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News IV/2001

Bundestag: Machtfrage

19. November 2001

Nein, die Vertrauensfrage war das nicht, sondern die Machtfrage: Und die Abgeordnete Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hat es für jederman deutlich gemacht: Die GRÜNEN haben die “Machtfrage strategisch” entschieden; Vier für die Macht und Vier fürs Gewissen, letztlich für die Macht. Deutlicher als am Freitag hat sich der vorgeschobene Pazifismus selten demaskiert. Der Co-Vorsitzenden der GRÜNEN, Claudia Roth, platzte vor laufender Kamera der modisch gepflegte und zurechtgezupfte Kragen(-Schal): Man wäre ja “bescheuert”, die Macht aufzugeben.

Und was war sonst noch bemerkenswert?

  • Fast weinerlich, mit “gebet”verkrampften Händen, redete die Co-Vorsitzende der GRÜNEN, Kerstin Müller, von der Macht und Moral der Gegenseite!
  • Erdreistete sich Ministerin Wieczorek-Zeul, das 0,7 %-BSP-Ziel erneut in Aussicht zu stellen;
  • Verschwieg die SPD gekonnt, dass bei ihr 15 Gegenstimmen ohne die Machtfrage fällig gewesen wären;
  • Entblätterte Prof. Biedenkopf von der Bundesrats-Bank nachlesenswert, wie die Debatte ausserhalb Deutschlands eingeschätzt werden wird;
  • Entschied sich Aussen-Joschka, durch eine blindwütige Attacke auf die Opposition ganz locker allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen;
  • Konnte MdB Ströbele nicht umhin, sich selbst auch noch das “Fast-Märtyrium” zu bescheinigen (er wird sich bald selbst zum Friedens-Nobel-Preisträger erklären);
  • Zeigten zwei Bild-Sequenzen, wie wirkliche Pazifisten aussehen: Erst irrt die ehemalige SPD-Abgeordnete Lörcher allein hin und her, dann gratuliert sie dem Kanzler;
  • Bewiesen Abgeordnete wie die “grüne” Angelika Beer, dass sie wirklich wissen, was Chuzpe ist (Eltern-Mörder verlangt Milde vor Gericht, weil er nun Vollwaise sei).

Geradezu blendend war die dreifach abgesichterte Beruhigungs-Argumentation:

  • Der Krieg ist ja sowieso schon gewonnen; deshalb wird den deutschen Soldaten sowieso nichts passieren;
  • Die Bundeswehr-Kontingente sind alle ganz friedlich; und die KSK haben ja nur “quasi polizeilich-militärische Aufgaben”;
  • Und die Verfassungs-Interpretation von Dr. Struck sorgt für das “Rückhol-Recht” des Parlaments, falls ein Tropfen deutschen Blutes fällt (ja, o.k., wir sind kriegslüsterne Monster, die deutsches Blut opfern wollen für schnöden Öl-Mammon).

Andererseits müssen wir aber auch die logische Stringenz fordern:

  • Warum soll der deutsche Steuerzahler 47,7 Mrd. DM für die Bundeswehr aufbringen, wenn die Zivilmacht Deutschland jede Weltkrise mit dem Technischen Hilfswerk, Care-Paketen und dem Scheckbuch erledigt?
     
  • Und die Sänger, Schauspieler, Publizisten und Dramatiker, die im “stern” mit ihren wohlfeilen Argumenten den Kriegsstopp fordern (abseits aller “Menschenrechte” für die Afghanen), haben jetzt noch von den Franzosen Brisard und Dasquie und deren Buch über die “Verbotene Wahrheit über Bin Laden” den Super-Knaller als Assistenz bekommen: Alles ein abgekartetes Öl-Geschäft - Akteure sind W. Bush, Cheney, CIA, Ölfirmen etc. mit den Taliban! Kronzeuge ist kein geringerer als der stellv. Direktor des FBI, John O`Neill, der im Juli 2001 aus Protest gegen diese “Schweinerei” zurückgetreten ist (IPS, 15. 11., ARD-Kultur-Weltspiegel, 18. 11., 22.40). Eines trauen wir uns als Anmerkung: Kein Dementi holt je die Falsch-Meldung ein - oder: die “Wahrheit” findet sich nur Folianten, die kein Mensch liest - und das Leben geht weiter.

Für unser (und die unserer KameradenInnen) schlichtes Gemüt und mangelnde Intellektualität  verbleibt (Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf):

  • Weder der Kanzler noch die Wähler werden die Lektion vom 16. 11. 2001 nicht verstanden haben.
  • Über den begründenden Terminus von der “Zukunftsfähigkeit Deutschlands” (G. Schröder) wird sich der verbliebende Rest deutschen Polit-Intellektuells noch reichlich auszumähren haben.

{Des deutschen Geistes Lauf - hält weder Ochs noch Esel auf}

 

NATO/AF-Truppe: Ohne Bw?

15. November 2001

Reporterin Lüscher von CNN brachte vorgestern den Witz zum besten, der in Kreisen von Abgeordneten in Berlin erzählt wird: “Kabul is fallen - and Berlin is shaking.” Bundeskanzler Schröder sollte morgen vor der Abstimmung deutlich machen, dass höchstwahrscheinlich die nächste Forderung nach deutschen Soldaten für einen “humanitären” NATO-Einsatz ansteht:

  • Bei den Vereinten Nationen wird neben einer politischen Afghanistan-Resolution eine für die Aufstellung einer internationalen “Stability Force” vorbereitet.
  • Aufgabe ist vor allem, die NGO-Fahrer, die Nahrungsmittel und sonstige Hilfsgüter mit Lastwagen transportieren wollen, vor Plünderern, Banditen und versprengten Taliban-Kämpfern zu schützen.
  • 1. ist die UN zeitlich nicht in der Lage, eine internationale Truppe so schnell zusammenzutrommeln,
    2. ist der Auftrag nicht mit einem “Blauhelm”-, sondern nur mit einem “robusten” Mandat ausführbar,
    3. drängelt NATO-General-Sekretär Lord Robertson schon länger, die (erweiterte) NATO ins Spiel zu bringen,
    4. ist die EU ganz offensichtlich zu nichts im Stande,
    5. ist die Führung der UN mit dem NATO-Angebot sehr einverstanden ist, weil es letztlich die einzige praktische Möglichkeit für die Problem-Lösung ist; später kann diese Truppe von UN-Blauhelmen abgelöst werden.
  • - Die USA haben eine Teilnahme an der “Stability Force” schon ausgeschlossen;
    - Die Freunde von der britischen Insel haben bereits 4.000 Soldaten auf “standby”;
    - Die Franzosen, Türken und Deutschen sollen gemäss den NATO-Plänen die Führung übernehmen; insgesamt sollen es ca. zwei Divisionen werden.

Es wird sich zeigen, ob der Pazifismus selbst für die Verweigerung des Schutzes von Hilfsgütern hinreicht. Interessant ist ja, dass die “Friedensbewegten” alle Wortkriege verloren haben:

  • Dem NATO-Doppel-Beschluss folgte Michail Gorbatschow und das Ende des Warschauer Paktes - Freiheit für Hunderte Millionen Menschen.
  • Der Balkan ist in einem Zustand, der für die Verbesserung grundsätzlicher Menschenrechte zu grosser Hoffnung Anlass gibt.

Schade, dass wir nicht den Lehrfilm präsentieren können, der zeigt, wie sich diese politischen Probleme entwickelt hätten, wenn Europa dem Ratschlag der Friedensbewegung gefolgt wäre.

{Manche Alternativen sind mehr als Albträume}

 

Nicht Lesen: Und Denken

5. November 2001

Wir sind ein freundliches Unternehmen: Da Sie ja nicht alle, in der Regel recht langen, weltweisenden Interviews und Artikel allein deutscher Feder lesen können/wollen, erledigen wir das für Sie. Aber Vorsicht - wir sind von jeder Sachkenntnis fern und können überhaupt nicht beurteilen, was die grossen Denker und Schreiber unserer Zeit so von sich gesondert haben. Noch haben Sie die Chance, von unserem Schwachsinn nicht gelangweilt oder vergiftet zu werden; beenden Sie das Lesen also besser jetzt:

  • Schenken Sie sich das Interview mit dem “renommierten” amerikanischen Völker-Rechtler Francis Boyle. Die Überschrift bei SPIEGEL-Online sagt alles: “Dieser Krieg ist illegal”. Lesen Sie ja nicht die UN-Resolutionen, nur den Schluss des Interviews:
    “Boyle: Ich glaube, dass sich die US-Regierung bereits vor dem 11. September für einen Krieg gegen Afghanistan entschieden hatte ... Öl und Gas sind die wahren Interessen der US-Regierung, nicht Bin Laden.”
    Die geschichtsphilosophische/teleologische Konsequenz ist ausser uns bisher niemand aufgefallen: Die die Geschicke der Historie obwaltenden Mächte bevorzugen die USA auf atemberaubende Weise; hat gar der Teufel seine Hand im Spiel?
     
