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News I/2003

 

Intifada: Reklamation

6. März 2003

Die WORLD BANK hat vorab die 9-seitige Zusammenfassung eines Berichts veröffentlicht, der vollständig Mitte März publiziert werden soll:
“Two Years of Intifada, Closures and Palestinian Economic Crisis”:
http://siteresources.worldbank.org/NEWS/Resources/pr030503-report.pdf

Wichtige ökonomische Daten zeigen einen dramatischen Anstieg der Not der Menschen:

  • Das Brutto-Volkseinkommen beträgt 2002 40 % weniger als 2000. Von den 3,2 Mrd Volkseinkommen sind 840 Mio. $ Spenden der Staaten der Arabischen Liga und 230 Mio. $ von der EU;
     
  • Bei einem Wachstum der Bevölkerung von 9 % beträgt das reale Pro-Kopf-Einkommen nur noch die Hälfte dessen vom Sept. 2000: Die Arbeitslosenrate liegt bei 53 %;
     
  • Der Wert der Zerstörungen stiegt von 305 Mio. US$ zum Ende des Jahres 2001 auf 728 Mio. US$ im August 2002. Die Exporte Palästinas sanken wertmässig um 45 %, die Import-Kontrakte um ein Drittel;
     
  • Zu Beginn der Intifada galten 21 % der Bevölkerung als arm (2 US$ pro Tag); im Dezember 2002 sind es 60 % (im Gaza-Streifen 75 %). In absoluten Zahlen:
    Incl. Einrechnung des Bevölkerungswachstums verdreifachte sich die Zahl der Armen von 637.000 auf jetzt fast 2 Millionen Menschen (bei 3,2 Mio. Gesamt-Bevölkerung);
     
  • Der “Palestinian Authority” (PA) wird für das vergangene Jahr eine ernsthafte Programm-Reform bescheinigt, die sich gegen Korruption wendet. Andererseits gäbe es keinen Weg zurück und die PA müsse das System in eine demokratische, moderne und verlässliche Staatlichkeit führen oder ihre Legitimität einbüssen (S. 4).

Dass es in der politischen Debatte reichlich Möglichkeiten der Schuldzuweisung für diese Entwicklung in Palästina gibt, die nicht die PA betreffen, ist leicht zu erraten. Ob das den leidenden Menschen hilft, steht auf einem anderen Blatt. Ausserdem erinnern wir uns vage, dass im Herbst 2002 davon die Rede war, dass es in Palästina im Jan./Febr. 2003 Wahlen geben sollte. Haben wir das übersehen? Oder finden sie noch statt? Hat das “Quartett” darauf irgendeinen Einfluss? Leider fehlt dazu noch die “Bilanz” des Todes, des Leids und des Hasses der 2. Intifada. Diese gesammelten Daten wären doch hervorragend geeignet, in die “Erfolgsgeschichte” der 2. Intifada aufgenommen zu werden.

{Erfolg ist nur eine Frage der richtigen Reklamation}

 

CDU/CSU: Zuhause

26. Februar 2003

Nicht Kür-, sondern Pflichtlektüre ist das 13-seitige Papier der “Arbeitsgruppe Verteidigungspolitik” der CDU/CSU-Fraktion zum Thema “Bundeswehr in einem geänderten sicherheitspolitischen Umfeld”, in Berlin am 25. Febr. 02 vorgestellt:
http://www.cducsu.de/upload/bundeswehr030225.pdf

Wer in Sachen Sicherheitspolitik noch ein paar Tassen im Schrank lässt, wird sicher genügend Bronze-Sätze finden, die Marker-Tinte schlucken.  Auf S. 7 stockt allerdings die Zustimmungsfreude angesichts der genannten drei Hauptforderungen:

  • “Vorrangstellung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf der politischen Agenda der Bundesregierung und ihre Vermittlung im öffentlichen Diskurs mit den Bürgern”;
    (Wenn man diese wohllöbliche Forderung die letzten 25 Jahre lang gehört hat, fehlt einem der Glaube, dass die “Kanonen-statt-Butter-These” gerade zu dieser oder in nächster Zeit von der Politik umgesetzt werden könnte).
     
  • In der zweiten “Säule” will die Union die “Heimat-Verteidigung” neu definieren; “Territorialkräfte mit ihrer originären Aufgabe der Landesverteidigung” sollen in ein “Gesamtverteidigungskonzept” verzahnt werden;
    (klingt ganz wundervoll - aber was in das Innen-Ministerium gehört, sollte auch von dort übernommen werden).
     
  • Verbleibt drittens die “langfristig tragfähige Finanzbasis für die Bundeswehr-Reform, die in einer stetigen Entwicklung rasch zu modernen, einsatzfähigen Streitkräften führt”;
    (Wie kann man einen solchen Satz in der zentralen Frage-Stellung angesichts der Daten-Lage überleben? Hätte man mehrere Leben, würde man sich hier gleich erschiessen - wäre rasch tot und doch stetig am Leben).

Mit allem im Verbund muss die Union natürlich bei der Wehrpflicht bleiben. Sie wäre vielleicht sinnvoll, wenn die “Territorial-Kräfte”

  • einen Monat Grundausbildung bekommen,
  • sieben Monate Spezial-Ausbildung in Sachen Feuerwehr, Bergung, Technik, ABC-Abwehr u. ä. hätten, um dann
  • als ausgebildete Reserve für die Terror-Folgen-Bekämpfung in der “Homeland Security” abrufbar zu sein,
  • und nicht im Hürthgenwald den Sichelschnitt gegen eingefallene Sowjets üben.

Aber das alles steht nicht im Unions-Papier. Wie penibel man alle konkreten Angaben vermieden hat, zeigt sich daran, dass im Entwurf der Unions-Vorlage noch von “150.000 Einsatzkräfte(n)” (Ex-S. 8) die Rede war, die der Angst vor dem Konkreten zum Opfer gefallen sind.

Sicher ist ein gewisses Mass an Lyrik unvermeidbar, notwendig. Aber dann muss das Ganze in Zahlen, Daten und Fakten so brutal heruntergebrochen werden, dass die Führungsfähigkeit deutlich erkennbar aufscheint. Wenn dem “glänzenden” Konzept jegliche operative Umsetzungs-Fähigkeit fehlt, sinkt auch der Mut des letzten Dorftrottels für ein Hurra.

{Sun Tsu sagt: “Die Idee muss in der Wirklichkeit ihr Zuhause finden”}

 

FDP-Fraktion: Bedarf

24. Februar 2003

Die FDP-Fraktion hat am 21. 2. 03 in 13 Punkten auf 17 Seiten zur “Reform der Reform - Für eine bedarfsgerechte und bündnisfähige Bundeswehr” Stellung bezogen:
http://www.liberale.de/portal/uploads/Downloads/Fraktions-Bw-Papier21022003.pdf

Natürlich wird jeder sicherheitspolitisch Interessierte dieses Papier lesen müssen:

  • Beeindruckend sind die Zahlen zur Dienstungerechtigkeit (Ziff. 4):
    “... werden somit rund 100.000 junge Männer (23,7 %) zu keinem Pflichtdienst herangezogen, die gesund sind und keinen Ausnahmeanspruch haben.”
     
  • Die unter Ziff. 8 (“Personalumfänge”) genannten Daten bringen entweder die Regierung (weil sie nur 50.000 Soldaten für Auslands-Einsätze - 5x 10.000 in der 2-Jahres-Rotation konstant zur Verfügung stellt) oder die FDP (bzw. die “Weizsäcker-Kommission) in Beweisnot:
    “... stünden konstant 160.000 Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die Bundeswehrsoldaten nur an einem Auslandseinsatz innerhalb von vier Jahren teilnehmen müssten, der überdies auch nur vier Monate dauern würde.”
     
  • Dem amerikanischen Beispiel folgend fordert die FDP eine Nationalgarde mit 4.000 Angehörigen (Ziff. 9).

Wenn Bündnis 90/ DIE GRÜNEN in einem Positionspapier nochmals die Abschaffung der Wehrpflicht fordert, fehlt nur noch die grosse Oppositionspartei mit ihrer Positionsbestimmung. Schwenkt sie auf den allgemeinen “Weizsäcker-Kurs” ein, wird Verteidigungsminister Struck nicht mehr bis zum Frühjahr 2004 warten können, um die Richtigkeit dieses Konzepts einzugestehen; immerhin hat er ja mit seiner Pressekonferenz vom 21. 2. 03 den bis dahin geltenden Zeitraum der Überprüfung von 2006 auf 2004 um zweieinhalb Jahre verkürzt.

Die optimistische Betrachtungsweise wäre, dass die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch die Politik (seit dem Weizsäcker-Bericht vom Mai 2000) zeitlich aufzuholen scheint. Die pessimistische Wahrheit ist, dass Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe spätestens seit 1994 die Weizsäcker-Bundeswehr hätte befehlen müssen. Leider hatte er nur die Kohl-Nachfolge im Kopf.

{Man hat nur das im Kopf, was man im Kopf hat}

P.S. Es ist ungeheuer tröstlich, dass eine moderne Demokratie im so subtilen Alt-Europa mit hochintelligenten Köpfen rund 10 Jahre braucht, um in der Politik die Wirklichkeit abzubilden.

 

SPD-Fraktion: Dampf?

20. Februar 2003

Wenn aus einer Regierungsfraktion ein Politik-Papier geschossen wird, ist immer Alarm-Bereitschaft herzustellen, denn normal ist das nicht:

  • Üblich ist, dass die Fach-Gremien der Regierungs-Parteien in Fraktion und Partei intern maulen, aber nicht öffentlich; noch dazu in Positionspapieren, die von den Medien gegen den Minister in Stellung gebracht werden könnten.
     
  • Da Verteidigungsminister Struck am Freitag (21.2) eine Pressekonferenz zu Fragen der weiteren Bundeswehr-Reform abhält, seine “Verteidigungspolitischen Richtlinien” (VPR) der Öffentlichkeit aber immer noch vorenthält, ist allein die Tatsache, dass sich die Regierungs-Parlamentarier der SPD regen, ominös.

Nichts desto trotz hat die von MdB Rainer Arnold geführte Arbeitsgruppe Sicherheitsfragen der SPD-Bundestagsfraktion (alle SPD-MdB’s des Verteidigungs-Ausschusses) gestern ein elfseitiges Papier mit dem Titel “Bundeswehr und Sicherheit - Chancen nutzen -” aufgelegt:
http://www.spdfraktion.de/pa/ag15/verteidigung/bundeswehr_sicherheit_20030218.pdf

Nach Abzug der bekannten Lyrik verbleiben u.E. die folgenden Bronze-Sätze:

  • “Gleichwohl bleiben leistungsfähige Streitkräfte ein wichtiges und unverzichtbares Instrument für die aussen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit unsers Landes.”
    (Das werden der Kanzler und seine literarischen Berater gar nicht mögen)
     
  • “Die immer noch vorhandenen Überkapazitäten zur Landesverteidigung könnten abgebaut und für andere Bündnisverpflichtungen genutzt werden.”
     
  • (ESVP): “Inwieweit in der Perspektive eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip hin zu Mehrheitsentscheidungen möglich ist, muss geprüft werden. Vor diesem Hintergrund muss auch in Deutschland die Ausgestaltung des Parlamentsvorbehalts beim Einsatz von Streitkräften zum geeigneten Zeitpunkt neu bewertet werden.”
    (Das werden die GRÜNEN überhaupt nicht mögen)
     
  • “Neuer Spielraum kann nur gewonnen werden, wenn es uns gelingt, die Betriebskosten deutlich (Hervorhebung d. Verf.) zu senken.” “... müssen veraltete ... nicht mehr benötigte Waffensysteme rasch ausser Dienst gestellt werden”. “Natürlich werden derartige Massnahmen Auswirkungen auf Standorte und Struktur der Streitkräfte haben.”
    (Die SPD-Experten wollen, “dass die Bundeswehr flächendeckend in allen Bundesländern vertreten bleibt”. Wenn man die Betriebskosten “deutlich” senken will, kann man an diesem hehren Grundsatz nicht mehr festhalten).
     
  • Die Forderung nach einer Einsatzdauer von drei Monaten klingt wohlfeil, wir warten Rechenmodelle ab.
     
  • “Die Beibehaltung der Wehrpflicht ist ... die bessere Entscheidung.” Und dann folgt die stramme Behauptung wie seit je: “Eine reine Berufsarmee, die bei den derzeit zu erfüllenden Aufgaben nicht wesentlich kleiner wäre als eine Wehrpflichtarmee, ist im Vergleich teurer.” (Merke: Ein Dienstposten muss pro Jahr von zwei Wehrpflichtigen besetzt werden, die ihrerseits dem Bund 18 Monate lang Kosten bescheren; ein Freiwilliger kann einen Dienstposten grob zwei Jahre lang besetzen. Ausserdem soll es ja in der zukünftigen Bundeswehr nicht um “derzeit zu erfüllende Aufgaben” gehen, die Wehrpflichtige eben nicht erfüllen können).

Whatsoever, es gibt sie noch, die SPD-Verteidiger. Die GRÜNEN trauen sich mit ihren, in der Schublade liegenden, Reform-Vorstellungen nicht aus dem Gehösch. Die FDP könnte auch einen kühnen Entwurf wagen. Verbleibt die CDU/CSU unter Führung des Newcomers Christian Schmidt. Er kennt (wie alle anderen Beteiligten) die konzeptionellen Probleme der Bundeswehr und könnte einen “radikalen” Entwurf vorlegen. Diese Führungsqualität hätte allerdings zunächst zur Folge, dass er einsamer Rufer wäre und wahnsinnig kämpfen müsste.

{Ohne Kampf kein Dampf - reim dich oder ich fress dich}

 

DIE ZEIT: Bravo, Petra

20. Februar 2003

Aus Reden und sonstigen verstrahlten Debatten-Beiträgen von Solana, Patten und HWZ (rote Heidi) wissen wir, dass die Europäer doch so wunderbare Krisen-Prävention durch Entwicklungshilfe und somit wahre Sicherheitspolitik betreiben; eben tausendmal klüger als die nur schiesswütigen Amis.

