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NEWS IV 2002

 

Generalstab: üblich

20. Dezember 2002

Ab 1. April 2003 wird ein weiterer der vielen Irrwege der Scharpingschen Bw- Reform zu Grabe getragen: die organisatorische Einbettung der “Streitkräftebasis” (SKB). Sie ist bis dahin noch eigenständiger Organisationsbereich mit der Aufgabe der Unterstützung der im Friedens- und Kriegs-Einsatz befindlichen Truppe. Die von Ex-General-Inspekteur Kujat so konzipierte Lösung hat aber erhebliche sog. Schnittstellen-Probleme erzeugt, so dass das neue Organigramm wie folgt ausfallen wird:

  • Der General-Inspekteur führt verantwortlich die Truppe im Einsatz. Faktisch ist damit nicht mehr der amtierende Minister, sondern der General-Inspekteur der “Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt”. Folglich ist der amtierende Minister in der Vorteils-Position, bei “Fehl-Entwicklungen” seinen obersten Militär verantwortlich und damit zum “Bauern-Opfer” zu machen.
     
  • Statt einem wird es zwei stellvertretende General-Inspekteure geben;
     
  • Die zwei Stabsabteilungen der SKB werden den fünf Stabsabteilungen des Führungsstabes der Streitkräfte angehängt. Demnach wird der General-Inspekteur über sieben Stabs-Abteilungen die Bundeswehr führen;
     
  • Der “Chef des Führungsstabes” (sozusagen Chef vom Dienst) wird zusätzlich einen Stellvertreter bekommen.

Damit wird die Bundeswehr eine Führungsstruktur einnehmen, die in aller Welt so üblich und “funktionabel” ist. Allerdings ist es auch eine Organisations-Gliederung, die die Wehrmacht hatte. Mit der Änderung nimmt die Berliner Republik stillen Abschied von der These, dass die Art der Organisation auch ein Mittel für die Verhinderung einer Tyrannei ist.

{Weder “Gut” noch “Böse” kommt ohne Organisation aus}

 

AM Fischer: sportiv

19. Dezember 2002

Natürlich haben wir das Interview von Aussenminister Fischer mit Sandra Mischberger auf “n-tv” am 17. 12. gesehen und waren an einer bestimmten Stelle elektrisiert. Danach begann die Suche nach der Mitschrift: Presse-Spiegel auf cvd.bundesregierung.de - Fehlanzeige; bei n-tv - Fehlanzeige. Und - oh Wunder, auf auswaertiges-amt.de sind genau die Passagen im Wortlaut zu finden, die notizwürdig sind:

  • S. Maischberger: “(...) Deckt diese Resolution schon mögliche militärische Schritte ab oder nicht?”

    AM Fischer: “Diese Resolution lässt die Frage, sollte der Fall von "serious consequences" eintreten, bedarf es dann einer zweiten Resolution – wie es ursprünglich Frankreich, Russland und China gefordert haben – nicht offen. Das ist nicht drin, es bedarf keiner zweiten Resolution nach dem Text der Resolution, sondern es bedarf des unverzüglichen Zusammentritts des Sicherheitsrates und der Erörterung (...). Alles andere müssen wir konkret abwarten, und wir werden dann in der Situation sein, dass wir im Sicherheitsrat sind und werden dann unsere Meinung bilden müssen ...”

Es mag sein, dass wir von alledem nichts verstehen, auf dem falschen Bein Hurra schreien oder was sonst, aber:

  • Festzuhalten ist, dass der deutsche Aussenminister in der Frage der Interpretation der U.N.-Sicherheits-Rats-Resolution 1441, Ziff. 13 (“serious consequences”), eine ganz eindeutige, amtliche und weltgeltend authoritative Position bezogen hat (“das ist nicht drin”);
     
  • Sollten in der Zukunft französische, russische oder chinesische Politiker (oder Frau Roth, Frau Beer oder Herr Bütigkofer oder Herr Müntefering) die “2-Resolutionen-Theorie” weiter vertreten, irren sie schlicht. Sorry, dies gilt auch für Völkerrechtler, Literaten und sonstige Künstler jedweder Herkunft.

Geniessenswert ist auch die “Spagat”-Passage des beliebtesten deutschen Politikers:

  • “Insofern also haben wir aus Gründen, die wir oftmals dargestellt haben, eine tiefe Skepsis, eine ablehnende Haltung. Die USA sind zugleich unser wichtigster Bündnispartner, und daraus ergibt sich natürlich eine Spagathaltung. Aus dieser Spagathaltung zu schliessen ..., dass wir deswegen unsere Position ändern würden, das kann ich Ihnen sagen, ist schlicht falsch. Das wird mit dem Bundeskanzler und mit mir nicht gehen ...”

Aus diesem Bild ergibt sich jede Abgrenzung zu “einfachem” Denken über Sicherheitspolitik in Deutschland und die unfreiwillige Komik einer gewollten, andauernden Befindlichkeit eines Ministers samt Regierung und Fraktionen.

{Spagat ist sportive Regierungs-Kunst - auch wenn es weh tut}

 

US/EU: Agrar-Kultur

17. Dezember 2002

Das Haupt des hässlichen Hegemons zeigt sich wieder in unnachahmlicher Grösse:

Mit-Täter Mills kritisiert, dass die Europäer mit ihrer agrar-kulturellen Position für den WTO-Gipfel in Doha nicht auf den amerikanischen Vorschlag eingehen, die weltweiten Agrar-Subventionen von derzeit jährlich 100 Mrd. $ abzuschmelzen und die weltweit durchschnittlich erlaubten Steuern auf Agrar-Produkte von 62 % auf 15 % zu senken.

Nein, ihr “lieben” Amis, wir fallen auf eure Globalisierungs-Tricks schon seit 1990 nicht herein:

  • In ihrem Interview mit der ZEIT (Nr. 49, 30. 12. 1990) hatte die damalige US-Zuständige Carla Hills schon gefordert, die 100 Mrd. $-Agrar-Subventionen der Industrie-Staaten abzuschmelzen, und die EU-Agrar-Subventionen auf 12 Mrd. $ beziffert.
     
  • Wir kennen auch (ganz ungefähr) den Chiraq/Schröder-Kompromiss für Agrar-Subventionen: bis 2006 keine Änderung - danach Fortschreibung incl. Inflations-Rate bis 2015.

Die strategischen US-Pläne sind sehr einfach zu durchschauen:

  • Mit ihren die US-Farmer in den Ruin treibenden Politiken wollen sie auch die Agrar-Macht Europa delaborieren, um mit Gen-manipuliertem Getreide die hungernde Welt-Bevölkerung in den Tod zu siechen.
     
  • Besonders der französische Staatspräsident soll durch Bauern-Aufstände aus dem Amt demonstriert werden, um einen wohlfeilen Nachfolger im U.N.-Sicherheitsrat zu satteln; dies gilt natürlich gleichermassen für mehrere “unliebsame” europäische Regierungs-Chefs.
     
  • Am Ende wir Europa den Hegemonen die Gen-Burger aus der Hand fressen und auch krepieren.

{ATTAC: ATTACK}

 

Irak: falling star; und Nachtrag

16./17.Dezember 2002

US-Aussenminister Colin Powell hat am 13. Dez. 02 zwei neue Reports über die Bedrohung durch die irakische Regierung und deren Menschenrechts-Verletzungen angekündigt, die am 17. 12. einfach abzuladen sind, z.B.
http://www.state.gov/documents/organization/16059.pdf

und
http://usinfo.state.gov/products/pubs/iraq/iraq.pdf (dauert etwas: 4,nochwas MB!)

Nur die wenigen ganz wilden Experten werden die Broschüren intensiver studieren. Man braucht wenig Ahnung, um den “propagandistischen” Miss-Erfolg dieser Veröffentlichungen zu prognostizieren.

Die Berater, die den Start empfohlen haben, sollten mindestens einen Stern verlieren.

{Catch a falling star}

Nachtrag 17. 12. 02

Wer wird denn das Angebot annehmen, die rund 350.000 Dokumente über das Wüten des irakischen Tyrannen durchzusehen, die
http://www.fas.harvard.edu/~irdp/noticekds.html
anbietet, so man die Auflagen akzeptiert? Ganz übel und makaber kommentiert: Der eine Fall von Kannibalismus in Deutschland ist dagegen wohl ...

Nur kurz haben wir aufgeschnappt, dass Günter Grass on tour im und für Yemen sei. Ob er helfen will, die Scuds zusammen zu schrauben?