  • Seit Tagesschau-Wickert die indische Welt-Literatin Arundhati Roy zitiert hat, sind deren Arbeiten Pflicht-Lektüre. Lesen Sie fast sieben Seiten von SPIEGEL-Online, denn ein so gut zusammen-geschütteltes Polit-Gesöff gibt es nicht alle Tage - nach Genuss sind Sie auf der Stelle Anti-West-Terrorist:
    “Die Internationale Koalition gegen den Terror ist vor allem eine Intrige der reichsten und mächtigsten Länder Welt. Sie produzieren und verkaufen fast alle Waffen der Welt, sie besitzen den grössten Bestand an chemischen, biologischen und nuklearen Massenvernichtungswaffen. Sie haben die meisten Kriege geführt, sind die Hauptverantwortlichen der modernen Geschichte für Völkermorde, Unterwerfungen, ethnische Säuberungen und Menschenrechtsverletzungen, haben ungezählte Diktatoren und Desporten gefördert, bewaffnet und finanziert. Sie huldigen einem Kult der Gewalt, sie haben den Krieg förmlich zum Gott erhaben. Bei all ihren abscheulichen Vergehen kommen die Taliban da wirklich nicht mit.”
    Das hat noch nicht einmal OBL geschafft, es so kurz und knackig zu sagen!
     
  • Dagegen fällt Ex-Kultus-Staatsminister und Turbo-Stratege Michael Naumann, Co-Chefredakteur der ZEIT doch merklich ab:
    Erst vergaloppiert er sich in Gefilde, von denen er nun wirklich keine Ahnung haben kann:
    “Dass ‘Gott die Vereinigten Staaten weiterhin segnen’ möge, wie Präsident Bush vor dem Fernsehpublikum erbat, schien uns angesichts des Trümmerbergs in Manhattan von ebenso unbegründbarer wie anrührender Glaubensgewissheit zu sein” (Herr Naumann hat bei all seiner Kult-Beflissenheit leider den nicht ganz unwichtigen Punkt übersehen, dass die “God bless America”-Formel seit anno dunnemal bei jeder dementsprechenden Gelegenheit von US-Präsidenten an das Ende der Rede gesetzt wird).
    Hat Naumann gerade eben noch von “unbegründbarer Glaubensgewissheit” geschrieben, folgt darauf als nächster Satz:
    “Gott war schon lange nicht mehr auf unserer Seite.”
    Uns fehlt leider die ins Jenseits reichende Intelligenz, um diese geniale Ambivalenz aufzuklären.
    Völlig zustimmen müssen wir Naumann, wenn er seine Wunderwaffe vorführt:
    “... denk an die Kultur, Dummkopf! In ihr, nicht im teuren Waffenarsenal der Nato sind die Werte aufbewahrt, die politische und geistige Freundschaft zwischen den Demokratien nicht nur des Westens aufrecht erhalten, sondern auch mit den Ländern der Dritten Welt neu begründen könnten.”
     
  • Wohltuend sind die Anstrengungen unserer Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer. (Wir erinnern uns: Vor grauer Vorzeit hatte sie während der Debatte um den NATO-Doppel-Beschiss (so die Kritiker damals) ihre Abkehr vom Pazifismus in einem Rede-Gemenge mit dem damaligen Generalsekretär der CDU, Heiner Geissler eingestanden. Fuchs Geissler hatte sie geleimt mit der These, dass die britische Friedensbewegung der 30er-Jahre Chamberlain/München und damit Hitlers 2. Weltkrieg erst ermöglicht habe).
    Die uns (ehrlich) sympathische Grüne meint im Interview mit SPIEGEL Online:
    “Die islamische Welt muss sich ausdifferenzieren. Und sie muss die Chance bekommen, aus sich heraus einen eigenen Pol in der Welt darzustellen, der Gewicht hat.”
    Dummerweise ist das Rezept für diese “Chance”:
    “... auch darin, Religion und Politik rational zu trennen”.
    (diesbezüglicher christlicher Lehrsatz ist - locker zitiert: “Mein Reich ist nicht von dieser Welt - gebt des Kaisers, was des Kaisers ist.”)
    Liebe Antje, Dein Rezept unterschreibt kein moderner Muslim. Nur die “alten” Muslime halten es wie die Christen (und Hindus, und Buddisten und und und): Fege ausschliesslich vor deiner eigenen Tür - wer die Menschen nicht liebt, kann GOTT schon gar nicht lieben (was das “Geheimnis” jeglicher Religion ist).
     
  • Als alte Krähe ist man ja besonders gespannt, wenn der Altmeister, der Guru deutschen Intellektuellentums, Rudolf Augstein, sich wieder schwergewichtig zu Wort meldet (SPIEGEL-Online - wirklich beachtenswert):
    “Die Sheriff-Gesinnung, die in den USA nun einmal Trumpf ist, hat sie siegreich durch zwei Weltkriege geführt ...
    Beide Male forderte das
    Weltinteresse (und, wohlverstanden, auch das Eigeninteresse Washingtons) die Einmischung der Vereinigten Staaten. Beide Male war klar, dass sie England nicht im Stich lassen konnten. Beide Kriege waren Materialschlachten, in denen das Deutsche Reich unterliegen musste.”
    Unser armes Hirn umwölkt Trauer: Nie werden wir die Chance haben, unseren Guru danach fragen zu können, was denn eigentlich das “Weltinteresse” ist. Wissen Sie, was das ist? Helfen Sie uns bitte!
    Und der Punkt drängt sich uns - rein gefühlsmässig - auch auf:
    Diese “Sheriff-Gesinnung” - war klar mit England - und wir Deutschen “mussten” in Material-Schlachten unterliegen: Oh’, welche lieblich deutsch-nationale Stimme klingt da an unser Herz. Wenn diese verdammt-blöden Amis nicht diese vom Weltinteresse eingespleisste beknackte Sherrif-Gesinnung gehabt hätten - und an diesen verdammten Briten nicht einen Narren gefressen hätten - und alles nicht so eine abgefuckte Material-Schlacht gewesen wäre - ja dann? Dann hätte wir Nazi-Germans dem Rest der Welt weise den Weg gewiesen. Aber das hat unser Rudi sicher nicht so gemeint - das hat sich in unserer imperialen gross-deutschen Hirnrinde gerade mal so entblödet.
    Aber Rudis Heroen-Geist hat sich damit noch nicht aufgegeben. Für unsere ober-blöde Regierung hat er noch einen guten Ratschlag bereit:
    “Biedern sich Kanzler Schröder und sein Scharping weiter derart in Washington an, dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie in den Sog des weltweiten Zorns geraten.”
    Ganz genau, Rudi, das hast Du glasklar erkannt. In der geistigen Schlacht werden wir das “Grosskapitalisten-Kabinett des Texaners” am Ende besiegen - späte Rache tut gut.

Ja lesen Sie denn immer noch? Sind Sie uns auf den Leim gegangen? Ist doch klar - die verdammten Journalisten müssen Zeilen schinden und den Leser bis zum Schluss ködern. Hier ist er:
Wir erinnern uns, welche Myriaden von “Intelligenz” auf die Zeitgenossen nach dem NATO-Doppel-Beschluss im Jahr 1979 auf die armen Zeitgenossen niedergingen. Müssten die Schreiber die Zeit absitzen, die die Konsumenten darin verschwendeten, würde die Ewigkeit Gestalt annehmen. Wir empfehlen die Lektüre und das Nachsinnen ganz anderer Texte:

  • Im Alten Testament lesen Sie bitte 3. Mose 26 (geschrieben ca. 1520 - 1400 v. Chr.) die Verse 31 - 33, dass (70 n. Chr. anfangend so eingetreten) die jüdischen Städte und das Land wüst gemacht werden, und die Juden zerstreut werden;
     
  • und AT Hesekiel 36 (geschrieben um 580 v. Chr.), Vers 33 - 35: “Zu der Zeit ... will ich die Städte wieder bewohnt sein lassen ...”

