom heutigen Standpunkt kämen dafür auch fast ausschließlich U.S.-Muster in Frage. Die EADS wird sich mit ihrem, erstmals auf der UAV-Fachtagung der DWT im Februar 07 vorgestellten, Konzept “Advanced UAS”, sicherlich bald unter die Regal-Anbieter einspleissen, denn 2012 könnte das Muster fliegen.

Zeitkritischer Punkt für dieses System ist die Neu-Entwicklung des Radars. Es soll ein elektronisch aktiv gesteuertes, synthetisches Radar (AESA) sein, welches gegenüber dem für die Aufgabe völlig ausreichendem konventionellen Radar eine ungefähr 10-fach höhere Stromaufnahme verlangt und entsprechende Wärme-Abstrahlung verkraften muss. Deshalb sagte auch ein EADS-Vertreter, dass das neue Radar die Zeitschiene auf 2014+ verschiebt.

Frankreich hat ein zentrales Interesse an der neuen Radar-Technologie und wird bei Anwendung der Option 2 oder 3 an Bord bleiben, weil sie “europäisch” sind. Dafür darf man dann aber mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schätzen, dass der U.S.-amerikanische Anteil fortfällt, da keinerlei Interesse angesprochen wird. Damit verbleibt auch die abgemagerte AGS-Option unter Absturz-Gefahr.

Multilaterale Gross-Projekte haben es an sich, besonders auf der Zeitschiene malträtiert zu werden. Deshalb können wir uns getrost erst einmal in den Urlaub abmelden.

{Zeit steht still, wenn Dein starker Kopf es will}

 

Rüstungskooperation: zutiefst

22. Juni 2007

Die britische und die amerikanische Regierung haben angezeigt, dass sie einen Vertrag über Rüstungszusammenarbeit und -handel unterzeichnet haben:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2007/06/20070621-11.html

Es wird langsam kompliziert, den Inhalt der strategischen Frage der transatlantischen Rüstungs-Kooperation nachzuvollziehen:

  • 1999 hatte die damalige Aussenministerin Madeleine Albright die “Defense Trade Security Initiative” (DTSI) gestartet (alle unsere Berichte dazu: suchen unter “DTSI” über googeln auf Geopowers (Startseite) und scrollen);
     
  • Am 21. November 2002 setzte die Bush-Administration DTSI aus und versprach eine Überarbeitung innerhalb von sechs Monaten. Seit dem ist nichts geschehen;
     
  • Im Juli 2003 wurde eine spezielle britisch-amerikanische Vereinbarung vermeldet, die als Vorläufer der jetzigen Vereinbarung angesehen werden müsste;
     
  • In Erinnerung ist das heftige britisch-amerikanische Gerangel um die “Black-Box”- Problematik und die Frage der zweiten Triebwerkslinie für das JSF-Projekt (F-35);
     
  • Nicht vergessen wird man die Strategie des grössten europäischen Rüstungskonzerns BAE-Systems, sein Umsatz-Heil auch in den USA zu suchen (die sind so “britisch”, dass sie in Berlin noch nicht einmal mehr eine erkennbare Repräsentanz unterhalten);

Man wird abwarten müssen, wie die U.S.-Administration ihre Trumpfkarte hält:

  • Bleibt das verlockende Angebot nur auf die Anglo-Staaten (UK, Australien, etc.) begrenzt?
     
  • Wird den JSF (F-35)-Staaten ein über das Projekt hinausgehender, gleicher Status eingeräumt?
     
  • Wie werden “unter Augenhöhe” eingestufte Staaten wie Deutschland behandelt?

In Europa schlummert weiter die Frage, wie es sich hinsichtlich seiner rüstungstechnologischen Basis strategisch auf weite Zukunft orientiert. Wenn in amerikanischer Hinterhand abgewogen wird, einem potentiellen zukünftigen Feind nicht auch noch die Waffentechnologie liefern zu wollen, bleibt z.B. den Deutschen nur übrig, sich in die “französische Lösung” zu ergeben.

Wie man sieht, stehen “transatlantische” Fragen an, die zutiefst politischer Natur sind.