 

US-WMD-Strategy: like-minded

12. Dezember 2002

Wäre man fleissig und würde in einer Blitz-Recherche die Reaktion der deutschen Medien auf die “National Strategy To Combat Weapons of Mass Destruction”
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/12/WMDStrategy.pdf
der US-Administration aufzeichnen, wäre eine Doktor-Arbeit geleistet mit vorhersehbarem Ergebnis.

Ob man allerdings Medien findet, die die Aufregung verursachenden Passagen genau darstellen, sei dahingestellt:

  • Es ist wirklich nicht eine Erfindung der derzeitigen Bush-Administration, zu reklamieren (S. 3):
    “The United States wil continue to make clear that it reserves the right to respond with overwhelming force - including through resort to all of our options - to the use of WMD against the United States, our forces abroad, and friends and allies”.
     
  • Noch weniger wird der genaue Wortlaut zum Lieblingsthema “preemptive” interessieren (S. 3):
    “... including in appropriate cases through preemptive measures ...”

Gern wüssten wir, inwieweit es eine ministerielle Erregung im Auswärtigen Amt geben könnte, denn die im US-Papier angesprochenen Fragen gehen Deutschland über allgemeine Dampf-Plauderei hinaus etwas an (S. 6):

  • Im Absatz “Nonproliferation Sanctions” des US-Papiers heisst es (S. 5):
    “We will develop a comprehensive sanctions policy ...” Wenn man schon gern deutsche “Zivilmacht” ist (was gut ist), dann sollte man hier in der ersten Reihe marschieren.
     
  • Dies umso mehr, wenn man unter der Überschrift “Strengthened International Cooperation” das uns immer elektrisierende Stichwort “secondary proliferation” liest (“which challenges us to think in new ways about specific country strategies”).
     
  • Altbekannt - und im Papier wieder dokumentiert - ist, dass unsere freundlichen Hegemonen immer “our friends and allies” ansprechen. Uns ist allerdings erstmals eine spezifischere Formel aufgefallen:
    “... it is vital that we work closely with like-minded countries on all elements of our comprehensive proliferation strategy.”

Ob sich die aussenpolitische Führungs-Riege der rot-grünen Bundesregierung bei den “like-minded countries” einer aktiven Anti-Proliferations-Front einreihen will, werden wir sicherlich nie erfahren. Zu geheim ist dieses Geschäft, zuviel Geld kann man z.B. mit grossen “secondary suppliern” wie Indien (siehe BND-Bericht, Okt. 99) verdienen. Oder den Käufern wie z.B. Iran, denen Ex-NRW-Ministerpräsident Clement so gerne 12 Kraftwerke verkaufen möchte. Ausserdem müsste man eigentlich fragen, was die so hochgelobte EU-Botschaft in Pyöngyang eigentlich den Nord-Koreanern ins Ohr flüstert.

Es hat schon seine Richtigkeit, dass wir von all dem nichts wissen. Es muss den deutschen Untertanen reichen, die e-mails “Neue Mitteilungen des Auswärtigen Amtes” zu lesen.

{Eines unserer Lieblings-Wörter: Dampf-Plauderei}

 

UK: TBM fürs Volk

12. Dezember 2002

Unsere britischen Freunde haben wieder ein Ding abgeliefert, welches in Europa seines gleichen sucht. Um gänzlich abzudrehen, muss man nur den Versuch machen, die eigene Phantasie zu testen: Glauben Sie, dass das deutsche Verteidigungsministerium eine rund 30-seitige Broschüre herausgeben würde, die die Frage einer Raketen-Abwehr thematisiert?

Besser kann man die sicherheitspolitischen “Kultur”-Unterschiede nicht beschreiben. Runterladen muss man “Missile Defence - a public discussion paper” auf jeden Fall:
http://www.mod.uk/linked_files/issues/missiledefence/missiledef.pdf

{Irgendwie muss Insel-Klima erfrischender sein}

 

Millenium Challenge Account (MAC): Performance

12. Dezember 2002

Die US-Administration hat für ihre entwicklungspolitische Initiative “Millenium Challenge” eine konkrete Account-Liste vorgelegt, die von jedem Staat, der Entwicklungs-Dollars erhalten will, die Erfüllung von 16 “Performance Indicators” verlangt. Eigentlich ist die konzeptionelle Idee dahinter nicht kritisch. Es wäre nur hilfreich, wenn sie zum Mass-Stab für die westliche Welt insgesamt verbindlich wäre, vor allem für Europa.

Aber was ist der dementsprechende Standard in der EU und in der Entwicklungs-Zusammenarbeit der National-Staaten Europas? Wir erinnern uns, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vor ungefähr 10 Jahre ähnliche Ansätze hatte. Leider haben wir keinerlei Sachkenntnis über die Entwicklung und den heutigen Sachstand. Für Experten des “erweiterten Sicherheitsbegriffs” möchten wir nur schlicht empfehlen, den Text abzuladen, zu “überfliegen” und im Archiv für gute Dok’s fallenzulassen:
http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f=02121 101.clt&t=/products/washfile/newsitem.shtml

Wir wünschten uns, die Experten der Entwicklungspolitik kennenzulernen, die diese Fragen sachkundig beantworten können.

{Leider beschränken wir ZEIT immer nur auf die direkt absehbare}

 

Welt-Bevölkerung: 2 $/Tag - 3 Milliarden

10. Dezember 2002

Es gibt wieder einen Welt-Report zum Thema Welt-Bevölkerung/Armut:
http://www.unfpa.org/swp/2002/pdf/english/swp2002eng.pdf 

Nachdem wir gelesen haben, dass von den rund 6 Milliarden Menschen auf dieser Erde die Hälfte davon täglich 2 US$ oder weniger  zum “Überleben” haben, meinen wir, dass sich das weitere Studium dieses Reports aus den folgenden Gründen erübrigt:

  1. Für alle GUT-Menschen reicht diese Information, um auf allen Foren als vortreffliches Argument gegen jeglichen Rüstungs-Wahn, Kriege und dergleichen herhalten zu können und gleichzeitig gen-manipuliertes Getreide zu verdammen;
     
  2. Für die sog. REALOS muss das zerknirschte Falten-Gesicht her, welches flehend das grandiose Willy-Brand-Pathos vom (kräftigen) “Sowohl als auch” abkupfert;
     
  3. Die alerten Polit-Marketinger werden dem satten Volk verkünden, dass 2015 oder so das Elend halbiert sein wird (was sehr beruhigt, aber höchstwahrscheinlich falsch ist);
     
  4. Der Rest dieser Welt versteht es nicht, kann nicht verstehen, weil er nicht will.

{Sun Tsu sagt: “Nur Herren (geschlechter-unspezifisch) verstehen die Welt”

 

Schützen-Panzer 3: PUMA?

10. Dezember 2002

Unsere Freunde vom Heer können sich (verständlicher weise) immer noch nicht damit abfinden, dass der neue Schützen-Panzer 3 den von Minister Struck in den Ring geworfenen Namen “Igel” tragen soll. Bei bisherigen Präsentationen soll es regelmässig Lach-Ovationen gegeben haben, weil keiner einsehen konnte, dass dieser EAGLE fliegen kann.

Deshalb soll es intensive Verhandlungen zwischen Heeres-Oberen und der RHEINMETALL-DETEC geben, ihr den patent-geschützten Namen PUMA abzukaufen. Es scheint bezüglich der Deutung allerdings Missverständnisse zu geben:

  • Die Rheinmetaller hatten den Namen PUMA patentieren lassen als Abkürzung für eines ihrer Leopard-Panzer-Nachfolge-Systeme: P anzer Unter Minimalem Aufwand.
     
  • Die Heeres-Lenker wollen glauben machen, dass der Name PUMA weltkriegs-unverfänglich ist. Allerdings haben sie augenscheinlich übersehen, dass es einen Weltkrieg-II-PUMA gab: Irgendein gepanzertes Fahrzeug mit einer 8.8 cm Panzer-Abwehr-Kanone.

Wir suchen noch nach dem Experten, der alle wilden Tier-Arten und alle Waffen-System-Namen der Wehrmacht kennt, um allen Beteiligten einen Ausweg zu weisen. Allerdings wäre der Weg der Marine zu erwägen, Schiffe nach Städten zu benennen. Danach böte sich für den Spz 3 der Name UELZEN an; STRUCK wäre zu martialisch.

{Namen sind nur Knall und Rauch}

 

Bundeswehr-Finanzierung: Cross Border?

10. Dezember 2002

In Experten-Kreisen ist man auf eine revolutionäre Idee gekommen, um die Bundeswehr mit gänzlich ausreichenden Finanz-Mitteln zu versorgen. Ausserdem hat die Methode den Charme, politisch korrekt zu sein. Nach dem schon von NRW-Kommunen praktizierten Verfahren des “Cross-Border-Leasing” ergäbe sich für die Bundeswehr:

  • Der Bund verkauft einer amerikanischen Firma das gesamte Anlage-Vermögen der Streitkräfte und kauft per Leasing die Leistungen zurück.
     