{Lesen macht Spass - wenn man dabei denken kann}

 

Berlin: AF-Getuschel

2. November 2001

Selbst wenn man über Probleme hinwegdenkt, hat man noch welche. Da der direkte Kampfeinsatz eines deutschen Kontingents in Afghanistan wohl erspart bleibt, ist das dahinter liegende Problem nicht vom Tisch. Nachdem die USA ihre Taktik geändert haben, und bin Laden unverhüllt per Brief um den Volkssturm aus Pakistan bittet, rückt das Ende der Terror-Herrschaft der Taliban näher. Aber wie wird das aussehen? Schreibt man das Verhalten der Taliban fort, dann werden sie nie und nimmer offiziell ihre Niederlage eingestehen. Das Ende des Regimes wird verkündet werden müssen, und damit gleichzeitig die Folge-Massnahmen:

  • Nur die UN sind die Institution, die die koordinierende Führung übernehmen können, hinsichtlich
    - des Aufbaus einer politischen Interims-Führung;
    - der Anweisungen für die militärische Sicherung;
    - eines beschleunigten Hilfsprogramms bezüglich der humanitären Hilfe.
     
  • Für die militärische Absicherung des Restrisikos gegen verbliebene Taliban-Kämpfer und den Schutz der Humanitär-Hilfe kann eine UN-Blauhelm-Truppe aber nicht taugen. Nur die (erweiterte) NATO mit ihrem Erfahrungs-Standard vom Balkan wird durch ein robustes Mandat oder einen Auftrag der UN in der Lage sein, in den grossen Städten und an sonstigen Knotenpunkten die Sicherheit zu gewährleisten, was gefährlich genug bleibt.
     
  • Die US-Streitkräfte werden wohl noch länger nach den Resten der 55. Brigade, OBL und Al-Qaida-Chefs sowie Taliban-Führern im Gebirge und sonstwo suchen müssen.
     
  • Die von den UN beauftragte NATO-Truppe könnte anschliessend von internationalen UN-Blauhelmen abgelöst werden.

Klar ist, dass diese Aufgabe sehr bald von der NATO gefordert werden könnte und dass dann Bundeswehr-Einheiten in erheblichem Masse dazu beitragen müssten. Bleibt abzuwarten, wann die scheintote NATO Regungen zeigt und in Berlin erste Massnahmen deutlich werden.

Natürlich haben wir uns dies nicht aus aus irgendeiner Cyber-Ecke gesogen, sondern nur brav niedergeschrieben, was man in Berlin so tuschelt.

{Schweigen ist Silber, Tuscheln ist Gold}

 

UNHCR: Seltsame Lücken

24. Okt. 2001

Langsam könnten die Bilder von hungernden Afghanen, Flüchtlingszahlen und verwundeten Kindern das Wirkungs-Niveau der WTC-Bilder erreichen. Zwar findet man in internationalen und auch deutschen amtlichen Berichten, dass das Taliban-Regime die Hilfe verhindert, die Medien-Wirkung aufgrund von Interview-Aussagen gerade der Vertreter einiger internationaler Hilfsorganisationen weist aber dem US-Bombardment die Schuld zu.

Ein Blick auf Zahlen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) zeigt einige seltsame Lücken. Das mit Stand  23. Okt. übermittelte Tableau zeigt zunächst, dass für das Afghanistan-Notfall-Programm der UN, welches auf 584,035,652 US$ beziffert worden ist, für den UNHCR 268 Mio. vorgesehen sind. In einem derzeit aufgelegten Budget von 50 Mio. US$ für die Vorbereitungen von Hilfs-Massnahmen sind bereits die Beiträge von 14 Staaten, der EU und private Spenden verzeichnet. Germany ist mit rund 5 Mio. US$ auf Rang 2 hinter den USA mit 14 Mio. DM. Mit den “festen Zusagen” erreicht das UNHCR-Programm 64 % des Budget-Zieles. Wenn Italien seine angekündigten 7 Mio. auch “finalisiert”, fehlen immer noch 10 Mio. USD.

Sehr langsam scheint der politische Prozess bei Nationen wie Frankreich, Niederlande, Belgien, Griechenland und der Türkei zu verlaufen. Sie glänzen bisher durch Abwesenheit. Von den reichen und unbelasteten Islam-Staaten wie Saudi-Arabien, Oman, Oatar und VAE sind keine Einträge verzeichnet, von keinem Staat mit überwiegend islamischer Bevölkerung. Das reiche Japan hat Zelte, Decken u. ä. zugesagt, deren Wert aber nicht beziffert wird.

Wird zu prüfen bleiben, wie die Lage in einiger Zeit aussieht. Bereits jetzt muss man die Privat-Spender loben, die mit knapp einer Mio. $ dabei sind.

Eine Frau müssen wir ganz besonders hervorheben, die eine private Spende von 975.000 $ (Grössen-Ordnung = Dänemark) zugesagt hat (allerdings noch nicht “finalisiert”):

{Angelina Jolie}

 

A400M: Italiens Ausstieg

19. Oktober 2001

Was seit Montag in Fachkreisen getuschelt wurde, soll gestern den beteiligten Regierungen offiziell mitgeteilt worden sein: Italien steigt mit seiner Option auf 25 A400M aus der strategischen EU-Front gegen das US-Monopol bei Mil-Fracht-Fliegern bei EADS aus. Eigentlich passt das zur Berlusconi-Regierung, denn durch eine solche Morgengabe kann man sich bei den Amis vielleicht einschleimen. Die smarten Marketing-Smileys von der C-130-Fraktion werden ihr übriges getan haben.

Wirklich alarmierend kann das aber nicht sein, denn mit jetzt rund 200 Optionen ist die Airbus Military Company von ihrem selbstgesteckten “Break Even” von 180 A400M noch etwas entfernt. Da, wiederum nach den rumors, am 16. Nov. auf dem Petersberg in Bonn der Vertrag beseckt werden soll, sind die Deutschen jetzt ganz heftig im Focus. Auf sie kommt, falls nicht irgend jemand anderes ihnen vorher hilft, der dicke schwarze Peter zu:

  • Das 98er-Preisschild für die A400M lag bei 85 Mio. US$. Mit einem Umrechnungskurs von 1 : 2 und der deutscherseits in Rede stehenden Verpflichtungs-Ermächtigung (VE) über 10 Mrd. DM könnten demnach 59 Flugzeuge gekauft werden, wenn man den “Firlefanz” mit Fly-away-Preis und System-Stückpreis zunächst ignoriert. Wir wollen aber nicht den Entwicklungskosten-Anteil der Deutschen vergessen, der letztlich (bei 10 Mrd. VE) dann nur die Grössenordnung von grob 40 Balken-Fliegern zulässt. Offensichtlich ist, dass AMC damit unter den 180-Break-even rutscht.
     
  • Vor Wochen haben wir von XXL-Grössen des BMVg die wirklich überraschende Meldung vernommen, dass trotz aller gegenteiligen Hochrechnungs-Ergebnisse die Deutschen tatsächlich 73 Stück ordern werden. Nach unserer Einschätzung war das aber nicht die Stimme eines sonst rechen-gewandten Staats-Alimentierten, sondern “His Masters Voice”. Auf die Nachfrage, woher denn der massive Geldregen nach 2008 kommen solle, wurde uns bedeutet, dass man den doch nicht ausschliessen könne!
     
  • Genaugenommen läuft es jetzt auf das Finanzministerium, das Bundeskanzleramt und vor allem den Haushalts-Ausschuss zu. Werden alle die Augen schliessen und mit sechs Milliarden DM über die 10 Mrd. DM VE hinaus TOYOTA beschliessen? Möglich würde damit das planerische Ende der Bundeswehr.

{Nach uns die Geld-Flut}

 

US-Kriegführung: Billard-Bombing?

15. Oktober 2001

Seit einer Woche bombardieren US-Luft-Streitkräfte Ziele in Afghanistan; dies ist ein Zehntel der Zeit, welche bis zur Kapitulation von Milosevich während des Luftkrieges gegen Ziele in Jugoslawien benötigt wurde (73 Tage). “Populäre” Ausgangslage vor Beginn des Luftkrieges war, dass man doch wohl mit mit millionen-teueren Maschflugkörpern nicht auf Zelte schiessen wolle.

