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News  IV/2003

 

 

Bescherung: Info-Bits

23. Dezember 2003

Natürlich beschenken wir uns wieder selber: Mit einem leichten Abgang in die Weihnachtspause. Drei Studien haben wir überflogen und empfehlen sie für die “Fest”-Platte:

Wir hoffen, dass Ihre richtige Bescherung wie gewünscht ausfällt.

{Die richtigen Wünsche nicht vergessen - die kosten nichts}

 

Friedensbewegung: ZKB!

19. Dezember 2003

Der “Frankfurter Rundschau” dürfen wir verdanken, den neuen Anlauf der Friedensbewegung in Deutschland mitbekommen zu haben. Die Langfassung der “Friedenspolitischen Richtlinien” der neuen “Kooperation für den Frieden” (knapp 9 Seiten) findet man unter:
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?cnt=352914&

Klar ist, dass Militärköppe wie wir die “Feindlage” lesen. Intellektuelle Redlichkeit wäre die Feuerkraft der “Kooperation”, wie sie sich selbst nennt; Waffenwirkung wäre Verstandes-Präzision. Leider gibt es keine Prozeduren, mit denen die festgestellt wird.

Sicherlich gibt es reichlich richtiges in den Richtlinien zu finden. Aber an den entscheidenden Knackpunkten ist haarsträubendes zu finden:

  • Das 2. Kapitel (“Die Ursachen von Krieg und Gewalt”) verzeichnet als ersten Satz:
    “Monokausale Kriegs- und Konfliktursachen sind selten.”
    Obwohl man das Machtstreben des Menschen schlechthin als den zentralen Grund ausmachen könnte, nickt man nach Lesen dieses Satzes lieber, um nicht selbst auf die Anklagebank gesetzt zu werden.
    Danach folgt aber der zweite Satz:
    “Vor allem die kapitalistisch vorangetriebene Globalisierungspolitik befördert aktuell die Ursachen von Gewalt und Krieg”.
    Hat man beim ersten Satz noch genickt, weiss man beim zweiten blitzartig, dass man vom scharfen Schwert dieser Intellktualität soeben enthauptet worden ist.
     
  • Klar ist auch, dass die USA natürlich - nicht die Achse -, sondern der Kern des Bösen sind; man ist halt europäisch/diplomatisch und nicht texanisch/kurz und direkt. Ein echter Intellektueller weiss eben, dass man ordentlich Weichspüler eingeben muss.
     
  • Im 4. Kapitel fordert man “Solidarität mit den Opfern der Kriege”. Sie sollen - kurz gesagt - alle nach Europa kommen und hier standesgemäss behandelt werden. Nicht so eilig: Das dafür notwendige Geld kommt ja von der Abrüstung der Bundeswehr.
     
  • Nicht nur hier, sondern in ganz Europa soll das gelten. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (“Euromilitarismus”) wird schärfstens in ihrem US-Folge-Kurs verdammt. Dass Franzosen und Engländer ihre Nuklear-Streitkräfte aufgeben müssten, ist auch selbstverständlich.
     
  • Einzig zugelassen sind eigentlich nur noch U.N.-Blauhelme, die bekanntermassen bei Massakern nur zu- oder wegschauen dürfen. Dass es in der “Kooperation” wenigstens noch einige Mitglieder gibt, die bei Sinnen sind, beweist ein Absatz in Kapitel 6.2:
    “Umstritten ist in der Kooperation, ob dies nur nach Kapitel VI - mit Zustimmung aller Konfliktparteien - oder auch nach Kapitel VII (der U.N.-Charta) - als Intervention - geschehen darf.”
     
  • Auf gar keinen Fall darf man es sich entgehen lassen, wenigstens das Kapitel 8.1 zu lesen. Es ist eine Schande, dieses so zärtlich hingeschmissene 6-Zeilen-Nobel-Werk nicht erlebt zu haben, nicht der Magie der drei Buchstaben ZKB zu verfallen:

    “Zivile Konfliktbearbeitung” (ZKB) ist der bewusste Einsatz nicht-militärischer Mittel zur Vermeidung, Beilegung und Nachsorge gewaltsamer Auseinandersetzungen. ZKB ist ein weites Aufgabenfeld und zugleich ein Gesamtsystem von Institutionen und Mitteln. Der Grundgedanke ist die Suche nach Lösungen, die für alle Beteiligten eines Konfliktes akzeptabel sind. Die ZKB ist von der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden und zu fördern, auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Auf keinen Fall sind ZKB-Massnahmen in militärische Maßnahmen einzuordnen oder diesen unterzuordnen.”

So sorry, wir fragen noch mal ganz unterwürfig und ganz friedlich:
Stimmt es wirklich, dass man sich dafür in Stücke schlagen lassen muss, damit so liebe Mitmenschen die Freiheit haben, solchen Schwachsinn zu verzählen?

{Finden Sie bitte auch für UNS eine “akzeptable Lösung”}

 

Schneiderhan-Reform: Butter

17. Dezember 2003

Eigentlich sollte/wollte Wolfgang Schneiderhan, General-Inspekteur der Bundeswehr, seine neue Konzeption der Bundeswehr noch vor Weihnachten 2003 vorlegen. Da während des innenpolitischen Portemonnaie-Gewusels sicher kaum jemand vor Weihnachten auch noch Hunger auf Reform-Olives hat, nimmt man sich Zeit bis zur 2. Januarwoche 04.

Die groben Züge liegen allerdings fest. Für die 252.500-Bundeswehr (ab 2007) hat General Schneiderhan (der Begriff Soldaten gilt immer als sex-uniform):

  • sich selbst erst einmal 10.000 Dienstposten als “Reserve” vorbehalten (oberster Grundsatz für Soldaten: Reserven bilden);
     
  • 40.000 Dienstposten für den sogenannnten Ausbildungsumfang (AU) abgebucht;
     
  • 32.00 Soldaten für die “erste” Kategorie “Eingreifkräfte” eingeteilt. Sie sollen richtig Krieg führen können: Gefecht der verbundenen Augen, neuerdings Networkcentric Warfare / Rettungs- und Evakuierungs-Einsätze / Spezial-Operationen / Beitrag zur NATO Response Force (NRF) und zum European Head Line Goal (EHG);
     
  • 65.000 Soldaten für “Stabilisierungskräfte” mit ausdauernder Durchhaltefähigkeit konzeptioniert: Einsatz in Stabilisierungs-Operationen wie auf dem Balkan oder in Afghanistan (die Brot- und Butter-Force der Zivilmacht Deutschland - wird selbst von G.W. Bush gelobt);
     
  • 105.500 Uniformträger für die “Unterstützungskräfte” bestimmt, die Führungs- und Einsatz-Unterstützung sowie Ausbildung (am Arbeitsplatz) leisten, sozusagen das Etappen-Gestüt.

Sich durch die uns vorliegenden Zahlen über die neuen Personal-Umfänge der MilOrgBer, Kategorien, 5er oder sonstiger Auslands-Rotations-Modelle und what-have-you durchzufinden, ist für Zivilunken natürlich nicht ganz einfach. Aber für die Neu-Konstruktion der image-bildenden Bread and Butter-Force haben wir signifikante Änderungen ausgemacht:

  • Nach dem derzeitigen System verteilte sich im Oktober 2003 (hier als empirischer Durchschnittswert) das im Auslandseinsatz befindliche Militär-Personal auf die “Militärischen Organisations-Bereiche” wie folgt:

    - Heer: 4.770 (66 %),
    - Luftwaffe: 495 (7 %),
    - Marine: 740 (10 %),
    - Sanität: 653 (9 %),
    - Streitkräfte-Basis: 569 (8 %).
     
  • Die vom GI Schneiderhan verfügte Anteilsnahme der Truppengattungen (MilOrgBer) an den neuen “Stabilisierungskräften” (sprich Auslandseinsatz) drosselt aber das Heer auf 50 % und verlangt den doch sehr spezifische Leistungen erbringenden Bereichen wie Luftwaffe und Marine “foot on the ground”-Qualitäten ab. Zum Nachvollzug zunächst die Zahlen:

    Zum Auslandseinsatz fähige neue Gesamtstärke der Truppengattung (neue Gesamtstärke minus Ausbildungsumfang, Grund-Wehrdienstleistende und Reservisten):

    - Heer: 68.900 (Gesamt-Pers.-Umfang im Schneiderhan-Konzept: 105.000);
    - Luftwaffe: 29.600 (gesamt: 44.000);
    - Marine: 13.400 (gesamt: 18.100);
    - Sanität: 17.500 (gesamt: 23.500);
    - Streitkräfte-Basis: 40.800 (gesamt: 51.700).

    Zu diesen gerade genannten Zahlen ist in Beziehung zu setzen, welche Beiträge die MilOrgBer lt. GI-Planung für die “Stabilisierungskräfte” (65.000) zu erbringen haben:

    - Heer: 33.000 (50,7 %),
    - Luftwaffe: 7.000 (10,7%),
    - Marine: 4.650 (7,1%),
    - Sanität: 4.300 (6,6%),
    - Streitkräfte-Basis: 10.700 (16,5%).     (richtig: ergibt zus. nicht 65.000).

    Setzt man nun aber die GI-Forderung für den Anteil der Truppen-Gattungen an den Stabilisierungskräften ins Verhältnis zu deren Gesamt-Umfang (zum Auslandseinsatz fähige Gesamtstärke, s.o.), dann ergeben sich bedrohliche Formen für die truppengattungs-spezifischen Leistungsprofile ausser beim Heer:

    - Heer: 48 %,
    - Luftwaffe: 24 %,
    - Marine: 35 %,
    - Sanität: 25 %,
    - Streitkräfte-Basis: 26 %.

Man kann es auch einfacher sagen: Die bisherigen Entwurfs-Kategorien/Daten der neuen Bw-Konzeption pfropfen allen Teilstreitkräften ausser dem entlasteten Heer eine Stabilisierungs-(Auslands-) Verwendungsfähigkeit auf, die sie strukturell gar nicht erbringen können. Verschlimmbessernd kommt dazu, dass das Heer das augenscheinlich gar nicht will (es empfindet sich ja wohl auch als die bread-and-butter-force).

{Right or wrong: my butter - oder: “Where is the beaf?”}

 

Download: ... bis der Arzt kommt

15. Dezember 2003

Weil wir immer bei der famosen www.defense-aerospace.com (Giovanni de Briganti) reinschauen, haben wir wieder Studien abgeladen wie Jugendliche MP3’s. Sagen Sie bitte nicht, dass das nicht auf Ihre Festplatte passt - oder Sie zwischen den Festtagen genügend zu lesen hätten:

{Nur Verschwörungs-Theoretiker leben gesund}

 

Sammi Sandawi: Transformation

10. Dezember 2003

Es ist beileibe nicht so, dass man für Personen, die im Bermuda-Dreieck von Zeit- und Geldmangel ihr gewisses Interesse an Sicherheitspolitik verlieren, nicht einen rettenden Rat hätte. Wer gewillt ist, sich durch rund einen 160 DIN-A4-Seiten-Wälzer zu kämpfen, wird u.E. umgehend in den Stand versetzt, zu den aktuellen und beherrschenden Themen der Sicherheitspolitik ein sauberes Informationsbild zu bekommen.

Unter dem Titel
“Die Transformation der US-Streitkräfte im Rahmen der Revolution in Military Affairs und die Zukunft der Koalitionskriegführung innerhalb der NATO”
hat Sammi Sandawi, Wissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, eine Arbeit verfasst, die zwar kostenlos abladbar, dabei aber sehr wertvoll ist:
http://www.hsfk.de/abm/uniforum/pdfs/sandawi1.pdf

Skeptiker werden natürlich erst die “Bewertung der Untersuchungsergebnisse” (im pdf. S. 125 - 129) lesen. Die Informationen und Bewertungen in den Kapiteln

  • “Wandel der NATO und des sicherheitspolitischen Umfelds,

    - Militärische Revolutionen,

    - Coalition Warfare und

    - ‘Capabilities Gap’ und europäische Fortschritte

zeigen aber darüber hinaus, in welchem Zusammenhang Hype-Begriffe wie Networkcentric Warfare einzuordnen sind oder welchen Stellenwert das Militärische in der politischen Auseinandersetzung des Westens eigentlich hat. Fair, sauber und verständlich ist das gesamte Gerüst aufgebaut, welches Überblick in die Tiefe der verklüfteten Landschaft derzeitiger und zukünftiger Sicherheitspolitik verschafft; die Rückgriffe auf die Vergangenheit sind dabei nicht langweilend, sondern nur der Blick auf eine sich kontinuierlich entwickelnde Linie.