  • Die US-Firma schreibt das Bw-Vermögen mit jährlich 2 % von seiner US-Steuerschuld ab (AfA = Abschreibung für Anlagen) und teilt sich den Reibach mit dem Leaser (nicht Looser).
     
  • Abgewickelt wird der Deal über die GEBB und die noch zu findende US-Firma auf den Cayman-Isles.

Wie bereits gesehen: Der Charme der Geschichte liegt darin, dass die Amis unseren Verteidigungs-Haushalt finanzieren!

{korrekt!}

 

Transport-Füchse: 1.000

9. Dezember 2002

Seit ein paar Tagen wissen wir, mit welchem Argument Verteidigungsminister Struck die peinliche Debatte um die Lieferung von Transport-Panzern vom Typ “Fuchs” an die Israelis beendet hat: Eigenbedarf. Wie die Geschichte nun immer weiter verläuft - die Israelis wollen nicht mehr oder doch: Ist die Eigenbedarf-These der Versuch, die Öffentlichkeit zu verschaukeln? Dafür sprechen die folgenden Punkte des Verlaufs:

  • Im Juli 2000 wurde die Scharping-Reform der Bw beschlossen. Eine der Folgen war, dass jede Menge Waffen zum Verkauf ausgeschrieben wurden. Der Verkaufskatalog wurde in allen deutschen Botschaften ausgelegt, was ausserdem den Aussenminister Fischer verärgerte.
     
  • Auf dieses deutsche Angebot haben die Israelis reagiert: PATRIOT und FUCHS haben sie bestimmt bestellt - was sonst noch? Bekannt ist, dass diese damalige israelische Reaktion mehr als ein Jahr in deutschen Amtsstuben schmorrte.
     
  • Im Zusammenhang mit den jüngsten “Irritationen” über ABC- und Transport-”Füchse” hat nun bundeswehr.de zu beiden Waffen-Systemen Informationen ins Internet gestellt. Danach hat weder der ABC- noch der Tansport-Fuchs eine 20-mm-Kanone, sondern nur ein Maschinen-Gewehr, Kaliber 7,62 mm. Interessanter ist, dass bundeswehr.de von “mehr als 1000” (Transport-) Fuchs-Panzern im Bw-Bestand spricht.

Nimmt man die “Eigenbedarfs”-These des Verteidigungsministers ernst, würde die Bundeswehr also zur Abdeckung ihrer Aufgaben “mehr als 1.000” Transport-Panzer des Typs FUCHS benötigen. Dass dies eine haarsträubende Argumentation ist, bedarf keiner besonderen Erwähnung.

Offen bleibt, wie die politische Kultur einzuschätzen ist, in der solche “Blüten” für bare Münze verkauft werden sollen.

{Die Lüge stirbt zuerst}

 

NATO-Airlift: Rechnungshof?

6. Dezember 2002

Zum 50. Geburtstag der NATO haben die europäischen Regierungs-Chefs beim Gipfel in Washington groß-spurig die “Defense-Capabilities-Initiative” (DCI) quergezeichnet und natürlich nur Versprechungen auf den St. Nimmerleins-Tag (etwa 2010 +) leisten können. Zum Regierungs-Gipfel in Prag (Nov. 02) hat sie die Rumsfeld-Truppe vorgeführt: Nun müssen auf einigen Feldern sehr schnell Fähigkeiten aufgebaut werden.

Innerhalb der NATO wurde z.B. auf dem Gebiet Lufttransport die Arbeitsgruppe
“Interim Requirement for Strategic Wide Body Transportation Force” unter deutschem Vorsitz installiert. Zugeschneidert auf die neue NATO Response Force (NRF) lauten die Anforderungen für den strategischen Luft-Transport:

  • 12 C-17
    oder 6 C-17 und 2 Antonov 124-100
    oder 6 Antonov 124
    mit den Varianten Leasing, Charter über alternierende Zeiträume von 5, 7 oder 10 Jahre oder Kauf.

Was das Leasing der von BOEING angebotenen C-17 angeht, kann man die Kosten aus dem britischen Leasing-Vertrag ableiten; sie bezahlen für vier C-17 über 7 Jahre rund 770 Mio. engl. Pfund (nachzulesen in der auch ansonsten sehr wertvollen Studie über UK-Rüstungsprojekte, verfasst vom “National Audit Office”, hier S. 124, abladen unter
http://www.nao.gov.uk/publications/nao_reports/02-03/020391.pdf

Bei einem angenommenen Umrechnungs-Kurs von 1 engl. Pfund = 1,5 US$ ergeben sich 41,3 US$ pro Flgz./Jahr. Dementsprechend ist bei den NATO-Insidern von 50 Mio. US$ pro C-17/Jahr die Rede.

Hinsichtlich der Antonov 124 lautet das Angebot pro Flugzeug/Jahr incl. “Support” (einfache Wartung plus Ausbildung der Piloten und Wartungs-Crew): 9,5 Mio. US$; gegenüber dem US-Angebot also rund ein Fünftel der Kosten. Dazu ist anzumerken, dass die AN 124 etwa die doppelte Traglast der C-17 leistet (deshalb die o.a. Alternative 12 C-17 oder 6 AN 124). Die Kauflösung einer gebrauchten AN 124 würde 67 Mio. US$ erfordern, also wenig mehr als das 50 Mio.-Leasing-Angebot von BOEING.

Es wäre verfrüht, darauf zu tippen, dass die NATO das ukrainische Schnäppchen wählt. Denn zum NATO-Prag-Gipfel gibt es eine Presse-Erklärung des “White House” (21. 11. 02, “NATO Building New Capabilities for New Challenges”), nach der das Untersuchungs-Ergebnis der Airlift-Gruppe der NATO bereits als vorweg genommen erscheint:
“Germany is committing to lease C-17 transport aircraft as an interim measure ...”
Falls jemand Lust hat, den deutschen Anteil an den UnKosten dieser zu erwartenden Entscheidung zu errechnen, gehe er bitte von ca. 28 % aus.

Es scheint keinen “NATO-Rechnungshof” zu geben - wäre eine chice Forderung für die GRÜNEN der NATO.

{Was es nicht alles gibt!}

 

Allensbach: 12,9 %

4. Dezember 2002

Das renommierte “Institut für Demoskopie” in Allensbach/Bodensee hat für die EADS Deutschland eine Umfrage zum Thema “Aufgaben und Zukunft der Bundeswehr” durchgeführt; im Zeitraum vom 2. bis 12. November wurden 2.104 Face-to-face-Interviews zu insgesamt 18 Fragen geführt.

Zunächst hat die Umfrage einen Beitrag zu der zentralen Fragestellung geliefert, wie sich das Interesse an Verteidigungspolitik in der Bevölkerung gliedert:

  • “Wie sehr interessieren Sie sich eigentlich für Fragen der Verteidigungspolitik? Würden Sie sagen ...
    Sehr: 12,9 % (14,3 West - 7,3 Ost; Männer 18,9 - Frauen 7,4)
    Etwas: 39,1 % (40,5 West - 33,3 Ost; Männer 47,2 - Frauen 31,7)
    Nicht besonders: 31,7 % (30,4 West - 36,6 Ost; Männer 25,4 - 37,4)”

    Interessant ist auch das Ergebnis hinsichtlich der Schulbildung. Von denjenigen, die sich “sehr” für Fragen der Verteidigungspolitik interessieren, haben
    - 12,2 % “einfache Schulbildung”,
    - 13,3 % “höhere Schulbildung.

Interessant sind die folgenden Antwort-Schichtungen:

  • Auslandseinsätze wie auf dem Balkan oder Afghanistan
    “lassen sich nicht vermeiden”: 68 % (18 %: “D kann sich heraushalten”);
     
  • 74 % der repräsentativ befragten Bevölkerung (89 % der “sehr Interessierten”) sind der Meinung, dass Soldaten in Krisengebieten mit den “modernsten und sichersten Waffen und Geräten” ausgestattet werden müssen; “alles andere ist verantwortungslos”.
     
  • Von den “sehr Interessierten” meinen, dass die Ausrüstung der Bw-Soldaten deren Sicherheit nicht gewährleistet: 56 %. Auf eine ähnlich lautende (Kontroll)Frage stufen 43 % der “sehr Interessierten” die Bw-Rüstung als “mittelmässig” ein; den Vergleich mit der britischen oder französischen Ausstattung stufen sie mit 48 % als “schlechter” ein.
     