Mit einem Fehlschuss haben die USA in den letzten Tagen schlagartig die Zahl auf 200 zivilen Opfern geschraubt und zudem eine empfindliche “Propaganda-Schlappe” hinnehmen müssen: Die Taliban laden westliche Reporter mit zugesichertem Geleit ein, um mit publikums-wirksamen Bildern Wirkungen in Millionen/Milliarden Köpfen zu erzielen. Liest man die Erklärung des US-Verteidigungsministeriums (DOD) zu diesem Vorfall, wird es ganz übel. Nicht das eine Präzisions-Bombe ihr Ziel verfehlt ist bemerkenswert (Sorry für die “Nebenschäden” unserer Schreibe) - davon kann man bei grob 5 % aller abgeworfenen Präzisionsmunition ausgehen. Aber lt. US-DoD-Pressemitteilung Nr. 509-01 vom 13. Okt. hat eine 2000-Pfund-Bombe mit GPS-Steuerung ihr Ziel um eine Meile verfehlt und ist in einer Wohn-Gegend nahe dem Kabuler Flughafen explodiert. Entscheidend ist das verfehlte Ziel: Ein (!) militärischer Hubschrauber (“The intended target was a military helicopter...”).

Dieser Vorfall ist jedoch nur ein Nachweis für die bisher fragwürdig erscheinende US-Strategie, der als “Zufall” deklariert werden könnte. Wirklich ins Gewicht fallen dagegen die Beschränkungen, die die amerikanische Kriegführung behindern, die sie aber nicht strukturell zu “verantworten” hat:

  • Ausser von ihren Flugzeug-Trägern können die USA keine militärischen Einsätze durchführen. Dies bedeutet, dass die Piloten Einsätze von den Flugzeug-Trägern mit einer Zeitdauer von ungefähr 6,5 Stunden fliegen müssen, was als hohe Zeit-Dauer einzustufen ist.
     
  • Konsequenz aus dieser Lage ist, dass die USA mit Nachdruck ein “Waffen-System” beschaffen müssen, was sich schon in der Schublade der “Reformer” befindet: JMOB (Joint Mobile Offshore Base) = ein “Sechsfach-Flugzeugträger”, über den das grösste Problem - schnelle weltweite Militär-Logistik - angegangen werden kann.

Zu beantwortende Fragen zur US-Strategie (wird aber keiner beantworten) ergeben sich aus der Analyse dessen, was vor allem durch US-Verteidigungsminister Rumsfeld in seinen Presse-Briefings darstellt, hier zuletzt das vom 12. Okt. 2001, 12:15 p.m. EDT.

Vorab sei eine sehr grobe Überschlags-Rechnung erlaubt:

  • Von den 70 - 80 Flugzeugen an Bord eines US-Flugzeug-Trägers rechnen wir 50 als Bomben-Flugzeuge, die mit jeweils 6 Bomben beladen sind;
  • dazu kommen die B-52/B1-Bomber von Diego Garcia, die mit mindestens 20 Bomben zu zählen sind; wir rechnen 10 Bomber pro Tag
  • letztlich die B-2 Bomber aus den USA, die wir auch mit 20 Bomben zählen (zwei Bomber pro Tag).
  • Somit fallen pro Tag mindestens 540 Bomben.

Das “Ergebnis” dieses (einwöchigen) Präzisions-Bombardements ist lt. Donald Rumsfeld:

  • Die “Kommunikation” ist unterbrochen, “somewhat”!
  • Das Militär der Taliban ist “geschwächt”;
  • die Flugabwehr-Fähigkeiten der Taliban sind “beschädigt”, “but certainly not eliminated”; die Taliban haben immer noch “some jet fighter aircraft, they still have some transports and stehy still have some helicopters.”

Richtig “kompliziert” wird die Bomben-Strategie der US-Administration aber erst, wenn man Rumsfeld weiterhin aufmerksam zuhört (liest). Wichtig ist zunächst: “Unser Ziel ist, eine Situation herbeizuführen, in der Terroristen in diesem Land nicht länger existieren ...” Um diesen gezirkelten Punkt zu erreichen, differenziert Rumsfeld sehr fein zwischen den Taliban, die Bin Ladens Netzwerk-Arbeit mit Al-Qaida untersützen und denen, die diesbezüglich ihre Zweifel haben. Erkennungszeichen zwischen Gruppen ist ihre Bewegung; wer sich nicht bewegt, ist Al-Qaida.

Und danach kommt der entscheidende Satz von Rumsfeld (S. 4): “Und an diesem Punkt, wo wir nicht militärische Ziele in der Nähe solcher Truppen attackieren ... (die sich nicht bewegen); dann sollen die so “Begünstigten” ihr “judgement” machen, ob sie aus dem, was die Amerikaner “gutes” für sie getan haben, ihren “Vorteil” (advantage) ziehen.

Völlig crazy wird man aber, wenn man auf S. 7 der Briefing-Niederschrift ankommt, wo Rumsfeld auf einmal den Erfolg verzeichnet, dass man Konzentrationen der Taliban und al Qaeda-Forces festgestellt habe: “and we know that they are moving ... “ (!?).

Der nächste Punkt der völligen Konfusion ist der folgende Sach-Zusammenhang: Klar ist, dass die Taliban von ihrer Volkszugehörigkeit generell als Paschtunen einzustufen sind. Auf die Reporter-Frage, die Problematik der Unterstützung der Nord-Allianz einschliessend, ob Rumsfeld denn die Paschtunen in die Macht-Balance einflechten will, antwortet er zunächst: “Sie haben recht.” Danach aber: “Egal, was ihre Absicht ist ... es können Effekte entstehen aufgrund dessen, wie sie etwas und wann sie etwas wie durchführen.”

Und Rumsfeld dementiert natürlich, dass man irgendwelche militärische “Hilfe” für die Nord-Allianz zurückhalte. Das scheint uns nicht gelogen (was Rumsfeld erklärtermassen nicht tun will), aber verschleiert. Für effektive “Nahbereichs-Unterstützung” (close air-support) fehlen den US-Militärs schlicht die Basen (im weitesten Sinne).

Zum Happening (auf dem Hintergrund des Rumsfeld-Briefings) wird die Frage-Stellung, wenn man sich durch die 23 Seiten des Hintergrund-Briefings des DoD vom 12. Okt. mit zwei Experten über Afghanistan liest:

  • Der vortragende Ungenannte meint, das Bosnien im Vergleich zu Afghanistan geradezu “homogen” sei;
     
  • Die genannte Zahl von (wohl in der Presse genannten) 1.200 Taliban-Überläufern schätzt er als wahrscheinlich zu höch ein;
     
  • Bin Ladens persönliche Streitmacht, die 55. Brigade (zeitweise im Norden von Kabul stationiert), wird auf 1.500 - 4.000 Anhänger beziffert, überwiegend arabischer Nationalität (in der Führungs-Etage Saudis und Ägypter). Die haben vor allem die Aufgabe, die auf 20 - 40.000 geschätzten Taliban-Krieger mit vorgehaltener Waffe vor dem Rückzug zu bewahren;
     
  • Auf die Frage-Darstellung eines Teilnehmers, dass US-Militär-Kommandierende über das Gewinnen des Krieges durch Eindringen in des Gegners Entscheidungs-Zentrum reden, nach Darstellung des Hintergrund-Briefers es sich aber augenscheinlich um Dutzende, Hunderte von solchen handele, antwortet der befragte Experte schlicht: “Yes.”
     
  • Wir ersparen uns, die Truppen-Stärken der Nord-Allianz auf die vier Haupt-Kampf-Gebiete Kabul, Taloqan, Chaghcharan und Mazar-e Sharif aufzugliedern, und die Frage-Stellung der Situation in den (weiten) Gebieten des Südens und Südwestens Afghanistans zu referieren, die als “Flugzeug-Träger” für die US-Militär-Planung nun wirklich interessant wäre.

Der genervte Leser wird sicher nach der “Zielführung” der Darlegung fragen. Wir auch, aber wir trösten uns mit Rumsfelds Hinweis, dass dies “stage setters for follow-on operations” sind; einige von ihnen sind sichtbar, aber “viele” nicht.

