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Proliferation

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Waffen-Verbreitung: kurz

3. August 2005

Oliver Thränert, Senior-Experte in Sachen Rüstungskontrolle, hat für seine “Stiftung Wissenschaft und Politik” (SWP) wieder eine Studie geschafft:
“Die Verbreitung von Raketen und Marschflugkörpern - die aktuelle Situation”; die Vorstellung der Schlussfolgerungen findet man hier:
http://www.swp-berlin.org/produkte/swp_studie.php?id=4855&PHPSESSID=c4388302cc83f 42350b58982724c7abf

Der solide Überblick über die Rüstungs- und die Rüstungskontroll-Problematik lässt eigentlich nicht viel Optimismus zu, denn Thränert stellt fest (S. 33):

  • “Kurz: die bereits seit vielen Jahren existierenden internationalen Rüstungskontrollregime zur Verhinderung der Verbreitung von ABC-Waffen befinden sich in einer fundamentalen Krise. Der Fall des iranischen Nuklearprogramms ist möglicherweise der Schlüssel für die Zukunft aller Nichtverbreitungsabkommen.”

Rüstung und Rüstungskontrolle war schon immer eine komplexe Mixtur. Aufregung hilft gar nicht, es bleibt so: Weder die Rüstungs- noch die Rüstungskontroll-Ideologen gewinnen den Krieg.

{Soll man schon vor Kriegsbeginn zum Waffenstillstand bereit sein?}

 

Waffenmarkt: simpel

26. Februar 2004

Der amerikanische “Bundesrechnungshof”, das “General Accounting Office”, hat wieder einmal ein Paradestück zum Thema Nicht-Weitergabe” (Non-Proliferation) von bedrohlichen Waffen gefertigt: “Improvements Needed to Better Control Technology Exports for Cruise Missiles and Unmanned Aerial Vehicles”:
www.gao.gov - dann unter SEARCH eingeben: GAO-04-175 - auf pdf. warten.

Auf 63 Seiten wird ein weiteres Beispiel geliefert, dass zwischen den hehren Formeln der Rüstungskontrolle und der Wirklichkeit eine potentiell bedrohliche Grauzone auszumachen ist. Zentrales Beispiel sind Unbemannte Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicles - UAV), die als ideale Trägerplattform für biologische, chemische und radiologische Angriffe eingestuft werden müssen; sozusagen das asymetrische Gross-Kaliber für Terroristen.

Es gibt zwar die Rüstungskontroll-Abkommen MTCR (Missile Technology Control Regime) und das sog. Wassenaar-Abkommen, aber die Liste der Proliferations-Lücken ist sympthomatisch:

  • Gerade die “states of concern”, manchmal auch “Schurken”-Staaten genannt, sind nicht Mitlgied; allerdings auch eine Reihe von Staaten, die derzeit “Freunde” des Westens sind;
  • Welche praktischen Lücken die Rüstungskontroll-Verträge MTCR und Wassenaar haben, listet der GAO-Bericht und schlägt Verbesserungen vor (S. 17);
  • Natürlich ist die “Dual-Use”-Problematik vertreten;
  • Wenig zeitgemäss erscheinen die Vertrags-Definitionen für UAV-Kontrolle: Eingeschränkt wird erst ab 300 km Reichweite und 500 kg Traglast;
  • Die Endverbleibs-Kontrolle wird nicht beobachtet; die “Post-shipment-Verifikation” der rund 2.500 kommerziellen Dual-Use-Export-Lizenzen liegt bei 2 %;
  • Der Fall eines Neuseeländers wird geschildert: aus den USA erhält er alle Teile für ein UAV. Die U.S.-Behörden verweisen aber auf die einsetzende Verantwortlichkeit der neuseeländischen Behörden, wenn die Importe zu einer Waffe zusammengesetzt werden;
  • Die vom GAO abgefragte Kontroll-Praxis in einigen westlichen Staaten erscheint generell laxer als die in den USA.
  • Im Jahr 2000 hatten drei “States of concern” Landangriffs-Marschflugkörper (Land-attack-CM), 2005 werden es 6, 2015 12 bis 24 sein.