  • Bezeichnend ist die Beantwortung der Wahrnehmungs-Frage, ob die “Politik die Bundeswehr ausreichend ernst” nimmt, sich “genug um die Probleme der Bw” kümmert: 63 % der “sehr Interessierten” haben diesen Eindruck nicht.
     
  • Erstaunlich ist, dass 52 % aller Gesprächspartner die Verteidigungsausgaben nicht gekürzt sehen wollen (24 % ja). Allerdings halten 47 % eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben für nicht notwendig; die “sehr Interessierten” sind allerdings mit 60 % dafür.
     
  • Bei der Nachfrage zum Modernitätsvergleich zwischen amerikanischer und europäischer Rüstung fordern 45 % eine Verbesserung der europäischen Ausstattung (31 % nein); bei den “sehr Interessierten” sind es gar 81 %.
     
  • Hoffentlich erreichen den Verteidigungsminister die Daten der Tabelle 11; hier wird die Allgemeinheit nach der Alternative Streitkräfte-Umfang oder Modernität gefragt:
    51 % plädieren für eine Verkleinerung der Bw zugunsten moderner Rüstungstechnik.
     
  • Befriedigt wird der Auftraggeber die Umfrage-Ergebnisse nach der Wichtigkeit einer eigenen Rüstungsindustrie vermerken:  62 % gegen 16 % halten eine “eigene Rüstungsindustrie” für wichtig, von den “sehr Interessierten” gar 84 %.
     
  • Dass mit der “eigenen” Rüstungsindustrie nicht eine deutsche gemeint ist, korrigieren die Befragten allerdingst mit der nächsten Frage:
    65 % (77% der “sehr Interessierten”) sind gegen zu teuere deutsche Allein-Entwicklungen und wollen “mit anderen europäischen Ländern zusammenarbeiten, um “dadurch Kosten zu sparen”; nur 20 % wollen deutsche Unabhängikeit.

Wir sind ganz und gar nicht der Meinung, Umfragen als statisch anzusehen, denn die sog. Meinungsführer haben eine erhebliche Swing-Wirkung. Allerdings müssen die Argumentations-Linien plausibel, sachlich begründet und kritik-antizipatorisch sein. Wenn dann non-verbale Merkmale bei den Protagonisten noch Eigen-Überzeugtheit per Verve vermittelt, stimmts.

{Selten, dass einer Antwort keine Frage folgt}

 

Op.-ed.: Neben-Feldherr

28. November 2002

Nein, dass ist nicht der Knackpunkt, dass der Bundeskanzler in seiner gestrigen Pressekonferenz von dem Wunsch der Israelis berichtete, ABC-Spür-Panzer des Typs “Fuchs” zu bekommen - der Verteidigungsminister dabei einen ungerührten Eindruck machte - und anschliessend aus dem Verteidigungsministerium die Meldung kam, dass die Israelis Transport-Panzer des Typs “Fuchs” begehren. Diese Geschichte ist so peinlich für sich selbst, dass der Atem stockt.

Noch weniger lustig ist, dass die Clausewitze jetzt verlauten, dass ein ABC-Fuchs defensiv und ein Last-Esel-Fuchs eher unter offensiv einzustufen sei und deshalb die Lieferung an die Israelis offen sei. Es gibt wohl keinen besseren Beweis für die PISA-Qualität der Wahrnehmung solcher Vertreter, die sie von der Wahrnehmung der Öffentlichkeit über solche Taschenspieler-Tricks haben. Jeder ausgemachte Dumm-Beutel mit einigem Fussball-Verstand weiss, dass die Stärkung der Defensive nichts anderes ist als die Entfesselung der Offensive.

Nur typisch ist, dass der Bundeskanzler in der Pressekonferenz eine - aus seiner Sicht - aber unausgesprochen - “blöde” Frage schleimend kontert - und das sicherlich für intellektuell abgedreht hält:
“Es sollte auch vermieden werden, dass jeder, der Journalist ist und ein respektierter Journalist (sic) ist, so eine Art Nebenfeldherr wird.”

Dass  der Bundeskanzler der eigentliche “Nebenfeldherr” ist, zeigt sich in der Spitzenleistung des gestrigen Tages, die der Neben-Neben-Feldherr Joschka Fischer, der Deutschen beliebtester Politiker, mit abgenickt hat:

  • Die US-Regierung hat die deutsche Regierung nach den Worten des Bundeskanzlers auch um “ABC-Abwehr-Fähigkeiten” nachgesucht (wahrscheinlich ABC-Füchse). Was der Bundeskanzler den Israelis liefern wollte mit der Begründung:
    “Da auch ‘Fuchs’-Spürpanzer operativ nicht genutzt werden können, aber zur Erhöhung der Sicherheit unter bestimmten Umständen dienen können, haben wir prinzipiell keine Bedenken gegen die Überlassung eines solchen rein defensiven und dem Schutz der eigenen Bevölkerung dienenden Systems” -
    verweigert er den US-Soldaten im Kriegsfall als Material-Lieferung.

Nun mag aus einer speziellen ‘deutschen’ Sicht eine solche “Einordnung” als unzulässig eingestuft werden. In der US-Administration und möglicherweise der US-Presse wird diese deutsche Absage aber ganz verheerende Folgen haben; und nicht nur dort.

Wer nun recht moralinsauer reagiert, sollte eines als echter deutscher Hegelianer nicht vergessen: die Herrschaft über die “List der Geschichte” ist - im Gegensatz zur Lufthoheit über den Kinderbetten - den Deutschen (noch - schon wieder) nicht gegeben.

{Goethe: “Oh Herrschaft grausige Versuchung - lass mich nicht ...}

 

US-Brief: KdV-Wünsche

27. November 2002

Heute wird die Regierung die Fraktionsführer und Parteivorsitzenden darüber unterrichten, welche Wünsche die US-Regierung in ihrem Brief geäussert hat, die einen möglichen Krieg gegen den Irak betreffen. Sicher ist, dass drei Forderungen von US-Verteidigungsminister Rumsfeld enthalten sein werden:

  1. Freiheit des Abzuges von in Deutschland stationierten Teilen der US-Streitkräfte und uneingeschränkte Nutzung der Basen;

     
  2. Schutz der US-Stützpunkte in Deutschland durch deutsche Kräfte (Polizei und Einheiten der Bundeswehr;
     
  3. Falls der Abzug der ABC-Spürpanzer aus Kuwait im Fall eines Krieges vorgesehen ist, sollten sie jetzt abgezogen werden.

Angesichts der israelischen Vorgehensweise, Material-Hilfe von der Bundesregierung zu erbitten, ist zu fragen, ob die türkische Regierung nicht auch ein ähnliches Ersuchen übersandt hat oder noch verfassen wird.

{Wer schreit - der bleit (ersetze sinngemäss)}

 

PATRIOT: für Israel?

26. November 2002

Man könnte ja glatte Häme zelebrieren, wenn man den Nachrichten über die Anforderungen der israelischen Regierung folgt, dass sie die deutsche Regierung um Waffen-Unterstützung mit PATRIOT- Flugabwehr-Systemen nachfragt. Nach unserer Instant-Analyse ist zunächst festzustellen:

  • Nach dem Nachschlage-Werk “Deutsche Bundeswehr 2000” (der “cpm”, S. 524) verfügen die deutschen Streitkräfte (Abt. Luftwaffe) über
    - 36 “Einsatz-Staffeln mit je 8 Startgeräten zu je 4 Flugkörpern” = 1.152 Flugkörpern;
     
  • Um das System nach den Erkenntnissen des Golfkrieges 1990/91 auf den entsprechenden Nachrüst-Stand zu bringen, wurde das “Patriot-Upgrade”-Programm initiert, welches nach der Planung der “Wesentlichen Gross-Vorhaben” mit insgesamt 563,2 Mio. EUR bis 2010 zu Buche schlägt. Nach der alternativen Rechnung eines ehemaligen SPD-Abgeordneten sind allerdings insgesamt 829 Mio. EUR zu veranschlagen, was damit zu erklären ist, dass er die “Kampfwert-Anpassung” (KWA) der Stufen 1 (Modernisierung des Radars) und 2 (Upgrade der Flugkörper) zusammengerechnet hat (bei Stufe 2 werden allerdings einige Beträge fehlen).
     
  • Bisher ist nur die KWA der deutschen PATRIOT der Stufe 1 vom Bundestag genehmigt: die Modernisierung des “Multifunktions-Radars”; das Upgrade der Patriot-Flugkörper auf den PAC 3-Stand steht aus (wahnsinnig kompliziert wegen MEADS etc.).