{Zukunft und Strategie sind die schönsten Langweiler}

 

BDI: nicht wirklich

13. Juni 2007

Von der Konferenz “European Defence Technological and Industrial Base” (EDTIB) - On the Way to Reality”, die im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gemeinsam vom Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und dem Ausschuss Verteidigungswirtschaft des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gestern in Berlin veranstaltet worden ist, haben wir leider nur die Pressemitteilung mitbekommen:
http://www.bdi.eu/de/journalisten/211.htm

Ob man wirklich “on the way to reality” war, darf demnach bezweifelt werden. Denn Friedrich Lürßen, Vorsitzender des BDI-Ausschusses Verteidigungswirtschaft, wird mit der Forderung an die Politik zitiert, dass die Bundesregierung

  • “endlich für eine Privatisierung der staatlich dominierten Wettbewerber einzutreten, Offsetverpflichtungen weitestgehend einzuschränken und die europäische Rüstungsexportpolitik zu harmonisieren” habe.

Real ist, dass die sechs Rüstungsplayer (UK, F, D, I, Sp, Sw), die 90 % der EDTIB bestreiten, ein deutliches Profil haben:

  • Das Vereinigte Königreich beheimatet den grössten europäischen Rüstungskonzern Europas, BAE Systems. Ansonsten vergibt die britische Regierung Rüstungsaufträge mit der Auflage, dass in Großbritannien produziert wird. Der britische Staat besitzt keine Anteile an Rüstungsfirmen.
     
  • Französische Regierungen beharrten bisher auf der weitgehenden Autarkie der französischen Rüstungsbasis; dies wird sich nicht ändern. Der französische Staat hält erhebliche Anteile an den französischen Rüstungsfirmen.
     
  • Auch der italienische Staat hält Anteile an seinen Rüstungsfirmen und übt bedeutenden Einfluss aus.
     
  • Die spanische Regierung müsste auch überredet werden.
     
  • Die schwedische Regierung hat klare technologische Ambitionen.
     
  • Die privat-wirtschaftliche deutsche Rüstungsindustrie ist nach 1990 auf ein Niveau von etwa 80.000 Beschäftigten abgeschmolzen, während UK und F noch fast über die doppelte Workforce verfügen. Trotz der privaten Eigentumsstruktur verhält sich ihre Regierung wie ein Protektor, aus den gleichen Gründen wie die anderen Regierungen.

Aus dieser Gesamtlage an die Bundesregierung die Forderung zu stellen, die “staatlich dominierten Wettbewerber” in den Nachbarländern einzuhegen, ist so realistisch nicht. Aber vielleicht war das so ernst auch nicht gemeint.

{Die Realität ist nicht wirklich}

 

Fregatte F 125: modern

5. Juni 2007

Vorraussichtlich am 20. Juni 07 wird der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Beschaffungsvorlage des Projekts “4 Fregatten der Klasse 125” beschliessen. Die F 125 soll ab 2014 mit je einem Schiff pro Jahr zulaufen; sie wird die acht Fregatten der Klasse F 122 ablösen. Allerdings ist die F 125 nicht so sehr als herkömmliches Kriegsschiff konzipiert, sondern sie soll langandauernde “Stabilisierungs”-Einsätze fahren, wie die derzeit am Horn von Afrika patroullierenden Fregatten der Deutschen Marine.

Aus der 7-seitigen Beschlussvorlage für den Haushaltsausschuss kann man allerdings entnehmen, dass ein Rüstungsprojekt in bisher nicht dagewesener Weise beschlossen werden soll:

  • “Anders als bei den Vorgängerprojekten F 124 und K 130 ist bei der F 125 die Detailkonstruktion des Schiffes Teil des Bauvertrages und nicht Gegenstand einer vorgeschalteten Konzeptionsphase.”
     
  • Bereits in 2007 fallen Kosten zur “Herstellung der Deckungsfähigkeit” in Höhe von 197,7 Mio. EUR an, die in anderen Titeln “geklaut” werden müssen:
    - 136,7 Mio. EUR beim Unterstützungshubschrauber TIGER,
    - 45 Mio. EUR beim Hubschrauber NH 90,
    - 1 Mio. EUR bei “Transformationsprozess der BW,
    - 15 Mio. EUR bei “Entwicklung Eurofighter 2000;
    (natürlich werden die nur auf der Zeitachse geschoben);
     
  • Welche Verhandlungsposition der Auftragnehmer (ARGE F 125: ThyssenKrupp Marine Systems, TKMS, und Friedrich Lürssen Werft, FLW) hat, zeigt diese Passage:
    “Der Auftragnehmer sei nur bereit gewesen, unter Voraussetzung dieser Zahlenreihe (Abfluss der Mittel von 2007 - 2017) den Vertragspreis in Höhe von 2,27 Mrd. EUR zu akzeptieren.”