Man sollte sich deswegen nun nicht gleich vom Balkon stürzen. Aber es müsste reichen, den Gutmenschen zu misstrauen, die für derartige Problematiken wohlfeile Patent-Phrasen (wie z.B. Rüstungskontrolle) dreschen, ohne nur ein Wort über das Kleingedruckte zu verlieren.

{Ein Hoch auf die Simplizisten - früher kurz Simpel genannt}

 

U.S.-Präsident Bush: 007

12. Februar 2004

Am liebsten sollte man mit Günter Gaus, Polit-XXL vergangener Zeiten, gehen und verkünden, kein Demokrat mehr, nur noch verfassungstreu sein zu wollen: Denn ein ganzes Jahr, ein Viertel der Gesamtzeit, ist in den USA wieder nur Wahlkampf (genau wie hier - 14 Wahlen!!). Die Konsequenzen sind ätzend - jede Rede und jeder Furz wird nur unter diesem Gesichtspunkt gesehen. Ganz kirre wird die Situation, wenn trendsettende deutsche Medienschaffende im U.S.-Wahlkampf auch noch mitmischen wollen.

Bestes Referenz-Beispiel dürfte SPIEGEL-Online sein, unsere tägliche Lieblings-Lektüre. Die wirklich erstklassige Titel-Geschichte “Schwarzmarkt des Schreckens” des Druck-SPIEGELS (Nr. 5, 26.1.04) auf dem Tisch habend, nähern wir uns dem Bericht von SPIEGEL-Online über die gestrige Bush-Rede vor der “National Defense University”. Im Sub-Titel-Text heisst es dort im letzten Satz: “Sehr konkret wurden sein Vorschläge jedoch nicht”. Paatsch - hat die alte Sau wieder einen Schlag auf die Zwölf bekommen.

So man den Wortlaut der Bush-Rede
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2004/02/20040211-4.html
nachliest, müsste man u.E. darob etwas irritiert sein:

  • Mit einem ganz miesen Trick keilt Bush die Deutschen in die Lobeshymne, um sie im Dauerfeuer von den Franzosen zu trennen: Er identifziert den deutschen Botschafter Wolfgang Ischinger im Publikum (?!), “würdigt” und “dankt” ihm für seine Teilnahme - erst danach folgen die Honeurs´ für die sonstigen Gäste!
     
  • Von den 37 min. seiner Rede vertieft sich der Wahlkämpfer Bush knapp zu einem Fünftel, um die SPIEGEL-Titelgeschichte - Abschnitt Abdul Qadeer Khan - vorzulesen, angereichert mit vertiefenden Details hinsichtlich Herrn Tahir in Dubai und der Zentrifugen-Produktion im schönen Malaysia (siehe deren anheimelnde Touristik-Werbung auf CNN);
     
  • Zum Schluss präsentiert Feindbild George allerdings immerhin 007 konkrete Schritte gegen die Weitergabe von atomarer Schreck-Technik, die (mehr oder weniger) im Druck-SPIEGEL angesprochen sind (jede weitere Spezifizierung würde Sie - zu recht - langweilen).

Eigentlich müsste man doch sehr ratlos sein:

  • War der Druck-SPIEGEL nicht sehr konkret?
  • Hält die Online-Redaktion des SPIEGEL die “Drucker” für recht flach?
  • Hatte die Online-Führung keine BBC-Peilung, um den letzten Klatsch-Satz des Onlinline-Berichts (“Die US-Mittel dafür sollen aber nicht erhöht werden”) zu hinterfragen? Klar ist: Der G-8-Gipfel hat 2002 beschlossen: 20 Mrd. US$ über 10 Jahre für die Entsorgung der sowjetischen A-Wüsten - 10 Mrd. von seiten U.S., 10 Mrd. Rest-G8 (Frage: was ist bisher wirklich geflossen?).

So sorry, aber wahrscheinlich wurschteln alle Schreiberlinge (wir incl.) umeinander, damit sie das Heil ihres Segens sich selbst vergeben.