Interessant wäre, wenn sich ein Oberseminar fände, welches sich der Aufgabe bemächtigt, anhand solcher Linien eine Trendanalyse mit einer Vorschau auf 2010 bis 2020 zu wagen. Mit genügend finanzwirtschaftlicher Expertise angereichert, dürfte ein überraschendes Ergebnis zu erwarten sein. In den USA ist es geradezu hervorstechendes Merkmal, weitreichende Prognosen in wichtigen Politik-Feldern, insbesondere der Sicherheitspolitik, anzustellen; hierzulande herrscht diesbezüglich ein Mangel, der mindestens der Misere der allgemeinen Bildungspolitik entspricht.

{Wer die Zukunft nicht denkt, lebt nur eben - noch}

 

D/China: Rixi’s Law

8. Dezember 2003

Dass der Besuch von Bundeskanzler Schröder in der Volksrepublik China, den er alljährlich anstrebt, diesmal besondere Bedeutung hatte, dürfte aufgefallen sein. Aber dass er in eine aussenpolitische Konzeption, eine deutsche Strategie, eingebettet ist, muss nachgewiesen werden.

Zu fragen ist, was es bedeutet, wenn der deutsche Kanzler

  • ohne die typische Floskel, dass alles schön friedlich zu verlaufen habe, drastisch die “Ein-China-Politik” beklatscht und damit 25 Mio. Taiwanesen versenkt (China sei ja immer für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen gewesen. Dumm, dass die Taiwanesen sich auch selbst bestimmen wollen);
     
  • die international verbindlichen Waffen-Export-Restriktionen über die EU aushebeln will und eingesteht, dass die Aktion vorher mit Frankreich abgesprochen war (man könnte ja gerade wegen der Taiwan-Frage auf die absonderliche Idee kommen, dass die Region so etwas ähnlich wie ein “Spannungsgebiet” ist);
     
  • in der Pressekonferenz am 2. 12. 03 sagt: “Natürlich hat das auch Auswirkungen auf die Lieferung sensibelster Güter, wie etwa Waffen nach Taiwan, was wir einfach aus Rücksicht auf unsere chinesischen Partner nicht tun”;
     
  • sich von seinen Kanzleramts-Strategen ausdrücklich nicht “als reguläres Thema in seine Mappe zu geben” bereit ist, was den Amerikanern ganz erhebliches Kopfzerbrechen bereitet: die inoffizielle, aber praktizierte Koppelung des Renminbi an den Dollar mit der Folge, dass sich die chinesische Regierung auf einem Devisen-Polster von 400 Mrd. US$ räkelt und damit wirtschaftliche Leistungen unterbewertet.

Die Antwort auf diese Fragen ist durch den Original-Ton eines “unter Zwei”-Briefings am 28. 11. 03 in Berlin dokumentiert. Dort ist die Rede von den “Konzeptionen des Multilateralismus”. So einfach ist Aussenpolitik, die mit “Soft Power” werkelt: Alles in Stellung bringen, was den Amis schadet. Es ist ganz einfach: Wenn Du den presumtiven Konkurrenten der ungeliebten Supermacht aufpowerst, bist Du wer - natürlich auch für den ungeliebten Hegemon, den Du nicht jedes Jahr besuchst (oder, wenn George gerade nicht zuhause ist). Und dass “unsere” Amis in der ganzen China-Angelegenheit nicht konsultiert worden sind, macht der Text des ARD-Interviews von Anne Will mit U.S.-Aussenminister Colin Powell deutlich (immerhin eingestellt auf usinfo.state.gov). Er hilft sich mit der Formel, dass er nicht weiss, ob Konsultationen “with other authorities in the United States” stattgefunden haben (danach verfällt er in den Sing-Sang von den “closely consult with our German colleagues on a full range of issues to include nuclear issues”).

Aber es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit. Kanzler Schröder bekommt nicht wegen dieser Sachverhalte Probleme, sondern weil grüne Ideologen der unausrottbaren Meinung sind, dass sie

  • anderen Staaten vorschreiben könnten, welche Atom-Politik sie verfolgen (Siemens/Finnland-Deal),
     
  • wider alle Tatsachen die Hanau-Anlage zum Proliferations-Risiko umdeuteln,
     
  • Kommentare eines Umwelt-Ministers Trittin ertragen wollen, die ins Guinness-Buch des Arroganz-Unsinns gehören.

Schon gar nicht sollte man ob dieser Umstände in Verbissenheit oder gar Panik verfallen. Haudegen sollten sich an eherne Polizei-Grundsätze erinnern, denen auch für andere Berufsgruppen ein lieblicher Charme innewohnt:

{1. Ruhe bewahren/ 2. Überblick verschaffen/ 3. In der Lage leben}

 

Bw-Logistik: anzunehmen

1. Dezember 2003

Bernd Heise, Vizeadmiral der “Streitkräftebasis” (SKB = “Service und Kompetenz in der Bundeswehr”) hat mit Datum vom 26. 11. 03 seinen ca. 51.700 uniformierten und 20.000 zivilen Mitarbeitern auch einen Brief geschrieben, nach dem rund 5.210 Personen (7,2 %) auf der Zeitschiene bis 2010 ihren Arbeitsplatz in der Logistik verlieren, natürlich “sozialverträglich”. Verteidigungsminister Struck hat dem Vorhaben “Neuordnung der ortsfesten logistischen Einrichtungen der Bundeswehr” (Kürzel OLE) am 24. Nov. 03 zugestimmt.

Ein liebenswerter Zeitgenosse hat uns mit der vierseitigen Listung aller OLE-Einzelheiten ausgeholfen, die wir als pdf. mit Namen “Log-Ordnung” zum Download anbieten.

Damit ist keineswegs ein Vorgriff auf die beim General-Inspekteur Wolfgang Schneiderhan liegende 2. Bundeswehr-Reform verbunden. Da sich alle Teilstreitkräfte, auch die virtuell-reale SKB, im finalen Gefecht um die Umfangszahlen der 250.000 oliv + 75.000 grau bekleideten Bw-Truppe befinden, darf SKB-Chef Heise nicht glauben, dass der letzte Hurra-Satz seines Rundbriefes (“Ich bitte Sie, die weiteren Entwicklungen positiv anzunehmen und Sie mit Ihrem professionellen Können konstruktiv zu begleiten und zu unterstützen.”) fröhliche Befolgung findet.

Irdische Trostformeln für die allerorten grassierende Sorge und gar Angst wird man schwerlich finden, es sei denn, man ist Rheinländer, der den Köl’schen Spruch kennt: “Et is nooch immer jod jejange” (die Bibel-Wurzeln erkennt man schnell). Bitte, nicht gleich als Jecken-Narretei abtun.

{Je länger man nachdenkt, desto lieblicher wird der Wechsel}

 

Israel/U-Boote: “Hohmann-Syndrom”? (mit Korrektur)

27. November 2003

Es ist wieder einmal eine von der von uns geliebten (verhassten) Top/Down - Bottom/Up-Geschichten: Nach FOCUS (Heft 48) will Deutschland “vorerst” keine weiteren zwei U-Boote der Delphin-Klasse (Dolphin) an Israel liefern. Hinter diesem Vorgang verbirgt sich (im Sinne von Bottom-Up) eine unendliche Geschichte über die Frage, ob die bisher von Deutschland fast geschenkten und von HDW produzierten Qualitäts-U-Fahrzeuge mit zusätzlichen 650mm-Torpedo-Rohren dem “Juden-Staat” eine see-gestützte Nuklear-Fähigkeit verleihen. Wirkliche Experten wissen das besser:

  • Otfried Nassauer ist einziger der deutschen Experten, der sich auf
    www.bits.de (gehe auf “Neuigkeiten”, scrolle bis 14. Okt. (“Deutsche Nuc-Träger für Israel?”) zum Thema ausgebreitet hat und u.E. eine weitreichende Trägermittel-Konfiguration für israelische Nuklearwaffen nicht recht entdecken mag;
     
  • Altmeister John Pike (früher fas.org), der auf seiner neuen Web-Adresse von einem israelischen (see-gestützten) Marschflugkörper namens “popeye turbo” fabuliert, dem eine Reichweite von 1.500 km eigen sein soll, fügt dem Thema eine beachtenswerte Komponente hinzu:
    http://www.globalsecurity.org/wmd/world/israel/sub.htm

Irrelevant für die Top/Down-Beurteilung ist natürlich, ob die von in Deutschland mit einem 50%-igen israelischen Patent-Anteil produzierten Delphine die seit Jahrzehnten auf 200 Nuklear-Waffen geschätze Armageddon-Force des “Juden”-Staates zu einer neuen Qualität befördern (sicher nicht). Spannender ist, ob sich in dieser Republik anhand der vermeintlichen Regierungs-Entscheidung ein “links-gestricktes Hohmann-Syndrom” entwickeln könnte. Erkennbar ist, dass dieses “Eis” sehr dünn ist, und Protagonisten nicht in Sicht sind.

Andererseits weiss jedermann, dass bei der “Zuspitzung” von Fragen die Nagelprobe stattfindet und die Wahrnehmung Anderer von weitreichender Bedeutung ist - man sendet immer strategische Signale aus - das liebliche Problem der “Perzeption der Perzeption”.

In diesem Sinne würde die deutsche Entscheidung als eine zu werten sein (so angenommen), die gegen Israel gerichtet ist. Geschichte wiederholt sich insofern, als in die selbige eingehen Wollende immer meinen, die augenblickliche Meinungslage sei der Kompass für die Unsterblichkeit.

Falls es Jemandem aufgefallen sein sollte: Die täglichen Nachrichten sind seit geraumer Zeit frei von Disco-Bombern in Israel.

{U-Boot-Fahrer lehren: “Don’t expose the boat”}

Korrektur 1. 12. 2003:

Bisher liegt dem Bundessicherheitsrat noch keine konkrete Anfrage vor. Die israelische Regierung möchte die 2 Boote wieder von der Bundesregierung bezahlt bekommen, was diese nicht will (und eigentlich nicht kann).

 

Irak: Cordesman-Salut

25. November 2003

Der australische Frühling hat uns geholfen, zum Thema Irak ein Empfehlung aussprechen zu können, die denjenigen hilft, die auf der Suche nach hilfreichen Informationen in Sachen Irak unterwegs sind. Vorab ist die “alte Tante”
http://www.brookings.edu/dybdocroot/fp/saban/iraq/index.pdf
zu nennen, die ihren “Iraq Index” permanent aufpoliert.

Im inner-amerikanischen Instituts-Wettkampf scheint aber das “Center for Strategic and International Studies” an Boden zu gewinnen. Treibende Kraft ist Anthony H. Cordesman, der im Team besonders in Sachen Irak ein erhebliches Momentum entwickelt hat. www.csis.org hat nicht nur eine von der Link-Abteilung der ZEIT empfohlende Super-Studie zum Thema Proliferation abgeliefert, sondern auch zwei pdf.-Dateien zum Thema Irak, die Cordesman verantwortet:
http://www.csis.org/features/031114toouncertain.pdf (“Iraq: Too Uncertain To Call”, 22 S.)

sowie seinen Reise-Bericht
http://www.csis.org/features/031114current.pdf  (“The Current Military Situation in Iraq”, 30. S.).

Für selbsternannte Weltenlenker, die noch einen Schuss von intellektueller Demut haben, müsste u.E. nur der Lese-Überflug  zum händeringenden “Not Me” führen. Es scheint aber Zeitgenossen zu geben, die sich vor die Tür wagen, wovor Blaise Pascal schon immer gewarnt hat. Cordesman hat recht, wenn er auf S. 22 von “too uncertain” mahnt: “Souveränität und Demokratie sind keine “catchphrases”.

{Clausewitz sagt: “Ungewissheit ist der einzige globale Spieler”}

 

U.S.-Strategie: Innovation?

24. November 2003

So sorry, wenn “Strategen” (wie z.B. Verlagsleiter!) bei Sabine Christiansen oder um 12.00 Uhr beim ARD-Presseclub (so schön schillernd, Frau Amirpur) sicherheitspolitisch fabulieren, haben wir immer den Eindruck, nicht von dieser Welt zu sein. Man darf sich freuen, dass “Ende” der Geschichte zu erfahren; die zu hörenden Urteile sind u.E. zu sehr von der seit langer Zeit bekannten politischen Einstellung der Betroffenden abhängig - da wirft man aber nie den ersten Stein.