Schön, dass Petra Pinzler in “DIE ZEIT” (08/2003) sich dieses Themas so sauber angenommen hat. In ihrem Beitrag “Brüssel lässt hungern” stellt sie fest, das 21 Milliarden EUR für Entwicklungshilfe ausgegeben werden könnten, jedoch: “Misswirtschaft und Bürokratie blockieren die Hilfe”:
http://www.zeit.de/2003/08/EU-Entwicklungsp_

Das ist DIE ZEIT, wie wir sie von früher kennen und mögen - und Petra schliessen wir in unser Herz, weil sie ein wirklich gutes Werk getan hat.

{dranbleiben - weitermachen - die Themen sind alle genannt}

 

SPIEGEL: unerfindlich

17. Februar 2003

Wir kaufen uns schon wieder den SPIEGEL - und haben für die Titelgeschichte online vorab 0.85 EUR geopfert.. Nach dem wir dort vor kurzem gelernt haben, dass U.S.-Präsident Bush den Irak nur wegen des Öls angreift, werden wir nun umerzogen, warum er es nur aus “fundamentalistischer Frömmelei” versucht.

Keine Frage ist, dass die Titelgeschichte geradezu klassische SPIEGEL-Kunst wiedergibt. Das ist so professionell geschrieben, dass keine “Office of Strategic Intelligence” dagegen anstinken kann. Es bleiben eigentlich nur zwei Wege, sich dem Thema zu nähern:

  1. Wir haben natürlich die vom SPIEGEL als Beleg angegebene Rede von G.W. Bush vom 10. Febr. 02 heruntergeladen:
    http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/02/20030210-5.html
    Nach drei (von sechs) Seiten Lektüre haben wir gleich aufgegeben. Wie soll man das von Bush Gebotene bei Beachtung verschiedener “Fairness”-Kategorien kommentieren? Überhaupt, was heisst hier “Fairness”? Wie kann man sich solchen Luxus leisten? Lesen Sie bitte wenigstens alle sechs Seiten. Sie können dann wenigstens von sich behaupten, dass Sie luxuriös leben. Ausserdem werden Sie bei nächster Jauch-Gelegenheit richtig anworten können, wie das zentrale Kennwort der Bush-Administration lautet.
     
  2. Auch der SPIEGEL wird Sie von der eigenen “Wahrheitsfindung” (über einen längeren Zeitraum) nicht abhalten können:

    - Wenn Bush ein verdammter Pharisäer ist, gibt es zwei Möglichkeiten:
    1. Entweder bekommt er von seinem HERRN mächtig eins aufs Dach - oder
    2. lässt ER die Kiste “unerfindlich” (oder wie auch immer) laufen;

    - Wenn es IHN überhaupt nicht gibt (wofür der SPIEGEL in der Vergangenheit die beste Ambivalenz-Reklame gemacht hat), verbleibt:
    1. der “Windschutz-Scheiben-Cowboy” (Laura zu George’s Eigen-Bezeichnung) hat mit “Zitronen” gehandelt (so what?);
    2. gewinnt der Kreuzritter, obwohl gar kein “Kreuz” da ist (Na und?).

Wir schätzen, dass alle Interessierten am Ende genau so klug dastehen wie ehedem. Das wiederum macht gar nichts, denn man hat Verstand und Herz schliesslich nicht umsonst geschenkt bekommen.

{Wege sind unerfindlich oder sie stehen im SPIEGEL}

 

Kanzler Schröder: wirklich? + Nachtrag

14. 2. 2003

In seiner gestrigen Regierungserklärung zur Irak-Frage hat Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Kern seines sicherheitspolitischen Lösungs-Ansatzes wiederum Thesen vorgetragen, die die Position der Regierung nicht logisch und sachlich belegen und dazu die Beweislast umkehren:

  • “Es spricht also alles dafür, dass kontrollierte Abrüstung und wirksame Inspektionen ein durchaus taugliches Mittel zur Beseitigung der Gefahr durch Massenvernichtungs-Waffen sind. Wer angesichts dessen heute einer militärischen Option den Vorzug gibt, der müsste glaubhaft machen, dass es keine Alternative zum Krieg gibt.”

    Zum Schluss seiner Rede bekräftigt der Kanzler:
    “Wir können den Irak entwaffnen ohne Krieg”.
     
  • Bleibt man weiter in der Logik des Kanzlers, dann fällt ein kleiner Schlenker in Ziff. 2 seines 5-Punkte-Kataloges auf:
    “Wir brauchen eindeutige Klarheit über Massenvernichtungs-Mittel iim Besitz des Irak, so es sie gibt ...”
    Auch mit diesem “so es sie gibt” ist die Bundesregierung in einem entscheidenden Punkt abweichender Meinung, denn die Position zahloser Regierungen ist augenscheinlich der festen Meinung, dass
    - Saddam Hussein Massenvernichtungs-Waffen besitzt,
    - die Resolution 1441 das irakische Regime “zwingt”, sie umgehend offenzulegen, und
    - selbst die ver-x-fachte Anzahl von Inspektoren bei einem Katz- und Maus-Spiel gegen das in Sachen Versteck”spiel” erfahrendste Regime nur im Laufe von Jahren langsam Erfolge erzielen könnte (wir hätten gern die Quelle, die dokumentarisch belegt, dass nach dem Krieg 1991 die Inspekteure vier ganze Jahre im Heuhaufen suchten und erst nach Hinweisen von Überläufern erfolgreich wurden).
     
  • Der Gesamtzusammenhang der Situation wird vom Kanzler für die Richtigkeit seiner These nicht zergliedert:
    - Jederman weiss, dass der alliierte Truppenaufmarsch nicht monatelang in der Sonne schmoren kann. Geht man von einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten für die Aufrechterhaltung der allseits als notwendig erachteten militärischen Drohkulisse aus, wird das Schröder’sche Szenar vollends grotesk. Würde die US-Armada abgebaut, gäbe es für Saddam Hussein keinerlei Anreiz, die Inspektoren nicht wieder so zu nerven, dass sie wie 1998 das Handtuch werfen müssen.

Wesentlich beunruhigender als die fehlende Logik ist aber die Rhetorik der entsprechenden Mitglieder der Bundesregierung. Wer zutiefst von der Richtigkeit seiner Position ist, hat bestimmte Formen der Auseinandersetzung nicht nötig:

  • Schröder meint:
    “Keine Realpolitik und keine Sicherheitsdoktrin darf dazu führen, dass wir uns schleichend wieder daran gewöhnen, den Krieg gleichsam als normales Mittel der Politik zu betrachten.”
    Jeder weiss, das die US-Regierung gemeint ist. Gleichermassen ist klar, dass dieser Vorwurf tiefgreifendster Art ist; er wird permanent wiederholt, geht sehr weit über Rumsfelds Mätzchen hinaus und muss bei den Angesprochenen eine tiefe Wunde hinterlassen. Ausserdem wird kaum ein deutscher Medien-Gewaltiger merken, welche Keulen hier von deutscher Seite geschwungen werden.
     
  • “Gewiss, es gibt auch in unserem Land eine Koalition der Willigen für einen Krieg. Die CDU/CSU gehört dazu. Ihnen setzen wir mit der Mehrheit in unserem Volk den Mut zum Frieden entgegen.”
    Auch dieser Schröder-Passage fehlt jegliche Kanzler-Kultur. Wenn Olaf Scholz neben Laurenz Meyer das auf den Wandelgängen des Reichstages ins PHOENIX-Mikrofon kübeln würde - wenn es dann sein muss.
     
  • Einen gewissen rhetorischen Vorsprung muss man Joschka Fischer gegenüber dem Kanzler konzidieren. Ob in Goslar, Berlin oder sonstwo: Gerhard Schröder brüllt zu oft seinen Text mit machtvoll gemeinten Gesten in sein Auditorium - man ist im Zoo.
    Joschka Fischer dagegen gefällt sich überwiegend in der Pose des zutiefst Besorgten. Gerade in letzter Zeit (München-Tagung, gestern) benutzt er jedoch einen nur auf den ersten Blick besonders gekonnt erscheinenden Trick:
    Laut und wahnsinnig erregt hämmert er seine Argumentationslinien heraus (z.B. Risiko Nahost, welches bei Schröder immerhin mit einem “vermutlich” drapiert ist), stellt Argumentations-Dominanz durch Fragen her und schmettert den verduzten Adressaten hinterher, dass sie ihn nicht überzeugt hätten. Im Trubel geht natürlich unter, dass die Adressaten gar keine Möglichkeit hatten, ihm zu antworten. Ausserdem hat die Verfahrensweise den grossen Vorteil, beim Zuhörer den Eindruck zu erwecken, dass man Herrn Fischer überzeugen könnte. Ob das wiederum der Fall sein könnte, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Zu hoffen ist, dass durch Zeitablauf eine ganze Reihe von Fragen durch die Wirklichkeit beantwortet werden. Aber auch dann gilt natürlich:

{Die Wirklichkeit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war}

Nachtrag: Hussein Kamal Hassan

17. Februar 2003

Einer unserer lieben Netzwerker hat uns in der Frage der Inspektoren-Effizienz von 1991 bis 1995 (und den danach erzielten Erfolgen) mit den folgenden Infos geholfen:

“1) "Am 8. August 1995 waren zwei Schwiegersöhne des irakischen Präsidenten Saddam Hussein, General Hussein Kamel Hassan und Oberst Saddam Kamel Hassan, nach Jordanien geflüchtet. Hussein Kamel Hassan rief dort zum Sturz des irakischen Diktators auf. Nach deren Flucht erklärte Irak die vorherige Offenlegung vom 4. August für null und nichtig und gab ein weitaus größeres Waffenprogramm zu als zuvor angegeben." (Gabriele Kraatz-Wadsack, Die Verifikation biologischer Waffen, Abrüstung und Rüstungskontrolle in Irak, Internationale Politik 12/2002, S. 28).

2) "Caught by the August defection of General Hussein Kamel Hassan, who headed its weapons programs, Iraq for the first time has disclosed a much more extensive program than it had in its earlier so-called "complete disclosures." It has admitted weaponization of biological agents immediately prior to the outbreak of the Gulf War, including the insertion of deadly Botulinin and anthrax agents -- never before used in war -- into 166 bombs and 25 Al-Hussein missile warheads." (Judy Aita, Foreign Policy Series: Sanctions on Iraq (1130), USIA United Nations Correspondent, über FAS: http://www.fas.org/news/iraq/1995/48152715-48159665.htm  

3) "Diplomatic sources said Kamel told Ekeus, who went to Jordan from Baghdad, that the Iraqi government's new admissions are correct, and that Kamel also disclosed additional information about Iraq's weapons programs. "I do not want to address the extent of discrepancies between the two types of information," Ekeus told reporters, according to the Associated Press." http://www-tech.mit.edu/V115/N30/iraq.30w.html

4) "New insights into the threat were provided last summer by Saddam Hussein's son-in-law and former nuclear weapons chief, Lieutenant General Hussein Kamel Hassan, soon after he fled to Jordan. He disclosed that, right after Iraq's invasion of Kuwait in August 1990, he ordered a crash program to recover bomb-grade uranium from French and Russian-supplied civilian nuclear fuel by the following April." http://www.nci.org/a/a11295.htm

Ansonsten einfach mal mit "Hussein Kamel Hassan" googlen... “

{Thank You so, A.}

 

Op.-Ed.: Treibholz

13. Februar 2003

Während ernsthaftere Warnungen vor möglichen Terror-Anschlägen aufwachsen, die nord-koreanische Regierung mit präventiven Schlägen droht und alle Anrainer das Problem nur der US-Regierung zur Lösung empfehlen, verbleibt das Hauptinteresse der sicherheitspolitischen Diskussion in Deutschland sehr klar bei der Irak-Frage. Langsam spitzt sich die Debatte auf Entscheidungen zu:

  • Die ausgeübte Sperr-Minorität von Frankreich, Deutschland und Belgien im NATO-Rat bezüglich der Aufnahme von Planungen hinsichtlich der Verteidigungs-Hilfe für die Türkei mag man ja mit allen möglichen Argumenten drapieren. Aber das Argument, dass damit die Unausweichlichkeit des Krieges zementiert wird, passt nun wirklich nicht auf Saddam Hussein. Im Gesamt-Kontext kann nur richtig sein, dass der maximalste Druck auf den irakischen Diktator (Hands Up) den Frieden noch retten könnte. Wir wollen dabei nicht verschweigen, dass uns zu Ohren gekommen ist, dass die türkische Regierung einer Stationierung von rund 80.000 U.S.-Soldaten nur dann zustimmen wollte, wenn die Deutschen Patriot-Raketen liefern; das tun sie ja, mit niederländischen Soldaten als Cover (welch ein “Glück”, dass der Obergefreiten-Dienstweg noch funktioniert); allerdings waren sie nach dem Patriot-Nutzungs-Vertrag mit den USA von 1996 (?) sowieso zur Herausgabe verpflichtet.
     
  • Die Nachrichten-Agentur AP hat am 11. 2. gemeldet, dass US-Kampfflugzeuge in der südlichen Flugverbots-Zone zum ersten Mal militärisches Gerät der Iraker zerstört haben, welches nicht gegen Flugzeuge oder Schiffe gerichtet war. Getroffen wurde eine Boden-Boden-Rakete des Typs Ababil-100 samt Kommando-Fahrzeug und Nachlade-LKW; die Systeme waren von den Irakis in das Gebiet der Flugverbots-Zone bewegt worden.
     