{Lies dich selbst, so wirst du gelesen werden}

 

Nord-Korea: Achsen-News

17. Oktober 2002

Es ist wieder ein guter Tag, an dem Sie aufwachen:

  • In der Nacht kam die BBC-Nachricht, dass die Regierung von Nord-Korea eingestanden hat, ein Nuklearwaffen-Programm zu betreiben. Der stellvertretende US-Aussenminister James Kelly war ja vor einiger Zeit in Pyöngyan und hat die nord-koreanischen Regierungs-Vertreter mit amerikanischen Beweisen dafür konfrontiert.

Natürlich ist das ein flagranter Bruch eines völkerrechtlich bedeutsamen Vertrages:

  • 1994 hatte die nord-koreanische Regierung ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, das
    - den Verzicht Nordkoreas auf ein Nuklearwaffen-Programm und die Demontage aller bestehenden Einrichtungen vorsieht im Tausch gegen
    - die Lieferung von US-Kernreaktoren mit wenig problematischer Druckwasser-Technologie.

Die Kommentierung des BBC-Berichtes haben wir so verstanden, dass die nord-koreanische Regierung den Vertrag zerreisst und den Amerikanern vor die Füsse wirft. Sollte das der Fall sein, dürfte sich der Schwerpunkt des sicherheitspolitischen Interesses ein wenig verlagern. Damit käme auch die Tätigkeit der gemeinschaftlichen EU-Botschaft ins Licht, die ja mit der strategischen Weisung versehen ist, den Amis die Vorzüge europäischer Diplomatie zu beweisen. Wir wüssten zugern, welche Ahnung die entsprechenden Herrschaften diesbezüglich hatten. Wie die Europäer sich positionieren, wird man sehen.

{ein kräftiges sowohl als auch ist immer richtig}

 

Putin: Strike

29. Mai 2002

Wir sind während der TV-Übertragung vom Bush-Besuch bei Putin in Moskau (24. Mai 2002) darauf gekommen: Presse-Konferenz der beiden Staatsmänner - Thema Proliferation - Iran; dokumentiert von usinfo.state.gov, 9 S.

Vorgang: Die US-Regierung hat reichlich Vorwürfe gegen Russland hinsichtlich der Weitergabe von Atom-Meiler-Technologie an Iran (Busher). Bush und Putin werden von Journalisten dazu befragt.

Geradezu unvergesslich war die body-language von Präsident Bush, während Putin erstmal daran erinnert, dass die USA an Nord-Korea Atomkraftwerk-Teile liefern, die dem iranischen A-Kraftwerk gleichen. Danach folgt:

  • “... die Raketenprogramme solcher Staaten (gemeint war Iran, d. V.), nukleare Programme, werden grösstenteils auf der Basis von Technologien und mit Unterstützung westlicher Firmen gebaut. Wir haben die entsprechenden Informationen und wir sind bereit, sie mit unseren amerikanischen Partnern zu teilen.”

Gast George W. Bush hat während dessen - fast mit offenem Mund - mit ungläubigem Staunen in Richtung Hallendecke geschaut - ca. 35 o . Wenn man Putin nicht von vornherein als unglaublichen Lügner einstuft und die Äusserung nicht auf ganz alte Kamellen bezieht - was wir eben nicht tun - dann ist das ein Strike für Putin. Wir hoffen, auf diese Geschichte irgendwan zurückkommen zu können. Uns interessiert, welche “westlichen Firmen” das sind.

{Irgendwann kommt alles hoch}

 

CIA: Access

6. Februar 2002

Vielleicht hat US-Präsident G. W. Bush statt Axes (of evil) Access gemeint, den die “Zentrale Verstand-Agentur” (CIA) in ihrem neuesten Bericht hinsichtlich des Zugriffs auf Massen-Vernichtungswaffen und deren Träger-Mittel durch Risiko-Staaten (EU), Schurken-Staaten (US), beschreibt. Vom US-Parlament beauftragt, muss die CIA alle sechs Monate einen “Report to Congress on the Acquisition of Technology Relating to Weapons of Mass Destruction and Advanced Conventional Munitions” vorlegen. Den für das 1. Halbjahr 2001 finden Sie auf:
http://www.cia.gov/cia/publications/bian/bian_jan_2002.htm