{Das Meiste ist unsichtbar - und nur das ist wichtig}

 

Kanzler Schröder: Unwiederbringlich

12. Okt. 2001

Dauernd werden “historische” Reden gehalten -einige sind nur hysterisch. Die des Kanzlers vier Wochen nach dem Terror-Angriff muss als historisch eingestuft werden (11. 10., Bundestag):

  • “... haben wir uns in einer neuen Weise der internationalen Verantwortung zu stellen”;
  • die Etappe der “sekundären Hilfsleistungen” ist “unwiederbringlich vorbei”.

Jetzt wird es richtig ernst:

  • Bis gestern (Do.) war ausgemacht, dass VM Scharping nur für 2002 zusätzliche 1,5 Mrd. DM bekommt;
  • schon heute (oder Montag) tagt die Staatssekretärs-Runde, die klären soll, ob die Übung über 2002 hinaus geht.

Somit wird der erste Lackmus-Test der Schröder-Historie sein, ob das BMVg über 2002 hinaus mit zusätzlichen 1,5 Mrd. DM rechnen kann oder nicht (diese 1,5 Mrd. DM ändern nichts daran, dass die 2. Bundeswehr-Reform kommen muss - sie wären bestenfalls ein “Schlafmittel”, um die grausame Inkompetenz des Verteidigungsministers zu verlängern).

Der zweite Lackmus-Test geht aber vielmehr den Kanzler an: Das andauernde “Versteckspiel” hinsichtlich der Frage, ob die Regierung nun auf die amerikanischen “Anfragen” reagiert oder ob sie selbst initiativ werden muss.

Freundlicherweise hat uns US-Verteidigungsminister Rumsfeld in der Beantwortung der uns konzeptionell brennend interessierenden Frage durch seine Presse-Konferenz-Antworten (11.10., 1.25 p.m. EDT) geholfen: www.defenselink.mil/news/Oct2001/t10112001_t1011sda.html:

  • “It is for them to do it” ...
  • “... to let them characterize what it is they doing for us ... “

Es ist wirklich schade, dass wir die Mitschrift des Bundes-Presseamtes der Regierungs-Pressekonferenz am 10. 10. 01 nicht ausführlich zitieren dürfen, denn als authorisierte Nutzer des wunderbaren Journalisten-Web-Dienstes der Bundesregierung www.cvd.bundesregierung.de dürfen wir “CvD exklusiv”-Berichte nicht direkt verwenden. So viel “dürfen” wir wohl: Zu unser “Versteckspiel”-Frage hat dort nämlich einer der grandiosesten Eiertänze stattgefunden, und der spricht “Bände”.

Noch “schlimmer” sind aber unsere “rumorenden” Informationen, dass die Bundesregierung den Amerikanern schon die Transall, den See-Aufklärer “Breguet Atlantic” und die Division “Spezielle Operationen” angeboten hat, die aber die USA abgelehnt haben. Und dass sich dahinter die üblichen Macht-Spielchen verbergen, wer wo die grosse Knete macht. O. K., wir haben keine Ahnung (man kann wirklich nicht wissen, wer wo irgendwelchen Mist umschaufelt).

{Blindekuh - ich mag mei Ruh’}

 

US-Präsident Bush: Prime Time

12. Okt. 2001

CNN hat festgestellt, dass dies seit 1995 die erste Übertragung einer Presse-Konferenz eines US-Präsidenten zur Haupt-Sendezeit (Tagesschau-Format - Prime Time) war:

  • Wir erinnern uns, das Hunderte/Tausende von US-Internet-Adressen damit beschäftigt waren, das Gestottere von Walker Bush zu dokumentieren;
  • Millionen/Milliarden Menschen sich in Einem einig waren/sind: Bush ist eine absolute Flasche.

Wir sind der Meinung, dass es

  • wirklich eine ausserordentliche Situation ist, sich angesichts des Umfeldes so zu “stellen”;
  • so souverän die Kiste zu managen;
  • solch ein Beispiel von kommunikativer Kompetenz abzuliefern.

Um alle Einzelheiten durchzukaspern, bedarf es sehr viel Zeit - die niemand hat. Sicher ist, dass es ein kommunikativer Schmaus war:

  • Körper-Sprache, Flexibilität, Modulation, Mimik, Kompetenz, Emotionalität.

Wir möchten am liebsten mit alll dem nichts zu tun haben:

  • Es ist immerhin die Verwaltung unheimlicher Macht;
  • Gesinnungs-Ethikern jedweder Coleur müsste es ein absoluter Grauss sein (ist es aber nicht);
  • Verantwortung heisst letztlich “Antworten” - und das auf internationaler Bühne - life (nicht so wie von TV-NDR gestern in einem tollen Bericht aufgezeigt, dass Herr bin Laden nur auf eingereichte Fragen antwortet und - kritische - Nachfragen generell ablehnt (Ja, wir wissen es - die Fragen waren alle “gestellt” - alles ist nur ein unglaubliches “US-Theater”).

Aus unserer (unmassgeblichen) Sicht hat die Hintergrund-Dramaturgie des Präsidenten-Auftritts nur einen “kleinen” Fehler gemacht:

  • Der (vorab) lieb geplante Aufruf, dass alle US-Kids 1 US$ für die afghanischen Kiddies spenden sollen, hat einen Nachteil:
    - Ganz wild geschätzt werden 70 Mio. US-Kiddies auch 70 Mio. US $ sammeln.
  • Ein zusätzlicher Aufruf an die Milliardäre und Millionäre der US-Provenienz - und zusätzlich internationaler Herkunft - müsste Grössen-Ordnungen in die Kassen spülen, die niemals zu vor erreicht worden wären.

{Nur Nobody is perfect}

 

US-Krieg: Prävention?

11. Oktober 2001

Natürlich ist schon von einigen Experten spekuliert worden, welche “Ziele” über Afghanistan hinaus die US-Regierung im Hinterkopf hat. Aber seit Bush’s Erklärung zum Kriegsbeginn beginnt nun das richtige Spekulations-Feuer. Letzter Funke war die Passage des Brief-Textes in des US-Botschafters bei den Vereinten Nationen, John D. Negroponte, vom 7. 10. 2001 (siehe www.usinfo.state.gov):
“Weiterhin ist da vieles, was wir nicht wissen. Unsere Untersuchungen sind in einem frühen Stadium. Mag sein, dass unseres Selbst-Verteidigung weitere Aktionen hinsichtlich anderer Organisationen und anderer Staaten erfordert.”

Einleitung des Themas:
In “The New Republic” (
www.tnr.com) hat unter dem Titel “No Choice” (1.10.01) der Alt-Stratege Lawrence Kaplan “tief blicken” lassen und an eine zehn Jahre alte strategische Planungs-Empfehlung des heutigen stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz erinnert:
“Vermeide das Aufkommen eines neuen Rivalen - Verweigere jeder gegnerischen Macht die Beherrschung einer lebenswichtigen Region”

Am 8. Okt. hatte Anton La Guardia vom Londoner “Telegraph” (www.portal.telegraph.co.uk) seine “Irak”-Geschichte fertig. Er konnte immerhin den republikanischen “Oppositions”-Führer im US-Senat, Trent Lott, zitieren, der gegenüber Fox News am Sonntag meinte:
“Mit anderen Worten, nimm dir Zeit, habe einen Plan, nach dem ersten Ziel das zweite.”

Seit dem 10. Okt. geht es richtig los:

  • Neil King Jr. vom “Wall Street Journal” dichtet die Irak-Hypothese neben interessanten Einzelheiten vor allem mit der Allerwelts-Strategie “Feind meines Feindes mein Freund” zusammen;
     
  • Colum Lynch, “Washington Post”, hat einen Knaller gezündet. Er beschreibt detailliert, wie US/UN-Botschafter Negroponte unangemeldet bei seinem irakischen Kollegen Mohammed Douri an die Tür geklopft hat und ihm eine “Standpauke” gehalten hat samt Brief-Übergabe: Sollte es irgendwelche Hilfe für die Anti-US-Kräfte in Afghanistan geben, den Gebrauch von Massen-Vernichtungswaffen, militärische Operationen gegen Nachbar-Staaten oder die Kurden im Norden Iraks, gäbe es militärische Aktionen der USA.
    Folge: Irak betrachtet den Text als direkte Bedrohung und mutmasst, dass die USA und Gross-Britannien unter dem Vorwandt der Terrorismus-Bekämpfung “alte Rechnungen begleichen” wollen.
    Der einzige in den Medien immer wieder genannte Beleg ist der Hinweis tschechischer Geheimdienste, dass der vermutete Anführer des Terro-Anschlages, Mohamed Atta, vor Antritt seiner US-Reise im Juni 2000 sich mit dem irakischen Consul und Sekretär 2. Klasse, Ahmed Khalil Ibrahim Samir Al-Ani, in Prag getroffen habe.
     