Sehr dominant ist immer wieder festzustellen, dass eine Heerschar von (sorry) Klugscheissern über eine Kompetenz verfügt, die normalerweise - und seit Menschengedenken - niemand für sich reklamieren würde: die Zukunfts-”Sicherheit”. Aber was Andere können, leisten wir allemal: Gegen den brachialen Hauptstrom der Berichterstattung bieten wir Konkurrenz, die sich im Wetten zu Konditionen niederschlägt, die unserem Einkommens-Niveau entspricht:

  • Im Sommer des Jahres 2004 (reichlich vor den U.S.-Wahlen im Nov. 04) werden im Irak und in Afghanistan Konditionen herrschen, die zwar nicht “golden” sind, aber alle heutigen “Zukunfts-Diktionen” in die Tonne von wohlfeilem Hype-Gequatsche treten (ob die innenpolitisch bestimmenden Faktoren der Wirtschafts-Entwicklung eine Wiederwahl des in Europa so ver”hassten” Präsidenten Bush garantieren, sei dahin gestellt).

Zwischendurch können wir nur die Empfehlung (an sachlich Interessierte) aussprechen, die Rede von Mitchell B. Reiss, “Policy Planning Director” des U.S.-Aussenministeriums, zu lesen; seine Bemerkungen über die “3 Balances” (“innovations”) sind es wert. Verdammen kann man das immer noch:
http://usinfo.state.gov/xarchives/display.html?p=washfile-english&y=2003&m=November&x=2 0031119174753yakcm0.5423548&t=usinfo/wf-latest.html

Ein praktisches Beispiel für derartige intellektuelle Vorsorge zeigt der Hinblick auf die Rede der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller. Am 13. Nov. 03 hat sie anlässlich der 4. Aussenpolitischen Jahrestagung der Heinreich-Böll-Stiftung mit ausführlichen Original-Zitaten aus den entsprechenden U.S. -Dokumenten versucht, “konspirativen” Allgemeinplätzen der deutschen sicherheitspolitischen Szene entgegen zutreten (Nochmal sorry: Auf auswaertigesamt.de geben wir “Kerstin Müller” und “Kerstin Mueller” ein und nichts findet sich - wir haben die Rede immerhin):

  • Zum (angeblichen) Wechsel der U.S.-Strategie zwischen multi- und unilateralem Handeln ist deutscherseits durchgängig fabuliert worden, dass die Amis reumütig den Weg in die Staatengemeinschaft zurück gefunden hätten. Wer Kerstin’s Seite 2 liest, glaubt das nimmermehr (die allgemeine Logik hätte dem schon widersprochen - je nach dem sucht der Mächtige, was ihm dient);
     
  • Auf Kerstin’s S. 3 findet eine bahnbrechende Erkenntnis statt: Die blöden Amis haben tatsächlich irgendwo eine schwache Ahnung, was deutsche Intellektualität seit Menschengedenken schon erkannt hat: den “erweiterten Sicherheitsbegriff”.

Unsere Zukunfts-Sicherheit hält sich in Grenzen: Wir wetten nur:

{GottSchalk ist richtig symbolisch}

 

Op-ed: Aussicht

21. November 2003

Die von der ZEIT ( www.zeit.de ) empfohlene Geschichte von Mark Clayton (“Reading into the mind of a terrorist”) des “Christian Science Monitor” vom 30. Oktober 2003 hat uns am Tag der Terror-Anschläge von Istanbul nicht losgelassen:
http://www.csmonitor.com/2003/1030/p11s01-legn.html

Vor allem dann nicht, wenn man nach einer “Einordnung” in die Zukunft sucht. Der Beurteilungsrahmen erweitert sich dramatisch, sobald man in die Meta-Ebene (Top-down) abfliegt und anschliessend die Gesteinsbrocken des Hier und Heute (Bottom-up) einsammeln muss:

  • Dass ein “Zusammenstoss der Kulturen” stattfindet, ist zunächst keine Frage. Aber: Was unterscheidet die in verschiedensten TV-Bildern gezeigten Hass-Emotionen von Bin Laden? Ob es das Schrei-Gesicht eines britischen Anti-Bush-Demonstranten ist oder die Giftung von Ex-Verfassungsschutz-Präsident Peter Frisch gegenüber Herrn Özdemir bei ZDF, “Berlin Mitte”: Es ist alles gleich.
    Die entsprechenden Hohen Herrschaften in den diversen TV-Auftritten giften in einer Art und Weise von sich, die sich in nichts von den Keller-Sendungen der TV-Pri(v)maten am Nachmittag unterscheidet. Logisch: Von “Kultur” ist wirklich keine Rede. Mit einem teuflischen Service-Unternehmen würden sich einige Beteiligte gern massiv bewaffnen lassen und Steven Spielberg alle Ehre geben..
     
  • Auf “Phoenix” haben wir die inter-religiöse Diskussion aufgeschnappt. Wehe, wenn irgend jemand mit “Spirituellem” käme, das Eckstein der christlichen Religion und im muslimischen Glauben  seine Quelle hat, aber verschüttet ist::
    - gibt dem Menschen die ganze Freiheit, damit er sich vor dem ALLMÄCHTIGEN bewähren möge;
    - beende das Zeremonielle, und lass den Menschen ALLAH wirklich in seinem eigenen Herzen finden - in aller Ruhe und Liebe, ohne Mantra;
    - finde im Koran die Stelle, wo es heisst, dass das Reich nicht von DIESER Welt ist;
    - und vor allem: TNT um deinen Körper verbessert keinesfalls Deine Seele.
     
  • Noch delikater ist das Verhältnis von Führenden und Geführten. Verführte werden die Gnade haben. Aber die Verführer werden (leider) nicht ahnen, was sie erwartet.
     

So sorry, wenn der Ausflug in die Gefilde des Nirwana von Blut, Leid und Zukunft so holprig ausfällt; man wird sich irgendwie damit beschäftigen müssen. Sicher ist: Die Anforderungen werden höher, aber:

{Je höher der Pfad, desto besser die Aussicht}

 

Schneiderhan/NEC: Sei wie es sei (und Nachtrag)

19. November 2003

Bevor wir uns heute überhaupt auf General-Inspekteur Wolfgang Schneiderhan konzentrieren konnten, waren die üblichen Ups and Downs zu verkraften:

  • Ein lieber User hat uns per e-mail auf einen wohl unsäglichen Kommentar eines gewissen F.J. Wagner zum Bush-Besuch in England in der BILD hingewiesen. Unseres Users Rezept übernehmen wir virtuell, auch als Empfehlung an Friede: “Ich will aber, dass alles Schlimme aus der Welt verschwindet - und kneife die Augen ganz fest zu” (es ist eine vergnügliche Kunst, sich dem quoten-geilen Schwachsinn mit der gebotenen Nachsicht zu nähern).
     
  • Ein richtiges Vergnüngen bietet wieder John Pike mit globalsecurity.org, denn er bietet den IAEA-Bericht über Iran an:
    http://www.globalsecurity.org/wmd/library/report/2003/iaea-iran_report-11nov2003.ht m

Thema ist aber die Rede des General-Inspekteurs zum Thema “Network Enabled Capabilities” (von Network Centric Warfare - NCW - reden nur noch die Schnarchnasen) bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI) am 18. 11. 03 in Berlin, die bundeswehr.de sogleich ins Netz gestellt hat:
http://www.bmvg.de/archiv/reden/inspekteure/031118_gi_network.php
(Die Co-Rede von Dr. Thomas Enders, Chef der EADS-Divison “Defence and Security Systems” -DS-, haben wir noch nicht).

Ganz unzertifiziert schwingen wir uns wieder zum Richter auf und analysieren den obersten Militär unserer geliebten Republik:

  • Zunächst ist Wolfgang Schneiderhan erheblicher Tribut zu zollen, denn seine Performance, die er bisher insgesamt geliefert hat, ist beachtlich:
    - Zurückhaltendes, bescheidendes Auftreten;
    - Vermittlung von “Wärme”, für Generale absolut untypisch;
    - augenzwinkernde Strategie-Intellektualität schwäbischen Verständnisses;
    - rhetorische “Geschmeidigkeit” vom Allerfeinsten;
    - aufblitzende Lehr-Amtsbefähigung für die rot-grüne Regierung: “Die erhofften Einsparungen der erst kürzlich beschlossenen Reduzierung auf 250.000 Mann sind inzwischen einer globalen Minderausgabe zum Opfer gefallen” (S. 22). Tödlicher kann man nicht aus der Hüfte treffen; ein einziger Satz im mehr oder weniger sonstigen Geschwalle!
    (beachte Nachtrag);

Logisch ist, dass ein solcher Intelligenz-Fasan in seiner Rede ansonsten alle Register des Willy-Brandt’schen Rhetorik-Diskurses zieht: Ein “kräftiges Sowohl-als-auch”. Und Grönemeyers “Mensch”-Platte: “Alles ist richtig - alles ist gut” (nach der Ebbe kommt die Flut). Und auch: “Haben die deutschen Militärs schon immer gewusst”.

Auf Seite 9 sollte man die Bw-Definition für NCW, “Vernetzte Operationsführung”, lesen, aber auch den nachfolgenden Satz: Da ist die Rede von “Aufkärung, Führung und Wirkung”, einem Uralt-Dreiklang deutscher Militär-Weisheit. Nur müsste der militär-strategische Dreisatz etwas anders lauten: 1. Hinkommen (global), 2. Aufklären, 3. Treffen (töten); dass dieser “Dreiklang” im Kreis von informations-gespeister Führungs”kunst” stattfindet, ist eine übergeordnete Sache (damit würde NCW seinen Hype-Charakter sofort verlieren).

Dass der intellktuelle Ober-Militär (leider) auch gnadenlos populistisch ist, beweist er u.E. zum Schluss seiner Rede deutlich (S. 23 - Hervorhebungen im Original):

  • “Denn unsere finanziellen Ressourcen für die Gestaltung der Zukunft sind über die nächsten Jahre weitgehend für Beschaffungsvorhaben gebunden, die noch in einem vergangenen Jahrhundert konzipiert wurden.
    Genau an dieser Stelle hoffe ich auf Sie (das ist besonders populistisch, d. Verf.). Wenn wir uns gemeinsam über die Bedeutung von Network Centric Warfare einig sind, dann sollten wir auch gemeinsam alle Vorhaben auf den Prüfstand stellen. Wir sollten konsequent neuen Gestaltungsspielraum für neue Rüstungsvorhaben, eben für Network Centric Capabilities, schaffen.”

Bisher galt in dieser - zwar wirr, doch auch irgendwie wahr geltenden - Welt, dass es eine überwältigende Anzahl von Rüstungsvorhaben der Bundeswehr gibt, die - vom Bundestag (Haushalts-Ausschuss) so beschlossen - ihr doch sehr beharrendes Vertragsleben fristen. Mit anderen Worten: Würden die Herrschenden den propagierten Ideen ihres Ober-Militärs folgen, wären so saftige Konventional-Strafen fällig, dass die vertragsgemässe Lieferung des “obsoleten” Geräts dagegen eine Gnade wären, die optional wenigstens zum Wiederverkauf geeignet wäre.

Wiederum mit anderen Worten: General Schneiderhan muss - seiner Rede folgend -, ein Patent-Rezept in seiner Tasche herumtragen, demzufolge man sich dieser “Vergangenens-Jahrhundert-Reptile” sehr elegant - und vor allem “zukunftsorientiert” - entledigen kann.

So very and absolute very very sorry: Eigentlich kann es nur so sein, dass wir völlig durchgeknallt sind und mit angeborener Perfidie behaupten, die Anderen seien es. Nein, es hilft kein tröstender Zuspruch: Nur wir können es sein.

{Sun Tsu sagt: “Sei wie es sei}

Nachtrag 25. November 2003:

Beim wirklich gesprochenen Vortrag von General Schneiderhan waren wir natürlich nicht in Berlin - man erlebt die Welt halt Matrix-mässig. Unsere Geschwafel ist aus der (vorab) verbreiteten Rede-Version abgeleitet, die den wichtigen Hinweis trägt: “Es gilt das gesprochene Wort”. GI Schneiderhan hat die von uns besonders hervorgehobenen Sätze aus seinem vorgesehenen 2-seitigen Schlusskapitel so gar nicht vorgetragen. Streichen Sie sie also aus dem “Protokoll”, vergessen aber bitte den Inhalt nicht. Für Kontemplationen, warum der GI den Schluss so nicht abgefeuert hat, übernehmen wir natürlich kein Gewehr.

 

Inspekteurs-Briefe: Deckung + Nachtrag 24. 11. 03

18. November 2003

Die Kommunikations-Form mittels eines Briefes ist eine besondere: Sie lässt tiefe Rückschlüsse auf den Absender zu. Vor allem dann, wenn man die Beteiligten unter dem Druck der bevorstehenden 2. Bundeswehr-Reform weiss, bei der alle Truppen-Gattungen im Sinne der Verteidigung ihrer Ehre schlicht “blank ziehen”.