Für die Wissens-Hungerigen vom Typ “Raupe Nimmersatt” ist sehr zu empfehlen:
(Altmeister) Anthony H. Cordesman, Center for Strategic and International Studies, Washington, “Proliferation in the ‘Axis  of Evil”, 73 S.:
http://www.csis.org/burke/proliferation_axis.pdf

In Deutschland hat es nur im Okt. 1999 eine diesbezüglich gute Zeit gegeben: Der Bundesnachrichtendienst (BND) veröffentlichte zum ersten (und letzten?) Mal einen hoch-informativen 44 S.-Report zur Proliferation. Wer weiss, wann unsere Parlamentarier einmal diesen Stand von sicherheitspolitischem Interesse haben werden, geheime Berichte zum Thema Proliferation anzufordern und dann auch ihrem Wahlvolk einen de-klassifizierten Abdruck zur Minimal-Information zukommen lassen (wir verkneifen uns den Hinweis auf das “Weissbuch 2000” von R.S.).

Als eines der zentralsten Themen der Sicherheitspolitik zeigt die Proliferations-Problematik auf:

  1. Obwohl es jede Menge Rüstungs-Kontroll-Regimes gibt, deren Mitglied die Risiko-Staaten oft sind, lässt sich zumindest hinsichtlich dieser Staaten keine Abschwächung des Problems feststellen;
     
  2. Nur die US-Regierung versucht, auch über massive Öffentliche Diplomatie Druck auf Staaten auszuüben, um die Situation zu verbessern. Von Seiten starker europäischer Staaten oder der EU wird augenscheinlich die smarte Tour verfolgt. Ob allerdings je europäische Diplomaten den “Schurken” ein nachdrückliches Wort oder gar Sanktionen androhen, kann nicht festgestellt werden; wir behaupten, dass es auch nicht vorkommt. Was beispielsweise die EU bisher konkret in Sachen Nord-Korea-Politik durchgeführt hat, wird wohl immer Geheimnis bleiben. Amerikaner mögen inzwischen den Begriff der “Sunshine Policy”.
     
  3. Interessant wäre, einen Proliferations-Bericht für die Zeit nach dem 11. Sept. 01 zu bekommen, denn dieses Datum ist auch für die Proliferation eine Zäsur. Russland wird beispielsweise in anderem Licht erscheinen. Fraglich ist, ob die USA beispielsweise gegenüber Pakistan, Indien und China einen Ansatz finden, trotz Anti-Terror-Koalition genügend Druck-Mittel zu haben, um diese Staaten dementsprechend einzuhegen. Hinsichtlich China hat die US-Regierung immerhin Sanktionen wegen Proliferation gegen zwei Firmen und eine Person Ende Jan. 02 verhängt. Ob sich die Europäer diesem Problem stellen, dürfte höchst fraglich sein.
     
  4. Lt. CIA ist die “Secondary Proliferation” zusätzliches Risiko: Insbesondere Indien, Iran, Pakistan und Nord-Korea haben inzwischen eigene Produktions-Fähigkeiten, mit denen sie Vor-Produkte für Massen-Vernichtungswaffen herstellen und exportieren. Ausserdem sind private Firmen, Wissenschaftler und Ingenieure aus Russland, China und Indien involviert, die unzureichende nationale Export-Kontrollen umgehen.

Spitzenreiter im CIA-Bericht hinsichtlich des Anstrebens von Massen-Vernichtungswaffen und Trägermitteln sind Iran, Irak und Nord-Korea; bei den Haupt-Lieferanten sind es Russland, Nord-Korea, China.