  • Morgen wird Hans Blix dem U.N.-Sicherheits-Rat einen weiteren Bericht vorlegen. Die “Washington Post” (Colum Lynch, Rice, Blix Confer On Iraq Briefing) berichtete gestern, dieser Bericht werde nicht die von den USA erhoffte Klarheit haben, dass die irakische Regierung eindeutig gegen die 1441-Auflagen verstösst. Allerdings wird Blix erklären müssen, ob das irakische Regime den Inspektoren denn Lager von ABC-Materialien offenbart hat; dies ist augenscheinlich nicht der Fall. Andererseits ist dies der Kernpunkt der Argumentation der U.S.- Regierung hinsichtlich der Resolution 1441.
     
  • Technische Daten sollten vorzeitige Aufregung verhindern: Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der U.S./UK-Aufmarsch vor Anfang März nicht abgeschlossen - wegen verschiedener Verzögerungen wie etwa Türkei eher Mitte März. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt das “Fenster” für Diplomatie also offen. Bis dahin wird die U.S.-Regierung mit der bereits in Arbeit befindlichen zweiten Resolution in die Gespräche mit allen Mitgliedern des U.N.-Sicherheits-Rates gehen und einen bisher noch nicht dagewesenen diplomatischen Druck entwickeln.
     
  • Verlängert man alle bisher bekannten Politik-Linien, insbesondere von Frankreich, Russland und China, so ist eindeutig die Zustimmung ihrer Regierungen zur Anwendung militärischer Gewalt gegen die irakische Regierung zu erwarten. Nur die Voraussage für Deutschland ist unbestimmbar: Entweder gewinnt Fischer oder Schröder, wobei der “Gewinn” jeweils auch unterschiedlich zu wertende Verluste mit sich bringen wird (nach der heutigen Regierungs-Erklärung werden wir vielleicht klüger sein).

Sollte allerdings der sehr unwahrscheinliche Fall eintreten, dass die “Vierer-Bande” (F, Rus, Chin, D) strategisch filibustert, um Schröders Vision (nicht nur seine) zu verwirklichen, wird ein gänzlich neues Kapitel der Sicherheitspolitik in dieser Welt beginnen. Unser Drehbuch dafür ist bereits fertig - Ihres auch?

{Be flexible enough to cover all threats}

 

Drewermann: Freitod

12. Februar 2003

Eugen Drewermann, 12 Jahre lang Professor für Theologie, Autor von 70 Büchern, betreibt derzeit eine Praxis für Psychoanalyse, und wird von einigen Zeitgenossen sicherlich zu den Top-100 der deutschen Kultur-Intelligenzia gezählt. SPIEGEL-Online hat mit ihm ein Interview geführt, indem Drewermanns überragende Kompetenz voll zur Geltung kommt:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,234547,00.html

Nach der Ikone der Kirchen-Kritik und Psycho-Analyse ist US-Präsident Bush eine Person, die

  • im Bereich der “absoluten Skrupellosigkeit” zu orten ist,
  • sich aus der Bergpredigt die Legitimation ableitet, “Hunderttausende Menschen mutwillig zu töten”,
  • sich in “der Aura der Gotterwähltheit” darstellt,
  • den “religiösen Absolutheitsanspruch auf machtpolitische, geostrategische und wirtschaftliche Ziele” verschiebt,
  • “Opfer einer Geisteshaltung (ist), die bei den Evangelikalen, den Rechten und den Fundamentalisten christlicher Prägung ausserordentlich tief geht”,
  • sich als trockener Alkoholiker anstrengt, die
    “verinnerlichten Maßstäbe ihres Über-Ichs perfekt zu erfüllen. Für George W. verschmelzen Gott und sein Vater zu dem Auftrag, einen noch grösseren und noch besseren Krieg zu führen als der eigene Vater - mit dem Beistand des Vaters im Himmel. Das alles ist eine Verzahnung aus individueller Neurose und sozialpsychologischem Wahn: ein Überbietungssyndrom und eine Weltbeglückungskomponente”.

Was die theologisch-psychoanalytische Intelligenz-Bestie (bitte nicht die negative Assoziation) sonst noch weiss:

  • “Colin Powell erscheint zwar moderat, war aber in Wirklichkeit nie etwas anderes, als der jeweiligen Macht untertan”;
  • “Condoleezza Rice ist eine absolut ehrgeizige Dame und predigt nichts als Krieg”;
  • Da chemische Waffen eine “Verfallszeit von fünf Jahren haben”, folgt: “es gibt solche Bestände nicht mehr. Für eine mögliche Nachrüstung “gibt es definitiv nicht den geringsten Beweis”;
  • Auf die Frage nach dem Unterschied zwischen der irakischen Diktatur und den demokratischen USA antwortet Drewermann:
    “Der Unterschied wird immer hinfälliger. In den USA können Sie sich die Macht kaufen. Mit der Folge, dass Bush nun den Interessen der Rüstungs- und Erdölindustrie huldigen muss, von denen er gesponsert wurde. Wir haben keine Demokratie, sondern eine Plutokratie in den Vereinigten Staaten”;
  • “”Es gibt keine Medien mehr, die das amerikanische Volk objektiv informieren könnten”.

Natürlich hat Herr Drewermann auch eine Lösung parat:

  • “Man müsste mit dem potenziellen Gegner, dem Irak, reden und gemeinsam Wege aus der Krise suchen. Das versuchen die Europäer. Doch Bush - im Alleinbesitz von Weisheit und Macht - verweigert dies der Welt. Er ist die einstudierte Sprechpuppe des Pentagons und der Ölindustrie.”

Noch grandioser ist seine neue Definition:

  • “Der Krieg ist das Scheitern, Menschen gerecht zu werden.”

Die Nürnberger Prozesse müssen demnach aufgerollt werden. Das arme Opfer Adolf Hitler, der Mensch, dem die Welt nicht gerecht wurde, klagt an. Zahlreiche Nebenkläger sind vertreten, auch Saddam Hussein. Und die Aber-Millionen Toten fordern frenetisch die Rehabilitierung der bisher als Tyrannen und Schlächter Beschuldigten. Milde lächelt Richter Drewermann und übt seine Gerechtigkeit. Als Wiedergutmachung bestimmt er, dass Hitler und seine Kumpanen nun täglich auf seine Psycho-Couch müssen. Die so Begünstigten wählten allerdings nach der Urteilsverkündung alle den Freitod.

Wir Deutsche sollten stolz sein auf unseren Drewermann. Diese intellektuelle Brillanz muss nun durch alle TV-Talkshows gedrückt werden, damit die Welt diesen grandiosen “Deutschen Geist” geniessen kann und damit errettet wird.

{In Eugens Intellekdelirium wählen wir gern den Freitod}

 

Rus/F/D: Finessen?

11. Februar 2003

Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass man vor der Verkündigung von Sieges-Meldungen immer das Kleingedruckte lesen sollte. Bevor man den deutschen Sieg wegen der “Gemeinsamen Erklärung Russland - Deutschland - Frankreich” zur Irak-Frage feiert, sollte Vorsicht geboten sein:
http://www.bundeskanzler.de/www.bundeskanzler.de-.7698.466570/Gemeinsame-Erklaerung-R ussland-Deutschland-Frank...htm

Nicht wenige Passagen der 3er-Resolution sind nicht so leicht sieges-interpretierbar:

  • Da ist die Rede, dass es um die “Entwaffnung des Irak” geht und diese “möglichst rasch zum Abschluss gebracht werden muss”;
     
  • Sieges-freundlich kann man vermelden, dass
    - 1441 “noch nicht voll und ganz ausgeschöpft” ist;
    - die “Fortsetzung der Inspektionen” in verbesserter Qualität gefordert wird.
     
  • Dass man der “friedlichen Entwaffnung des Irak alle Chancen zu geben” bereit ist, könnte man auch als Appeasement-Konzession an die Öffentlichkeit interpretieren.
     
  • Die dann folgende Aufforderung an das irakische Regime, mit den Inspektoren “aktiv zusammen(zu)arbeiten und “seiner (Iraks) Verantwortung in vollem Umfang nach(zu)kommen, darf wiederum als U.S.-minded eingestuft werden.

U. E. läuft hier ein Lehr-Beispiel für die Finessen der Interaktion “alter Kameraden” ab, dessen Ausgang vorhersehbar ist. Wir tippen auf die Version des einsamen “Goslarers” (bis Mitte März, wenn der US-Aufmarsch vollständig abgeschlossen ist, verbleibt noch viel Zeit).

{Sun Tsu sagt: “Der Sieg ist nach der Zeit”}

 

Kanzler Schröder: Kern

11. Februar 2003

Bei der Suche nach dem Kern-/Dreh-/Angel-/Mittel-/Schwerpunkten des Geschehens hat uns SPIEGEL-Online wieder einmal Stoff geliefert:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,234574,00.html

Berichtet wird über Bundeskanzler Schröders Einlassungen vor der SPD-Fraktion:

  • “Schröder bezeichete die Fragen von Krieg und Frieden im Irak als ‘Weichenstellung’ und ‘historische Entscheidung’, die die Entwicklung auch in Europa in den nächsten zehn bis 15 Jahren bestimmen werde. Es gehe im Kern darum, ob eine multipolare Welt erhalten bleibe oder nur noch eine Macht die Geschicke lenke.”

Man sollte ein hochdotiertes Preis-Ausschreiben ausloben, welche Konsequenzen eine derartige Priorisierung der aussenpolitischen Gesamt-Konzeption für Deutschland hätte.

Für Volksschüler wie uns ist das ganz einfach: Einem puren Macht-Politiker wie Schröder geht es einzig und allein um seine Macht - zu welchem Zwecke, ist völlig egal.

Dies ist weder Fake noch Joke: GeoPowers lobt die “Kern”-Frage aus: Entsprechend unserem Budget legen wir 100 EUR in den Topf; jeder zusätzlich gespendete Beitrag ist willkommen. Die technischen Einzelheiten unseres Wettbewerbs liefern wir nach.

{Stimmt ja: Wer sitzt in der Jury?}

 

Johannes Paul II: Kronzeuge?

11. Februar 2003

In den Debatten über den zu befürchtenden Irak-Krieg wird Papst Johannes Paul II des öfteren gern als Kronzeuge gegen den Krieg beschwört. Auf der Suche nach der entsprechenden Belegstelle haben wir nur seine Ansprache an das Diplomatische Corps am 13. Januar gefunden:
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/2003/january/documents/hf_jp-ii_spe _20030113_diplomatic-corps_en.html

  • Unter der Kapitel-Überschrift “NO TO WAR!” lautet zunächst der Folge-Satz:
    “War is not always inevitable” (!).
     
  • Den folgenden Satz kann man leicht als auf die Amis gemünzt interpretieren, aber nur, wenn man das übliche Set an sonstigen (üblen) Unterstellungen der U.S.-Politik übernimmt (ob der Papst dies auch tut, muss als ungeklärt eingestuft werden):
    “War is never just annother means that one can choose to employ for settling differences between nations.”
     
  • Danach wird betont, dass der Krieg nach der U.N.-Charta nur ausnahmsweise als “very last option” in Verbindung mit sehr strikten Auflagen, insbesondere in Hinsicht auf die Zivil-Bevölkerung (während und nach dem Krieg), entschieden werden darf.

U.E. ist es bei un-emotionaler Betrachtung nicht möglich, die Papst-Äusserungen im Gauweilerschen Sinne (BILD) zu positionieren: Von der Entscheidung zwischen dem Papst oder Bush kann keine Rede sein. Genauso wenig können wir sicher sein, ob sich Herr Gauweiler je die Mühe machen würde, mehr als einen Gedanken in die Sache zu investieren.

{Denk Dir Deine Meinung - ohne Bild}

 

“Projekt Mirage”: Schröder-Fake

10. Februar 2003

Wenn Sie es nicht immer tun: Heute müssen Sie sich den SPIEGEL kaufen. Die Titelgeschichte hat bereits einen Mords-Wirbel erzeugt und wird als Groteske deutscher “Kanzler-Kunst” in die Geschichte eingehen, und als Lehrstück für das Unvermögen, derartiges irgendwie noch als “Politik” verstehen zu können. Der Hintergrund ist schnell erzählt:

  • Am Donnerstag vergangener Woche hat Kanzler Schröder den Chefredakteur des Magazins, Stefan Aust, angerufen zwecks Vereinbarung eines Termins. Die Herrschaften haben sich getroffen und Gerhard Schröder hat sein aussenpolitisches “Meisterstück”, das “Projekt MIRAGE”, dem SPIEGEL mit entsprechenden Sottisen durchgeschoben.
     
  • Um die vom Kanzler ausgebrühte Idee (siehe die 7 Punkte) haben die Magazin-Redakteure eine Geschichte gezimmert, die an mehreren Stellen den Super-Fake des Kanzlers verraten:

    - Im Artikel heisst es: “Deutsche und französische Spitzenbeamte sind im Auftrag ihrer Chefs seit Jahresanfang in Geheimgesprächen dabei, ein eigenes Konzept zu entwerfen.” Gestern (So.) lief nachmittags im deutschen TV das Dementi aus Paris schon als Nachrichten-Laufband.

    - Während der 39. Münchener Sicherheits-Konferenz, wo der Vorabdruck am Sonnabend wie ein Bombe einschlug, wurde “aus Regierungskreisen” mitgeteilt: Weder Aussenminister Fischer noch Verteidigungsminister hatten bis dato von MIRAGE nur die geringste Ahnung. Dementsprechend heisst es ja auch im SPIEGEL: “... das Außen- und das Verteidigungsministerium sind nur am Rande und in Fachfragen beteiligt: ‘Das Ganze wird eng an der Brust gespielt’, sagt ein Kanzlerberater.”

    Noch dreister ist der darauf folgende Satz, dass “dagegen mögliche Partner im Ausland eingeweiht (wurden): China, Russland, Griechenland ... die ersten Reaktionen waren positiv”(!).