  • Tim Weiner, New York Times, sieht dagegen die Philippinen, Indonesien und Malaysia als die zukünftige Schauplätze offener oder verdeckter Operationen; Gegner: Abu Sayyaf und andere.
     
  • Ein gewisser Jack Wheeler, Freedom Research Institute, durfte heute bei CNN seinen Irak-Eifer in die Welt flimmern; er nennt sich immerhin “Analyst”.

Wir sind wahrlich keine Saddam-Hussein-Fans, haben die UN-Studie über dessen Verwendung der Gelder des UN-Oil-for-Food-Programms (S/2001/186, Kurzfassung) sehr gut in Erinnerung und haben auch mit nach Deutschland vertriebenen kurdischen Irakern gesprochen, aber:
Wenn irgendeine Regierung, und seien es unsere amerikanischen Freunde, unter dem Druck der Ereignisse zu pre-emptiven oder gar präventiven Kriegs-Massnahmen greift, sollte die Gefolgschaft fehlen (so sehr wir uns das Ende der irakischen Regime-Tyrannei wünschen - aber nicht so).

{Offensive Defense - No Aggression}

 

Bundesregierung: Versteckspiel?

9. Okt. 2001

Nach Kriegsbeginn, Feststellung des Bündnisfalles und des durch US-Präsident Bush erklärten Waffen-Einsatzes am 7. Okt. ist die Frage, mit welchen militärischen Kräften sich die Bundesrepublik Deutschland am Einsatz in Afghanistan beteiligt, schon x-mal in den Medien durchgekaspert worden, aber augenscheinlich nicht in der Bundesregierung:

  • In seiner “Address to the Nation” über den offiziellen Kriegsbeginn durch die USA erklärte George W. Bush:
    “Other close friends, including Canada, Australia, Germany and France, have
    pledged forces as the operation unfolds.”
     
  • Kanzler Schröder erklärte dazu nach Beginn der Angriffe am 7. Okt.:
    “Deutschland wird aber ebenso wie Frankreich im weiteren Verlauf seinen Beitrag leisten, sobald das
    konkret erbeten wird und soweit das von unseren Fähigkeiten her objektiv möglich ist.”

Nachdem der sicherheitspolitische Berater des Bundeskanzler, Michael Steiner, sich drei Tage “geheim” in Washington aufgehalten hat, müsste man spätestens jetzt annehmen, dass “irgendwer” die Frage des Prozederes geklärt hätte, vor allem angesichts der Tatsache, dass Gerhard Schröder heute zu Besuch im Weissen Haus ist. Wird er wieder etwas “versprechen, geloben”, pledgen? Oder hat er auch eine Liste in der Tasche, was er denn - von den “objektiven Fähigkeiten” her - anbieten kann, und wer das alles operativ umsetzt, wer zuständig ist?

Wenn er diese Liste hat, ist sie jedenfalls nicht von denen geschrieben worden, die das sachlich beurteilen können. Seit Beginn der Reform der Bundeswehr gibt es den sog. “Einsatzrat”, der die “Entscheidungsvorbereitung, Beratung und unmittelbare Unterstützung des Ministers” sicherstellen soll; ihm sitzt der General-Inspekteur der Bundeswehr vor. Unsere Recherche in den entsprechenden Kreisen des Einsatzrates ergibt, dass dieser bisher mit keiner Frage, Analysen o. ä. beauftragt worden ist, welche Leistungen die Bundeswehr objektiv erbringen kann, von irgendwelchen konkreten Aufträgen oder Vorbereitungen ganz zu schweigen.

Von der Nachrichten-Agentur AFX (8.10.) lesen wir heute, dass die Kanadier ihr “Versprechen” umsetzen. Lt. Aussagen des kanadischen Verteidigungsministers Art Eggleton stellen sie 2.000 Soldaten, die innerhalb der nächsten Tage eingesetzt werden:

  • 3 Hercules-Transporter, einen Airbus,
  • 2 Marine-Patrouillen-Flugzeuge,
  • 1 Elite-Kommando (JTF-2).

Es heisst in der AFX-Meldung zwar auch, dass sie von den “USA nachgefragt” (requested) worden seien. Wir fragen uns aber, wie das bei den Kanadiern genau abgelaufen ist.

Vielleicht gibt es ja im Amerikanischen eine verwandte Lebensweisheit: “Wer viel fragt, gibt nicht gern” (wobei das “gern” in diesem Fall bitte nicht als “Militarismus” o. ä. ausgelegt werden sollte). “Gewiss” kennen die Amis nicht die Doppeldeutigkeit:

{Wer verspricht, verspricht sich - darauf verpfänden wir uns}

 

USA: infinite enduring war

8. Okt. 2001

Um 18.30 Uhr MEZ hat der Krieg mit Streitkräften der USA und des Vereinigten Königreichs von Gross-Britannien gegen die Afghanistans begonnen; Ortszeit 04.00 Uhr nachts.

  • 1. Einsatz:
    - 2 B2-Bomber, stationiert in den USA,
    - 25 Kampf-Flugzeuge von den Flugzeug-Trägern Vinson und Enterprise,
    - Marschflugkörper von zwei U-Booten (eins UK), drei Zerstörern und einem Kreuzer.
     
  • Folge-Einsätze:
    - gegen 05.00 MEZ zählte der ein unvergleichliches Englisch sprechende Reporter Kemal Hyder für CNN den vierten Einsatz in der Gegend Kandahars.
     
  • Ziele waren:
    - Flug-Abwehr-Stellungen,
    - Radar-Anlagen,
    - Trainingslager,
    - Flughäfen und Kampf-Flugzeuge,
    - Gebiete mit Konzentrationen militärischer Einheiten.

Um 01.00 p.m. EDT hat US-Präsident Bush mit einer 1,5-seitigen TV-Rede die “Kriegserklärung” verkündet (www.whitehouse.gov), 27 Tage nach dem Angriff auf die USA. Wichtigster Satz aus unserer Sicht, obgleich eine etwas anders lautende Wiederholung in seiner Rede vor dem US-Parlament am 20.9.01:
“Heute konzentrieren wir uns auf Afghanistan, aber das Gefecht ist weitergehend. Jede Nation hat eine Wahl zu treffen. In diesem Konflikt gibt es keine neutrale Position. Falls irgendeine Regierung Gesetzlose und Mörder von Unschuldigen unterstützt, werden sie selbst Gesetzlose und Mörder. Und sie werden jenen einsamen Weg auf ihr eigenes Risiko gehen.”

Über den TV-Sender Al-Jazeera, Quartar, ist zum wiederholten Male ein Bin Laden-Video eingespielt worden: eine wieviele Tage auch immer vorher aufgenommene Konserve. Diejenigen, die bisher sehr laut nach Beweisen gerufen, werden das Eingeständnis Bin Ladens ableiten können (Text auf www.spiegel.de, inoffizielle Übersetzung von ap):
“Da ist Amerika, von Gott getroffen an einer seiner empfindlichsten Stellen.” Wenig später wird klar, dass es Gott nicht gewesen ist:
“Als Gott eine der Gruppen des Islams segnete, Speerspitzen des Islams, zerstörten sie Amerika.”

Zum Bild Bin Ladens gehört:

  • Er ist nie offiziell Regierungsmitglied eines Staates gewesen.
  • Er hat keinerlei theokratischen Rang irgendeiner islamischen Vereinigung.
  • Bin Laden erkärt sich selbst als den von Gott gesegneten Führer und die Al-Qaida als die Speerspitze des zukünftigen Islams, und ruft alle Muslime zum Krieg gegen die Ungläubigen auf:
    “Jeder Moslem muss danach drängen, seiner Religion zum Sieg zu verhelfen. Der Sturm des Glaubens ist gekommen.”
  • In der Rede Bin Ladens gibt es keinen konkreten Hinweis auf Folge-Anschläge.