Verknüpft man die (alten) Daten des CIA-Berichtes mit der aktuellen Lage anhand der in der “State of the Union Message” des US-Präsidenten genannten Strategie, ergeben sich Zusammenhänge, die nicht ganz mit der öffentlichen Debatte übereinstimmen:

  • Die im Focus der öffentlichen Debatte stehende Regierung des Irak zeigt neuerdings immerhin ein gewisses Mass an kooperativem Verhalten (Diskussion über Zulassung von Inspektionen). Ein Bericht des israelischen Online-Dienstes Debkafile.net vom 7. Januar 02 über Positionen des irakischen Geheimdienstes klingen so unplausibel nicht, und die Warnung des türkischen Premiers Ecevit lässt sich auch “friedlich” einordnen. Zudem sind augenscheinlich, trotz zweifachem Angriff durch amerikanische und britische Flugzeuge, die Attacken durch die Irakis in der Flugverbots-Zone zahlenmässig nicht unerheblich zurückgegangen.
     
  • Anders dagegen Iran, dessen 50 t Waffen an Bord der “Karine A” aufgebracht wurden. Öffentliche Äusserungen der Regierung nach der Bush-Message waren “eindeutig”, obwohl direkt nach dem 11/9 Kooperation angesagt schien. Wirklich brisant ist die Lage jedoch durch die Aussagen des US-Verteidigungsministers Rumsfeld geworden, dass die iranische Regierung Al Qaida- und Taliban-Terroristen die Flucht ins Land erlaubt hat und darüber hinaus Waffen an “various elements” in Afghanistan liefert (Interview mit ABC, 3.2.02).

Verfehlt wäre es wohl, schon bald militärische Aktionen der USA zu erwarten. Der Ball liegt allerdings in Teheran. SPIEGEL Online zitierte am 31.1.01 das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, der die USA als “den grossen Satan”, Bush als “blutrünstig” und stolz auf die Gegnerschaft zur “meistgehassten satanischen Macht der Welt” sei.

{Schicken wir Javier, Chris oder Josef?}

 

CIA: Leben der Handlungs-Reisenden

26. Februar 2001

Leichte Vorteile vor dem BND hat die CIA doch noch: Die sind durch das Parlament verpflichtet, alle sechs Monate einen offenen Bericht über den “Erwerb von Technologie bezüglich Massen-Vernichtungswaffen und fortgeschrittene konventionelle Waffen” zu liefern. Bald werden wir eine Wunschliste fürs Parlament verfassen.

Der BND war am Wochenende sehr gut positioniert: Aufgrund eigener Kompetenz, nicht genötigt, am Bedarf orientiert, hat man die Big-shots der deutschen Presse zum Hintergrund nach Pullach gebeten. Der Erfolg war vor allem in der FAZ (siehe faz.com) richtig zu lesen und die internationale Presse hat’s auch transportiert.

Dass die “öffentliche Diplomatie” auf dem Sektor Proliferation auch Erfolge hat, zeigt eine Meldung von ORT/russ., AFP/dt. vom 23. 2. 01: Präsident Putin weist zunächst Vorwürfe über Proliferation zurück, gesteht dann allerdings ein, “dass die Exportkontrolle sensibler Materialien noch nicht in allen russischen Einrichtungen perfekt sei. So gebe es ‘Fragen’ bezüglich der Aktivitäten der russischen Raumfahrt-Agentur und des Atomenergie-Ministeriums.”

Der heute veröffentlichte CIA-Bericht berichtet über den Zeitraum 1.1. bis 30. 6. 2000:
www.cia.gov/cia/publications/bian/bian_feb_2001.htm

Zunächst werden die 9 Akquisiteure abgehandelt:

  1. Iran
    ... eines der aktivsten Länder ... suchen atomare, biologische, chemische und moderne konventionelle Waffen-Assistenz  ... Vorrat C-Waffen: einige tausend Tonnen ... suchen verstärkt nach dual-use Bio-Technologie, angeblich für zivile Anwendungen. Die strikt zivil gehaltenen Verbindungen für atomare Technologie helfen natürlich der militärischen Seite.
    Bei den Einkäufen für die Raketen-Entwicklung und -Produktion ist (im Zeitraum) der grösste Zuwachs zu verzeichnen gewesen ...
    Die Lizenz-Produktion der aus China stammenden Schulter-Flugabwehr-Rakete QW-1 heisst iranisch “Misagh-1”.
     