Der Vertragspreis von 2,27 Mrd. EUR ist allerdings nicht die ganze Wahrheit: Der Bund muss Waffensysteme im Wert von rund 255 Mio. EUR “beistellen” und 100 Mio. EUR für “Unvorhergesehens” einplanen, womit ein Finanzbedarf in Höhe von 2.624,4 Mio. EUR anfällt, also 656 Mio. EUR pro Schiff.

Zieht man einen Vergleich zur dänischen Rüstungsbeschaffung, wird die Dimension deutlich:

  • Im Februar 2004 flutete das Typ-Schiff ABSALON zu einem Gesamtpreis von rund 175 Mio. EUR aus dem Trockendock. Das im Vergleich zur F 125 um fast 500 Mio. EUR billigere Schiff erfüllt ungefähr die gleichen Aufgaben der 125er Klasse.

Hoflieferantentum, deutsche Arbeitsplätze, Erhalt der System- und Technologie-Fähigkeit, Mittelrückfluss, Küstennähe von Abgeordneten, etc.: es gibt genug Gründe, so zu verfahren.

Allerdings haben schon genügende sachkundige Experten darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung, insbesondere das Verteidigungsministerium, der derzeit erfolgreichen Marineschiffbau-Industrie mit der F-125-Praxis keinen Gefallen andient. Man muss den Rest der Welt wohl für unglaublich blöd halten, die deutsche “Referenz”-Fregatte für sich zu bestellen (kippt irgendwann ein System?).

In bester Erinnerung ist uns ein langes, zufälliges Gespräch mit einem uns vorher unbekannten Admiral der Deutschen Marine, der richtig gut war (das soll nicht heissen, dass die anderen schlecht sind!). Auf die F-125-Problematik (vs. ABSALON) angesprochen, antwortete er fundamental:
Es betrübe ihn, dass die Deutsche Marine den “Modernitäts-Anspruch” verloren habe (hier beispielsweise gegenüber der Dänischen Marine). Und das dieser Admiral nicht allein ist, wissen wir auch.

{Modern sollst Du nicht}

 

Bundeswehrplan 2008: kracht

30. Mai 2007

Den höchstamtlichen Überblick über die materielle Situation der Bundeswehr bietet nur ein einziges Dokument - und das muss man unbedingt jederzeit zur Hand haben:

  • Erlass des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan:
    Bundeswehrplan 2008 (als pdf)

Kürzlich hat uns ein Insider einen Bericht von einer Zusammenkunft (mehr oder minder) führender Bundeswehr-Offizieller gegeben. Die Stimmung habe zwischen tiefer Frustration und bestem Galgenhumor geschwankt. Man könnte meinen, dass das Stimmungsbild repräsentativ ist.

{Humor wird, wenn es richtig kracht}

 

Nicht-planbare Rüstung: Anfang

25. Mai 2007

Sorry, wenn wir uns wiederholen und den “Bundeswehrplan 2008” schon wieder als das zentrale Dokument loben, welches die Zukunft der Bundeswehr autoritativ beschreibt. Wer sich des Schmuddel-Themas Rüstung annimmt, könnte BILD-mässig schlagzeilen:

  • “Bundeswehr hat kein Geld für ein neues Maschinengewehr”

Ganz genau können wir die Planungsdefinitionen des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, nicht nachvollziehen, wenn er in seinem Bundeswehrplan 2008 von “nicht einplanbar” spricht; die Tabellen legen nahe, dass es um einen 10-Jahres-Rahmen geht, bis zum Jahr 2016.

Wenn wir aus dem BwPlan 2008 die dort im Text als “nicht einplanbaren” Rüstungsprojekte ausgekoppelt haben, dann bedeutet dies u.E., dass sie bis 2016 keine Chance haben (oder im Wechselbad des politischen Lobbying - zum Nachteil anderer Projekte - wieder nach oben gespült werden - vielleicht das Maschinengewehr?):

Die Formulierung “strategische Erkenntnis” (sorry: Hoch vom Dache kotzt der Rabe) müsste grob so lauten:

  • Vorzeigbare “Leuchtturmprojekte” (PUMA, EUROFIGHTER, F 125) blenden die Glühwürmchen wirklicher Kampfkraft aus; die Peripherie stirbt langsam;
     
  • Nur Suizid-Gefährdete würden sich dieses Themas annehmen;
     
  • Der Operetten-Armee Lauf hält schon gar nicht Beck, aber auch nicht Frau Merkel auf.