Natürlich wissen wir nicht, wieviele der Multifunktions-Radare inzwischen auf den PAC-3-Standard gefertigt worden sind. Aber wenn es eine rationale Erklärung für das israelische Ersuchen gibt, dann sind es die Radare auf PAC-3-Standard, über die u.E. in der europäischen NATO sonst niemand verfügt.

Aus mitleidiger Sicht hinsichtlich der Bundesregierung kann man trotzdem kaum darüber hinweg täuschen:

  • Von der “Grand Strategy” ist als erster “every body’s darling” Joschka Fischer gefragt, der in der Vergangenheit (März/April 2002) durch sein Eintreten für die Israelis einen weiteren Meinungs-Einbruch verhindert hat. Falls ein positiver deutscher Bescheid ergeht, werden alle Analysten - nicht nur der arabischen Welt - davon ausgehen, dass er sein “Go” gegeben hat.
     
  • Die gesamte Bundesregierung wird nicht umhin können, der Öffentlichkeit den schwer nachvollzierbaren Drahtseilakt zu erklären, dass die Waffen-Hilfe für einen “Freund” nicht die Teilnahme an einem “Abenteuer” (BK Schröder zu der Irak-Kiste) ist.
     
  • Heute würde wohl kaum jemand die Perspektive aufmachen wollen, dass die Bundesregierung die israelische Bitte um Waffen-Hilfe abschlägig bescheidet.

Es ist seltsam, dass die “Stunde der Wahrheit” oft so schnell herbei eilt; im wirklichen Leben ist dies Alltags-Erfahrung.

{Warum bequemt sich die Wirklichkeit nicht meiner?}

 

NATO-Raketen-Abwehr: k.A.

25. November 2002

Leider müssen wir erneut dokumentieren, dass wir keine Ahnung (k.A.) haben, was wirklich angesagt ist. Als (aus Kostengründen) Daheimgebliebenene lesen wir in Ziffer 4.g des NATO-Kommuniques von Prag (21.11.02):

  • “Wir haben heute eine neue Durchführbarkeitsstudie für die Raketenabwehr der NATO auf den Weg gebracht, um Optionen für den Schutz des Territoriums, der Streitkräfte und der Bevölkerungszentren des Bündnisses gegen das volle Spektrum der Raketenbedrohungen zu untersuchen; wir werden diese Studie weiter bewerten.”

Als unterdurchschnittlich angebrütetem Staatsbürger dämmert es einem, dass es auf diesem Gebiet doch bereits irgend etwas gegeben hat:

  • Im Juli 2001 sind Industrie-Konsortien (SAIC,US; Boeing, US; Diehl, GE; EADS, IABG, GE; QuinetiQ, UK und TNO, NL und Lockheed Martin, US; TRW, US; Aerospatiale Matra Missile, jetzt EADS; Alenia Marconi Systems, Astrium, BAE Systems, UK, etc.) von der NATO konkurrierend beauftragt worden, eine “Feasibility-Study” zum Preis von ca. 13,5 Mio. US$ innerhalb von 18 Monaten anzufertigen. Der Focus ist gerichtet auf den Schutz von “eingesetzten (deployed) Streitkräften und/oder ausgewählte NATO-Regionen gegen potentielle Bedrohungen”
    www.boeing.com/news/releases/2001/q3/nr_010719s.html
    Nach Adam Riese müsste diese Studie Ende dieses Jahres der NATO vorliegen.

Angesichts des Prag-Beschlusses treiben wir nun hilflos im Meer der Info-Spekulationen dahin; den Versuch der Recherche bei amtlichen Stellen sparen wir uns sowieso:

  • Ist die “Feasiability”-Studie vom Juli 2001 so grottenschlecht, dass die NATO eine “neue” in Auftrag gibt?
     
  • Ist die Industrie-Studie von 2001 überhaupt schon fertig?
     
  • Ist der NATO-Prag-Auftrag eine wahnsinnig kostentreibende Ausweitung des Raketen-Abwehr-Auftrages auf den Schutz des Territoriums der NATO-Staaten und der “Bevölkerungszentren” (Prag-Kommunique)?
     
  • Ist die Aufnahme ins Prag-Kommunique der “Beschleuniger” für die bisher nur “Spezialisten” bekannte Industrie-Studie, damit man zügig die Industrie-Ergebnisse in politisch bindende Beschlüsse ummünzen kann?
     
  • Hatten denn die Hohen Herrschaften der NATO in Prag überhaupt die Gelegenheit, die Sinnhaftigkeit der Raketenabwehr zu diskutieren, wenn pre-emptive Erst-Einsätze das “Problem” “kosteneffektiv” lösen?

So sorry, wenn wir Ihre Zeit mit derart chaotischen Meldungen geraubt haben. Die Hoffnung, dass uns Besserwisser helfen, geben wir nicht auf.

{Hoffnung stirbt nie hoffnungslos}

 

BMVg-Haushalt 2003: So long

21. November 2002

Für die Einschätzung des Verteidigungs-Haushaltes (Einzelplan 14 - Epl. 14) können wir heute ein weiteres Puzzle-Stück liefern - die sogenannte Schichtung der Ausgaben. Entgegen begründeten Spekulationen, dass der Epl. 14 in 2003 mit gutgerechnet 500 Mio. EUR Minus zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes beitragen müsse, kann für die Jetzt-Zeit ein Wunder vermeldet werden: Die Verteidiger treten aus dem 2003-EUR-Nahkampf mit einem Minus von ganzen 49 Mio. EUR hervor.

Die Tatsache, dass die Ausgaben für militärische Beschaffungen im Vergleich zu 2002 im kommenden Jahr um fast eine halbe Mrd. EUR (genau 467) steigen, täuscht u.E. darüber hinwegt, dass dieses Plus zusammen mit den moderaten Steigerungen bei Forschung und Entwicklung sowie “Militärische Anlagen” allein aus dem Plus des Anti-Terror-Programms (ATP) in Höhe von 767 Mio. EUR gespeist werden. Nach unserer überschlägigen Rechnung wird aber das ATP-Aufgeld von den Kosten für die Internationalen Einsätze abgeschmolzen; die Standard-Rechnung lautet: 1 Mrd. EUR aus der alten Überweisung aus dem Epl. 60 in den Epl. 14 für Bw-Einsätze plus rund 700 Mio. EUR für die tatsächlichen Ausgaben. Damit wären die ATP-Mittel futsch - und nicht mehr für das Rüstungs-Plus verfügbar. Noch blicken wir so genau nicht durch. Aber vielleicht können Sie uns mit einem guten Hinweis dienen, wenn Sie mit Ihrem Sachverstand die “Schichtung” studiert haben:

Nach unserer (optimistischen) Standard-Rechnung wäre für 2003 schon mit einer Land-Unter-Marke von 341 Mio. EUR zu rechnen. Aber wir haben ja zum Monatsende ein nochmaliges Strecken/Streichen-Konzert des Virtuosen Schneiderhan zu erwarten, welches uns den rechten Weg weisen wird - nach dem Prag-Capabilities-Gipfel.

{So long - so much time}

 

D/F: Re-Start?

19. November 2002

Hatte gestern noch der geballte Sachverstand für eine “Shoulder-to-Shoulder”-Politik mit den Amerikanern plädiert, sehen wir uns heute einem gewichtigen Plädoyer in eine etwas andere Richtung konfrontiert:

  • Christoph Bertram und Joachim Schild, XXL--Kaliber des Regierungs-Think-Tanks “Stiftung Wissenschaft und Politik” (SWP - Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin) und
  • Francois Heisbourg und Yves Boyer, ihrerseits XXL-Boliden der “Foundation pour la Recherche Strategique” (FRS), dem französischen Gegenstück in Paris,
  • plädieren in ihrer gemeinsamen Studie für ein “Starting Over - For a Franco-German Initiative in European Defence”.

Es ist wieder ein Kampf mit 32 Seiten englischem Text, aber die zwei Seiten “Problem-Stellung und Empfehlungen” in deutsch erleichtern die Vorstellung der vorgeschlagenen “konkrete(n) Massnahmen deutsch-französischer Zusammenarbeit”:

  • Eine “gemeinsame Einrichtung zur Auswertung” der Systeme der “strategischen Aufklärung (F=Helios II, D=SAR-Lupe);
     
  • Ein “gemeinsames mobiles Hauptquartier” einrichten und für die EU bereitstellen;
     
  • Strategischen Luft- und See-Transport sowie Luftbetankung “in einer gemeinsamen Organisation” koordinieren;
     
  • “Gemeinsame Ausbildungsgänge”, zumindest multilaterale Kurse;
     
  • Verschmelzung nationaler Logistik in gemeinsamen Einsatz-Regionen;
     
  • Gemeinsame Übung der Spezial-Truppen und Ausstattung mit “kompatiblen Kommunikations- und Transportmitteln”;
     
  • “Für die entsprechenden Rüstungsprogramme sollten gemeinsame Budgets für klar definierte Projekte von den Parlamenten beider Länder bewilligt und von einem gemeinsamen Ausschuss ... überwacht werden”;
     
  • “Ein ständiges deutsch-französisches Sekretariat, mit kleiner, gemischter Besetzung und alternierend in Paris und Berlin tagend ...”
     