Am 24. Oktober 03 hat Lutz Feldt, Inspekteur der Marine (eigentlich “Deutsche Marine”) einen Brief an seine Truppengattung vom Stapel gelassen:

  • Er beginnt schon mit reichlich Tristesse, denn es fehlt die Anrede. Unterschrieben ist der Zwei-Seiter mit den stählernen Buchstaben: Feldt (nächste Zeile), Vizeadmiral. Kein Gruss, kein Kuss, kein Julius.
     
  • Als Motivation für das Werk wird der “grosse Informationsbedarf” genannt. Wirklich vollmundig wird versprochen: “Wo erforderlich, werde ich auch Sie über ihre Vorgesetzten in die Überlegungen einbeziehen.” Nur eine kurze Überlegung würde diesem Satz die kompakte Lethalität verpassen.
     
  • Ganz natürlich ist, dass spätestens seit dem 1. Oktober 03 bei Soldaten und Zivil-Bediensteten eine heftige Debatte begonnen hat, ob der eigene Standort überleben wird. Hier darf sich niemand vorwagen, denn Vizeadmiral Feldt wettert gegen “Wichtigtuer”, die “im höchsten Masse unkameradschaftlich” handeln. Eigentlich müsste der erfahrene See-Fahrer wissen, dass ein Hinauszögern der negativen Verkündigung - Deutschland sucht den Super-Standort - bis zum Nov. 2004 völlig illusorisch ist.
     
  • Im vorletzten Absatz des Briefes taucht erstmalig, u-boot-artig, die anheimelnde Formulierung “Meine Damen und Herren” auf. Wer nur etwas Bw-angebrütet ist, weiss, dass sich damit nicht ein einziger Soldat angesprochen fühlt, höchstens Zivilunken.

Zumindest in dieser Hinsicht ist der Inspekteur der Luftwaffe, Gerhard W. Back, mit seinem “Inspekteurbrief” vom 12. November (das Datum “12.” ist handschriftlich eingekritzelt) besser aufgestellt:

  • In kalten Lettern flattert die Anrede: “Soldatinnen, Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Luftwaffe, meine lieben Kameraden!” Detail-Kritik muss auch erlaubt sein: Zumindest das “meine” bei den lieben Kameraden ist zu dick aufgetragen.
     
  • Im dritten Absatz des Briefes findet eine saftige Selbst-Entblössung statt:
    “Wir alle hatten gehofft, mit den Mitte des Jahres entschiedenen Maßnahmen zur Reform der Bundeswehr ausreichende Schritte zur zukunftssicheren Ausgestaltung der Streitkräfte eingeleitet zu haben. Inzwischen ist vor dem Hintergrund des gewandelten Aufgabenspektrums und angesichts der sich weiter verschärfenden Finanzlage ersichtlich geworden, dass sich die Bundeswehr zusätzlichen Anpassungen unterziehen muss.”
    Grottenfalsch ist schon, dass sich die Finanzlage “weiter” verschärft habe; sie ist seit Jahren bis ins Koma bekannt. Ausserdem möchte der Herr General insinuieren, dass er im Sommer von der Lage keine Ahnung hatte, im Herbst wie ein frisch begattetes Eichhörnchen die Welt erblickte.
     
  • Beachtenswert ist auch, wie General Back den Eifer der Überflieger zu entfachen versucht:
    “Über die Realisierung der derzeit eingeplanten Vorhaben hinaus ist dazu die Zukunftssicherheit durch raschen Einstieg in ergänzende neue Fähigkeiten zu erreichen.” D.h.: Irgendwelche Streichungen wird die Luftwaffe durch neue Forderungen zu kompensieren haben (MEADS, AGS, HALE, MALE; verlegbare Radarsysteme kriegen sie aber nicht).
     
  • Wie Superman geriert sich der aus dem Amt scheidende, und zur NATO abfliegende, Luftwaffen-Inspekteur:
    “Ich werde mich nachdrücklich dafür einsetzen, dass schnellstmöglich (!) die Voraussetzungen für eine solide und nachvollziehbare Planung geschaffen werden.”
     
  • Am Ende des Briefes sieht man die generalsmässige Unterschrift “Back”, schön zackig, aber ohne Kuss und Julius.

Heute (flasch: morgen!), am 19. 11.03, findet die erste Sitzung des “Militärischen Führungsrates” unter dem Vorsitz des General-Inspekteurs der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, statt. Thema ist die “Reform der Reform”, nach Dr. Stuck der “Neue Kurs”: Wohl von allen Truppen-Gattungen wird erwartet, dass er nun “aus der Deckung” kommen muss. Vorher geschriebene Briefe dürften ihr Haltbarkeits-Datum geprägt bekommen.

{Wenn nur die eigene Lyrik einmal die Wirklichkeit treffen würde}

P. S. Die entscheidende Struck-Weisung vom 1. 10. 03 bieten wird endlich als pdf.-download.

Nachtrag 24. November: Betr.: Feldt-Anrede:

Wir müssen uns korrigieren, was das Thema “fehlende Anrede” im Marine-Inspekteurs-Brief von Vize-Admiral Feldt angeht. Da bei der Bundeswehr nach wie vor das Fernschreiben (Fundgrube für Comedy) gilt, lautet die korrekte Brief-Anrede bei Feldt:
“Meine sehr geehrten Damen, meine Herren.”
Und die Schluss-Formel (im Orig. nur Gross-Buchstaben!):
“Mit kameradschaftlichen Grüssen
Ihr
gez.
PAGE 6 RGFAC 7046 OFFEN
Feldt
Vizeadmiral

{Korrekturen sind nur willkommen}

 

Al Qaida/CIA: Lese-Verbot

17. November 2003

Es gibt wieder zwei Berichte, die in Deutschland mit einem Lese-Verbot belegt werden müssten, denn sie könnten liebgewonnene Vorurteile zu Tode bringen. Die CIA hat den offenen Teil ihres Berichts über die “Inbesitznahme von Technologie in Bezug zu Massen-Vernichtungswaffen und fortgeschrittener konventioneller Waffen” veröffentlicht, der gesetz-gemäss dem U.S.-Parlament halb-jährlich zu erstatten ist:
http://www.cia.gov/cia/reports/721_reports/jan_jun2003.htm

Nur einen Satz könnte man alarmistisch hervorheben und sich nähere Angaben wünschen:

  • “Zusätzlich, einige westeuropäische Länder bleiben willens, den Verkauf fortgeschrittener konventioneller Waffen (advanced conventional weapons - ACW) an Libyen, Indien, Pakistan und andere Staaten zum Erhalt ihrer innerstaatlichen Verteidigungs-Industrien zu verhandeln.”

Mit einem ganz anderen Kaliber wartet “The Weekly - Standard” in seiner Vorschau für die Ausgabe vom 24. Nov. 03 auf. Stephen F. Hayes titelt seine 9-Seiten-Analyse “Case closed”:
http://www.weeklystandard.com/Content/Public/Articles/000/000/003/378fmxyz.asp

Wer die 38 Zitat-Belege des Memos, welches vom stellv. U.S.-Verteidigungsminister Douglas J. Feith an die Senatoren Pat Roberts and Jay Rockefeller (Senate Intelligence Committee) versandt worden ist, nicht zur Kenntnis nehmen will, darf sich zur Macht-Elite zählen, die sich dadurch auszeichnet, nichts hinzulernen zu wollen (und müssen).

Der Artikel belegt nichts anderes als die Zusammenarbeit des Saddam-Hussein-Regimes mit der Terror-Organisation Al Qaida. Natürlich wird die gegenteilige Meinung weiter in den Köpfen vermeintlicher Experten verbleiben; ausserdem darf nicht wahr sein, was politisch unerwünscht ist. Nur wird die Geschichte - in ihrer Form als Walze - immer Fossilien produzieren, die nach Jahrmillionen immer noch Bewunderer findet.

{Ist Leben erträglich, wenn man jeden Tag lernen muss?}

 

Luftwaffen-Planung: bewegen

14. November 2003

Bevor der Sensenmann in Gestalt des General-Inspekteurs der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, möglicherweise doch wieder auf die Idee kommen könnte, bei der Luftwaffe sein Heil zu suchen, tritt diese lieber die Flucht nach vorn an und betreibt Öffentlichkeits-Arbeit.

Präsentiert wird die Entwicklung der deutschen Luftflotte, die allerdings schon lesenswert ist:

  • Noch 1990 flog man 746 Kampfflugzeuge.
    - derzeit noch 453 in 8 Geschwadern;
    - 2006 werden noch 326 in 7 Geschwadern betrieben;
    - 2015 verbleiben 262 Kampf-Flugzeuge der Typen Tornado (85) und Eurofighter (177) in 7 Geschwadern.
     
  • Die nicht unwichtige Rollen-Aufteilung der 2015-Flotte ist:

    - 68 Eurofighter für die Luftverteidigung;
    - 68 Eurofighter für den Luftangriff;
    - 43 Tornados für Luftangriff und ECR (Electronic Combat/Reconnaissance);
    - 23 Tornados, die für die Nuklear-Einsatz zertifiziert bleiben sollen sowie für die Aufklärung (RECCE=Reconnaissance);
    - 41 Eurofighter für die Ausbildung;
    - 19 Tornados für die Ausbildung sowie für die Nuklear-Rolle;

Neu erscheint, dass die Luftwaffe ab 2008 eine RECCE-Tornado-Staffel durch unbemannte Flug-Systeme des Typs EuroHawk oder Predator ersetzen will. Im massgebenden Planungssystem der Rüstung, Datenwerk (DW) genannt, welches schon derzeit heftige Überhänge zu verbuchen hat, ist der Luftwaffen-Traum gar nicht verzeichnet (wohl aber im sog. “Prague Capabilities Committment” - Position 11).

Denkbar wäre schon, dass man die verschämt so genannte “nukleare Teilhabe” - immerhin ein ganzes Geschwader mit jährlichen Betriebskosten von grob einer Mrd. EUR - thematisiert. Aber das ist verdammt heiss. Mit den Nuc-Tornardos ist Deutschland immerhin vermeintliche Nuklearmacht, mit F und UK auf zwinkernder “Augenhöhe”; auf so etwas mag selbst ein machtbewusster Sozialdemokrat nicht “unnötig” verzichten, auch wenn er die “Zivilmacht” Deutschland propagiert. Was wäre eigentlich, wenn die ungeliebten Amis diesen “bargaining chip” spielen würden? Wieder ein Beweis, das “Mikado” zu den Strategemen gehört:

{Bewegt Dich, aber gaaannz vorsichtig}

 

SPD: “windelweich”

12. November 2003

Dass Politik nur Kampf - man könnte auch sagen Krieg - ist, kann man derzeit auch bei der SPD beobachten: 40 Abgeordnete haben das “Netzwerk Berlin” gegründet, das weder links noch rechts sein will und “Impulse - Für ein neues Grundsatzprogramm” (45 S.) geschrieben hat:
http://zeus.zeit.de/politik/Impulse_Grundsatzprogramm.pdf

Dazu muss man lesen, was Markus Deggerich (“Sigi Pop und die Lego-Gang”) am 7. 11. 03 auf SPIEGEL-Online und Toralf Staud für DIE ZEIT (“Die windelweichen Urenkel”, 46/2003) geschrieben haben:

  • Markus Deggerich:
    “Neue Wege öffnen möchte sich damit vor allem auch Gabriel. Die Netzwerker und vor allem Gabriel stehen bei der Basis in Verdacht, schlicht Karrieristen zu sein, inhaltsleer und opportunistisch.”
     
  • Toralf Staud:
    “”Sie sind derzeit die Einzigen in der SPD, die mit Verve die gegenwärtige Regierungspolitik verteidigen - wahrscheinlich sogar aus Überzeugung. Doch lässt sich eine solche Position von Opportunismus nur schwer unterscheiden. Und das Pathos, das zu Richtungskämpfen gehört, klingt in dieser Konstellation auch heuchlerisch.”

Dass die “Impulse” im antizipierten Medien-Deutschland, das überall die Superstars (ohne Hitler) sucht, unter kommunikativ-sachlichen Gesichtspunkten schmerzfrei verfasst worden sind, kann man wahrlich nicht behaupten (mit Verlaub: sie sind grotten-kotz). Aber eines ist sicher: Sie passen der Partei-Linken gar nicht in den Kram.