{Der Anfang hat immer auch ein Ende}

 

Korvette K 130: Ungemach

17. April 2007

Was als “Vorsprung des deutschen Marineschiffbaus” gefeiert worden ist und 300 Mio. EUR pro Stück kostet, hat arge Probleme: Die für alle 5 Korvetten der Klasse K 130 namengebende “Braunschweig” (F 260), getauft am 19. April 2006,

  • erreicht nicht die vereinbarten Leistungsdaten hinsichtlich der Geschwindigkeit und der “Mannöverfahrt”;
     
  • hat eine der zwei Antriebswellen zu Schrott gefahren und holt sich Ersatz vom Lager der im Bau befindlichen Schiffe;
     
  • kämpft mit System-Problemen in der Ruderanlage;
     
  • ist toll von der “Münchner Marinekameradschaft” hier beschrieben:
    http://www.marinekameradschaft-muenchen.de/neu10.htm#anfang03

Nun muss die verantwortliche Traditionswerft Werft “Blohm & Voss”, die zum Verband “Thyssen Krupp Marine Systems” (TKMS) gehört und gerade ihren führenden Manager Borgschulte gefeuert hat, eilig Abhilfe schaffen. Von Mai auf Juni 2007 hat die Deutsche Marine den Termin der Indienststellung verschoben, ab dem sie in fundamentale “Rechte und Pflichten” des Systems eintritt und Verantwortung übernimmt. Wenn das “Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung” (BWB) vorher den grundlegenden “Funktionsnachweis der Schiffstechnik” nicht zertifiziert, droht massives Ungemach.

{Um eine Einladung zur Indienststellung werden wir uns redlich bemühen}

 

BwPlan-Folgerungen: später

13. April 2007

Autoritativ und bedeutungsschwer sind die eine DIN-A-4-Seite umfassenden “Folgerungen” des vom Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan zu erlassenden “BwPlan 2008. Die kritischen Abschnitte der abschliessenden Bewertung zur Zukunft der Bundeswehr müssen kaum entcodiert werden (kursiv vom Verf.):

  • “Die bei Beginn der Transformation angelegte dauerhafte Synchronisation von Auftrag, Aufgaben und verfügbaren Ressourcen wird unter grossen Anstrengungen weitergeführt. Der für einen transformatorischen Ansatz wesentliche Spielraum zur kurzfristigen planerischen Reaktion auf Veränderungen ist jedoch nicht mehr vorhanden.
     
  • Die Einplanung des Mindestbedarfs in der Materialerhaltung war innerhalb des finanziellen Rahmens nur zu Lasten der Rüstungsinvestitionen möglich, was Anpassungen im Bereich der Ausrüstungsplanung unvermeidlich zur Folge hatte. Die Einsatzbereitschaft kann damit auf einem vertretbaren Niveau sichergestellt werden. Gegenüber den schon mit den BwPlänen 2006 und 2007 verschobenen Zeitlinien der Transformation wird eine dem neu gewichteten Aufgabenspektrum angemessene Ausstattung nun noch später erreicht.
     
  • Eine mit Blick auf Vorbereitung und Ausbildung für alle Einsatzoptionen aufgabengerechte Alimentierung des Betriebes kann mit dem verfügbaren Finanzvolumen jedoch nicht sichergestellt werden.
     
  • Die bei Beginn der Transformation planerisch zu Grunde gelegten Finanzmittel auf der Linie des 37. Finanzplanes konnten der Bundeswehr bisher nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzlinie des BwPlans 2008 liegt weit unterhalb dieses Ansatzes ... Damit wird die bereits abgebremste Verbesserung der Einsatzfähigkeit weiter verzögert ... Es muss Ziel bleiben, die mit dem Weißbuch 2006 bestätigte nationale Zielvorgabe in einem der sicherheitspolitiscen Dynamik angemessenen Zeitrahmen zu erreichen. Für die Zukunft ist zumindest die Rückkehr zu der Finanzausstattung notwendig, die bei Beginn der Transformation vorgesehen war und die angesichts der fortdauernd gültigen konzeptionellen Vorgaben weiterhin erforderlich ist.”