Dass die Studie, so man sie bekommt, ein hehres Anliegen hat und des Lesens sehr wert ist, steht ausser Frage; der im Hintergrund liegende Sachverstand muss jeden blass machen. Deshalb kann man höchstens dumpfe Gefühle artikulieren, die in uns beim “Überflug” (der Studie) aufkommen:

  • Die o.a. Empfehlungen
    - klingen gut, sind fast selbstverständlich;
    - sind ansatzweise bereits projektiert und/oder haken ganz fürchterlich im Detail (wenn der “Einsatz” eines einzelnen deutschen Soldaten von der deutschen Parlaments-Zustimmung abhängt ...)
    - sind realitätsfern, soweit sie in den Bereich Rüstung abgleiten, weil die Franzosen hier ganz dezidierte Vorstellungen haben, während die deutsche Regierung - vertreten durch den VM Struck - in einem ntv-Interview dargelegt hat, noch nicht einmal mit Vertretern der Rüstungsindustrie sprechen zu wollen (einem Rat des Ex-Kanzlers Helmut Schmidt folgend) - dazu ist der Gegensatz der Politik von Ex-Minister Scharping und BK Schröder in der vergangenen Legislatur-Periode zu betrachten, wo die Rüstungs-Industriellen mit Verlockungen vergarnt worden sind, die es in der Geschichte dieser Republik noch nie gegeben hat.
     
  • Das mehrfach angsprochene “Nationale Interesse” sehen die Autoren bei Verfolgung des “Starting Over” auf jeden Fall “advanced in either case” (S. 7). Es gibt wohl kein schöneres Plantschbecken als das des nationalen Interesses. Nirgendwo ist diese These der Studie untermauert. Wir möchten nicht wissen, was französischen Analytikern der Abteilung “Strategische Freund-Aufklärung” durch den Kopf und in die Feder geht, so sie ihren Nachbarn betrachten, natürlich immer auf der Basis eigener Projektionen als U.N.-Global Player mit Nucs, Afrika, etc. Jedem Betrachter der deutschen Szene mit mässigem Interesse für deutsche Sicherheitspolitik ist klar, dass die deutsche Regierung “Zivilmacht” (und nichts anderes) sein will; “militärisches” überlässt sie Typen wie Scharping oder Struck, die aus überhöhten Machtpositionen abgeschoben werden in “ganz wichtige” Staatspositionen, die in Wirklichkeit Friedhöfe für “Kuscheltiere” sind; welcher der letzten Verteidigungsminister wollte denn vorher ein solcher werden?
     
  • Am Abhang stehen die Autoren mit ihren Bemerkungen zum euro-atlantischen Verhältnis (z.B. zweiter Spiegel-Strich, S. 11). Auffällig in diesem Zusammenhang ist, dass die Studie nicht ein Wort verliert zu der US-Initiative hinsichtlich “NATO-Response-Force”, die ja immerhin in wenigen Tagen auf dem NATO-Gipfel der Staats- und Regierungs-Chefs in Prag auf der Tages-Ordnung steht und zu deren mehr oder minder grossen “Unvereinbarkeit” mit der EU-Rabbit-Reaction-Force schon unglaubliche Kommentare abgesondert worden sind.
     
  • Nur den deutschen Autoren muss die Frage gestellt werden, warum sie immer noch von “budget initiatives” (z.B. S. 15) sprechen (Jugendliche fragen bei solchen Gelegenheiten: “Haben Sie nicht den Knall gehört?”). Als Deutscher kann man sich höchstens hinter vorgehaltener Hand erlauben, ein mickeriges Frage-Zeichen hinter den französischen Rüstungsplänen zu machen.
     
  • Für Studenten ist unglaublich lesenswert die Geschichte der “Franco-German Experience” (S. 18 - 26). Noch schöner sind die gelieferten Erinnerungen an die Schröder-Rede vor der franz. National-Versammlung (S. 30) oder das überlange Zitat aus dem “Common Franco-German Concept for Security and Defence” vom Dez. 1996. Geradezu eine Fundgrube für Zitate ist die Studie auf den Seiten 30 ff. für die Begründung, dass ein Re-Start des deutsch-französischen Motors in Sachen “Men in Fleck” ganz unwahrscheinlich ist.
     
  • Ganz in den beiderseitigen politischen black-out führen die folgenden Forderungen:
    “Germany needs to reconsider the recent Bundeswehr reforms, in particular the role of consription and the structure and size of her defence budget, and France should re-examine her place in a post-9/11 NATO” (S. 31).

Schade, dass wir mit diesen strategischen Fragen nie bei Thomas Gottschalk eine Chance haben werden; ist auch logisch - weil es keine Antworten gibt.

{Sun Tsu sagt: “Nicht jede Frage ist einer Antwort wert”}

 

CEAMA: nicht erlaubt

18. November 2002

Allein das “Center for Euro-Atlantic Military Analysis” (CEMA) zu erklären, bedarf es einiger Anstrengungen:

  • Es ist die in 1999 gegründete “German-American Analysis” von
    - RAND, der legendären US-Forschungseinrichtung und
    - dem ebenso legendären deutschen Think Tank “Industrie-Anlagen-Beratungs-Gesellschaft” (IABG).

Dazu kommt, dass die hier vorzustellende Studie
“Shoulder to Shoulder - The Road to U.S.-European Military Cooperation” (David C. Gompert, Uwe Nerlich), 69. S., im Vorwort (S. VI) darauf hinweist, dass die Studie unter der Führung von RAND Europe gemeinsam mit dem “International Security and Defense Policy Center of RAND’s National Security Research Division (NSRD) abgeschossen (neudeutsch: gelauncht) worden ist. Die CEAMA-Board-Members sind:

  • “Klaus Naumann, Chairman (Germany)” - unsere Allzweckwaffe (d.Verf.)
  • “Natalie Crawford (U.S.)
  • David C. Gompert (U.S.)
  • James Mc Carthey (U.S.)
  • Kzel- Adolph Neubecker” (keine Angabe der Nationalität, d. Verf.)
  • “Uwe Nerlich (Germany)” (intellektuelles ‘Alt’-Geschoss der Defense-Ewigkeit)
  • “Rudolph Schwarz (Germany)
  • James Thomson (U.S.)” - Präsident der RAND Corporation, U.S.A.

U.E. ist der zentrale Punkt der Studie die deutsch-amerikanische “Cooperability”, die sich in der Aufteilung von “three basic missions in the post-9/11 world” wiederspiegelt (S. IX):

  • “Stabilitäts-Operationen, in denen Streitkräfte Frieden stiften, humanitäre Anforderungen hüten, und sonstige Nicht-Kriegs-Aufgaben unter relaitv günstigen Konditionen durchführen”;
     
  • “Expeditionary warfare”, das als Konstrukt tatsächlicher Kriegsführungs-Fähigkeit bei der Übersetzung ins Deutsche bundesweit nur die Nackenhaare aufstehen lässt;
     
  • und “Homeland defense, bei der die Streitkräfte selektiv die zivilen Schutz-Fähigkeiten unterstützen”.

Wenn man nur die “Summary” liest, reicht es. Diese Studie wird voraussichtlich nie die Wahrnehmungs-Schwelle des deutschen Verteidigungsministers erreichen. Unterhalb dieser werden drei bis fünf Clausewitze beifällig nicken, nachdem sie sich mühsam durch die 69 Seiten gekämpft haben. Für den Prag-Gipfel der NATO und die deutsche Reaktion auf die tatsächlichen Anforderungen ist der Lese-Zwang der Ausarbeitung ein Muss.

Auf S. 55 wird z.B. eine neue Abkürzung kreiert: CDE = Concept Development and Experimentation”. Auf S. 60 wird dazu gefordert, dass der “lead-country approach” dazu führen müsste, dass die “Transformations-Planung” für die Streitkräfte von England, Frankreich (!) und Deutschland (!) direkt an die der USA gebunden sein müsste (“must tied directly”). Sorry, uns ist eine gedankliche Assoziation bei allen angesprochenen Regierungen gegenwärtig, die eine nähere Beschreibung wegen vielfältiger Gesetzes-Einschränkungen nicht erlaubt.