Der Test sind die Seiten 19 - 21 zum Thema “Unsere Außen- und Sicherheitspolitik”, also dort, wo wir unsere Kernkompetenz vermuten. Die “Karrieristen” meinen:

  • “Wir wollen, dass Deutschland gleichermassen seiner europäischen wie globalen Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit gerecht wird. Diese Verantwortung wollen wir im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft, im Nordatlantischen Bündnis und vor allem in der Europäischen Union wahrnehmen.”
     
  • “Wenn alle anderen Mittel versagt haben, müssen wir auch in eng begrenzten Ausnahmefällen bereit sein, zur Beendigung kriegerischer Konflikte oder humanitärer Katastrophen sowie Völkermoderd militärische Gewalt einzusetzen. Das Verhältnismässigkeits-Prinzip und die völkerrechtliche Legitimität einer solchen Entscheidung müssen dabei in jedem einzelnen Fall gewahrt werden. Die gemeinsame Entwicklung eines Interventionsregimes, das dafür gültige und von der Weltgemeinschaft anerkannte Regeln enthält, streben wir an.”
     
  • Direkt danach wird auch noch gefordert:
    “Eine funktionierende transatlantische Partnerschaft hat für uns besondere Bedeutung (sic!). Partnerschaft schliesst die selbstbewusste Vertretung eigener Interessen ein.”

Dass ein solches sicherheitspolitisches Programm-Paket für SPD-Linke von Übel ist, versteht sich von selbst. In solcher Lage muss es tröstlich sein, die Medien-Trendsetter von SPIEGEL und ZEIT an Bord zu haben.

Das faszinierende Gemurmel der Geschichte hat eines in unendlichem Überfluss: Zeit und Spiegel.

{Sun Tsu sagt: “Haste nicht - morgen ist auch gestern”}

 

Tony Blair: mittendrin

11. November 2003

Obwohl schon vor Monaten mit mächtigen Medien-Gesang verabschiedet, hat Premier Tony Blair mit seiner gestrigen Rede zum “Lord Mayor’s Banquet” unmissverständlich die britische Position zu Europa und den USA beschrieben:
http://www.number-10.gov.uk/output/Page4799.asp#

Ganz trocken bezeichnet Blair die Allianz mit Amerika und die Mitgliedschaft in der EU:

  • “Beide sind notwendig. Beide ergänzen einander.”

Der Realismus weiterer Passagen ist beachtenswert:

  • “Ja, falls Einige versuchen, Europa von der Seite Amerikas zu ziehen, werden Andere dem nachdrücklich Widerstand leisten.”
     
  • “Es ist wahr, dass es in einigen Teilen des französischen politischen Establishments Antipathien gegenüber Amerika gibt. Aber man sollte das nicht überbetonen und nicht ignorieren, dass es eine grosse Anzahl gibt, die genau wissen, dass moderner Gaullismus eine starke transatlantische Dimension haben muss.”
     
  • Vielfältiger innenpolitischer Kritik hinsichtlich der britischen Europa-Politik entgegnet Blair: “You participate”, auch hinsichtlich der europäischen Konvention.
     
  • Ebenso lesenswert sind die Passagen zur Europäischen Verteidigungspolitik. Nach unserer schmalen Übersetzungskunst ist Tony Blair dabei sogar überaus drastisch: Bei einer Entwicklung der europäischen Verteidigungspolitik, die nicht vereinbar mit der NATO ist, fehlt das Königreich. Sie sei zwar passiert (Schoko-Tervuren), aber: “That is not sensible for Britain, for Europe or for that matter, for America.”
     
  • Bezüglich der 10 der EU in 2004 beitretenden osteuropäischen Staaten sieht der britische Premier nicht nur “politische Partner”, sondern “spirituelle Alliierte”, die sich der transatlantischen Allianz verpflichtet sehen.
     
  • Berechtigte Kritik an Europa mag Blair nicht auf Gross-Britannien beschränken:
    “Europa hat zuviel Bürokratie, ist zuwenig auf die wirtschaftlichen und sozialen Sorgen seiner Mitbürger konzentriert, ist zu weit weg.”
    Trotzdem: “Jetzt ist der richtige Moment für Britannien, sich an der Zukunft Europas voll zu beteiligen.”
     
  • Angesichts der drängenden Probleme mag Blair zu recht nicht: “Arroganz, Neid, Missverständnis oder gar Uneinigkeit”.
     
  • Letztlich plädiert unser britischer Freund, sich nicht durch politische Intrigen, Tages-Politik und nervendem Gezerre vom Mut zur Vision abhalten zu lassen. Die Schluss-Formel lautet: “Europa und Amerika zusammen. Britannien mittendrin” (sein deutscher Kollege würde so etwas nicht über die Lippen bringen).

{Es gibt genügend Gründe, die Briten zu mögen}

 

EU-Umfrage: verdattert

10. November 2003

Im Auftrag der EU-Kommission hat EOS Gallup Europe vom 8. - 16. Oktober 2003 eine Umfrage zum Thema “Irak und Frieden in der Welt” in der EU 15 durchgeführt, zu finden unter:
http://www.europa.eu.int/comm/external_relations/iraq/doc/fl151_iraq_full_report.pdf

Die Kurzfassung der Ergebnisse lautet (S. 109):

  • Die EU-Bürger halten zu 68 % die militärische Intervention im Irak als nicht gerechtfertigt;
     
  • Die U.N. und die proviorische irakische Regierung sollen den Wiederaufbau gestalten; die USA sollen nicht mit der Aufgabe der Sicherheit betraut werden;
     
  • 65 % meinen, dass die USA den Wiederaufbau finanzieren sollten. Trotzdem sagt eine Mehrheit, dass die Staaten sich daran finanziell beteiligen sollten, insbesondere durch humanitäre Hilfe;
     
  • 82 % plädieren für eine effektive Rolle der EU im Friedensprozess des Mittleren Ostens. 42 % meinen, dass der Irak-Krieg die Rolle der EU geschwächt hat, 12% meinen das Gegenteil; 42 % votieren, dass sich in dieser Frage nichts geändert hat;
     
  • 25 % sehen die Aussenpolitik Politik der EU zu nahe an der der USA, 11 % weit entfernt davon; “weder noch” meinen 59 %;
     
  • Die Frage nach der terroristische Bedrohung zeigt die unterschiedlichsten Gewichtungen in den einzelnen Staaten der EU; zusammengerechnet halten 55 % sie für stark, 43 % für schwach.

In die allgemeine Diskussion haben schon die Ergebnisse Eingang gefunden, die auf S. 78 verzeichnet sind: Gefragt wurde, welcher Staat (präsentiert auf einer Liste der Befrager) eine “Bedrohung des Friedens in der Welt” darstelle. Die Abfolge der Friedensbedroher nach EU15-Durchschnitt ist:

  • 1. Israel, 59 %; 2. Iran, 53 %, 3. Nord-Korea, 53 %, 4. USA 53 %,
    5. Irak 52 %, 6. Afghanistan 50 %, 7. Pakistan 48 %, 8. Syrien 37 %,
    9. Libyen 36 %, 10. Saudi-Arabien 36 %, 11. China 30 %,
    12. Indien 22 %, 13. Russland 21 %, 14. Somalia 16 %, 15. EU 8 %.

Das Ergebnis zeigt nicht nur die “PISA”- Qualität der Befragten, sondern auch die der Fragesteller:

  • Taucht Palästina in der “Country”-Liste deshalb nicht auf, weil es kein “Staat” ist? Das ist eine “nachsichtige” Frage, denn ein “Land” ist es allemal! Ganz und gar nicht nachsichtig könnte man schlussfolgern, dass hier vorsätzlich gehandelt wurde;
     
  • Wollte man mit der Fragestellung “Frieden” geschickt die Friedhofsruhe verknüpfen und die Befragten intellektuell nicht überfordern, in dem man die Bedrohung der Freiheit ins Spiel brachte?

Wiederum bestätigt wird hier nur, dass nicht die Meinenden, die Ge(Ver)führten das Übel sind, sondern die Meinungsmacher, die Führenden, die Verführer.

{Wenn die Fahne flattert, ist auch der Verstand verdattert}

 

U.S.-Präsident Bush: aussuchen

7. November 2003

Der weltweit recht geschmähte U.S.-Präsident George W. Bush hat wieder einmal eine Rede gehalten, die man wenigstens deswegen lesen sollte, um seine Vorurteile zu bestätigen:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/11/20031106-2.html (es wird sogar eine Übersetzung ins Arabische angeboten).

Präsident Bush meint, dass “die Freiheit den Kampf wert ist, das Sterben und das Einstehen dafür”; bestätigt wird in aller Deutlichkeit: “.. the United States has adopted a new policy, a forward strategy of freedom in the Middle East.” Überhaupt: Der Kampf für die Freiheit, den die amerikanische Regierung kämpft, ist zentrales Thema der Rede. Frühere Anklänge hinsichtlich eines geschichtlichen oder gar göttlichen Auftrages dafür fehlen gänzlich. Die Redenschreiber mochten aber auf einen kleinen Schlenker in dieser Richtung nicht verzichten, denn Bush vermittelt der “Gemeinde”: “... wir können sicher sein, dass der Author des Friedens bezüglich dessen Schicksal nicht indifferent ist”. Dies ist kein geringer Beweis, dass es bereits einen “Clash of Civilization” zwischen den USA und Europa gibt, denn hier gibt es eine nicht so wortgewaltige Minderheit, die - wahrscheinlich erfolglos - den Gottes-Bezug in die Europäische Verfassung verlangt.

Weniger wichtig, aber bemerkenswert ist, dass George W. Bush sich die Mühe macht, den Demokratie-Fortschritt in vielen arabischen Ländern zu beschreiben, und China in besonderer Weise anspricht (Russland findet nicht statt). Genüsslich zitiert er (ungenannte) Zeitgenossen, die noch 1957 die Demokratie in Deutschland für “most uncertain at best” hielten.

Ein u.E. zentrales Feld blieb aber unbeackert: Der direkte Apell an die Verantwortlichkeit der führenden intellektuellen Schichten in den arabischen Ländern. Ohne ihre Einsicht und Engagement wird es keine Freiheits-Bewegung geben.

Auch ein “Schuss” an hypothetischer Fragestellung hätte nicht fehlen dürfen (wie man weiss, bedeutet die fragende, und sich klar selbst beantwortende, Argumentation Informations”dominanz”):

  • Bei allem Eingeständnis derzeitiger Sicherheitsprobleme im Irak: Auf welches Realitäts-Szenar würden Sie denn eine “teuere” Wette abgeben für die Situation im Irak einen Monat vor der U.S.-Wahl im November 2004?
     
  • Gibt es nach 9/11 einen nachhaltigen Paradigmen-Wechsel in der U.S.-Strategie, den die Alpträumer gegensätzlichster Herkunft (de Gaulle’sche Europäer und die Taliban) nicht glauben wollen:
    - Die Amis ziehen sich nicht zurück, wenn es knallt (Libanon, Somalia etc.);
    - Die Amis greifen tatsächlich an (Spezi Kenneth Pollack gestern auf CNN: Auswertung ergab, dass Saddam Hussein nicht an einen US-Angriff glaubte (!) - allein die ehrliche Diskussion der sicherheitspolitischen Wirkung des US-”Angriffs” wäre “shocking”).

Weil wir selbst gern im Szenar baden, dass die Amis sich beleidigt auf ihre Insel zurückziehen und diese Folgen auszumalen sind, haben wir - während des “Welt am Sonntag”-Forums ‘Bundeswehr’ am 3./4. 11. 03 in Hamburg -, in der Essensschlange direkt vor der “Kriegs”-Ikone Richard Perle stehend, denselbigen nach der Wahrscheinlichkeit einer US-Politik des “Zurück auf die Insel” befragt. Die Antwort war eindeutig: 5 %.

{Man darf sich immer aussuchen, was man will}

 

Tribut: globe-local

6. November 2003

Wieder einmal hat uns ein alter Freund darauf aufmerksam gemacht, dass wir doch recht schlampig sind: Nirgendwo weisen wir auf www.globalsecurity.org hin, eine Internet-Adresse, die vom “legendären” John Pike und seinen Getreuen gepflegt wird, die vormals die Referenz-Klasse von www.fas.org begründet haben (logisch, dass alle Weiterungen dieser Empfehlung unter den Vorbehalt der - deutschen - “political correctness” gestellt werden müssen).

Wir empfehlen eingeschränkt nachdringlich, dem Freundesrat zu folgen; aktuell kann man das nachvollziehen. Unter der Rubrik “Hot Documents” findet man bei Pike ganze 281 Seiten Text “After Action Report” der 3. U.S.-Infantrie-Divison nach der “Operation Iraqi Freedom”, zu denen man absolut abkürzungsfest sein muss. Logisch, dass der Text nur bei ganz wenigen Deutschen Interesse finden wird.