Rechnet man den hypothetischen Verlust dieser Forderung nach “Rückkehr zum 37. Fipl.” zu den Daten des derzeit gültigen 40. Fipl. nach, ergibt sich:

  • Nach dem 37. Fipl. hätte der Verteidigungshaushalt für die 5 Jahre von 2006 bis 2010 insgesamt 126,85 Mrd. EUR erbracht.

    Gemäß dem 40. Fipl. sind es für den gleichen Zeitraum 122,9 Mrd. EUR.

    Der hypothetische Verlust beläuft sich damit auf 3,95 Mrd. EUR für 5 Jahre, jahresdurchschnittlich also 0,79 Mrd. EUR.

Betrachtet man den Gesamtzusammenhang der im BwPlan 2008 dargelegten Schere zwischen Auftrag und Finanzen, wird man schwankend in der Beurteilung, ob der “jährliche Gewinn” von rund 800 Mio. EUR Konzeption und Transformation der Bundeswehr in Einklang bringen könnte.

Bedeutende Module des militärischen Fähigkeitsspektrums sind heute bereits, nur in Bezug auf die “Anfangsbefähigung”, in die nächste Dekade verschoben. Die “Grundbefähigung” wird vielleicht nach 2015 erreicht und die “Zielbefähigung” auf den St.Nimmerleinstag verschoben. Solche Planung ist nicht der Ersatz des Zufalls durch den Irrtum, sondern des Vergessens.

{Sun Tsu sagt: “Plane nicht über Deine Lebenserwartung hinaus”}

 

Rüstungs-Abweichungen: üblich

12. April 2007

Wenn man sich den Bundeswehr-Plan 2008 mit Brille anschaut, fällt eine erkleckliche Anzahl von Rüstungsvorhaben auf, die sich in Hinsicht auf die Kosten und die zeitliche Streckung hervorheben.

Allerdings ist bei der generellen Beurteilung Vorsicht geboten:

  • Wenn man die Daten des BwPlans 2005 mit denen des BwPlan 2008 vergleicht,
    - haben die 2005-Planer (vielleicht) nicht realistische Daten zur Hand gehabt;
    - sind Änderungen eingetreten, die zu +/- geführt haben;
    - sind Streckungen vorgenommen worden, weil schlicht das Geld fehlt.

In diesem Sinne ist unsere Tabelle zu verstehen:

Dass der BwPlan 2008 die höchstamtliche Zertifizierung für den Abschied von ernsthafter Bundeswehr-Politik ist, findet man an unendlich vielen Stellen dokumentiert, z.B. hinsichtlich der Rüstungsinvestitionen:

  • “Gegenüber dem BwPlan 2007 wirkt sich das reduzierte Voumen für Rüstungsinvestitionen in einer deutlichen Reduzierung der Ansätze für Beschaffungen aus. Die erforderlichen Eingriffe in die Beschaffungsplanung konnten durch zeitliches Schieben und Strecken allein nicht erreicht werden. Der Verzicht auf nicht unabdingbar erforderliche kleinere Vorhaben sowie das Zurückstellen einer relevanten Anzahl grösserer Vorhaben zur erneuten Betrachtung in nachfolgenden Plänen war unvermeidbar.” (als gäbe es die Chance, dass der Rüstungs-Titel in irgendwelcher Zukunft dementsprechend steigen könnte)

In vergangenen Jahren mit zu geringem Wirtschaftswachstum gab es die Versprechen von Merkel & Co, dass bei besserem Wachstum (2 %+) die Verteidigungsausgaben dementsprechend angehoben werden würden.

{Das Langzeitgedächnis kann man auch in die Zukunft zu richten}

 

Rüstungsdaten 2008: morgen

10. April 2007

Wer die amtlichen Daten zum Rüstungs-Etat (“Militärische Beschaffungen”) zwischen 2007 und 2008 vergleicht, wird eine Überraschung erleben. Während sich alle anderen Ausgabenbereiche des Verteidigungshaushaltes unspekulativ entwickeln, zeigt sich der Verdrängungstrend gegen die Rüstung folgerichtig:

  • Lt. “Bundeswehrplan 2007” sollten sich die Rüstungsausgaben wie folgt entwickeln:

    - 2008: 4,69 Mrd. EUR;
    - 2009: 5,10 Mrd. EUR;
    - 2010: 5,53 Mrd. EUR;
    - 2011: 6,06 Mrd. EUR; zusammen: 21,38 Mrd. EUR
     