  2. Irak
    Auch das automatisierte Video-Monitoring-System der UN liefert keine Daten mehr. Interessant ist: “Wir haben keine direkten Erkenntnisse über die Wieder-Aufnahme der ABC-Waffen-Programme.” Wiederaufbau der Chemie-Produktions-Anlagen, die für C-Waffen-Produktion umgebaut werden können. Aufgrund von UN-Reports zeigen Vergleiche, dass der Irak 6.000 chemische Munitions-Einheiten versteckt haben muss.
    Die UN (UNSCOM) nimmt die Wissens-Basis und die industrielle Infrastruktur für biologische Waffen an, die schnell in grosser Menge hergestellt werden könnten-
    Das aus tschechischer Produktion stammende Trainer-Flugzeug L-29 wird in einem Programm für unbemannte Fluggeräte (UAV) genutzt; möglich ist die Verbringung von chemischen, eher biologischen Kampfstoffen.
    Das erkennbar grösste Hindernis für die Produktion von Nuklearwaffen ist das Fehlen ausreichender Mengen von spaltbarem Nuklear-Material.
     
  3. Nord-Korea
    Die CIA schätzt, dass Nord-Korea genug spaltbares Material für eine, möglicherweise für zwei Nuklearwaffen hat.
     
  4. Libyen
    Nach Wegfall der Un-Sanktionen in 1999 verstärkte Anstrengungen des Einkaufs; hängt stark von ausländischen Lieferungen ab. Seit April 1999 verstärkte Kontakt-Suche in West-Europa.
     
  5. Syrien
    ebenfalls ganz überwiegend von ausländischer Hilfe abhängig.
     
  6. Sudan
    Erhält bei seinen Anstrengungen hinsichtlich C-Waffen, evtl. B-Waffen, vor allem Hilfe vom engen Verbündeten Irak.
     
  7. Indien
    Abhängig vom Ausland hinsichtlich Schlüssel-Technologien für Raketen und Dual-Use-Technologien; Russland und West-Europa sind primär die Kanäle für Raketen-Technologie-Transfers während der ersten Jahres-Hälfte 2000.
    Konventionell rüstet Indien auf allen Gebieten, Lieferer ist vor allem Russland.
     
  8. Pakistan
    erhält vor allem chinesische Hilfe für sein Raketen- und Nuklear-Programm. Hauptäschlich West-Europa liefert nuklear-bezogene und Dual-Use-Technologie.
     
  9. Ägypten
    fährt mit seinem Raketen-Programm vor; langjähriger Helfer ist Nord-Korea.

Dann folgen die vier Top-Verkäufer:

  1. Russland
    Die USA bleiben “sehr besorgt” über die Implikationen der russischen Verkäufe ... die Beobachtung der russischen Proliferations-Politik behält eine “sehr hohe Priorität. Kunden sind vor allem Iran, aber auch Indien, China und Libyen. Es wir eine Weisung Putins vom Mai 2000 angesprochen, die den Nuklear-Export in Ausnahme-Fällen an Länder erlaubt, die nicht den gesamten Sicherheits-Richtlinien der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) unterliegen. Der Iran hat dual-use Bio-Technologie, Chemikalien, Produktions-Technologie und Ausrüstungen erhalten.
    Die Verpflichtung, die Anstrengungen und die Durchsetzungsmöglichkeiten der Russischen Regierung hinsichtlich der Proliferations-Transfers wird als weiterhin unklar eingestuft. Im Febr. 2000 habe der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Ivanow, erklärt, es habe in der Zeit von 1998 - 1999 nur drei Fälle von unauthorisiertem Technologie-Transfer gegeben. Die russische Presse berichtet von der Praxis der Export-Dokumentation und Unternehmen deklarieren die Güter so, damit keine Steuern anfallen.
     
  2. Nord-Korea
    Export von Raketen und Technologie ist Haupt-Einnahme-Ouelle für Devisen.
     
  3. China
    China’s Hauptkunde ist Pakistan, aber auch Iran, Nord-Korea und Libyen. Im Vergleich zu der Beschreibung Russlands kommen die Chinesen relativ gut weg.
     