Ganz anders sind die 43 Seiten einzuschätzen, die ebenfalls in der Rubrik “Hot Documents” zu finden sind: Der Entwurf der Verfassung für Afghanistan (wer wird wohl die Übersetzung ins Deutsche leisten?) = 12 Kapitel mit 158 Artikeln.

Man wird verfolgen müssen, ob in der deutschen Medienwelt dieses “Event” überhaupt Erwähnung oder gar Text-Kommentierung findet. Ein ganz wenig haben wir auch gelesen:

  • Dass der “Staat” im Kapitel “1” steht und nicht die “Fundamental Rights”, wird wohl leider nicht zu vermeiden sein;
     
  • Warum “Life is a gift of God and a natural right of human beings” nur Art. 2 (in Kap. 2) geworden ist, sollte man nicht beklagen. Es ist ja immerhin die Entscheidung der Afghanen.

Zu wünschen ist, dass der Verfassungs-Entwurf sich zu einem Momentum für die Afghanen entwickelt.

{Tribut ist immer zu zahlen - global und lokal}

 

Rumsfeld-Memo: Nogood Boyo

29. Oktober 2003

Das von U.S.-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 16. Oktober 2003 verfasste 2-seitige Memo
http://www.globalsecurity.org/military/library/policy/dod/rumsfeld-d20031016sdmemo.htm

ist wahrscheinlich eine gute Gelegenheit, einen relativ unverfälschten Einblick in die tatsächliche Denke eines nicht unwichtigen Regierungs-Mitglieds der Bush-Administration zu erhalten. Rumsfelds Bemerkungen und Fragen zeigen u.E., dass der alte und politisch erfahrene Konservative den ablaufenden Prozessen hilflos gegenüber steht und nicht begreift, um welche Grössenordnungen es geht:

  • Einleitend stellt er die Frage: “Are we winning or losing the Global War on Terror?”

    Wenn politisches Allgemeingut ist, dass der Krieg gerade angefangen hat und die Bush-Regierung nicht müde wird zu erklären, dass er lange andauern wird, muss dies Sekretär Rumsfeld entgangen sein. Wer gewonnen hat, wird sich am Ende des Krieges herausstelllen. Noch nicht einmal das. Terror- Krieg ist nicht Krieg im herkömmlichen Sinne. Ob er je zu Ende gehen wird, ist fraglich, es sei denn, es treten Vorkommnisse ein, die alle Menschen weltweit unmissverständlich verstehen und sich in ihrem Verhalten auch danach richten.
     
  • Wenn Minister Rumsfeld er jetzt die Frage stellt, ob die Organisations-Struktur des Pentagon dem Anti-Terror-Krieg angemessen ist, dürfte wohl eine Selbst-Verurteilung vorliegen.
     
  • Als nächstes (S. 2) erkennt man, dass Rumsfeld sich “truly bold moves” wünscht. Wie man sich angesichts der äusserst komplexen und diffizilen terroristischen Bedrohung “wahrhaft ins Gewicht fallende Fortschritte” ausrechnen kann, bleibt unerfindlich. Im Alter von 70 Jahren sollte man eigentlich einen der Grund-Irrtümer moderner westlicher Zivilisation erkannt haben: Quick fixes - ex und hopp oder so, gibt es nur in Hollywood.
     
  • Auch der nächste Absatz verrät wenig Überblick. Rumsfeld fragt, ob die Zahl der in der Zukunft rekrutierten Terroristen die der Getöteten oder Gefangenen nicht übersteigt.

    Die gesamt-politische und religions-ideologische (fundamentalistische) Gemengelage in vielen Staaten mit überwiegend muslimischen Staatsbürgern ist dergestalt, dass eine übermässige Radikalisierung von nur einem Promille der 1,3 Mrd. Muslime ein Potential von 1,3 Mio. Personen erbringt. Rechnet man von denen wiederum nur ein Prozent, verbleibt ein ”harter Kern” von 13.000 potentiellen Terroristen. Wir erinnern uns, in einer Umfrage von Allensbach gelesen zu haben, dass 5 % der Deutschen Gewaltbereitschaft zur Durchsetzung politischer Ziele signalisiert hatten.
     
  • Danach fragt der amerikanische Verteidigungsminister nach einem “breit angelegten, integrierten Plan”, um die nächste Generation von Terroristen zu stoppen.
    Planung an sich ist nun wirklich nicht falsch. Allerdings hüten sich Realisten vor der Erwartung, dass selbst exzellente Planung die hinreichend perfekte Vorwegnahme der Zukunft ist.
     
  • So dann heisst es im Memo: “The cost-benefit ratio is against us!” “Unsere Kosten sind Milliarden gegen die Millionen der Terroristen”.
    Auch diese Denkweise ist grundsätzlich falsch: Wenn mit Milliarden US$ das Leben von Hunderten Millionen Menschen gesichert wird, dann kann man schon gar nicht dazu ein “Benefit-Ratio” aufrechnen, bei dem mit Millionen US$ 3.000 Menschen getötet werden (wir überlassen es Rechen-Künstlern, das ungleiche “ratio” zu ermitteln).
     
  • Auch der Spruch “the harder we work, the behinder we get” ist im Memo zu finden. Er wird sicherlich mit der “gefühlten” sicherheitspolitischen Aussentemperatur von Donald Rumsfeld zu tun haben. Das ist die Kehrseite der Medaille: Wenn man davon überzeugt ist, eine historische und auch irgendwie GOTT-gewollte Mission zu erfüllen, dann darf man auch nicht klagen. Denn in der Lehre gilt: Je grösser der Fortschritt, desto höher die Anforderung.

So sorry für diesen masslosen Ausflug in so fremde Gefilde. Aber wir spielen doch alle gern einmal “Mr. Secretary of World Defense”. Wir sind mit Dylan Thomas’ köstlichem “Nogood Boyo”:

{“I want to be good, but nobody ‘ll let me”}

 

Op-ed: Fischers Arafat

28. Oktober 2003

Beim Streifzug durch die öde Landschaft der Sicherheitspolitik sind wir heute bei auswaertigesamt.de gelandet. Dort wird ein Auszug des Interviews des Aussenministers Fischer mit der “Stuttgarter Zeitung” vom gestrigen Tage gelistet:
http://www.auswaertigesamt.de/www/de/ausgabe_archiv?archiv_id=5024

Zweimal betont der Minister, dass die Lage zwischen Israel und Palästina “hoch” und “wirklich” “Besorgnis erregend” ist. Auf die Frage hinsichtlich eines freiwilligen oder erzwungenen Ausscheidens von Jassir Arafat “aus dem Spiel” antwortet Joschka Fischer:

  • “Solange er die Rolle spielt, die er innerhalb des palästinensischen Volkes hat, ist weiterhin mit ihm zu rechnen. Es nützt nichts, ihn für irrelevant zu erklären, solange die Palästinenser ihn nicht für irrelevant halten.”

Auf den ersten Blick wird man die Antwort evtl. abnicken. Der “zweite Blick” ist allerdings betrüblich:

  • Seit Beginn der “Road-Map-Kampagne” in Akaba (mit der Teilnahme des damaligen Palästinenser-Führers Mahmud Abbas) wird man unter “Eingeweihten” davon ausgegangen sein, dass mit der “Strassen-Karte” der Frieden mit Arafat als Pfadfinder auf gar keinen Fall zu erreichen ist (erklärte U.S.-Politik war dies allemal);
     
  • Offenkundig ist, dass nicht nur Mahmud Abbas das Handtuch geworfen hat, sondern auch dessen Nachfolger Ahmed Kurei nicht bereit ist, der Politik Arafats zu folgen. Jenseits aller Schuldzuweisungen an Israel darf man in einem sicher sein: Ohne ein Ende des von Hisbollah oder Hamas gestarteten Selbstmord-Terrors ist ein Start auf jeglicher Friedens-Strasse ganz und gar ausgeschlossen.

Wenn der deutsche Aussenminister auf die Frage zielgerichtet geantwortet hätte, wäre dabei vielleicht eine schöne “diplomatische Lösung” herausgekommen. z.B.:
“Ich wünsche und hoffe, dass Yassir Arafat die Handlungs-Optionen für sich findet, die dem palästinensischen Volk zum Frieden verhelfen.”

Wir gestehen ein, dass wir insgeheim die Staatskunst des “grünen Machiavellis” bewundern. Undokumentiert sind die Fernsehbilder, auf denen wir Joschka Fischer in den letzten Monaten bei Staatsakten bezüglich unserer Jüdischen Gemeinde in der ersten Reihe bewundern konnten; er hat doch auch kürzlich (“irgendeinen dicken”) jüdischen Preis verliehen bekommen - oder?

So sorry - abseits von allen Bösartig- und Nettigkeiten - Gemeinheiten so oder so: Uneingeschränkt lieben wir Prof. Harald Lesch, das ausser-irdische Kommunikations-Genie des Bayern-TV zu Makro-Universums-Fragen, der uns heute verklickert hat:

{“Das Universum ist so kalt, weil WIR da sind”}

 

Bw-Reform: Werner-Strategie

27. Oktober 2003

Vor sieben Tagen hatten sich die 2 und 3-Sterner der Bundeswehr in Köln/Wahn versammelt, um von General-Inspekteur Wolfgang Schneiderhan Neues zu hören. Dank allerbester Hilfe können wir das Tableau der Eckdaten für den von Minister Struck so titulierten “Neuen Kurs” (Bw-Reform II) präsentieren:

  • Nach der bis Ende diesen Jahres zu entwerfenden neuen “Konzeption der Bundeswehr” (KdB) werden sich die ab 2007 versammelten Streitkräfte auf 250.000 Soldaten (ohne Wehr-Übungsplätze) summieren (bisher 287.000). Sie unterteilen sich (jetzt operativ konzipiert) in:

    - 40.000 “Einsatzkräfte” (high tech) aus Heer, Luftwaffe und Marine;
    - ca. 75.000 “Stabilisierungskräfte” (für Missionen wie KFOR, ISAF);
    - “Unterstützungskräfte” (derzeit “Streitkräfte-Basis, SKB);
    - eine “Eingreif-Reserve” sowie
    - “Bereitstellungs-Kräfte” (derzeit Schulen und Ämter).
     
  • Der Spar-Effekt bei den Personalkosten wird mit 380 Mio.EUR beziffert. Derzeitiges IST: 189.000 Länger-Diener, 98.000 Wehrpflichtige - SOLL Neuer Kurs: 195.000 Berufs/Zeit-Soldaten, 55.000 Wehrpflichtige.
     
  • Signifikante Einsparungen werden durch Kasernen-Schliessungen erwartet. Lt. Heeres-Inspekteur General Gudera schleppt die Bundeswehr rund 600 Mio. EUR Infrastruktur-Kosten mit sich, die nur durch un-ökonomische Standort-Wünsche der Politik (MdBs, Länder, Kommunen) generiert werden. Diesen heikelsten Punkt der politischen Debatte will Minister Struck erst im November 2004 entscheiden, wenn die 14 Wahlen des nächsten Jahres abgeschlossen sind. Die Grössen-Ordnungen: Nach Scharping gibt es 531 Bw-Standorte - ab 2007 wird es wohl nur noch rund 400 geben.

    Allerdings gibt es diesmal für die Kommunen Anhaltspunkte, die aus unserer Küche stammen. Ihr Bundeswehr-Standort ist nur sicher, wenn er die folgenden Parameter erfüllt:
    - Grösse: ab 800 Soldaten;
    - unabdingbar: entsprechende Truppenübungs-Plätze vor der Haustür;
    - einfacher Test: wenn die Reichswehr schon den Standort nutzte, sieht es gut aus.
     
  • Spannend wird, wie die Herrschenden das Thema “Material-Konzept” kommunizieren werden. Bis März 2004 hat Schneiderhan Zeit, seine derzeitigen Erkenntnisse für das “Datenwerk 2005” (Rüstungs-Liste) zu verarbeiten:

    - Nach dem derzeitigen Stand (vom Parlament beschlossene Vorhaben) besteht in der Rüstungs-Listung eine Über-Planung von 4,9 Mrd. EUR bis 2009;

    - Werden anstehende und (eigentlich unabweisbare) Vorhaben wie MEADS (raketen-gestützte Luft-Abwehr), MPA (Maritime Patrol Aircraft) und AGS (Airborne Ground-Surveillance) in die Listung eingestellt, beläuft sich die Überplanung bis 2009 auf knapp 7 Mrd. EUR!