  • Die entsprechenden Zahlen für 2008 lauten:

    - 2008: 4,06 Mrd. EUR (- 630 Mio., - 13,4% gegenüber 2007);
    - 2009: 4,36 Mrd. EUR (- 740 Mio., - 14,5 %       “               );
    - 2010: 4,74 Mrd. EUR (- 790 Mio., - 14,3 %       “               );
    - 2011: 5,53 Mrd. EUR (- 530 Mio., - 8,75 %       “               );
     
  • Statt der 21,38 Mrd. EUR in den Jahren 2008 bis 2011 werden nun nur 18.69 Mrd. EUR geplant, 2,69 Mrd. EUR weniger.

Es ist absehbar, dass sich in unserer Republik darüber niemand erregen wird (Rüstung ist sowieso ganz igittigitt).

Die Zukunft ist sowieso nicht jedermanns Sache.

{Man ist nicht heute tot, weil man für morgen nichts hat}

 

Eurofighter: ?!?!?!

6. März 2007

Damit der Eurofighter 2000 (EF 2000) nicht nur als Jäger, sondern auch als Jagdbomber eingesetzt werden kann, steht eine Beschlussfassung des Haushaltsausschusses bevor. Nicht nur die Entwicklung der sog. “1. Rollenanpassung”, sondern auch “Entwicklungstechnische Betreuung”, Anpassungen der Beschaffungs-Logisitik und der Beschaffung für die Luft-Boden-Rolle des EF 2000 summieren sich in der Vorlage des Verteidigungsministeriums auf 667 Mio. EUR (incl. 19 % USt.) bis zum Jahr 2012.

Obwohl die EF 2000-Betreiber UK, I und ESP dem Vertrag über die Rollenanpassung schon im Oktober 2006 zugestimmt haben, hakt es bei den Deutschen. Seit Februar 2007 ist das Industrie-Angebot eigentlich nicht mehr gültig, und die Rüstungsabteilung des BMVg sieht eine “hohe Wahrscheinlichkeit, dass das vorliegende Angebot ungültig wird”.

Der Grund für die Verzögerung dürfte in der Haushaltsabteilung des Verteidigungsministeriums zu suchen sein. Sie hat gegen den endverhandelten Industrievertrag plötzlich Einwände:

  • Dem Vertrag mangele es an Meilenstein- und Zahlungsplänen sowie Preisgleitklauseln;
  • Es könne keine Aufteilung in Einzelmassnahmen vorgenommen werden;
  • Die Tranche 3-EF 2000 seien nicht abgedeckt;
  • Frühere Entwicklungsleistungen, deren Abrechnung vertragsgemäss später erfolgen können (sog. Deferrals) und im jetzigen Industrievertrag geltend gemacht werden, würden “das gesamte bisher erreichte Entwicklungsergebnis im Vorhaben ... beleuchten”.

In der seit dem 25. Januar 2007 dem Finanzministerium vorliegenden Beschaffungsvorlage des BMVg (von der gleichen Haushaltsabteilung verfasst!) ist dagegen der 1. Vorwurf der Haushalts-Kritik direkt aufgehoben; die anderen Einwände werden die Haushälter wohl abfragen müssen.

Abseits dieses seltsamen Gefechtes offenbart die Beschaffungsvorlage uns allerdings einen ganz anderen Schwerpunkt:

  • Die deutschen EF 2000 werden in der Luft-Boden-Rolle nur für den Abwurf der Bombe des Typs (E)GBU 16 (Paveway II, Raytheon) ausgerüstet (diese Integration wird von allen 4 EF 2000-Nutzern bezahlt);
    “Auf die ursprünglich geplante Integration der Abwurfwaffen GBU 24 (Paveway IV) und JDAM wurde aus Kostengründen verzichtet.”
    (gerade die JDAM ist mit ihrem 20.000 USD-Preis im Vergleich zu den anderen Präzisionswaffen der mehrere Hunderttausend-USD-Klasse ein Typ für sich);
     
  • “Italien, Grossbritannien und Spanien haben sich zudem für Paveway IV als weitere Bewaffnung entschieden” (und teilen sich die Kosten);

Das “Grundsystem” EF 2000 wird nach der neuesten Preisstandsanpassung (281 Mio.; der Betrag ist in dem o.a. Betrag von 667 Mio. EUR enthalten) 14,128 Milliarden EUR kosten. Es ist der deutschen Zivilmacht angemessen, dass ihr EF 2000 damit einen einzigen, veralteten Bomben-Typ abwerfen kann, der in geringer Anzahl noch auf Lager liegt (für Paveway IV ist  natürlich auch kein Geld vorhanden).