    - Wenig vorher im Text bekommt der stabil beliebteste deutsche Friedensminister von seinem im Bodenlosen versinkenden (Ex-?)Freund gezielte Tritte vor das Schienbein: “Vor allem Joschka Fischer, der Gerhard Schröders lautstarken Antikriegskurs als Einengung seines politischen Spielraums empfindet, müsste wieder einmal zurückstecken.” Von Joschka weiss inzwischen halb Berlin, dass er wegen der berüchtigten “Goslar”-Rede des Kanzlers (Festlegung des deutschen U.N.-Votums auf NEIN) stocksauer ist.
     
  • Die konkret genannten 7 Punkte des Mirage-Planes sind hinsichtlich der Kernpunkte so blamabel, dass selbst der ärgste Feind der Franzosen (Russen, Chinesen, Griechen) nicht auf die Idee käme, ihrer wirklich grandiosen Kunst der Diplomatie einen solch bodenlosen Schwachsinn zuzutrauen:

    - Wer mit U.N.-blaubehelmten “Elitesoldaten” die “Arbeit der Inspektoren militärisch abzusichern” gedenkt, dem hilft nichts mehr, auch nicht die Jacke mit Ärmeln auf dem Rücken.

    - Wer in dem französischen MIRAGE-Aufklärer (ist ja irre - auch noch Namensgeber des Projekts!) das Non-Plus-Ultra einer 24h-Allwetter-IRS sieht, JSTARS augenscheinlich für ein neue Rollschuh-Oper hält, und bei dem TV-Flieger LUNA heimlich die endgültige Ankunft deutscher Wunderwaffen vermutet ... - auch dem ist nicht zu helfen.

    - Wer den “Stein der Weisen” in Sachen wirksamer Sanktionen (die “nicht die hungernde Bevölkerung” treffen - Saddam, das Unschuldslamm) gefunden hat, kann es damit vielleicht bei der RTL-Superstar-Show versuchen - aber bitte nur dort.

    - Wer als Deutscher den Vorschlag eines “Sondergerichtshofes” macht, leidet allermindestens unter dem Jenninger-Syndrom.

    - Wer (im siebten Punkt) neben der “Tatort”-Dramaturgie für Protektorats-Drehbücher in Tarik Asis auch noch das Heil eines zukünftigen Irak sieht, könnte evtl. vom 38. Oberseminar für Friedens-Tautologie in Ober-Pfeifenhofen als Anwärter des Friedens-Knobel-Preises nominiert werden oder von Egon Krenz bestochen sein.

Wer es schafft, den SPIEGEL-Titel mit seiner ach so klaren Beweisführung ohne ein einziges, in vielen Passagen schon nahegelegtes, deja vu an die einzig vorhandene, verhasste U.S.-Militärmaschinerie zu haben, sei gelobt - Friede mit ihm.

{Man kann gar nicht genug lesen, um richtig zu verblöden}

 

U.S.-AM Powell: medial

6. Februar 2002

Ohne Zweifel war die Rede des U.S.-Aussenministers Colin Powell ein mediales Erlebnis besonderer Güte:
http://usinfo.state.gov/regional/nea/disarm/

Die anschliessende Kommentierung in den deutschen TV-Medien war es auch. Aber man sollte die “Flüchtigkeit” der Impressionen nicht vergessen. U. E. bleibt:

  • Bei emotionalisierten Grundsatzfragen wird die Zahl der “Wechsel-Wähler” immer kleiner. Jede “Partei” wird schon ihren Punkt finden, der sie für Tausende von Talk-Runden mit Argumentations-Munition versorgt. Dann tritt der “Harald Schmidt-Effekt” ein, dass man als stinknormaler Durchschnittsbürger alle Argumentationslinien mühelos nachsprechen kann.
     
  • Spass bringt die Frage nach den Kernpunkten:
    - Das irakische Regime behauptet nach wie vor - steif und fest: Nein, wir besitzen keinerlei Massen-Vernichtungswaffen (MVW) und Trägermittel;
    - U.N., der Sicherheitsrat, die EU beschwören in ihren Entschliessungen, dass die irakische Regierung nun endlich ihre MVW abrüsten müsse;
    - angeblich “wissen” alle (westlichen) Geheimdienste, dass die irakische Regierung MVW hat, aber niemand ist in der Lage, die “Smoking Gun” zu zeigen - auch Colin Powell nicht.

Zu Lösung wäre hilfreich, einen Blick auf die Aufklärungsmittel zu werfen:

  • Unterstellt, der Irak hätte MVW und würde seit Aufkommen der U.N.-Aktivitäten Massnahmen zur Verschleierung unternehmen, müssten die USA in der Lage sein, alle dementsprechenden irakischen Anstrengungen
    - kontinuierlich 24 Stunden,
    - bei jedem Wetter
    zu dokumentieren.
     
  • Zu einer solchen Leistung wären nur Satelliten mit Foto-/Radar-/Infararot-Bestückung in der Lage, die in einer geo-stationären Umlaufbahn in 36.000 km Höhe stationiert sind. Nach allen Fach-Veröffentlichungen gibt es diese technische Leistung jedoch nicht. Amerikanische Satelliten mit der o.a. Bestückung fliegen in sog. Orbits in Höhen von grob 600 bis 3000 km+ und können so nur zeitweise das Aufklärungs-Gebiet überfliegen. Damit ist die “Verfolgung eines bestimmten Lastwagens” natürlich illusionär.

“Verschwörungs-theoretisch” kann man dieses “Spiel” verlängern:

  • Haben die Amis tatsächlich nur diese “begrenzten” Aufklärungsmittel, könnten sie im Kriegsfall tödliche “Überraschungen” erleben.
     
  • Sollten ihre Aufklärungsfähigkeiten für MVW der Iraker - mehr oder weniger weit - über den Anforderungen (24 h-allwetter) liegen, dann müssten sie - wegen der “tödlichen Überraschungen” - von allen Geistern verlassen sein, wenn sie sich auch nur annähernd in den Geruch bringen würden, diese Fähigkeiten zu haben.

Ein “geheimer” Leitsatz der rheinischen Strategie lautet:

{Nix Jenaues wäs man nisch}

 

EU-Präsidentschaft: Demarche

6. Februar 2002

Die griechische EU-Rats-Präsidentschaft hat vorgestern eine halbseitige Demarche an die Irak-Botschaften in Athen, Brüssel und New York abgesandt, die es nicht verdient, im Trubel der Powell-Schlagzeilen unter zu gehen. Der Text ist sonnenklar, eindeutig, ohne jeden Schnörkel; man sollte ihn nicht ausser Acht lassen.

Auf der Startseite der Website der griechischen EU-Rats-Präsidentschaft ist er zwar nicht “in den Schlagzeilen”, aber man findet ihn:
http://www.eu2003.gr/en/articles/2003/2/5/1814/

Nicht unwichtig ist, dass die Demarche auch vom “neuen Europa” unterschrieben worden ist. Zu gern wüssten wir, wie diese wichtige Geschichte in den Medien transportiert wird.

{“final opportunity”}

 

EKD: ekelig

6. Februar 2003

Auf Einladung von Präses Manfred Kock, Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), haben sich eine Reihe von Amtskollegen aus Mittel- und Nord-Europa, dem Nahen Osten sowie aus den USA in Berlin getroffen, sind vom Bundeskanzler empfangen worden und haben die Resolution “Verantwortliche der Kirchen vereint gegen einen Krieg im Irak” verfasst:
http://www.ekd.de/presse/397_pm26_2003_kirchenfuehrer_gegen_irakkrieg.html

Man muss schon sehr schlichten Gemüts sein, wenn man unterstellt, dass hier schwermütige Gewissens-Abwägungen abgehandelt werden, die “nicht von dieser Welt” sind:

  • Entsprechend dem weltlichen Niveau sicherheitspolitischer Weisheiten, wie wir sie bisher von Manfred Kock aus TV-Events gewohnt sind, werden in den Ziffern 1 - 4 die teuflischen so Amis abgewatscht, dass einem schwarz wird;
     
  • In Ziff. 5 wird dann von Saddam Hussein das gefordert, was zu fordern ist. Allerdings muss man sich dies ja ohne die militärische Drohgebärde der Amis vorzustellen haben. Der Gedanke ist in seiner kafkaesken Absurdität durch nichts mehr zu übertreffen. Solchen Schwachsinn von Kirchen-Kanzeln zu hören, ist kirchensteuer-pflichtig.

    Angesichts der irakischen Geschichte muss es geradezu als feinsinnigster Hohn empfunden werden, wenn “Hoffnung” gepredigt wird:
    “Den Menschen im Irak muss die Hoffnung gegeben werden, dass es Alternativen sowohl zu Diktatur als zu Krieg gibt.”
    Mit diesem Ansatz hätte man auch während der Nazi-Zeit Deutsche und Juden vertrösten können.
     
  • In Ziff. 6 darf man wieder mit dem milden Segen der Protestanten für Saddam rechnen:
    “Das Leiden irakischer Kinder und der unnötige Tod hunderttausender Iraker während der letzten zwölf Jahre der Sanktionen lasten schwer auf unseren Herzen.”
    Geradezu liebevoll wird unterschoben, dass die Sanktionen Schuld sind. Einen schöneren Freispruch für die Tyrannei des Saddam Hussein kann man sich gar nicht wünschen. So sorry, liebe Würdenträger, aber das ist für uns ekelig.

{Feiert nur den Frieden auf den Gräbern Eurer Toten}

 

U.S.Truppen: good bye

5. Februar 2003

Das Bild von der Journaille ist ja irgendwo so ganz falsch auch nicht. Mit diesem selbst-entschuldenden Schutzschild vermelden wir folgende Tatsache:

  • Derzeit werden
    - wo, wissen wir nicht -
    in Deutschland stationierte U.S.Truppenkontingente
    - wieviel wissen wir nicht -
    zur Stationierung in der Golf-Region abgezogen.
     
  • Was wir wieder genau wissen ist, dass jene U.S.-Truppen nach ihrer Stationierung in der Golf-Region, einem möglichen Kriegseinsatz, nicht in ihre “Heimat”-Standorte in Deutschland zurückkehren werden.
     
  • Nach ihrer vorübergehenden Stationierung in der Golf-Region werden sie einen völlig neuen “Friedens”-Standort beziehen: bei unseren polnischen Freunden.

Leider fehlen uns alle Mittel, in eine wilde Recherche des Tatsachen-Umfelds einzutreten; sie wird sowieso irgendwie kommen. Aber das für Analysten unverzichtbare Tool der Empathie verrät eindeutig: Die US-Strategen haben durch die Politik der Bundesregierung sehr deutlich vor Augen geführt bekommen, dass Deutschland sicherheitspolitisch nicht weiter die “sichere Bank” ist. Deshalb muss der Beginn der Diversifizierung dringend geboten sein.

Schade, dass man noch nicht einmal Zeit für einen Abschiedstrunk und ein nettes Wort hatte.

{Thank You so, good luck, bye bye, may ... bless You}

 

UK: Saddams 80.000

5. Februar 2003

Einen Tag vor Colin Powells grossem Auftritt bei den U.N. ist der Download von
http://www.ukonline.gov.uk//Images/img213573.pdf
ein Muss.

Die Briten haben dreigegliedert auf 19 Seiten Saddams “Sicherheits”-Apparat beschrieben. Zählt man alles zusammen, stehen rund 80.000 Iraker auf der Lohnliste für die Aufgaben “Verschleierung, Betrug und Einschüchterung”, incl. Republikanische Garde. Die Taliban wurden auf grob die Hälfte geschätzt.

{Sun Tsu sagt: “Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft”}

 

U.S./EU-Rüstungs-Kooperation: CSIS

3. Februar 2002

Nach einem halben Jahr Arbeit hat die “Kommission für transatlantische Sicherheit und industrielle Kooperation im 21. Jahrhundert”, organisiert vom renommierten “Center for Strategic and International Studies” (CSIS), ihre Empfehlungen unter dem Titel
“The Future of the Transatlantic Defense Community” auf gut 88 Seiten vorgelegt:
http://www.csis.org/pubs/2003_future.pdf

Die Liste der Kommissions-Mitglieder verzeichnet von Industrie-Seite die CEOs/Vize-Präsidenten von

  • Raytheon, Lockheed Martin, Boeing, United Technologies, ITT aus den USA sowie
  • Snecma, EADS, Diehl, Finmeccanica, Saab, Thales, Rolls Royce und BAE Systems aus Europa (deutsch: Werner Dornisch, Diehl; Rainer Herterich, EADS).

Von Seiten der Politik sind Rohatyn, Cohen, Conze, Hamre, Kaminski und Kornblum sowie die Militärs Guthrie, Lanxade und Naumann genannt.

Das Votum ist voraussehbar, das Thema hoch-politisch und von strategischer Bedeutung:

  • Die Regierungen Europas und der USA werden aufgefordert, ihre politische Dominanz über die immer noch weitgehend nationalen Rüstungsindustrien aufzulockern, um mehr transatlantische Zusammenarbeit der Firmen zu ermöglichen.

Die Interessenlage der Mehrheit der Kommissions-Mitglieder ist u. E. zunächst berechtigt und in der Sache folgerichtig:

  • Die führenden US-Unternehmen benötigen für ihren gnadenlosen Wettbewerb untereinander Freiheit auf dem europäischen Markt, um dort Aufträge zu generieren.
     
  • Die europäischen Rüstungs-Unternehmen haben ohne den freien Zugang zum US-Markt letztlich keine wirkliche Chance des langfristigen Überlebens.

In Hinsicht auf Europa zeigt der Blick auf die rüstungs-industrielle Szene, dass nur noch Frankreich und England von Belang sind:

  • Mitte des Jahres wird die Daimler-Crysler AG von ihrer festgezurrten Beteiligung an der EADS frei. Die Analysten in den “Stern”-Stuben sind angesichts deutscher Sicherheitspolitik mit Sicherheit nicht so trunken und spekulieren auf hinreichende Offerten aus Frankreich; der Reuter’sche Ausritt in die Misch-Konzern-Philosophie findet sein Ende.
     