Die Beurteilung der im TV-Video von Bin Laden abgegebenen kommunikativen Bilder ergibt:

  • Die Rhetorik ist äusserst unbefriedigend; es fehlt jegliche Energie. Die Mimik, insbesondere die der Augen, ist blass und fahrig.
  • Die Körpersprache ist äusserst flach. Einzige Handbewegung ist die des erhobenen Zeigefingers als Symbol des auf alle Zuschauer niedergehenden Schlagstockes.

Vorgestern ist bereits eine militärische Transport-Maschine mit Hilfsgütern für die afghanische Zivil-Bevölkerung aus Japan eingetroffen. Die deutschen Regierungs-Verantwortlichen, die auf amerikanische Anfragen warten, könnten sich ja vielleicht mal etwas bewegen. Von der deutschen Luftwaffe wissen wir, dass Transall-Besatzungen vorzüglich den punktgenauen und ungefährlichen Abwurf von Paletten mit Hilfgütern aus sehr geringen Höhen beherrschen. Zumindest in Nord-Afghanistan könnte man das mal wieder zeigen.

Diesbezüglich haben auch die US-Verantwortlichen dazugelernt. Sie sollen bereits 37.000 Tagesrationen (4,25 $/Stück) mit zwei C-17-Transportern abgeworfen haben.

Wir verstehen nicht, wieso Muslime von einer Demütigung des Islam sprechen können. GOTT bzw. ALLAH kann kein Mensch demütigen - Demut gegenüber dem HERRN sollte jeder Gläubige lernen, andernfalls wird es ihn gelehrt. Und dass die Tyrannei der Taliban nun endet, werden diejenigen, die nur etwas von dem unendlichen Leid der Millionen Afghanen gesehen haben, jeweils auf ihre Weise zu danken haben. Wir gehören dazu.

{Woher der Dank kommt, wissen wir alle}

 

Guck mal, wer da spricht

5. Oktober 2001

“I’m still confused - but on a very much higher level”. Wirklich ein schöner Tag:

  • Die knackigen Briten haben auf www.number-10.gov.uk/news.asp?NewsId=2686 eine 15-seitige Beweisführung hinsichtlich der “Verantwortlichkeit für die terroristischen Abscheulichkeiten in den Vereinigten Staaten am 11. Sept. 2001” veröffentlicht. Wir wissen nicht, ob die Briten schlicht den US-Bericht abgepinnt haben. Wenn nein, Hochachtung. Wenn ja, dann stellt sich die Frage, warum die USA diesen Weg wählen. Sie werden sich nicht daran vorbeimogeln können, ihren Bericht auf den Tisch zu legen. Das die Deutschen so ein “englisches” Ding (falls es ein originäres ist) bringen würden, darf man nicht annehmen.
     
  • Auf TV “arte” haben wir nach Mitternacht einen phantastischen Film eines Franzosen über Afghanistan (und hauptsächlich Massoud) gesehen. Einsame Spitzenklasse - allerhöchste Anerkennung.
     
  • Auf http://www.bostonphoenix.com/boston/news_features/this_just_in/documents/018485 15.htm haben wir den Artikel von Seth Gitell (Strange Bedfellows) überflogen, der über Grover Norquist berichtet. Oh’ Schreck lass nach, Bush, untergehakt mit Radikal-Islamisten auf Stimmenfang.
     
  • Der nächste Schock kam von Taras Kuzio mit “Beware Russia’s motives” im “Christian Science Monitor” vom 4. 10. http://www.csmonitor.com/2001/1004/p11s1-coop.html
     
  • Dann 9 Seiten von Asa Hutchinson, Chefin der “US Drug Enforcement Administration” (DEA), über Taliban’schen Drogen-Handel. Tolles Fact Sheet, wird nur keiner zur Kenntnis nehmen http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f =01100302.glt&t=/products/washfile/newsitem.shtml
     
  • Und wiederum auf http://www.usinfo.state.gov/cgi-bin/washfile/display.pl?p=/products/washfile/latest&f =01100403.plt&t=/products/washfile/newsitem.shtml
    13 Seiten Statement des stellv. US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz vor dem Verteidigungs-Ausschuss des US-Senats. Unter den Spitzen-Journalisten in Washington ist schon der heilige Krieg ausgebrochen, ob dieser Falke recht hat oder das “Weich-Ei” Powell. Ist ein “grandioses” Schauspiel.
     
  • Ohne jeglichen Zweifel haben die Abscheulichkeiten von Hisbollah (?)/Hamas(?) die Israelis wieder zur Weissglut getrieben. Ist wirklich eine herrliche Aussicht, Krieg auf zwei Kanälen anschauen zu können.
     
  • Noch wissen wir nicht, ob die Tupolew-154 von einer usbekischen Übungs-Rakete oder einem Terror-Paket gesprengt worden ist. Beide Alternativen sind “entzückend”.
     
  • Geradezu anheimelnd dagegen ist die heimische Debatte. Erst bekommen wir via FAZ (28. 9.01) von der indischen Super-Literatin Arundhati Roy (“Wut ist der Schlüssel” - Wut und Zorn waren noch nie etwas vernünftiges) die Allerwelts-(Idioten)-Weisheit vermittelt, dass die USA an allem Welt-Unglück schuld sind - und dann kommt noch unser Werte-Wickert - sozusagen die Sachkompetenz pur. Ist schon eine schicke Werte-Haltung, erst stramme Behauptungen aufzulegen, um sie dann als “missverständlich und misslungen” zurückzunehmen.
    Nicht zurücknehmen wollen wird Wickert sein Voltaire-Zitat:
    “Irren ist menschlich, und wir machen dauernd Fehler. So lasst uns denn einander unsere Torheiten verzeihen. Das ist das Grundgesetz des Naturrechts.”
    Dann heisst es bei Wickert direkt weiter:
    “Also bedeutet Toleranz: Lasst den Islam mohammedanisch sein. Zwingt ihm nicht den westlichen Materialismus auf.”
    Ach je, was für eine wunderschöne Formulierung. Nur hat Herr Wickert bei aller intellektuellen Weisheit eines noch nicht mitbekommen: der teuflische “Materialismus” kann nicht von aussen, sondern nur von innen “probiert” werden. Und diejenigen, die der teuflischten Versuchung - der Macht - erliegen, sind leider zuviele - fast Alle.

{Goethe/Faust: “Oh fliehe Macht - du bist mein Tod”}

 

Bundeswehr: Traum

4. Okt. 2001

Zwei deutsche verteidigungspolitische Probleme sind der Diskussion wert:

  1. Welche Rüstungsbeschaffungen soll das BMVg mit dem für 2002 zugeteilten zusätzlichen 1,5 Mrd. DM forcieren?
     
  2. Welche eigen-initiierten Leistungen kann die Bundeswehr in Afghanistan erbringen?

I. Die Rüstungs-Optionen

Natürllich gibt es schon zwei “Fraktionen” im Bundesverteidigungsministerium:

  • Die “altdeutsche” Fraktion will Blend-Granaten zünden: Richtig dicke Projekte wie Radar-Satelliten, Korvetten etc., die allerdings sowieso (fälschlicherweise) auf der Tagesordnung stehen.
     
  • Die “Reformer” denken eher an nicht polit-marketing-fähiges “Kleinzeug”, welches im “Materialkonzept” (siehe DCI) unter “Überlebensfähigkeit” oder “Unterstützung und Durchhaltefähigkeit” zu finden ist.

Welch’ sonderbare Wege der Entscheidungsgang auch immer nehmen wird:
Zu beachten ist der Hinweis des SPIEGEL (40/2001, S. 73), dass
- der zusätzliche Betrag von ca. 1,5 Mrd. DM augenscheinlich nicht für die Jahre 2003 ff. sicher ist;
- eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Kanzleramts-Chef Steinmeier die BMVg-Wünsche abnehmen muss.

Wir nehmen uns die Freiheit, einige “irre” Vorschläge für einen Teil des “unverdienten Geldsegens” zu machen, die mit Punkt 2 unserer Fragestellung zusammenhängt:

  • Druck-priorisierter Rüstungs-Auftrag an alle deutschen Hersteller von Minen-Räum-Fahrzeugen (Rheinmetall, Diehl und den uns derzeit nicht namens-präsenten Ex-Forstmeister mit seiner Super-Fräse - Nachtrag: Krohn): Beim “Keiler” wird das 2. und 3. Los bestellt, der “Rhino” von (FFG = falsch, richtig = Rheinmetall) wird geordert, und halt die “unbekannte” Minen-Fräse.
     