Für sich auf der Zeitschiene akkumulierende Probleme gibt es ein probates Mittel, auch als “Werner-Strategie” bekannt (eng verwandt mit der rheinischen Strategie):

{Gar nich um kümmern - sowas ignoriert man noch nich moal}

 

F+T: 220.000 +

23. Oktober 2003

Es ist durchaus nicht so, dass man bei der Teilnahme an Presse-Gesprächen incl. Buffett mit Vertretern der wehrtechnischen Industrie (hier DIEHL) nichts lernen kann; man merkt, ob und welche neuen Schwerpunkte “kommuniziert” werden. U.E. hat man sich einen strategischen Punkt ausgesucht, der durch das Parlament signaltechnisch variiert werden könnte: die geplanten Ausgaben im Verteidigungshaushalt 2004 für “Wehrtechnische Forschung und Technologie” (F+T), derzeit in der parlamentarischen Beratung.

So man kein Geld für auslastende Beschaffungen hat und trotzdem deutsche Kernfähigkeiten erhalten will, müsste man folgerichtig wenigstens in die Forschung investieren:

  • Im dementsprechenden Haushalts-Titel (Epl. 14, 1420, 551 01-036) sind für die wehrtechnische F+T
    - 249,3 Mio. EUR im Jahr 2002 (IST),
    - 220 Mio. EUR im Jahr 2003 (SOLL) und
    - 220 Mio. EUR für 2004 (SOLL) verzeichnet.

Dazu sind die Aussagen der DIEHL-Referenten Thomas Diehl, Dornisch und Reindl zu addieren (sie werden alle aus der Analysten-Küche der Stiftung stammen):

  • Der Level von 220 Mio. EUR entspricht dem nominalen Niveau Mitte der 80iger Jahre; nach realen Preisen liegt die Verlust-Quote bei 75 % (oder so);
     
  • Kritisch solle man die Effizienz der “beamteten” Forschung gegenüber der Industrie-Forschung untersuchen;
     
  • Frankreich und England (mit den gleichen allgemeinen Haushaltsproblemen) würden die  deutschen Anstrengungen um das 3-4fache übertreffen (ohne die Aufwendungen für die Nuklear-Streitkräfte);
     
  • zu fordernde Grössenordnung für das 2004-Budget hinsichtlich F+T seien 350 Mio. EUR.

Wenn es also um ein Plus von beispielsweise 130 Mio. EUR für die wehrtechnische F+T geht, werden die Parlamentarier in Berlin sicher Wege finden können, ähnliches durchzusetzen. Der Bereich, in dem entsprechend gekürzt wird, findet das sicher gar nicht komisch.

{Das Schicksal trifft alles - um Wirkung zu erzielen}

 

Nation-Building: unverhofft

22. Oktober 2003

Zwei Quellen haben uns heute einmal wieder auf absonderliche Ideen gebracht:

  • Der Antrag der Bundesregierung für die Duchführung eines Bundeswehr-”Provincial Reconstruction Teams” (PRT) in der Provinz Kunduz (nahe Hindukusch), in dessen Text deutlich wird, dass Deutschland bis zu 2.250 Soldaten in Afghanistan einsetzt (bis zu 450 in der Region Kunduz) und dass sich die “einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Fortsetzung der deutschen Beteiligung am Einsatz ISAF .. für den Zeitraum von zwölf Monaten (auf) insgesamt rund 233,6 Mio. EUR” belaufen werden ( Wortlaut als .pdf );
     
  • Ein Artikel der “Washington Times” (21. 10. 03) von John Zarocostas, “Banker sees U.S. war cost at $300 billion”:
    http://www.washtimes.com/world/20031020-092342-6692r.htm

Blickt man auf die afghanische Landkarte, wird man die Provinz Kunduz als eine von sehr vielen erkennen. Täglich wird man Medien-Berichte finden, die Afghanistan “auf der Kippe” sehen. Ob Kosovo, Afghanistan oder Irak: Ewigkeiten für die Reconstruction (im umfassenden Sinne) werden erwartet - und unglaubliche Finanz-Beträge. Die “Bottom-up”-Fakten werden die “Top-down”-Strategen nicht unberührt lassen können:

  • Die Ressourcen-Häufung auf eigentlich winzige geopolitische “Hot-Spots” geht nicht nur zu Lasten der allgemeinen innenpolitischen Wiederwahl-Doktrin, sondern auch der “Homeland-Security”-Mittel und der Militär-Finanzen.
     
  • Ob der Irak (oder Kosovo, oder Afghanistan) nach x Jahren der demokratische “Strahlemann” auf sich selbst oder die Region sein werden, steht in den Sternen (taugt das Gegenbeispiel Europa nach dem 2. Weltkrieg?).

Die “Strategie”-Konsequenzen sind wenig erbaulich:

  • Sag Deinen “Gegnern”, dass Du nur “vorbeikommst”, um den Gewalt-Apparat auseinanderzunehmen. Danach möge er nun endlich seine eigene Verantwortung übernehmen. Dass man “Geber”-Konferenzen organisiert, ist selbstverständlich;
     
  • Als “Ordnungs-Macht” (incl. Mehrzahl) konzentriert man sich (fast) ausschliesslich auf die Vervollkommnung seiner militärischen Fähigkeiten, insbesondere “Intelligence, Surveillance, Reconnaissance” (ISR);
     
  • Es ist eine “day-to-day”-Strategie - nicht für die “Ewigkeit” (dafür sorgen Andere).

Irgendso wird sich die Strategie-Debatte entwickeln - “anständige” Ideen prämieren wir mit allgemeiner Zurschaustellung.

{Relativ unverhofft kommt jemand vorbei, Dir den Weg zu empfehlen}

 

UNDP: Arabische Entwicklung

21. Oktober 2003

Der erste Report war ein Meilenstein, der zweite wird ein weiterer:
Unter der Schirmherrschaft des “United Nations Development Program”, getragen vom “Arab Fund for Economic and Social Development”, ist der “Arab Human Development Report 2003” (217 Seiten, 2,1 MB) veröffentlicht worden:
http://www.undp.org/rbas/ahdr/ahdr2/english/Englishcomplete2003.pdf

Überfliegt man wenigstens die Zusammenfassung, erkennt man die zentrale Forderung nach “Knowledge”. Das der Report die richtigen Forderungen enthällt, ist gar keine Frage.

Zeitgleich ist uns von www.memri.de (eine Internet-Seite, die man mit Preisen überschütten sollte) der Text eines reform-orientierten arabischen Diplomaten in den E-Mail-Kasten gesendet worden, den man zu dem UNDP-Report lesen sollte. Der unter Pseudonym schreibende Autor (MEMRI Special Dispatch, 20. Okt. 2003: “Sind wir eine Nation, die zu Moral und Toleranz aufruft?”) meint abschliessend:

  • “Die tatsächliche Lage ist die, dass wir in einem Trancezustand leben, in dem sich unser Denken hauptsächlich auf das richtet, was nach dem Leben kommt, da wir das Leben (lediglich) als eine Übergangsform betrachten. Das Leben ist nicht im Geringsten gleichwertig mit dem, was nach dem Tode geschieht. Wenn dies (wirklich) der Fall ist, dann möge Gott der Welt und ihren Bewohnern beistehen.”

Diese Aussage legt nahe, ein paar Handbreit vor “weltlichen” Forderungen (wie z.B. der nach Wissen) das Umdenken zu fordern. Wir können dem nur zustimmen, obwohl die Aussichten nur düster sind:

  • Zunächst müssen sich Muslime nach ihrem Gottes-Bild fragen lassen. Ist ER ein GOTT der Liebe? Falls ja, beinhaltet das auch das Liebe-Gebot für alle Muslime gegenüber “Ungläubigen”. Mit anderen Worten: Hasst ALLAH die Ungläubigen, will ER ihren irdischen Tod, um sie im Jenseits noch heftiger zu vermanschen? Gibt es im Koran etwas wie die Demut vor der Schöpfung ALLAHS?
     
  • Die christliche Religion kennt, neben dem 1. Gebot der Liebe zu GOTT, das 2. Gebot zur Nächstenliebe, allerdings gegenüber jedem, der menschliches Antlitz trägt. Alles das ist nicht “Trancezustand”, Übergangsform, sondern konkrete Forderung im Diesseits. Bis zum Beweis des Gegenteils nehmen wir dies auch für die “Theorie” des Korans an.

Es darf als gesichert angenommen werden, dass dies die versammelten Knallköpfe aller “Religionen” erst dann begreifen, wenn der ALLMÄCHTIGE ihnen das irgendwan (hoffentlich bald) richtig “vor Augen” führt. Bis dahin wird man erwarten müssen:

{Ein munteres Gemetzel nach dem Drehbuch selbsternannter “Halbgötter”}

 

Palästina: schlafwandlerisch

16. Okt. 2003

Es ist schon komisch, dass das Auswärtige Amt es bis 03.00 MEZ des nachfolgenden Tages nicht geschafft hat, zu dem terroristischen Anschlag in Gaza, der dort um 10.15 Ortszeit geschah, den üblichen Text abzusondern. Natürlich kann es nicht sein, dass die Tötung von Amerikanern Presse-Mitteilungen hervorruft, die Tötung von Israelis hingegen nicht.

Immerhin haben die Deutschen im U.N.-Sicherheitsrat hinsichtlich der Abstimmung des Syrien-Antrags wegen des israelischen Sicherheits-Zaunes ihre Enthaltung zur Urne gegeben. Vielleicht war das nach dem einseitigen Kanzler-Statement während des Ägypten-Besuchs zum Disco-Anschlag und dem israelischen Gegenschlag notwendig (Polemik).

Politisch bedeutsam ist, dass

  • der ehemalige palästinensische Premier Abu Mazen das Handtuch geworfen hat, weil er sich gegen die Terror-Strategie von Arafat nicht durchsetzen konnte;
     
  • der amtierende Premier Achmed Kurei bereits signalisiert hat, dass er sich mit Arafat nicht mehr herumschlagen will;
     
  • Yassir Arafat eilig die BBC zum Interview gerufen hat, um zu versichern,
    - dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass Palästinenser in den Anschlag verwickelt sind und
    - er mit dementsprechender Körpersprache von “american friends and colleagues” sprach (diese Art von Abgefeimtheit ist nicht mehr zu überbieten).

Immerhin hat Aussenminister Fischer reklamiert, dass die Road Map seine Erfindung sei. Es ist an der Zeit, dass sich nicht nur die Amis zur Road Map äussern, sondern alle Beteiligten, also auch Herr Annan für die U.N., Herr Solana für die EU und Herr Ivanov für Russland. Es gibt genug Gründe, die Sharon’sche Politik zu kritisieren. Solange jedoch Terror-Organisationen wie die Hamas (von der EU inzwischen als solche anerkannt) die palästinensische Politik bestimmen, dürfte gar nichts gehen. Solange Arafat die Geschicke Palästinas bestimmt, bleibt es ein “failed state”. Man mag sich erinnern, dass es einmal ein Fähnlein von aufrechten 50 palästinensischen Intellektuellen gab, die aufwecken wollten.

{Wahnsinn ist durchaus schlafwandlerisch zu erreichen}

 

Israel: Lügen-Detektor

13. Oktober 2003

Wer sich die sechs-seitige Story der “Los Angeles Times”
http://www.latimes.com/news/nationworld/world/la-fg-iznukes12oct12.story
zu Gemüte führt, bekommt reichlich Daten und Facts zur Geschichte der israelischen Nuklear-Rüstung. Aber nicht nur: Es ist die never-ending story von verdeckten Strategien, die nur den einzigen Zweck haben, die Strategien der Beteiligten mühsam zu verschleiern:

  • Aufmacher ist, dass die Deutschen den Israelis 3 Super-U-Boote geschenkt haben, die die aufgebohrt haben zu einer seegestützten Nuklear-Fähigkeit;
     
  • In den Jahrzehnten haben die Franzosen vorher den Israelis zwecks Nuklearwaffen und Trägermitteln ganz mächtig auf die Beine Geholfen;
     
  • Die Amis haben wohlwissend (kritisch) zugeschaut und auch mit diversen Flugzeugtypen für die luftgestützte Nuklearmacht der Israelis nachgeholfen - und was sonst noch.

Andererseits ist typisch, dass der LA-Artikel immer wieder einstreut, dass die israelische Nuklear-Rüstung nur zur Folge haben wird, dass Iraner und sonst wer (neuerlich die Saudis) damit nur die Steilvorlage für ihre eigenen Nuklear-Ambitionen erhalten. Dieses Bild verfälscht die Wirklichkeit: Die Beteiligten befinden sich in einem rasenden Tötungsverlangen, dass sich (letztlich oder vorgeblich) auf religiöse Grundlagen beruft, die in ihrer Absurdität durch nichts mehr zu überbieten sind.