  4. Westliche Länder
    Die Non-Proliferations-Anstrengungen werden als erfolgreich beschrieben. Iran und Libyen versuchen es aber trotzdem noch. Maschinen-Teile, Ausrüstungs-Teile für Dual-Use-Ausrüstungen, ansonsten überall erhältliche Materialen, wissenschaftliche Ausrüstungen und spezielle Metalle werden gesucht.
     

Für die wichtige Frage der TRENDS hat der CIA-Bericht leider nur eine halbe Seite Platz, aber der zentrale Hinweis, dass die Akquisiteure selber zu Verkäufern werden wollen, fehlt natürlich nicht. Und die drei wichtigsten Kandidaten sind: Indien, Iran und Pakistan - und die sind nicht Mitglied in den internationalen Kontroll-Regimen wie “Nuclear Suppliers Group” oder “Missile Technology Control Regime”! Haben wir wieder Punkte, die wir auf die Wunschliste für deutsche Sicherheitspolitik schreiben können. Und wenn wir dann ganz grössenwahnsinnig geworden sind, fragen wir eines Tages ab, was denn unsere geliebten Politiker hinsichtlich der vielen Punkte konkret getan/erreicht haben.

{Das Leben der Handlungs-Reisenden}

 

BND: etwas verstaubt - aber lesenswert

(6. 12. 2000)

Reden zur Sache sind ein Genuss: Wir haben eine von Dr. August Hanning, dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) aufgestöbert: 27. Juni 2000, Hamburg, Internationales Clausewitz-Zentrum. Thema: “Destabilisierende Faktoren im Raum Nah-Mittel-Ost unter besonderer Berücksichtigung der Proliferation”. Nachfolgendend zitieren wir die u. E. wichtigsten Passagen (Hervorhebungen wie im Original):

“Die Wirtschaft der meisten Staaten der Region hängt nahezu ausschliesslich vom Öl ab. Die für die Zukunft mit Sicherheit zu erwartende Erschöpfung der Ölreserven kann die Finanzlage einzelner ölexportierender Staaten empfindlich treffen, da sie etwa 75 % ihrer Einnahmen über den Ölverkauf erzielen. Die notwendige stärkere Diversifizierung der monostrukturierten Volkswirtschaften ist aber bislang kaum erkennbar.”

Territoriale Streifragen beschränken sich meist auf begrenzte Gebietsansprüche in Grenzregionen. Ausgenommen davon ist eine nicht auszuschliessende erneute Besetzung Kuwaits durch Irak.”

“Ca. 75 % aller Rüstungsgüterexporte gingen im Zeitraum 1995 - 1998 in Länder der Dritten Welt, davon

  • 45 % in die Region Nah-Mittel-Ost,
  • 32 % nach Asien und
  • nach Eruopa 17 %. “

“Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bestritten damit im Zeitraum 1995 - 1998 86 % des Rüstungsgüterhandels mit den Entwicklungsländern.”

“Der stark gewachsene Konkurrenzdruck veranlasst einige Waffenexporteure, insbesondere im GUS-Bereich, modernste Waffen anzubieten. Das bedeutet, dass viele politisch instabile Länder der Dritten Welt Zugang zu Waffen erhalten, die hinsichtlich Reichweite, Zielgenauigkeit und Effiktivität auch für europäische Truppen eine Gefahr darstellen und vor allem Soldaten internationaler Friedenstruppen gefährden könnten. Insbesondere Russland bietet inzwischen bereits Waffensysteme an, die noch nicht oder nur in geringer Stückzahl in den eigenen Streitkräften eingeführt sind.”

“Die Notwendigkeit der nicht-konventionellen Rüstung basiert beispielsweise in Iran in der Bedrohungsperzeption des Landes. Mit Blick auf Irak, Pakistan, Afghanistan, die Türkei aber auch Israel und die USA sieht sich Iran genötigt, verteidigungsfähig zu sein. Der Abschreckungsgedanke dominiert somit das Streben nach Massenvernichtungswaffen und weitreichenden Trägersystemen.”

“Der einzige Staat, der im Laufe der letzten Jahre komplette Raketensysteme und die Technologie zu ihrer Herstellung verkaufte, ist Nordkorea.”