  • Mit dem Auftrag zum Bau von zwei Flugzeugträgern hat die britische Regierung BAE-Systems gerade wieder ein dringend notwendiges Survival-Bonbon verabreicht; den Konzern haben ganz erhebliche technische Kompetenz-Zweifel an den Abgrund gestrudelt. Die britische Regierung wird ihre Hofschmiede zwar mit allen Steuergeldern halten wollen, einem Share-Holder-Abschied in die USA aber heftig nachweinen.
     
  • Die französische Regierung, die sich spätestens seit 1945 als Nukleus europäischer Führungsmacht sieht, wird nie und nimmer davon ablassen wollen; vor allem, wenn die jüngsten deutschen Regierungs-Operationen eine Auferstehung verheissen. Wenn auch Dassault und Giat die grössten Abbruch-Unternehmen sind - Vive Jaques.

Aus ordentlich gemässigtem Patiriotismus fühlen wir uns bemüssigt, über die deutsche Situation flegelhafte Anmerkungen zu verlieren:

  • Am 9. Dez. 2002 hat der “Abteilungsleiter Rüstung des BMVg”, Dr. Weise, Verantwortlichen des BDI nahezubringen versucht, dass bis zum Jahre 2007 aufgrund der Kassenlage dem Bundestag keine weiteren Beschaffungs-Vorlagen wesentlicher Gross-Vorhaben zugeleitet werden können.
     
  • Der General-Inspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, sieht so auch bis 2006 alles im Lot.

Derweil tackern uns in den letzten Tagen ins Haus:

  • Den liebsten Freunden von HDW haben sich die Mannen von Lockheed-Martin erklärt, die vielleicht ihre Scharte gegenüber dem Werften-Einkäufer Northrop-Grumman auswetzen wollen;
     
  • BOEING hat augenscheinlich die Nase vorn, die italienische FINMECCANICA der EADS wegzuschnappen;
     
  • Noch nicht als Real-Meldung, aber zu erwarten ist, dass sich bei SIEMENS eine bis dato hier wenig bekannte US-Investoren-Gruppe meldet, um die 49 % von Krauss-Maffei/Wegmann zu kaufen;
     
  • Für uns keine Chance auf Interviews sehen wir bei der DIEHL-Hierachie, der Familie Röchling (Rhein-Metall) oder Dr. Bode (KMW) mit der Frage, wann sie es mit der Rüstung - sprich der Bundesregierung - satt haben und welche US-Investoren schon auf der Matte stehen.

Zum Kern des Themas der CSIS-Studie hatte die EX-US-Aussenministerin Madeleine Albright schon auf der NATO-Tagung in Florenz im Mai 2000 die “Defense Trade Security Initiative” (DTSI) vorgeschlagen. Damals haben wir unsere Schularbeiten gemacht. Zu ergänzen sind die seitdem zu verzeichnenden Ereignisse:

  • Kurz vor der Bundestagswahl im Sept. 2002 haben wir bei der zuständigen amtlichen Stelle der Bundesregierung nachgefragt. Ergebnis: Nach zwei Jahren hatte sich der von uns im Sept. 2000 festgestellte Sachstand um keinen Millimeter bewegt.
     
  • Nachdem die Australier und Briten die DTSI-Vereinbarung zügig unterschrieben haben, sind - nach unserem lückenhaften Kenntnisstand - gefolgt: Schweden, Norweger, Niederländer (JST lässt grüssen).
     
  • Der BDI, Abteilung Verteidigungs-Wirtschaft,  mag erst ab heute loslegen.
     
  • Die US-Regierung (“White House”) hat am 27. Nov. 2002 in einer zwei-seitigen Presse-Mitteilung verkündet, dass die Defense Trade Export Policy in einem sechs Monate währenden Prozess einer “Review” unterworfen wird.

Auf diese Art und Weise legen wir uns getrost bis Anfang Juni 2003 wieder hin.

{Wer schläft, der rüstet nicht}

 

Kanzler Schröder: normal

30. Januar 2003

In den gestrigen “Tagesthemen” der ARD hat sich Bundeskanzler Schröder auf Fragen von Ulrich Wickert nachdrücklich dagegen ausgesprochen, “den Krieg als normales Mittel der Politik” zu betrachten. Ein nicht unerheblicher Teil des deutschen TV-Publikums wird dies zustimmend abgenickt haben. Als Aussage in einem Ober-Seminar kann man das ja auch wirklich gelten lassen; dort wäre sie aber auch höchst trivial.

Allerdings hat der deutsche Regierungs-Chef seine Forderung rund 18 Stunden nach der State-of-the-Union-Message von US-Präsident Bush geäussert, der am Schluss seiner Rede dementsprechendes nach dem Satz - “Sending Americans into battle is the most profound decision a President can make” - angemerkt hat.

Natürlich hat der Kanzler keine Namen genannt, aber jedermann weiss, wer gemeint ist. Und die weitergehende Assoziation beim Zuhörer kann nur so entcodiert werden:

  • Präsident Bush sieht augenscheinlich den Krieg “als normales Mittel der Politik” an. Ausserdem dürfen sich jeweils zwei Drittel des Senats und des Repräsentanten-Hauses ebenso angesprochen fühlen, denn sie haben ja einer entsprechenden Resolution zugestimmt;
     
  • Damit ist von G.W. Bush in Sachen Krieg eine “normale” Entscheidung zu erwarten, und damit nicht die “am meisten tiefreichendste Entscheidung”, vor der ein demokratischer Staatsmann steht.
     
  • Die damit einhergehende “sittliche” Abqualifizierung des amerikanischen Präsidenten durch den Bundeskanzler ist offensichtlich. Man kann das auch polemischer ins Bild setzen: Mit einem “normalen” Federstrich schickt Bush nicht nur seine eigenen Soldaten in den Tod, sondern auch unschuldige Zivilisten. Als “rechter” Schlingensief könnte man - unter dem Schutz der künstlerischen Freiheit - auch eine legitime Inszenierung unter Zur-Hilfe-nahme von Oskar Lafontaines “Sekundär-Tugenden”-Abriss entwerfen.

Man wird abzuwarten haben, ob nun einige Zeitgenossen eilfertig erklären, dass diese Art der Interpretation ja nun wirklich weit hergeholt sei. Und natürlich würde der Bundeskanzler auf eine entsprechende Frage ganz stramm behaupten, dass das eine bösartige Unterstellung sei, die durch nichts gerechtfertigt sei. Und die deutschen Medien werden sich mit dieser Frage sicher nicht beschäftigen. Wir verstehen ja, dass es viel mehr Spass macht, auf Donald Rumsfeld einzudreschen. Und im Krieg der Kulturen darf man 1. nicht zimperlich sein, 2. nicht das eigene Nest beschmutzen, und muss 3. die eigenen Reihen fest geschlossen halten. Hoffentlich rallen die Amis nicht Gerhards “voll noormaal” - doch, werden sie. Der neue Spitzname soll schon kursieren:

{Gerhard Schröder-Gmelin}

 

US-President: state of the art

29. Januar 2003

Wir entwickeln langsam ein heftiges Mitgefühl für Don Jordan, den Amerikaner in Deutschland, der seit Jahrzehnten durch deutsche Medien-Events geschleift wird und schon mehrfach (zu recht) die Contenance verloren hat. Teilweise haben wir ihn (heute nacht) bei der von Herrn Ossenberg, ZDF, geleiteten Talk-Runde sehen dürfen; es war atemberaubend, wie Herr Ossenberg ihn “geschnitten” hat.

Für die deutsche Medien-Welt war immerhin beachtlich, dass sich das ZDF und das Bayerische Fernsehen entschlossen hatten, dem Bericht des U.S.-Präsidenten “Zur Lage der Nation” Talk- und Doku-Film-Zeit sowie übersetzte Übertragung des Events einzuräumen; das ist sonst in der allgemeinen deutschen TV-Welt nur Motorsport-, Box- oder Fussball-Übertragungen vorbehalten. Die Einschalt-Quote für George Walker Bushs Rede gegen 4.00 nachts wird gering gewesen sein.

Allein das Zeremonielle dürfte auf die meisten europäischen Betrachter so wirken wie auf die Deutsch-Ikone Jürgen Kienzle (entcodiert: das geht mir am Arsch vorbei). Wer mag die notwendige Betrachtungs-Distanz samt Respektierung der politischen US-Kultur neben Unterdrückung des eigenen europäischen Überlegenheits-Gefühls und der deutschen “Niederlage-Schmach” aufbringen (wo ist - nach dem 2. Weltkrieg - alles das geblieben, was nach dem 1. Weltkrieg die deutsche Seele “bewegt” hat)? Der “Deutsche Weg” ist eben genuin - koste es, was es wolle.

U.E. ist, vor allem bezüglich des aussenpolitischen Teils der Rede des U.S.-Präsidenten, bemerkenswert:

  • Die US-Regierung will augenscheinlich 1,5 Mrd. US$ für die Anwendung von Wasserstoff-Antrieben ausgeben; kann uns jemand helfen, die entsprechenden Anstrengungen der EU dazu in Vergleich zu setzen (es wäre wohl blöd, so man dieses Thema den “Blut-für-Öl-Strategen” annoncieren würe)?
     
  • Warum hat die “klatschwütige” Versammlung während der Irak-Passagen keine Hand gerührt?
     
  • Warum hat es die entsprechende Rede-Passage und den längsten Beifall für die Soldaten gegeben (nur in den USA macht man noch den wie auch immer zu beurteilenden Versuch, denen zu danken, die für den Rest der Gesellschaft das Leben hinzuhalten)? Manchmal wünschen wir uns insgeheim, dass sie den Kriegsdienst verweigern (nur um Gesinnungs-Ethikern “ihre Welt” zu zeigen).
     
  • Werden wir es erleben, dass neuerdings in TV-Talks auftauchende Geistliche wie EKD-Präses Kock nicht nur ihr unglaubliches sicherheitspolitsches Genialwissen präsentieren, sondern auch die für Kirchenfürsten “unglaublichen Anmassungen” der letzten zwei Sätze der Bush-Rede kommentieren? Und dabei auch noch erklären, wie die Erklärung des Rates der EKD vom 24. Januar
    www.ekd.de/presse/397_pm17_2003_rat_irakkonflikt.html
    zu alledem passt (vorletzter Absatz)?
     
  • Denn die Interessierten haben nach der Bush-Rede das neue Datum 5. Februar. US-Aussenminister Powell wird vor den Vereinten Nationen die Karten auf den Tisch legen. Na klar: Jeder wird sie nach seinem Gusto interpretieren.

{Mach Dir nur Deine eigene Welt - aber liebe sie wenigstens}

Der blanke Text der Rede:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/01/20030128-19.html

 

White House: List?

27. Januar 2003

Schade, dass wir keinen Überblick über die deutsche Medien-Landschaft haben. Aber irgendwie haben wir den Eindruck, dass ein nicht unwichtiger Bericht des White House vom 23. Januar 2003 nicht ganz angekommen ist. Wenn das der Fall wäre, geht allgemein eine gewisse Art von Analyse-Kapazität verloren, die man auch als “Feind-Beobachtung” einstufen kann.

Zu befürchten ist, dass solche Sachpunkte irgendwann die Oberfläche der recht oberflächlichen Argumentation in Deutschland erreichen. Sicher wird der heute erscheinende “Blix”- Bericht genau die Punkte enthalten, die im W.H.-Report enthalten sind.

Aus kommunikations-theoretischer Sicht könnte man sicher eine Kritik am W.H.-Report einwenden:

  • Man sollte nicht 2 Seiten für die Einleitung verwenden;
  • die Aufklärungs-Dominanz könnte man noch etwas mehr unterfüttern.

Aber der puzzelige Rest sind Einzelheiten, die einen “alten” Europäer nun wirklich nicht vom Hocker rutschen lassen. Und vor allem: Die zentrale Definition von Kooperation mit ihren drei Elementen (S. 2) klingt für einen Tyrannen zu anspruchsvoll; da kann man lieber alles beim Alten belassen und so die Region ohne “Abenteuer” (G. Schröder) halten.

In einem sind wir sicher: Für die Beurteilung der kommenden “Events” ist der Report von Belang:
http://www.whitehouse.gov/infocus/iraq/disarmament/disarmament.pdf

So sorry, aber Weltgeschichte ist nicht nur im Aktuellen makaber, sondern insbesondere im Alltäglichen - irgendwo an der Elfenbeinküste - wo unsere französischen Freunde ohne jede deutsche Hilfe das Beste versuchen. Schade, dass dem Begriff “Friede” in Deutschland einiges verlorengeht. Wunderbare Welt, in der man den Frieden per Regierungs-Dekret verordnet bekommt, um sich danach um so heftiger der innenpolitischen Schlammschlacht widmen zu können.

{Warum ist nur von der “List” der Weltgeschichte die Rede?}

 

Bw-Reform: marginal

23. Januar 2003

In etwa einer Woche wird Wolfgang Schneiderhan, General-Inspekteur der Bundeswehr, eine Planungs-Anweisung an die Verantwortlichen der militärischen Führung versenden, die den Entscheidungen des Verteidigungsministers vom 5. 12. 2002 folgt, aber auch den wirklichen Reformstau nur marginal tangieren wird:

  • Heer:

    - Aufgrund deutlichen Mangels muss ein zusätzliches Fernmelde-Bataillon aufgestellt werden;
    - Der Kräfte-Ansatz der aktiven ABC-Abwehr-Kräfte muss verstärkt werden. Die entsprechenden Dienstposten muss das Heer erwirtschaften.
     
  • Luftwaffe:

    - Unter dem Betrachtungs-Winkel der “Jointness” wird ein Jabo-Geschwader gestrichen; die gesamten Betriebskosten eines Geschwaders belaufen sich immerhin auf mehr als 500 Mio. EUR (näheres siehe “Marine”).
     