Als gesichert kann angenommen werden, dass die entsprechenden arabischen Polit-Intellektuellen diese Zusammenhänge genau kennen und sich von westlichen Friedens-Schalmeien nichts vormachen lassen. Einzig bei den Franzosen könnte man einen Paradigmen-Wechsel zugunsten der Araber ausloten.

Eigentlicher Held der LA-Times-Geschichte ist der Israeli Mordechai Vanunu, der als Insider ein komplettes Bild der israelischen Nuklear-Bomben-Szenarie veröffentlicht hat. Sein Schicksal: Er wurde von einem weiblichen Agenten des israelischen Geheimdienstes nach Rom gelockt und dort vom Mossad gekidnappt und für 18 Jahre ins Gefängnis gesteckt (nächstes Jahr soll er entlassen werden).

Man kann sein Verständnis für die Sicherheitsbelange eines Staates ja sehr weit treiben; allerdings hat alles seine Grenzen. Sie wir dort überschritten, wo regierungsamtliche “Verschörungstheorien” ganz offensichtlich jegliche “Glaubwürdigkeit” verlieren: Wer wollte bestreiten, dass Israel Nuklearwaffen besitzt und, dass alle massgeblichen westlichen Staaten zumindestens insgeheim auf Seiten Israels stehen?

{Die dicksten Lügen kann man allemal erkennen}
(P.S.: Das Problem dabei ist, dass die Lügner das Publikum für so dumm halten}

 

Dynamic Response ‘07: Zeit

10. Oktober 2003

Das den NATO-Verteidigungsministern, NATO-Botschaftern und Militär-Chefs während des informellen Treffens in Colorado Springs über 5,5 Stunden vorgespielte Szenar “Dynamic Response ‘07” muss Verteidigungsminister Struck so beeindruckt haben, dass er die Heimatfront mit der Fordrung schockte (so ist es jedenfalls angekommen), dass nur noch ein Ausschuss des Bundestages über zeitdringliche Militär-Einsätze entscheiden solle.

Lt. NATO-Generalsekretär Lord Robertson ging es im Szenar um eine “nicht wahrscheinliche Eventualität”, aber “nicht unmögliche”: In einem “fiktiven Partner”-Staat wird eine NATO-Stabilisierungs-Operation durchgeführt, und parallel (aber damit verbunden) entsteht eine terroristische Bedrohung incl. chemischen und biologischen Waffen (auf SPIEGEL-Online geht es drastischer zur Sache?!).

Gedanklich gehört zu diesem Szenar natürlich die projektierte NATO Response Force (NRF), die im Okt. 2006 mit 21.000 Soldaten aller Waffengattungen (H, Lw, Navy) voll einsatzbereit sein soll: Nach NATO-Entscheidung innerhalb von 5 (in Worten: fünf !!!) Tagen “with a  g l o b a l  reach”!! abgesetzt (deployed), mit einer “Widerstandsfähigkeit” (sustainability) von 30 Tagen (!!).

Es ist wie im Kino: Während der Action-Streifen abflimmert, ist man ausserstande, den Fehler im Drehbuch zu finden. Man braucht dazu Zeit; sie ist notwendig, um die notwendige Klarheit zu finden:

  • Wenn es um die Verfolgung terroristischer ABC-Kapazitäten geht, die als zeitkritisch einzustufen sind, werden dazu höchstens die entsprechenden U.S.-Behörden in der Lage sein. Die dort stattfindende Geheimhaltung ist so aberwitzig, dass jede “multilaterale” Lösung ausscheidet. Dass sich die U.S.Regierung genau für diesen Fall die prä-emptive Option vorbehält, ist nur logisch. Auf deutsch ist “Gefahr im Verzuge”, die Diskussion über den finalen Todesschuss lässt grüssen.
     
  • Ansonsten hat jedes Szenar aber ein relativ grosses Zeitfenster, dass für eine adäquate Lagebeurteilung und die eigene operative Planung geradezu notwendig ist; ggfs. muss sie “herausgeschlagen” werden (vom konzeptionell anders gearteten Ansatz der “politischen Lösung” wird hier ganz abgesehen).
     
  • Die entscheidende Schwäche der deutschen “Parlaments-Streitkräfte” ist nicht darin zu sehen, dass das Parlament für eine Entscheidung zu viel Zeit benötigen könnte. Das Problem ist, dass die vielfältigen Formen der für den potentiellen Beginn militärischer Kampfhandlungen notwendigen Vorbereitungen bereits unter Zustimmungs-Vorbehalt stehen. Beleuchtendes, vielleicht hinkendes Beispiel ist die Tatsache, dass die Koalitionskräfte vor Beginn der Kampfhandlungen im Irakkrieg 2003 drei Monate aufmarschierten, noch länger planten und vor allem Geld ausgaben, letzteres heiliges Recht der Haushälter des Parlaments, die mit den diesbezüglich längsten Vorlaufzeiten handeln (vor allem dann, wenn sie keines haben).

Vielleicht läuft aber auch bei der militär-strategischen Diskussion einiges aus dem Ruder. Keine Frage, dass das Clausewitz’sche “Momentum” der Drehpunkt bleibt. Dass die “strikes” bold, decisive und whathaveyou sein sollen, ist ja unbestritten. Ob man aber Baghdad in drei oder vier Wochen erreicht, ist höchstens für die Chef-Hektiker der News-Branche interessant.

{Es wird Zeit, dieselbe einzuteilen}

 

Irak-Krieg: Op-Lessons

8. Oktober 2003

So sorry, wenn wir heute mit einer Geschichte kommen, die die Zivilmacht Deutschland überhaupt nicht interessieren kann: Die Lessons-learned der Irak-Kriegs-Koalition, dargestellt vom Army-Brigade-General Robert W. Cone, U.S. Joint Forces Command:
http://www.defenselink.mil/transcripts/2003/tr20031002-0727.html (nach unten durch-scrollen, um die Print-Version zu erreichen).

Es geht gar nicht um den strategischen Level der Kriegführung, sondern um den operativen. Von den vielen Cone-Punkten, für die uns der Grips fehlt, nehmen wir natürlich nur die, die uns in den journalistischen Kram passen:

  • Wichtig ist, dass man existierende Command- and Control-Facilities in der Region hat.
    Aber: Wann hat man das schon?
     
  • Statt wie 1991 mit 6 Monaten hat man diesmal nur 3 Monate für den Aufmarsch gebraucht - mit einem Affen-Aufwand an Lift-Kapazität und vorab stationierten Lagern. Aber: Man konnte sich prä-positionieren! Was, wenn nicht?
     
  • Man hatte zwar 4,2 GigaBytes für Informations-Flüsse, aber es war immer noch nicht genug, die entscheidenden Informationen zu bekommen.
     
  • Die drei “Big Winner” heissen:
    - “Joint Integration and adaptive Planning”,
    - “Joint Force Synergy” und
    - “Integration of Special Operations”, die z.B. “some critical intelligence in terms of dealing with the Saddam Fedayeen” erreichten;
    Merke: smoke - joint - jointness.
     
  • Für die Stadt-Kriegführung hat man erkannt, dass dies nicht eine taktische, sondern operative Grössen-Ordnung ist;
     
  • Auch die Psychologische Kriegführung hat mächtigen Aufwind bekommen;
     
  • Natürlich hat man auf dem Gebiet der operativen Aufklärung (Intelligence, Surveillance and reconnaissance = ISR) erhebliche Fortschritte gemacht, aber:
    “we’ve got a long way to go to tie this network together ...”
     
  • Eingestanden wird, dass man bei der “Friendly-Fire”-Problematik in den letzten 10 Jahren keine Fortschritte erzielt hat;
     
  • Auch in Fragen der Stationierungs-Planung und -Durchführung (incl. Reserve) gibt es “ a lot of friction and frustration in the theater”;
     
  • Die Themen “joint fires”, “time-sensitive targets”, “overmatching strike”, “training”, “theater logistics” oder “emerging battle space” lassen wir lieber aus.

Kein Lesestoff wie dieser eignet sich besser dafür, um zu beweisen, dass es in diesem Leben Sphären gibt, in denen sich Menschen bewegen, deren Zahl zwar ungeheuer gering ist, die aber erhebliche Wirkung haben. Weil dieses “Gesetz” aber auch für alle anderen zivilen Bereiche gilt, muss notwendigerweise der Neid der Unbeteiligten überproportional steigen. Deshalb muss andererseits der auf Herrschaft und Anerkennung angelegte Durchschnitts-Willy sein Heil in der asymetrischen Kriegführung suchen.

{Hoch lebe die mega-egomane All-Kriegführung}

 

VM P. Struck: Effekte 2007

6. Oktober 2003

Die allgemeine (und notwendige) Reform-Huberei in Deutschland hat mit Macht das Verteidigungsministerium erreicht. Beleg ist die 6,5-seitige “Weisung für die Weiterentwicklung der Bundeswehr”, die Verteidigungsminister Struck am 1. Oktober 2003 unterschrieben hat. Ganz beachtlich und neu ist, dass der Minister mit seinen Mannen die Informations-Politik entdeckt haben. Wer auf bundeswehr.de geht, wird erschlagen. Er/Sie/Es findet:

  • einen Text: “Ein neuer Kurs liegt an”;
     
  • die “Punktation” des Ministers von der Presse-Konferenz am 2. Okt.;
     
  • einen halbseitigen Brief von Peter Struck an “Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger”;
     
  • einen einseitigen “Tagesbefehl” vom 1.10.03 an Truppe und zivile Bedienstete;
     
  • ein Papier zur “Stationierung”;
     
  • und ein Papier über “Derzeitige Reformplanungen für die Streitkräfte”
     
  • sowie sonstige Verweise, die wir alle gar nicht ausgedruckt haben.

Für Konspirations-Theoretiker ist damit der Tatbestand der Strategie der Informationsdominanz durch Saturierung gegeben.

So verbleibt uns nur die Wiedergabe interessanter Passagen aus dem Original-Text der Struck’schen Weisung, die sauber in “Lage” (2 S.), “Handlungsbedarf” (1,5 S.), “Zeitplan” (0,5 S.) und 2,5 Seiten “Weisung” (an GI Schneiderhan, Sts. Dr. Eickenboom, Sts. Biederbick, Ltr. Planungsstab und Ltr. Presse- und Infostab) untergliedert (Hervorhebungen entsprechend dem Original):

  • “Lage”:

    - “Die NATO hat mit der Ministerial Guidance im Juni 2003 zwar die quantitativen Forderungen an die Bündnispartner verringert, gleichzeitig aber die qualitativen Ansprüche erhöht.”
     
  • - “Das hierfür (Auslandseinsätze, d. Verf.) Fähigkeitsprofil der Bundeswehr kann mit dem derzeitigen Stand der Struktur, des Materials und der Ausrüstung - vor allem im Hinblick auf Interoperabilität und technischen Fortschritt der Partner - nicht erreicht werden.”
     
  • - “Für zukunftsorientierte Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben bestehen keine Spielräume mehr.
    Erhebliche Einschränkungen im Betrieb müssen bereits jetzt in Kauf genommen werden und weitere sind bei unveränderten Rahmenbedingungen unumgänglich.”
     
  • “Zeitplan”

    - “Die Implementierung und Umsetzung der Entscheidungen wird in sinnvollen Schritten erfolgen. Die wesentlichen Effekte sind ab 2007/2008 zu erwarten.”

Damit haben wir noch etwas Zeit, das Thema ausreichend zu begackern.

{Schon heute muss man entscheiden, was uns morgen trifft}

 

Studienflut: abladen

6. Oktober 2003

Wir sind nicht selbst darauf gekommen, haben sie überflogen, und richtig aktuell ist alles natürlich auch nicht, aber: Vielleicht ist es dem einen oder anderen lieben Zeitgenossen doch entgangen, dass sich wieder eine sicherheitspolitische Studienflut ereignet hat. U.E. darf auf dem Datenfriedhof eines echten Freaks nicht fehlen:

Gerade dem letzten Bericht geht sogar im Heimatland der Ruf voraus, dass er von den Kommentatoren führender Print-Blätter, ganz zu schweigen von den TV-Plauderern,  augenscheinlich nicht gelesen worden ist. Wenn wir schon in unserer Faulheit und Tonne nicht zum Lesen kommen, wie sollen denn die wirklich Beschäftigten in den Repräsentations-Stuben Tausende Buchstaben fressen?

{Die Einzelheiten der Geschichte kann man sausen lassen}

 

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