“Bis vor wenigen Monaten war der Iran der aktivste Beschaffer. Mittlerweile wurde er vom Irak eingeholt.”

“Wir erwarten daher in der Zukunft eine Zunahme der Waffenexporte aus Pakistan und auch den Export von Fachpersonal in die islamischen Länder.”

Indien ist im Gegensatz zu Pakistan bei der Durchführung seiner Programme weitestgehend unabhängig von Importen. Die indische chemische Industrie hat sich sogar in den letzten 10 Jahren zu wichtigsten Lieferanten für Kampfstoffvorprodukte und Anlagenteile entwickelt. Indische Firmen sind derzeit die wichtigsten Lieferanten für dual-use-Güter für den Irak.”

“Mengenmässig noch nicht bedeutend, wegen der Lieferung von Schlüsseltechnologien aber teilweise entscheidend ist bereits der Iran, der - neben Nordkorea - am syrischen und libyschen Raketenprogramm beteiligt ist. Der Iran ist mittlerweile auch im Bereich der Biotechnologie in der Lage, einzelne exportkontrollierte Anlagenteile zu produzieren.”

“Das vierte in diesem Zusammenhang zu nennende Land ist Indien. Hier ist es nicht offizielle Politik aber Tatsache, dass indische Unternehmen seit Jahren z.B. das Irak-Embargo umgehen und dass indische Firmen die Chemiewaffenprogramme anderer Länder in erheblichem Umfang mit Vorprodukten und Anlagenteilen beliefert haben.”

“Dieses Schaubild zeigt die Raketenreichweiten, die der BND für das Jahr 2005 erwartet. Wie erkennbar wird, wird vor allem in dem Bereich der Erde, in dem die meisten bekannten Erölvorkommen liegen, eine Vielfachabdeckung durch Mittelstreckenraketen aus mehreren Ländern herrschen ... Das in diesem Zusammenhang (auch für den Westen) bestehende sicherheitspolitische Risiko liegt in der Gefahr eines Ungleichgewichts der nicht-konventionellen Waffenpotentiale in der Region.”

{Anruf 11.15 aus dem ICE: “Entwerfen Sie mir bitte eine neue Weltfriedensordnung - ich komme sie gegen 14.00 abholen”}

 

GPS

Wohl eines der interessantesten Beispiele für das Problem der Weitergabe /Nicht-Weitergabe zeigt das folgende Beispiel:

1. US-Präsident Clinton hat am 1. Mai 2000 entschieden, die “selektive Verfügbarkeit” (sprich zivile Genauigkeitseinschränkung) des Global-Positioning System (GPS) aufzuheben. Somit wird die bisher für jederman und jederzeit zivil verfügbare Genauigkeit der eigenen Ortsbestimmung durch das geostationäre GPS-Satelliten-System “ten times more” verbessert. 1)

2. Ergebnis der US-Erfahrungen mit Präzisionsmunition im Kosovo-Krieg war, dass insbesondere das Waffensystem JDAM (Joint Direct Attack Munition) wegen der All-Wetter-Tauglichkeit sehr erfolgreich war. Die 2.000-pound-Bombe wird mittels eines GPS-”tail kit” ins Ziel gelenkt. Kosten des GPS-Kits: 18.000 US$. (dieser Preis ist absolut in Vergleich zu der sehr groben Einschätzung zu setzen, das Präsizisionsmunition in der Preisklasse von 300.000 - 1 Mio US$ liegt).

3. Aufgrund des weltweitverbreiteten know-hows ist anzunehmen, dass GPS-tail-kits nicht nur relativ leicht (nach)gebaut werden können, sondern auch das Preisniveau durchaus noch nachgeben kann. Nun wäre wichtig zu wissen, ob diese Clinton-Massnahme jederzeit zurückgenommenwerden kann und welchen Effekt dies auf JDAM´s hätte

zusätzliche GPS-Informationen: www.igeb.go (Interagency GPS Exekutive Board)

1) Pressemitteilung “The White House”, Office of the Press Secretary:

www.pub.whitehouse.gov

 

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