{Wenn das der Minister wüsste ...., dann ?!?!}

 

FüInfoSys SK: einfach

30. Januar 2007

SPIEGEL-Leser wissen es schon: Das militärische IT-Projekt “Harmonisierung der Führungsinformationssysteme der Streitkräfte” (FüInfoSys SK, Pilot-Projekt 9.4.4)” ist ein 100-Mio. EUR teuerer Flop. Dies weist der Bundesrechnungshof (BRH) in seinem 8-seitigen Prüfbericht vom 7. 12. 2006 detailliert nach und stellt fest:

  • “Im Ergebnis hat das Pilotprojekt 9.4.4 bis heute seine Ziele nicht erreicht. Derzeit stehen FüS (dem Führungsstab der Streitkräfte) im BMVg und EinsFüKdo (dem Einsatzführungskommando in Potsdam) zwar ein eigenständiges FüInfoSys zur Verfügung, jedoch verfügt dieses noch über keine externe Kommunikationsmöglichkeit. Diese ist erst im Rahmen der 1. Ausbaustufe vorgesehen, die im Jahr 2011 abgeschlossen sein soll. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Dienststellen mit einer neu geschaffenen Insel arbeiten und je nach Verwendung oder Einsatz ggf. Doppelarbeit leisten, um mehrere Systeme mit den notwendigen Informationen zu versorgen.

    Die Bundeswehr ist in der Interoperabilität heute so weit, wie zum Startpunkt des Pilotprojektes, die Probleme sind noch nicht angegangen worden. Erste Ergebnisse werden erst in den Jahren 2007 - 2011 erwartet.”

Einem Vermerk der allgewaltigen Abteilung M (Modernisierung) des BMVg vom 18. 1. 2007 ist zu entnehmen, wie man sich den weiteren Fortgang vorstellt:

  • Zunächst heisst es zur “bisherigen Vorgehensweise”:
    “Die hohe Komplexität dieses Vorgehens birgt jedoch nach aktuellen Erfahrungen aus anderen IT-Projekten ein hohes Realisierungsrisiko in sich. Nach neuer Bewertung durch das IT-AmtBw ist die bisherige Vorgehensweise weder technisch noch wirtschaftlich beherrschbar.”
     
  • Zukünftig wird man sich ganz entspannt “durchwurschteln”:
    “Die geänderte Vorgehensweise führt dazu, dass die bestehenden FüInfoSys (der Teilstreitkräfte der Bw; Anm. Verf.) weiter in der Nutzung bleiben und in den nächsten Jahren weiterentwickelt und regeneriert werden müssen. Dies erfordert einen entsprechenden Mittelbedarf für Softwarepflege und -änderung, Entwicklung, Beschaffung und Regeneration. Nach konkreter Bedarfsermittlung ist beabsichtigt, diesen ... im BwPlan 2009 (!) planerisch abzusichern.”

Festzustellen ist, dass seit dem Jahr 2000 alle Anstrengungen fehlgeschlagen sind, die Führungssysteme der Teilstreitkräfte der Bundeswehr zu einem nationalen Führungs- und Informationssystem zusammenzufassen, welches operabel ist; die Zeithorizonte dafür verschieben sich auf den St. Nimmerleinstag, von einem europäischen oder NATO- “Networkcentric-Warfare” ganz zu schweigen. Die zehntausendfach geübten Sprechblasen von NetOpFü platzen über Jahrzehnte still vor sich hin. Unsere Ursachenforschung wird nicht besser verständlich sein. Ein technischer Insider erklärt das Disaster wie folgt:

  • “Es gibt für das Projekt kein “operationelles Konzept”; die konkreten “Anforderungen des Nutzers fehlen”.

Die recht prahlerisch zu erheischende “Informationsdominanz” erweist sich bei näherem Hinsehen als ein amtlicher Marketing-Gag, den 9.4.4-Auftragnehmer SIEMENS nicht so recht erfüllen konnte.

{Komplexität ist, wenn ihr Einfaches nicht gesucht wird}

 

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