Natürlich hoffen wir, dass auf rand.org die famose Studie bald zu finden ist. Unser ehernes Festhalten an Copy-right-Vorschriften verbietet es uns, Ihnen die Studie als pdf.-Datei öffentlich zur Verfügung zu stellen.

{Wir möchten ‘mal wieder danken - Allen; Einigen einen (bitte nicht-neid-errengenden) Tick mehr}

 

EURO-Fighter: fertig?

15. November 2002

So ein Flugzeug, welches 1994 seinen Erstflug hatte, acht Jahre später vom Stadium der Vorserien-Entwicklung in die Serien-Fertigung wechselt, kann technische Probleme haben, die erhebliche PR-Konter-Künste erfordern:

  • Betagt ist die Meldung, dass aus den in Italien gefertigten Flügeln das Kersoin auslief. Schuld sollen aber die Briten sein, die die in den Flügeln eingelassenen “Gummi”-Tanks nicht in der entsprechenden Qualität liefern konnten;
     
  • Wiederum mussten die Briten vermelden, dass die bei ihnen aus Kohlefaser-Verbund-Werkstoffen gefertigten Höhen/Seiten-Leitwerke beim Übergang in den Überschall-Flug ein “Flattern” verursachen; 27 dieser “tail-units” wurden dem Recycling überantwortet;
     
  • Noch einmal werden die Briten geziehen, die Canard-Flügel (verstellbare Vorflügel in Höhe des Cockpits) aus dem behandlungs-resistenten Metall Titan nicht hämmern zu können;
     
  • Den unglaublichsten Tatbestand sollen nochmals die Briten liefern: Sie hätten noch nicht einmal die Zeichnungen für die (normale) Einsitzer-Version des EF-2000 fertig;
     
  • Wer auch immer für die Flugregel-Software zuständig ist: Auch sie soll hinter den Milestones hinken.

Gegen den Ungemach dieser technischen “Peanuts” sind andere Trends wesentlich gewichtiger:

  • Von der lieblich-grünen Insel kommen die Signale, dass UK als Spitzenbesteller mit 230 Stück seine Order reduzieren wird; die Fighter/Bomber-Version des ursprünglich als reinem Abfangjäger konzipierten Flugzeuges fällt zugunsten der attraktiv erscheinenden US-Kreation “Joint Strike Fighter” (JSF) der USA durch den Rost. Üble Folge davon ist, dass die Deutschen als wahrscheinlich einziger Nachfrager der Fighter/Bomber-Version des EF 2000 (40 Stück! - oder ein paar mehr) die gesamten Kosten für die Anpass-Entwicklung tragen müssen (und die ist verdammt teuer). Ausserdem wabert das begründbare Gerücht, dass die 180er Bestellung der Deutschen auch nicht das letzte Wort ist;
     
  • Dem JSF-Magnet erliegen die Europäer reihenweise:
    - die Norweger haben ihre Entscheidung für einen Flieger-Nachfolger um sechs Jahre zurückgestellt;
    - die Italiener haben sich auch in die JSF-Schiene eingelockt;
    - als einziger nicht zum EF-Pool gehörender Kunde haben die Griechen die Ratifizierung des verhandelten Vertrages über den Kauf des EF 2000 wegen der Olympia-Kapriolen nach 2004 datiert.

Maximal übel wäre aber, wenn sich bis zum Datum “Luftfahrtschau Le Bourget” - Sommer 2003 (geplantes Datum für irgendeinen “Meilenstein”, Tranche, Vertrags-Unterzeichnung von was immer) der derzeitig geäusserte Unmut recht hochrangiger deutscher Luftwaffen-Generale halten würde, die sich weigern wollen, “ein Flugzeug zu übenehmen, dass nicht fertig ist”.

{Vor fertig ist nach fertig (vor dem Spiel ist nach ... )}

 

Irak-Resolution: Clancy’s Tod

8. November 2002

Heute wird es wohl eine Zustimmung des U.N. Sicherheits-Rates (UNSC) zur in den letzten Wochen ausgehandelten Resolution betreffend Irak geben. Den zur Abstimmung stehenden US-Entwurf finden Sie auf:
http://www.nytimes.com/2002/11/07/international/middleeast/07NTEX.html
(Nachtrag: jetzt Sec. Counsil Res 1441 (2002) klicken auf:
www.un.org/Docs(scres/2002/sc2002.htm

Interessant ist, was sich seit dem Vorliegen des 1. US-Entwurfs vom 22. Oktober geändert hat. Ausser einigen redaktionellen Glättungen, dem Wegfall des (unnötigen) letzten Spiegelstrichs der Ziff. 7 des 1. Entwurfes (“UNMOVIC and IAEA shall have acces to any information that any member state is willing to provide”) und dem Ziffern-Wechsel bezüglich der “serious consequences” (füher 3, jetzt 13) verbleibt eine einzige, vielleicht nicht unwichtige Änderung:

  • Der 1. Entwurf vom 22. Okt. sah vor, dass die Deklaration von “no-fly/no-drive zones, exclusion zones” durch die Inspektoren-Teams “militärisch” abgesichert werden sollte (“which shall be enforced by U.N. security forces or by member states”). Diese Passage fehlt im jetzt zur Abstimmung vorliegenden Entwurf.

Damit muss der allgemeinen Logik zufolge allein diese Passage der “Stolperstein” gewesen sein, der eine Einigung unter den ständigen Mitgliedern des UNSC (Perm 5) in den vergangenen 14 Tagen verhindert hat.

Dies wiederum lässt viel Raum für Spekulationen, warum Wortführer Frankreich (mit Zustimmung Russlands -?- und Chinas -?-) diese Passage gestrichen sehen wollte. Unsere Phantasie legt die folgende Version nahe:

  • Der “Einsatz” hätte nicht nur erhebliche Kosten, sondern militärische Fähigkeiten verlangt, die nur die US-Streitkräfte hätten erbringen können.
     
  • Die Vorstellung, dass das Enforcement CNN-gemäss übertragen wird (ein heiss umkämpfter Medien-Markt) und dabei nur das Sternenbanner als batch auf Uniformen zu sehen ist, muss jede grande nation abschrecken.
     
  • Dem friedlichen Image der U.N. wäre es wohl abträglich gewesen, wenn G.I.s Saddams Präsidenten-Palast “sichern”, die US-Bomberflotte “on call” haben und damit ein ganz neues, pre-emptives Kriegsverfahren durch die U.N. eingeführt wird.

{Stoff für Tom Clancy}

 

WamS-Forum: good/not good

7. November 2002

Man mag über den Axel Springer Verlag denken, was man will, aber man wir ihm zugute halten müssen, dass er sich zum 13. Male unverdrossen das Forum “Bundeswehr und Gesellschaft” leistet. Wenn rund 250 “ranghohe Vertreter aus Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien” eingeladen werden, dürften die entstandenen Kosten (im wesentlichen die hervorragende Kost) kaum durch den am 10. November erzielten Mehrverkauf der “Welt am Sonntag” eingefahren werden. Weil Sie als Interessierte(r) am kommenden Sonntag deshalb die “WamS” kaufen werden, können wir unsere Notizen über das satte Programm (10 Vorträge a´30min., 2 mit je 60 min. + Podiums-Diskussion; 4.11., 14.00 Uhr bis 5.11., 14.00 Uhr) auf die wenigen “Schmanker’ln konzentrieren, die wir goutieren:

  • The Rt Hon Lord George Robertson of Port Ellen (Generalsekretär der NATO):

    Wir sind sicher, dass sein absoluter “Brüller” (Joke) von keinem Teilnehmer vergessen werden wird. Er erzählt, dass der frühere russische Premier Yeltsin von einem Reporter befragt worden sei, eine kritische Situation mit einem Wort zu beschreiben. Yeltsins Antwort: “Good”. Daraufhin habe der Reporter ihn gebeten, die kritische Lage mit zwei Worten zu beschreiben. Yeltsin: “not good”.

    Über einen doch recht heiklen Punkt ging der NATO-Lord mit dementsprechender Nonchalance hinweg:
    “And there is agreement, alt last, there is no geographic limitation on Alliance action: NATO must be able to field forces whereever they are needed.”
    In Prag wir sich zeigen, ob der französische und deutsche Regierungs-Chef dem “at last” zustimmen werden, denn das “out of area”- Tabu ist äusserst sensitiv, insbesondere bei Herrn Ströbele & Co.
     