  • Marine:

    - Von den jetzt noch im Dienst befindlichen zwei Schnellboot-Geschwadern mit je 10 Booten sollen 10 Boote bis 2005 stillgelegt werden;
    - das Projekt MPA 2000 (Maritime Patrol Aircraft, Breguet-Nachfolge) wird begraben;
    - so nicht wörtlich in der Weisung, aber gemeint:
    Das Marine-Flieger-Geschwader 2 in Tarp/Eggebek wird mit seinen drei Staffeln (See-Krieg-Führung, Aufklärung, Ausbildung) “aufgelöst, geschönt gesprochen: die Aufgaben werden vom Aufklärungs-Geschwader 51 (“Immelmann”) in Kropp/Schleswig übernommen. Die “Traditionalisten” werden weinen, die “Seemänner” kurzfristig lachen, denn die Marine-Flieger verdüsen 35 % der gesamten materiellen Betriebskosten der Marine (der Ansatz wird natürlich entsprechend gekürzt).

GI Schneiderhan, der von Rolf Clement im “Deutschlandfunk” am 19. 1. 2003 zu dem Themenkomplex interviewt worden ist,
http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-interviewwoche/307.html ,
meinte letztlich: “Ich kann jetzt bis 2006 damit umgehen ...” (letzter Satz, insgesamt lesenswert).

Dies darf - mit Verlaub - in den nächsten Monaten noch hinterfragt werden. Denn als - auch unsere - Hypothese gilt: Ohne drastische, nur im Bereich Wehrpflicht liegende Personalkosten-einsparende Massnahmen, stürzt die Modernisierung der Rüstung der Bundeswehr in Hinsicht auf den Erhalt tatsächlicher Kampf-Führungsfähigkeit - in 2003 beginnend - ab. Dass General Schneiderhan geradezu flehentlich in Sachen Wehrpflicht von seinem Minister eine diesbezügliche Weisung erwartet, zeigt das Clement-Interview überdeutlich: “Aber bisher ist an mich in der Richtung kein Auftrag ergangen.”

Jedem Experten ist die härteste Feuer-Taufe für einen richtigen Verteidigungsminister bekannt: Kasernen schliessen (sprich Personal-Ausgaben senken)! Bisher haben sie alle desertiert (bei Stoltenberg könnte man Strafnachlass gewähren); VM Struck hat noch Einsatz-Moratorium. Wenn er allerdings seinem Kanzler folgt, der sich - nach dem neu entwickelten Sicherheitsbegriff - generell an U.N.-mandatierten Kriegs-Einsätzen nicht mehr beteiligen will, ergeben sich neue, und vor allem ganz erhebliche Einspar-Volumen.

{Bist Du marginal im Keller, trifft Dich das Maximum um so heller}

 

Irak-Krieg: Drehbuch

22. Januar 2003

Das Medien-Getöse wird immer heftiger - als ob der Krieg gegen den Irak morgen oder in einer Woche oder kurz darauf stattfinden würde. Man darf sich getrost darauf einstellen, dass sich der potentielle Beginn eines Krieges von seiten der USA “verzögert”:

  • Als gesicherte Tatsache darf gelten, dass der vollständige Aufmarsch der US-Streitkräfte frühestens Anfang März abgeschlossen ist, eher Mitte des Monats.
     
  • Der US-Regierung muss eine Inszenierungs-Strategie unterstellt werden. Klar ist, dass man nicht eine evil-evidence mit 12 leeren Geschoss-Hülsen und 3.000 Blatt Fotokopien, die unter dem Bett eines irakischen Kern-Physikers gefunden werden, gegenüber der Welt-Öffentlichkeit darstellen und damit den Krieg legitimieren kann.
     
    Das “Drehbuch” müsste so aussehen:
    - Der am 27. Januar durch Hans Blix zu präsentierende “Zwischen-Bericht” enthällt “Peanuts” und lässt damit Saddam Hussein in fast weisser Weste erscheinen;
    - Die U.N.-Inspekteure dürfen weitersuchen;
    - Mit steigender Intensität werden danach U.S. - Erkenntnisse eingespeist, die immer deutlicher die “evidence” zeigen;
    - Saddam Hussein wird damit in eine “Schach-matt”-Situation getrieben. Wenn er der “Überlebens-Künstler” ist, wäre das Exil die logische Konsequenz.

{Hoffen wir auf die Meta-Logik}

 

Lesen: jenseits

22. Januar 2003

Es bleibt wirklich Zeit, einiges zu lesen - ob mit Gewinn, können wir nicht garantieren:

  • Durch einen lieben Kollegen haben wir den Hinweis, dass der doch irgendwo kernige Bundes-Nachrichtendienst für das deutsche Volk zum Thema “Proliferation”  gute 15 Seiten ins Netz gestellt hat:
    http://www.bundesnachrichtendienst.de/download/proliferation.pdf
    Dass man soweit geht, noch nicht einmal das Datum beizufügen, halten wir für “state of the art”.
     
  • Nett gemeint, aber für europäische Intellektuelle doch allzu anrüchig, muss der 35-seitige U.S.-Report über Saddams “Lügen-Apparat” erscheinen:
    http://www.whitehouse.gov/ogc/apparatus/apparatus-of-lies.pdf
    Wenn man dazu liest, dass US-Präsident Bush im White House nun per Dekret das “Office of Global Communications” etabliert hat, dann kann man bestimmte Argumente schon vorbestimmen: Aha - die schäbigen Reste, die von Rumsfelds “Office of Strategic Influence” übriggeblieben sind, residieren nun im Texoval Office.
     
  • Nur für Liebhaber des makaberen Business ist die sicher erkenntnis-leitende Arbeit “Protecting against the Spread of Nuclear, Biological and Chemical Weapons - An Action Agenda for the Global Partnership” des “Center for Strategic and International Studies” zu empfehlen - Hunderte von Seiten, die beileibe nicht so einträglich wie Agrar-Subventionen oder sonstige Wirtschafts-Knete sind:
    http://www.csis.org/pubs/2003_protecting.htm

{Im Jenseits macht Lesen erst richtig Spass - man hat Zeit dazu}

 

Bischöfe: weltlich

21. Januar 2003

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich am 20. Januar 2003 mit einer 1,5-seitigen Erklärung zur “Entwicklung des Irak-Konflikts - Ein Präventivkrieg wäre sittlich unerlaubt” zu Wort gemeldet:
http://dbk.de/presse/pm2003/pm2003012003.html

Für die sich täglich rasch verändernde politische Lage will die Erklärung “ethische Prinzipien und christliche Optionen in Erinnerung” rufen, sieht sich “in vollständiger Übereinstimmung mit dem Papst und mit der Kirche weltweit” und stellt “Gemeinsamkeit mit den evangelischen Christen fest.”

Die Erklärung enthält den Dreiklang:

  1. Die Verurteilung der Politik des irakischen Regimes ist sehr deutlich - aber:
    “Insoweit eine politische Strategie letztlich auf die Vermeidung eines Krieges zielen muss, kann dabei unter Umständen das Mittel der Drohung sittlich erlaubt sein; keinesfalls jedoch darf diese Politik in eine Eskalationslogik geraten, die einen Krieg am Ende unvermeidlich macht.”
     
  2. Der präventive Krieg wird eindeutig als Aggression verurteilt, der pre-emptive (“unmittelbar bevorstehender Angriff”) dagegen in der Kategorie “Selbstverteidigung” mitgenommen.
     
  3. “Bei der Entscheidung über einen Einsatz militärischer Mittel müssen die absehbaren Folgen stets in Betracht gezogen werden.” Die anschliessende Frage, die folgende Feststellung sowie die abschliessende Frage legen eine Beantwortung nahe, die auf ein eindeutiges Nein hinausläuft - und die Position der Bundesregierung stützt.

Auch der Abspann macht deutlich, dass die katholischen Bischöfe sich mit einer Politik des Druckes und weiterer Eindämmung gegenüber der irakischen Regierung - nicht aber einem Krieg - einverstanden erklären.

U.E. ist beachtenswert, dass die Bischofs-Konferenz zur weltlichen “Vorherrschaft” des Urteils des U.N. Sicherheits-Rates kein Wort verliert. Zwar wird in Ziff. 2 die Charta der Vereinten Nationen zur Argumentation herangezogen, aber augenscheinlich wird das Kapitel V, insbesondere Art. 25, als bekannt vorausgesetzt und insgeheimer Nicht-Beachtung empfohlen. Damit dürfte für den Fall einer “Kriegs”-Resolution oder einer Zustimmung des U.N.-Sicherheitsrates der Gläubige, gerade angesichts des bischöflichen Textes der Ziff. 3, ziemlich einsam dastehen.

Noch interessanter ist die Verteilung zwischen weltlichen und geistlicher Anteile im Text der Bischofs-Erklärung. “Geistlich” sind nur die zwei letzten Sätze, die schlicht dazu aufrufen, “im Gebet für den Frieden nicht nachzulassen”, und den Adressaten nennen, nämlich “Christus, der die Friedensstifter selig gepriesen hat”.

So man sich der gebotenen Demut für einen winzigen Augenblick entziehen darf, ist man erlegen, Fragen nicht zu unterdrücken, die Niemandem Ärgernis bereiten mögen:

  • So man den Namen des HERRN nennt, sollte man ihn nicht wenigstens als JESUS CHRISTUS (komplett in Gross-Buchstaben also) rufen?
     
  • Darf man kein Wort über SEINE Liebe verwenden, mit der ER die Menschen in allem Leid begleitet und sie letztlich errettet?
     
  • Mag man nicht die Frage tangieren, ob denn für das Erd-Geschehen ganz alleinig der Mensch massgeblich oder gar, dass er verlassen worden sei - ohne die “Schlüssel-Grösse” Hoffnung?

{Nicht immer passen Antworten nicht zum Problem}

 

Kanzler Schröder: Friedenshoheit

20. Januar 2003

In einer Welt, in der jede Information nur ein Puzzle für eine hinter jeder Ecke lauernde Verschwörung bedeuten könnte, sind wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Nicht, dass wir wirklich meinen würden, dass die Bundesregierung irgendwo etwas “verschwörerisches” treiben würde - im Gegenteil: Sie sagt ganz offen, welche Postition sie hat.

Während seines Eingangs-Statements zur Presse-Konferenz zum Jahresauftakt hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am 14. Januar 2003 in Berlin geäussert:

  • “Wir wollen die Umsetzung dieser Resolution (UNSC 1441, d. Verf.) ohne Krieg erreichen. Das entspricht einem Sicherheitsbegriff, den wir in dieser wie auch in anderen Fragen entwickelt haben und politisch für richtig halten.”

Dieses Schröder-Statement schreiben wir etwas um:

  • - Die Bundesregierung hat einen (neuen) Sicherheitsbegriff entwickelt;
    - dieser Sicherheitsbegriff beinhaltet, dass UN-Sicherheits-Resolutionen derzeit und in der Zukunft nach Ansicht der deutschen Bundesregierung ohne Anwendung militärischer Gewalt durchgesetzt werden sollen.

Bisher galt die Position, dass sich die Bundesergierung an militärischen Massnahmen nur dann beteiligt, wenn dazu ein UN-Mandat vorliegt. Nach unserer Interpretation gilt:

  • Diese Bundesregierung wird sich in Zukunft an militärischen Massnahmen des U.N.- Sicherheits-Rates (Peace-Enforcement nach Kapitel VII der U.N. Charta) nicht mehr beteiligen.

Man mag dies für eine typisch schreiberlingsche Durchgeknalltheit halten. Aber wir empfehlen, den Schröderschen Wortlaut auf eine Karteikarte zu schreiben und Regierungs-Mitglieder sicherheitspolitischer Provenienz (JF, PS, HWZ und natürlich GS selbst) bei passender Gelegenheit konkret - d.h. unter vorhergehender Zitierung - nach ihrer “Interpretation” zu fragen.

{Die Lufthoheit über dem Frieden ist jeder Frage wert}

 

Berliner Erklärung: 3mal

17. Januar 2003

Eigentlich müsste die Unterschriften-Liste der “Berliner Erklärung” es jedem verbieten, auch nur ein Wort zu wagen:
http://www.berlin-declaration.org/datei/deutsch.html

Aber die drei als Alternative formulierten Texte dürfen eigentlich hinterfragt werden:

  1. Die “Berliner” fordern: “Die Menschenrechte müssen überall in gleicher Weise angewandt werden” (folgt eine Staaten-Aufzählung, die mit dem Irak beginnt);
    “Wir brauchen einen wirklichen Dialog ...”

    (Kommentar: Völlige Zustimmung - Beifall);
     
  2. “Die Einrichtung von Verfahren, mit denen sich internationales Recht durchsetzen lässt ... Schutzstreitkräfte sollten auf europäischer oder Weltebene (UNO) gebildet werden.”

    (Kommentar: Klingt wunderbar, ist richtig, aber völlig illusorisch, trotzdem rauschender Beifall);

    “Sie müssten so ausgebildet und bewaffnet sein, dass sie in Konflikten Zivilisten schützen und denen das Handwerk legen könen, die an ihnen Verbrechen begehen.”

    (Kommentar: Es ist überhaupt nicht lustig, wenn “Friedensbewegte” inzwischen die Theorie vom antiseptischen Krieg so ungeniert posaunen. Wer auch nur “durchschnittlichen” politisch-militärischen Sachverstand hat, sollte sich abgrundtief schämen, eine solche intelektuelle Schweinerei zu unterschreiben).
     
  3. fordern die “Berliner” ein “Anwachsen der finanziellen Ressourcen” auf den Gebieten Armut, Umwelt, “anderer globaler Gemeinschaftsgüter, aber auch Welt-Polizei-Kräfte, die nötig sind, um dem Recht weltweit Geltung zu verschaffen.”

    (Kommentar: Eigentlich müsste man von allen unterschifts-leistenden “Intellektuellen” soviel Wissen voraussetzen, um welche Beträge es sich dabei eigentlich handelt. Wahrscheinlich wird sie geistige Herrschafts-Besesessenheit, Ignoranz oder sonstige Eitelkeit daran hindern).