  • James Thomson, Präsident der RAND-Corporation:

    In seiner augenscheinlich priorisierten 9 Punkte-Liste zur Terrorismus-Bekämpfung war auffällig, dass unter Punkt 2 Pakistan rangiert:
    Premier Musharraf muss unterstützt werden, weil sein Abgang augenscheinlich katastrophale Folgen hätte.
    Zutreffend war seine Bemerkung, dass die Kooperatation zwischen den Alliierten leichter ist als die zwischen den US-amerikanischen Intelligence- und Law-Enforcement-Institutionen in den USA.
    Interessant war auch Thomsons Priorisierung des Kampfes gegen Massen-Vernichtungsmittel: vor allem gegen nukleare und B-Waffen.
     
  • Andrei Fedorov, Direktor beim Rat für Aussen- und Verteidigungspolitik, Russische Förderation:

    Der Russe gefiel uns wegen folgender “Wahrheiten”:
    Natürlich sind lt. Umfragen 70 % der öffentlichen Meinung gegen US-”Stützpunkte” in geografischer Nähe Russlands. Die sicherheitspolitische Elite sieht das aber ganz anders: als ein “Element der Stabilität”! Einziges Tabu: russisches Territorium.

    Ebenso erhellend die Antwort zum Thema “preemptive action”: Solange die Ziele sich mit denen der Russen decken, Da.

    Noch interessanter waren Fedorovs Einschätzungen bezüglich China:
    - wie ist Chinas Stabilität in den nächsten 10 Jahren einzuschätzen?
    - in den nächsten 5 - 6 Jahren werde sich das chinesische, nukleare Sprengkopf-Arsenal verfünf-fachen;
    - im Norden und Nordwesten Chinas werde es im nächsten Jahrzehnt eine Arbeitslosigkeit von 20 - 40 Millionen Chinesen geben, die in den russischen Raum drängen, der nur von 6 Millionen Russen bevölkert ist (inoffzielle Angaben sprechen davon, dass bereits 4 Millionen Chinesen “illegal” in Russland leben).
     
  • William S. Cohen, Donald Rumsfelds Vorgänger:
    Sicher keine Rede für Zartbesaitete - also klar amerikanisch. Als Deutscher geht man angesichts der Frage “can and will Germany” lieber in Deckung.

    Interessant waren Cohens Einzelheiten zu der sudanesischen pharmazeutischen Fabrik, die nach den Al-Qaida-Anschlägen gegen US-Botschaften in Afrika unter Marschflugkörper-Feuer genommen wurde (Standard ist, dass dies bestenfalls ein Irrtum der CIA war):
    - Die “pharmazeutische” Firma sei unter erheblichen Sicherheits-Aufwendungen gebaut worden, um augenscheinlich einen “Precursor” für den chemischen Kampfstoff VX herzustellen;
    - der Chef der Firma sei in Bagdad gewesen.

    Auch die Angaben zum Thema Antrax sind notizwürdig: Allein 5 Pfund reichen, um ... Vorhanden sind 100tausende von Tonnen.

    Etwas unfreundlich war Ex-Verteidigungsminister Cohen bezüglich vieler NATO-Kommandos, denn er meinte, dass dort nur jede Menge ältere Stabs-Offiziere ihre gutbesoldeten Nonsense-Funktionen pflegen.
     
  • Nochmal: Lord Robertson
    Da der NATO-Generalsekretär zu spät kam, und wegen des Kanzler-Termins schnell den Saal verliess, war es umso bemerkenswerter, dass er für die Diskussion zurückkam:
    Traumhaft seine Schilderung, dass es 437 NATO-Ausschüsse gäbe, von denen nun 30 % in der letzten Woche “gestorben” seien
     
  • August Hanning, Präsident des Bundesnachrichtendienstes:

    Zentrale Botschaft war: Es steht ein erneuterter massiver Anschlag bevor.
    Aus grundsätzlichen Erwägungen möchten wir über den ansonsten sehr interessanten Vortrag des BND-Chefs jedoch nicht berichten, denn:
    - Eine genau “zitierfähige” Druckvorlage seines Vortrages mag er während der Tagung nicht offerieren (das ist nicht “state of the art”);
    - seine hochinteressanten Folien zur Al-Qaida-Struktur, die er nach eigenem Bekunden (irgendwie) sich selbst erarbeitet hat, sind schon gar nicht zu bekommen.
    Wir lernen daraus:
    Wenn Du Knete für die Technik hast und Hanning kommt:
    Setz Dich in die erste Reihe und knipse mit einer Digital-Kamera wie wild die Proki-Folien ab - und lass das Tonband laufen!

    Zwei Hanning-Botschaften mögen wir aber doch noch verzeichnen:
    1. - Al-Qaida ist durch die US-Rückzüge im Libanon 82, in Somalia 91, in der Auffassung “ermutigt” worden, dass der Westen schwach ist;
    2. Die “Intelligence-Community” habe “gewusst”, dass ein “dickes Ding” bevorsteht, weil sich in den rund 10 Al-Qaida-Ausbilgungs-Lagern in Afghanistan alle auf Luftangriffe vorbereitet hätten. Aber leider war das ein sehr “allgemeiner” Hinweis.

Zum zweiten, ebenfalls sonnigen Tag des Forums mögen wir die folgenden Tagungs-Ordnungspunkte zeitlich vorziehen:

  • Die Podiumsdiskussion:

    - Laurent Murawiec  wies darauf hin, dass während des Golfkrieges 90/91 die Forderung des US-Oberbefehlshabers Schwartzkopf lautete, dass die US-AirForce in sieben Wochen ihren “Job” zu tun habe; jetzt sei der Zeitrahmen auf 5-6 Tage zu taxieren;

    - Field Marshal Lord Peter Inge, ehemaliger Chef des UK-Verteidigungsstabes, hat sich in die Köpfe aller Teilnehmer mit der Forderung eingegraben, dass man nun Staatsmänner benötige (und keine Politiker);

    - Thomas Enders, Mitglied des Vorstands der EADS, kam nach einer aufbäumenden Sachdarstellung der Problematik zu der eher realistischen Empfehlung für die deutsche wehrtechnische Industrie: “close or sell”.
     
  • Generalleutnant Rainer Schuwirth, Generaldirektor des EU-Militärstabes:

    Auch seine eu-unprofessionell vorgetragene Rede zu einem unprofessionellen Thema wird zu analysieren sein:
    - Man will “ein weiteres Mal” versuchen, EU-Fragmentierungen zu beseitigen;
    - die “NATO-Response-Force könnte eine Untermenge der EU-Armee sein”.
     
  • The Rt Hon Geoff Hoon MP, Verteidigungsminister Grossbritanniens:

    Seine Teilnahme verdankt das WamS-Forum die unplanbare Fügung. Die Rede muss deutschen Teilnehmern mit dem entsprechenden Profil richtig weh getan haben:
    - es gab ein so dickes Lob für die Bundeswehr;
    - die britisch-deutsche Freundschaft wurde so surreal abgemeiert;
    - die Struck-These, dass “beides nicht machbar” sei (EU-Force und NATO-Response-Force), bezeichnete Hoon als “Nonsens”;
    - und den Todesstoss gab unser lieber Geoff den abrüstungswütigen Krauts mit der Frage, was sie denn machen würden, wenn jemand (die Irakis natürlich) nicht abrüsten wollen.

Ebenfalls zeitlich vorziehen muss man die Diskussion des Kolbow-Vortrages, denn Klaus Naumann, General-Inspekteur unter Volker Rühe, ehem. Vorsitzender des NATO-Militär-Ausschusses, jetzt in diversen Funktionen wohlbesoldeter Lobbyist, konnte wieder die reale deutsche Welt nicht verstehen, denn die deutsche “Prioritätensetzung” sei fragwürdig: Ein Drittel der Staatsausgaben gehe ins “Sozialkartell”.

Eigentlich hatte das WamS-Programm 90 min. Struck + Aussprache vorgesehen. Aber den deutschen Verteidigungsminister muss wohl die Anmutung, bei Springer aufzugaloppieren, die Verweigerung befohlen haben. Ernst Cramer, Vorstands-Vorsitzender der Axel Springer Stiftung, sprach das direkt aus: “angeblich aus Termingründen”. “Wenn er noch im Amt” sei, wolle man Herrn Struck im nächsten Jahr einladen.

Die Rede des “Ersatz”-Mannes, des Parl. Staatssekretärs Walter Kolbow, spricht Bände. Sie ist ein nachhaltiger Beleg für den “deutschen Ansatz”, der in Wirklichkeit ein französisch-deutscher ist. Zu allen kritischen Themen der aktuellen Debatte finden sich Formulierungen, die Stoff für Ober-Seminare bieten. Heute hatte bundeswehr.de noch einen miss-link auf die Rede.

{Gestern vor dem Abgrund - heute einen Schritt weiter}

 

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