Der hervorgehobene unterschrifts-leistende Literatur-Nobel-Preisträger Günter Grass hat zudem der Nachrichten-Agentur dpa sein Essay “Zwischen den Kriegen” zur Verfügung gestellt, zu finden auf:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,230933,00.html

Könnte es sein, dass Jemandem bei
“Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen”
in den Sinn käme, dass es “Friedens-Opfer” sind?

Könnte es sein, dass Jemandem bei
“s ist leider Krieg (und ich begehre nicht schuld daran zu sein”)
in den Sinn kommt:
“es ist leider Frieden - und ich begehre, nicht schuld daran zu sein”.

Wer es wagt, irdisches als “Frieden” zu verkaufen, hat nun überhaupt nichts verstanden - sorry Blechtrommler (in “Deiner” Sprache bist Du Kriegführender par exellence - unerbittlich). Trotzdem Anerkennung: in der NATO-Doppel-Beschiss-Frage - daneben; in Sachen Wieder-Vereinigung: daneben.

{Henny sagt: “Drei mal ist Bremer Recht}

 

D-Regierung: NATO abstrakt

Noch bevor die Bundesregierung als nicht-ständiges Mitglied im U.N.-Sicherheitsrat auf die Stimm-Probe gestellt wird, muss sie im NATO-Rat Farbe bekennen. Gestern hat U.S.-Verteidigungsminister während seines Presse-Briefings im Pentagon mitgeteilt, dass die U.S.-Regierung ihren NATO-Botschafter R. Nicholas Burns in das höchste politische Gremium der Allianz geschickt hat, um dort “indirect military assistance in the event of military operations in Iraq” zu erfragen:

  • AWACS-Flugzeuge (ca. ein Drittel der Besatzungs-Mitglieder sind Deutsche),
  • Minenräum-Schiffe (deutsche Spezialität) und Navy Patrol Ships,
  • die Nutzung von NATO-Führungs-Einrichtungen, um Luft- und See-Transporte sowie Tanker-Flugzeuge zu dirigieren, und um “air cover for ground troops” (sprich: PATRIOT-Flug-Abwehr-Systeme, über die die Bw in hinreichend gut modernisiertem Zustand als einziges europäisches NATO-Land verfügt ) zu gewährleisten sowie
  • Stützpunkt-Nutzungs-Rechte und Überflug-Genehmigungen.

Nach einem authoritativen Papier des BMVg zu Fragen eines Parlaments-Beteiligungs-Gesetzes vom Okt. 2002 gilt:

  • “Auch der Einsatz eines einzelnen Soldaten oder kleinerer Gruppen von Soldaten ist zustimmungspflichtig.”
     
  • “Die erforderliche Kabinett- und Bundestagsbefassung führt bei den internationalen Verfahrens-Abläufen im Vorfeld einer Operation (z.B. bei den Entscheidungsabläufen innerhalb der NATO) grundsätzlich zu einer deutschen ‘Vorbehaltszusage’ (im Original fett): Deutschland stimmt einer Operation im NATO-Rat zwar zu, die deutsche Beteiligung an dieser Operation ist jedoch an die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages geknüpft. Gleichzeitig wird diese Zustimmung auf die vorangegangene NATO-Entscheidigung gestützt. Politisch nicht vermittelbar, aber nicht auszuschliessen, wäre eine Situation, in der Deutschland einer Operation wegen des Konsensprinzips in der NATO grundsätzlich zustimmt, jedoch keine parlamentarische Zustimmung zu einer Beteiligung erreicht.”

Zur weiteren Einschätzung gehört ganz wesentlich die entsprechende Aussage des Bundeskanzlers Schröder auf der Pressekonferenz “zum Jahresauftakt” am 14. Jan. 03 (S. 6):

  • “Militärische Massnahmen sind militärische Massnahmen. Darüber zu theoretisieren, empfiehlt sich nicht. Wenn sie eine abstrakte Grenze gezogen haben wollen, dann liegt die doch da, wo eine Regierung in den Deutschen Bundestag müsste; denn da liegt ja die verfassungsmässige Grenze. Da wir natürlich Menschen sind, die die Verfassungsgrenzen absolut einhalten, ist damit auch die Grenze definiert, aber eben doch sehr abstrakt. Man kann das nicht sozusagen theoretisch auf diese oder jene Maßnahmen beziehen.”

Hätte man die Gelegenheit, könnte man aufgrund dieser Kanzler-Darstellung ein Essay über perfekte Chuzpe (Eltern-Mörder bittet vor Gericht um Gnade, weil nun Voll-Waise) schreiben. Persil ist Persil - Verfassungsmenschen sind abstrakt labil. Sehr bald hört die theoretische Nas-Führerei auf:

  • Der deutsche NATO-Botschafter wird eine Weisung aus Berlin erhalten müssen, die ihm sein Stimmverhalten für das NATO-Konsens-Prinzip diktiert;
     
  • Die Bundesregierung ist souverän, sich aus dem U.S.-Wunsch-Katolog ihre Rosinen herauszupicken:
    - glücklicherweise muss man wegen der “base and overflight rights” nicht vor den Bundestag, weil man ungeprüft behaupten kann, dass das NATO-Truppen-Statut eine Verweigerung nicht zulasse (siehe das heftige Gerangel in dieser Frage beim NATO-Partner Türkei, was den logischen Schluss zulässt, dass die Bundesregierung in dieser Frage ihre Öffentlichkeit schlicht veräppelt - um andere Ausrücke zu vermeiden);
    - viele andere US-Wünsche kann man locker ablehnen;
     
  • Nur bei AWACS und der Nutzung von “command facilities” kann man ohne Parlaments-Zustimmung das nicht einfach abnicken. Dazu müsste man vor den Bundestag - oder alle deutschen Soldaten herausbefehlen, weltweit, auch in Florida.

Man wird sehen, welch kafkaesken Wind- und Wendungen aufgeboten werden, nach dem man “sozusagen theoretisch” und “aber eben doch sehr abstrakt” sowie “natürlich Menschen” schon abgefrühstückt hat.

{BK-Lehrsatz 4.711.up: “Theoretisiere über militärische Massnahmen”}

 

Mil. Führung: puzzeln

15. Januar 2003

Am 20. Dez. 02 haben wir ja über die Neu-Organisation der militärischen Führung der Bundeswehr berichtet. Heute mögen wir mit weiteren Details dienen wollen:

  • Geradezu im Husaren-Streich-Verfahren soll die Sache über die Bühne gehen:
    - Bis zum 31. Jan. 03 soll die neue Detail-Planung des Führungsstabes (Fü S) “neu” abgestimmt sein;
    - Bis zum 28. Febr. 03 soll die “Ziel-ODP” (wahrscheinlich “Organisations-Dienstposten”) erarbeitet werden;
    - Bis zum 28. 3. 03 soll der Staatssekretär den Antrag des Organisations-Stabes billigen;
    - Ab 1. 4. 03 soll die neue Zielstruktur des Führungs-Stabes eingenommen werden.
     
  • Politisch brisanter ist die Aussage des General-Inspekteurs Wolfgang Schneiderhan während des Neu-Jahres-Empfangs des Bw-Führungs-Stabes, dass derselbige in seiner neuen Struktur komplett in Berlin versammelt werden soll. Die uns noch in Erinnerung verbliebenen Äusserungen des Verteidigungsministers Dr. Struck hinsichtlich der Einhaltung des Bonn/Berlin-Gesetzes werden sicherlich tangiert sein. Einzelheiten werden nur die “Herren der Information” wissen.

Wenn Sie richtig Ahnung vom organigrammatischen Dschungel der militärischen Führungs-Geheimnisse haben, werden Sie die als pdf.-Dateien beigefügten
Entwürfe einer Grobgliederung des Fü S
leicht entcodieren können.

{Puzzeln is funny}

 

SPIEGEL: (vielleicht)

14. Januar 2003

Es ist wahres journalistisches Können, wenn man mal wieder eine Verschwörungstheorie aufgedeckt hat: Der SPIEGEL (3/13.1.03) hat es mit seiner Titel-Geschichte “Blut für Öl - Worum es im Irak wirklich geht” wieder geschafft; nach 14 Seiten Lektüre wird jederman einsehen, dass der US-Präsident und seine Schergen nur seine Landsleute verbluten sehen will, damit die US-Firmen sich die fetten irakischen Öl-Quellen unter den Nagel reissen können - allerfeinster Busen-Journalismus, Super-Illu für angehende Stammtisch-Strategen:

  • S. 106: “So sehr Bush auf Bagdad, den Sturz Saddams und die irakischen Ressourcen (vielleicht auch auf Massenvernichtungswaffen) fixiert ist ...”:
    Welches Weichei hat denn den Klammer-Satz eingefügt? Was heisst denn angesichts des Titelblattes “vielleicht”?
     
  • S. 108: “Die Multis lassen sich von der grossen Politik selten etwas sagen - aber immer etwas schenken”.
    Wenn der SPIEGEL dazu Friedemann Müller vom deutschen Think-Tank “Stiftung Wissenschaft und Politik” (SWP) zitiert hätte, sähe das so aus:
    “Entgegen einer verbreiteten Vermutung läßt sich empirisch kaum erhärten, dass die USA ihre politische Macht nutzen, um den internationalen Wettbewerb zugunsten amerikanischer Ölfirmen ausser Kraft zu setzen. In der Regel werden große Projekte ohnehin von multinationalen Konsortien durchgeführt. Das gilt auch für die Projekte in der benachbarten kaspischen Region. An allen sind amerikanische Firmen beteiligt, aber in keinem sind sie Konsortialführer oder im Besitz der Mehrheitsanteile. Vielmehr zeigt gerade diese Region, dass politische Interessen der USA und die Interessen der Ölunternehmen auseinanderklaffen könnenund Washington auf die Unternehmensinteressen wenig Rücksicht nimmt.”
    Wer das Thema auf 4 Seiten sauber abgehandelt lesen will, sollte die Müller-Studie lesen:
    http://www.swp-berlin.org/pdf/swp_aktu/swpaktu_36_02.pdf
     
  • Wer zum Beweis der Öl-These den Vergleich zur “laxen” US-Politik gegenüber Nord-Korea heranzieht, sollte sich schon ein wenig intellektuell schämen. Wer gestern noch die wilden Pre-emptions-Thesen verbleit hat, kann doch nicht erwarten, dass dieser Unsinn Wirklichkeit werden soll. Wer gestern Bush noch als schiesswütig dargestellt hat, will dem sich selbst so bezeichnenden “Windschutz-Scheiben-Cowboy” heute keine diplomatische Phase zuerkennen? Selten haben sich Clausewitze eifrig an ihrem selbstgeschriebenen Unsinn so schön selbst stranguliert.
     
  • Wer sich gern mit Öl beschäftigt, sollte
    http://www.bp.com besuchen; dort findet man wunderschöne Statistiken zu Fragen der Energie in jeder Form, auch Öl (pdf. mit 16 Seiten Daten):
    - Die hässlichen US-Amerikaner konsumieren mit ihren dicken, fetten Autos 25,5 % des Weltöls - die West-Europäer nur winzige 21,7 % (sind ja auch mehr!);
    - Die USA importieren 26,5 % des Welt-Öls, Europa 26,4 %;
    - Europa importiert 176,2 Mio. Tonnen aus Nah-Ost, die USA 138 Mio. t.
     
  • Gerade diese Zahlen belegen, dass
    - die USA ihre “abenteuerliche” (Kanzler Schröder) Politik aufgeben müssen und kein US-Krieg ums Öl geführt werden darf;
    - alle U.N.- Sanktionen gegen den Irak aufgehoben werden müssen, damit Saddam Hussein frei rüsten kann, um die Sicherheit aller Ölfelder des Nahen Ostens zu gewährleisten;
    - die Amis endlich aus Nah-Ost verschwinden;
    - die Europäer, insbesondere Deutschland als Zivilmacht, mit einer Politik des Dialogs, der Entspannung, Rüstungskontrolle und zivilen Krisen-Prävention den Frieden in der Region (und den Öl-Fluss nach Europa) garantieren müssen.

{Ist ja irre: Die Banknoten kommen mit dem Öl aus der Steckdose}

 

Hamburger Erklärung: VT

13. Januar 2003

Durch die Hilfe eines alten Freundes haben wir nun die “Gemeinsame Erklärung von Sozialdemokraten und Grünen gegen den Irak-Krieg” - genannt die Hamburger Erklärung, als pdf.-Dokument. Von den 29 UnterzeichnerInnen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind immerhin sechs Mitglied des Deutschen Bundestages:

  1. Jutta Dümpe-Krüger, grün;
  2. Winfried Hermann, grün;
  3. Peter Hettlich, grün;
  4. Christa Nickels, grün;
  5. Florian Pronold, rot;
  6. Irmingard Schewe-Gerigk, grün.

Kontakt-Adresse für die SPD-Seite ist Niels Annen, Bundesvorsitzender der Jungsozialisten der SPD, und für die GRUENEN Uli Cremer, deren ehemaliger aussenpolitischer Sprecher. Vermisst haben wir die Unterschrift des stellvertretenden Fraktions-Vorsitzenden der GRÜNEN, Christian Ströbele. Aber seine volle Zustimmung darf als gegeben vorausgesetzt werden; allenfalls taktische Motive werden die Erklärung für die fehlende Präsenz sein.

In der Sache ergeben sich allerdings Differenzen zwischen dem Bundeskanzler und seinem weit populärerem Vize, der nach Presse-Berichten bereits 2004 nach den Sternen, nach dem Amt des EU-Kommissions-Präsidenten, greift:

  • Einer nur für Journalisten zugänglichen Internet-Site der Bundesregierung zufolge (cvd.bundesregierung.de) wird der Bundeskanzler in einem Beitrg am 6.1.03 zitiert:
    “Das Abstimmungsverhalten Deutschlands werde jedenfalls die Position wiedergeben, die die Bundesregierung sowohl vor wie nach der Wahl vertreten habe.”
     
  • In dem gleichen Beitrag heisst es zur Position des Aussenministers unter Rückgriff auf sein SPIEGEL-Interview vom 30.12.02:
    “Wir haben stets klar gemacht, dass wir keine Soldaten schicken werden. Allerdings stehen wir an der Seite der USA im Bündnis gegen den Terror und haben ein essentielles Interesse daran, dass dieses Bündnis fortbesteht.” Fischer machte zugleich deutlich, dass er das deutsche Votum nicht vorhersagen könne, “da keiner weiss, wie und unter welchen Begleitumständen der Sicherheitsrat sich hiermit befassen wird.” In dieser Angelegenheit verböten sich daher jegliche Spekulationen.”” (Wir schlucken die intellektuelle Sauerei, dass Fischer hier den Bündnis-Maxen in Sachen Terrorismus-Bekämpfung mimt und andererseits nicht müde wird, einen US-Krieg gegen den Irak als ab-irrende Schwächung der Terrorismus-Bekämpfung brandmarkt).

Einig scheinen sich beide Koalitions-Führer darin zu sein, “Spekulationen” schlicht zu verbieten (Schröder hatte seiner Partei dies schon vor Fischer untersagt). Aber vielleicht hat irgend jemand das alles mit weihnachtlichem “Spekulatius” verwechselt.

Noch drolliger ist allerdings die bei cvd.bundesregierung.de am 10.1.03 veröffentlichte “Bewertung des irakischen Waffenberichts”:

  • “Pleuger (D-Botschafter U.N.) unterstrich die Bereitschaft Deutschlands, die Arbeit der Inspekteure weiterhin nach Kräften zu unterstützen. Deutschland habe an alle anderen Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates und der Vollversammlung appelliert, Gleiches zu tun.”

Sie werden verfolgt haben, welches Tam-Tam um die US-Geheim-Daten-Weitergabe an die U.N.-Inspekteure für “erfolgreiche” Suche nach irakischen Massen-Vernichtungswaffen in der US-Presse veranstaltet worden ist. Helfen Sie uns bitte bei der Verfolgung des “Pleuger”-Versprechens:

  • Ist Ihnen, auch nur gerüchteweise, zu Ohren gekommen, dass irgendwo und irgendwer innerhalb der Bundesregierung an den BND die authoritative Weisung erteilt hat, die Inspekteure der U.N. “nach Kräften zu unterstützen”? D.h., dass der BND, normalerweise als sehr leistungsfähige Organisation bekannt - gerade in dieser Region -,  gemäss U.N.-Resolution 1441 (also noch nicht einmal Pleuger-initiativ) vom Bundeskanzler-Amt angewiesen worden ist, nützliche Inspektions-Hinweise zugeben!
     
  • Das Schöne an unseren deutschen vordemokratischen Zuständen ist, dass dies alles streng geheim ist und aller Voraussicht nach sich der pre-determinierte Medien-Bogen einen selbigen um solche Fragen macht.
     
  • Bei aller Aufregung ist es schwachsinnig, anzunehmen, dass diese Regierung tatsächlich nach “Pleugers Bereitschaft” auch tatsächlich handelt. Wenn irgendein Diplomat das Wort “Bereitschaft” liest, weiss er alles - vor allem aus deutschem Munde.
     
  • Nur bei wirklicher “evidence” wären wir bereit, von unserer Verschwörungstheorie (VT) zu lassen. Und weil Regierungen nach der VT immer nur lügen, ist das aussichtslos.

{Neue deutsche VT-Welle: Allzeit breit}

 

Report-Flut: Cheerioh

10. Januar 2003

Verzweifelt haben wir die “Hamburger Erklärung” von 30 SPD- und GRÜNEN-Politikern zur Irak-Krieg-Frage gesucht und nicht gefunden. Ersatzweise mögen wir mit einer Flut von Hinweisen auf sicherheitspolitisch relevante Reports dienen wollen:

Zugegeben, nichts davon haben wir gelesen. Nur den Bericht über ein Press Release des (U.S.) “National Institute of Health” haben wir geradezu verschlungen:
http://usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=03010901.glt& t=/products/washfile/newsitem.shtml

Lesen Sie bitte unbedingt diesen Text, denn die Titelzeile lautet:
“Study Finds Regular Alcohol Consumption Can Reduce Risk of Heart Attack”

{Cheerioh - You looks younger then ever}

 

US/EU: Container-Krieg?

9. Januar 2003

Aus dem vergangenen Jahr müssen wir noch eine Geschichte nachholen, die notizwürdig ist:

  • Am 23. Dezember 02 berichtete usinfo.state.gov über eine Erklärung von Robert C. Bonner, U.S. Customs Service Commissioner, vom 20. 12. 02, eine EU-Kommissions-Aktion betreffend. Die Brüsseler Wirtschafts-Hüter hätten Untersuchungen gegen die Niederlande, Deutschland, Italien und Frankreich aufgenommen, weil dort mit den Amerikanern in Sachen “Container Security Initiative” (CSI) zusammengearbeitet werde, was auf eine Wettbewerbs-Verzerrung des Handels (zuungunsten) der EU hinauslaufen würde.
     
  • Zu erläutern ist, dass die US-Aktion CSI natürlich im Nachgang von 9/11 entstanden ist und in Deutschland mit den Häfen Hamburg und Bremen (incl. Bremerhaven) mit den US-Behörden vertraglich fest vereinbart worden ist. Nicht erläuterungsbedürftig ist der Container als die ideale Transport-Plattform für Tödlichkeiten im Mega-Stil.
     
  • Dazu als Byliner ist der Bericht von John Mintz in der “Washington Post” vom 31. 12. 2002 zu sehen, der davon berichtet, dass von den 120.000 weltweit operierenden Handelsschiffen der Terror-Organisation Al-Qaida 15 Schiffe zugerechnet werden. Zitiert wird dort ein U.S. Government Official, der zugibt, nach 9/11 gelernt zu haben, wie wenig man bisher von der Handels-Schiffahrt verstanden habe: “This industry is a shadowy underworld”. Weiterhin wird berichtet, dass im Oktober 2002 ein kleiner Frachter nahe des Hafens von Miami, von der U.S. Coast Guard unbehelligt, 220 Haitianer absetzen konnte; die Frage, wie man so Leute mit “dirty bombs” bekämpfen wolle, folgt natürlich.
     
  • In der sicherheitspolitischen Debatte der Superklugen haben wir ja schon oft das Argument gehört, dass die Europäer mit solchen Unglücken wie 9/11 wesentlich intelligenter, “friedlicher”, umgehen würden wie die einfältigen Amis, weil sie wesentlich Tragischeres alles schon selbst durchlitten haben - sozusagen ohne dieses “Riesen-TamTam”.

Zugern hätten wir einen wohldotierten Recherche-Posten, um in aller Ruhe und Gründlichkeit so netten Fragen nachzugehen wie:

  • Was hat die EU eigentlich unternommen, um Container-Sicherheit herzustellen? Hat es Anstrengungen der EU-Kommission gegeben, mit den US-Behörden gemeinsam eine CSI zu unternehmen? Oder gibt es in der EU-Kommission gar keine Zuständigkeit für Sicherheit in diesem Sinne?
     
  • Ist die EU-Kommission für Schiffs-Sicherheits-Fragen so zuständig, wie das Öl-Tanker-Unglück der “Paradise” vor Spanien/Frankreich gezeigt hat? Ist die EU-Coast-Guard (??) überhaupt in der Lage, festzustellen, wer sich wo an Europas Küsten tummelt? In welchem Jahrhundert wird der Luftraum über Europa “europäisch” geregelt?

Auch ohne Recherche kann man ahnen, worauf es hinausläuft. Al-Qaidas Strategie-Analysten haben sich den falschen Haupt-Feind ausgesucht. Leidensfähig sind die Europäer, unfähig dazu.

{Das Glück ist mit die Dummen}

 

US Way of War: global cop

7. Januar 2003

Wenn auf 7 Seiten die “Top 100 Rules of the New American Way of War” abgehandelt werden, schaut man schon hin. Wenn man die Autoren und ihre Funktion wahrnimmt -

  • Dr. Thomas P. M. Barnett, Prof. am Naval War College, derzeit “Assistant for Strategic Futures, Office of Force Transformation, Office of the Secretary of Defense”, und
     
  • Dr. Henry H. Gaffney Jr., “Research Manager” der CNA Corporation, Team Leader des “Center for Strategic Studies” -

liest man. Wir empfehlen, sich der Mühe zu unterziehen, sich beim für erstrangige Veröffentlichungen bekannten U.S. Naval Institute und deren Organ “Proceedings” anzumelden und mit Eingabe von wenigen Angaben den Zugang diesem Web-Artikel zu verschaffen:
http://www.usni.org (der o. a. Artikel ist in der Jan.-Ausgabe erschienen).

Unter 21 Zwischen-Unterschriften sind die 100 “Gesetze” des neuen amerikanischen “Way of War” subsummiert, z.B.:

  • “Gegen wen die USA Kriege führen”
    - (Ziff. 5) ... weil die USA de facto (der) globale Polizist sind, wird jeder Angriff wahrgenommen als ein Angriff auf die globale Stabilität”;
    - (Ziff. 11) ... besonders in der Region des Persischen Golfs, wo (die USA) die einzige Macht sind, die die Region stabilisieren - und damit den kontinuierlichen Fluss von Energie-(Ressourcen) aus der Region absichern können”.
     
  • “Was löst die Kriegsführung der USA aus”
    Als kritische Unterpunkte werden genannt (Ziff. 16):
    - “Wie stark ist die parlamentarische und öffentliche Diskusion?
    - “Wieviel U.N. Konsultation/Zustimmung ist nötig?
    - “Welche Ebene alliierter Konsultation und Beteiligung wird erreicht?”
     
  • “Wie die USA Krieg führen”
    (Ziff. 48)
    - “Zuerst unterdrücken die US-Kräfte die (gegnerische) Luftverteidigung incl. Flugplätze;
    - Als nächstes treffen sie die strategischen Ziele wie Kommando-Zentralen;
    - Danach brechen sie die logistischen Verbindungen der gegnerischen Landstreitkräfte;
    - Zuletzt dirigieren sie Luftangriffe gegen die gegnerischen Landstreitkräfte.”
     
  • “Wie die USA ihr eigenes Gebiet während eines Krieges schützen”
    (Ziff. 59): “Die USA sind darauf vorbereitet, gegen jedes Regime oder einen nicht-staatlichen Akteur, von dem sie annehmen, dass er einen Angriff auf das Staatsgebiet der USA (homeland) als Teil einer Strategie einer Minderung der US-Fähigkeiten zur power projection plant oder aufbaut, pre-emptive Schläge vorzunehmen.”
     
  • Die Ziffern 71 bis 100 erklären, wie die USA ihre Teilstreitkräfte im Krieg verwenden wollen (“The Employment of Various Forces in War”).

Keine Frage, dass die Fleiss-Arbeit von Barnett und Gaffney lesenswert und honorig für die Ablage unter “ganz wichtig (gw DOK) erachtet werden muss. Aber sie sind eine Herausforderung für die deutschen und europäischen Sicherheits-Experten, die “100 Rules of the European Way to Peace” zu schreiben. Dabei sollten aber einige Regeln beachtet werden:

  1. Es gilt keine Dampf-Plauderei (HWZ, Heidi - und Joschka - und Claudia sowieso - bleiben draussen); August Hanning vom BND hält das Lage-Briefing;
     
  2. Jeder Staatsmann erklärt, ob er “global-cop”-Fähigkeiten will oder hat oder ob er überhaupt der Meinung ist, dass solche notwendig sind (den Begriff der “failed states” gibt es leider nur für innere, nicht für “globale” Sicherheit und Verantwortung);
     
  3. Falls jemandem der “global cop” zu teuer und/oder wahl-stimmen-gefährdend zu sein scheint, darf er seine Argumente nicht in triefende Friedensliebe tunken oder Zukunfts-Risiken kleiden, die das Heute der Tyrannei als “Stabilität” preisen.

Irgendwie ist es schön - und makaber, dass man Heute vor dem Morgen steht. Sicher trifft man sich nach allem, um ganz entspannt einiges einzusehen.

{Don’t worry - be happy}

 

op ed: 2003 Wünsche

6. Januar 2003

Für das Jahr 2003 sollte man nicht 2003 Wünsche haben, weil drei für die Sicherheitspolitik völlig ausreichen:

  1. dass die bundesdeutsche Gesellschaft ihre in Umfragen geäusserte Zustimmung bei passender Gelegenheit auch ganz praktisch ausdrückt: Angehörige der “Sicherheitskräfte” in diesem Lande verdienen deshalb besondere Anerkennung und Dank, weil sie ganz bewusst ihr eigenes Leben für den Schutz fremder Menschen einsetzen. Ausser bei ihnen gehört dies zu niemandes Ethos. Dazu gehört die eigennützige Hoffnung, dass sich genügend Männer und Frauen für diesen “Job” finden;
     
  2. sich auf dieser Welt genügend Regierungen finden, für die Sicherheitspolitik nicht nur eine rein interessen-geleitete und/oder innenpolitisch motivierte Angelegenheit ist, sondern Werte und sicherheitspolitischer Verstand überleben;
     
  3. vielleicht hier und da wenigstens der Eine oder Andere den zaghaften Versuch macht, sich über die Hochherrschaftlichkeit seiner vermeintlichen Giga-Erkenntnis zu erheben, um darüber den Hauch von etwas zu erahnen, was die Welt letztlich bewegt.

Aber selbst drei Wünsche zu formulieren, ist vermessen. Das klingt geradezu, als sei man im Makro-Kosmos relativ unzufrieden. Erkenntnistheoretisch wird dabei deutlich, dass ein Wunsch bereits den Herrschaftsanspruch in sich trägt. Andererseits wollen wir das Neue Jahr so kapriziös schon gar nicht beginnen. Wie dem auch sei:

{It’s up to You}

 

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