  • Mit der russischen Regierung werden sofort Verhandlungen aufgenommen, einige ihrer strategischen Super-Transporter ihrer Luftwaffe (Typen liefern wir nach) zu kaufen, leasen oder sonstwas (wie hoch war noch unser Guthaben bei ihnen - 13 Mrd. DM?).
     
  • Die von der VEBEG über GEBB zu verscherbelnden LKWs kriegen Sandfilter und werden nach Afghanistan geflogen.
     
  • Die Bundeswehr räumt ihre Bestände an Berge-Panzern und Pionier-Gerät und liftet sie dahin, wo sie dringend gebraucht werden; Nachbestellung kommt umgehend. Gleiches gilt für die Bw-”Strassen-Betankungswagen” etc.
     
  • Die Hersteller unserer schicken Medizin-Container schieben 3-Schichten-Arbeit, um die Auftrags-Vorgaben zu erfüllen.
     
  • Die prallen Vorrats-Lager für Zelte, Decken und Mampf-Rationen werden geräumt - mit Nachbestellung.

II. “Kampf-Beitrag”

Nach Bekanntgabe der US-Forderungen für den ersten Bündnisfall scheint das Leistungsvermögen Deutschlands relativ ausgeschöpft. Überflug- und Landerechte sowie AWACS-Beteiligung werden wir ja wohl nicht verweigern. Bringen wir aber eigenständige Initiativen zustande, die angemessen, dringend notwendig sind?

Wenn alle Hochglanz-Beteuerungen nicht trügen, sind wir mit unserem vorhandenen Material Weltspitze im Minenräumen, sprich “Keiler” etc. In Afghanistan liegen Millionen von Minen! Und die Bilder der verletzten Kinder und Erwachsenen kann man auch sehen.

Angesichts der fabelhaften Chemie zwischen Schröder und Putin dürfte es möglich sein, die russische Lufttransport-Kapazität und die Überflug-Rechte bis nach Turkmenistan/Usbekistan/Tadschikistan zu bekommen, um unsere Pionier-Kapazitäten vor Ort zu bringen. Der zweite Teil unserer Minenräum-Kapazitäten wird nach Quetta/Pakistan geflogen. Die entsprechenden Pläne liegen hoffentlich in den Schubladen. Die Taliban laufen schon jetzt über. Wenn die Marketing-Fuzzis das richtig einfädeln, werden die weiss-gepinselten Minenräumer mit Friedens-Lorbeeren beschmissen, vor allem wenn sie erklärtermassen in Afghanistan verbleiben. Und dann die Bilder von den russischen Soldaten, die die “Keiler” in die dicken Antonovs winken! Dann würden Reden durch Taten wahr - Zivilmacht Deutschland pur, mit Stolz. Wie hiess der Werbe-Spruch von Welthunger-Hilfe, UNICEF oder so?: “Wenn Du fühlst, was Du siehst, dann gib, was Du kannst.”

{Nur ein Traum geht nicht zu Ende - der Letzte}

 

Afghanistan: Order of Battle

2. Okt. 2001

Die Meldungen über den Beginn des Einsatzes militärischer Mittel der USA gegen militärische Ziele der afghanischen Taliban-Regierung (sprich Krieg) werden immer dichter:

  • Pakistans Premier Musharraf hält die Tage des Taliban-Regimes für gezählt;
  • der britische “Telegraph” meldet in seiner heutigen Ausgabe, dass Tony Blair heute am zweiten Tag des jährlichen Partei-Treffens der Labour-Party in Brighton dem Taliban-Regime den Krieg erklären wird;
  • CNN hat gegen 4 Uhr gemeldet, dass die US-Regierung die Beweise für die Verantwortlichkeit bin Ladens/Al-Qaida Regierungen in der folgenden Schichtung vorlegt:
    - englisch-sprechende Regierungen erhalten die weitgehendste Fassung der klassifizierten Informationen (ab gestern);
    - 48 Stunden später erhalten die US-Botschaften enger Verbündeter, z.B. NATO-Miglieder, die weniger enthüllende Beweisführung;
    - kurz nach dieser “zweiten Runde” bekommt es “everyone else”, aber in nochmals abgespekter Fassung (unter den vielen Sommersprossen waren auch einige Gesichtspunkte).

Ob heute, morgen (wahrscheinlich) oder später: Wie üblich wird der Krieg im Morgengrauen beginnen. Präsident Busch wird wohl gegen 22 Uhr in seinem ovalen Büro verkünden, dass der Militär-Schlag um 21 Uhr begonnen habe. Bei uns ist es nachtschlafende Zeit, 03.00; Afghanistan ist uns zeitmässig dreieinhalb Stunden voraus (wir wissen nicht, wann genau der Morgen in Afghanistan dämmert).

Da es keine TV-Bilder geben wird, müssen wir (makaber) schätzen:

  • Beginnen wird der Krieg mit Präzisions-Bomben aus B-52-Bombern (Start in Diego Garcia) gegen rund 50 militärische Training-Camps (siehe US-Aufklärungs-Foto in SPIEGEL 40/01, S. 156);
  • B2-Bomber werden spezielle Ziele wie Militär-Flugplätze, Luft-Abwehr-Stellungen, Kontroll-Zentren punktgenau angreifen können, möglicherweise auch Drogen-Lager.
  • Von den 10 Flughäfen mit befestigter Landebahn und den 35 unbefestigten Flughäfen (Aufgliederung nach Startbahn-Länge unter “Afghanistan” im CIA-Handbuch - www.odci.gov) werden sich die US-Planer diejenigen ausgesucht haben, die ihren Anforderungen entsprechen. Im Umfeld dieser Plätze wird absolute Luft-Überlegenheit hergestellt; danach landet US-Marine-Corps und stellt Sicherheit für die Inbesitznahme und Aufbau her. Mögliche Plätze im südlichen Afghanistan (Tiefebene) sind: Laskargah, Farah, Sindand sowie Terin (nördlich Kandahar) und Gazni südlich Kabul.
  • Vorrangig: Installation von Führungs-Fähigkeit und taktischer Aufklärung.
  • Wichtigstes strategisches Ziel ist Kandahar, Sitz der Taliban-Regierung.
  • Schwerpunkt ist die Beherrschung der südwestlichen Tiefebene Afghanistans. Die die Mitte des Landes beherrschende Bergregion wird ausgespart, jedoch intensiv taktisch mit Drohnen aufgeklärt. Der Norden ist weitestgehend von der Nord-Allianz beherrscht; dort wird nach Herstellung der Lufthoheit zunächst im wesentlichen Luft-Nah-Unterstützung mit A-10 geflogen.

Das Gesamtbild fusst vor allem auf den entscheidenden Gegebenheiten:

  • Ohne die Überflug-Rechte Pakistans hätten die US-Streitkräfte keinen südlichen Zugang für Bomber von Diego Garcia und träger-gestütze Kampf-Flugzeuge; als für US-Kräfte nutzbare Flugbasen (vor allem Betankung) in Pakistan werden genannt: Kohat, Rajanpur, Dera Ismail Khan und Shamsi (Quelle: Hindustan Times, 29., NYT 30.).
  • Im Norden sind zwar die gegebenen Überflug-Rechte von Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan sehr wichtig; sie wären aber wertlos ohne die von Kasachstan und vor allem Russlands (das Fact Sheet der US-Regierung vom 1. 10. 01 spricht allerdings nur von der Freigabe Russlands für “humanitäre Flüge”, dann allerdings von Überflug- und Landerechten von 27 Staaten).
  • Die “Special Forces” werden wichtige Aufklärungs- und Vorbereitungs-Arbeiten geleistet haben.
  • Verabredet ist ein Treffen von 120 Clan-Führern aus ganz Afghanistan mit dem Ex-König Shah zur Vorbereitung einer Übergangs-Regierung.

Das “Order of Battle” stellt sich oberflächlich wie folgt dar (lt. “Military Balance 2001”, IISS, London, S. 12 ff.):

  • USA
    - 3 Sicht/Wärmebild-Satelliten der verbesserten “Crystal”-Klasse; 6 inch Auflösung);
    - ? Radar-Satelliten des Typs Lacrosse (1 - 2 m Auflösung);
    - 8 Boden-Beobachtungs-Flugzeuge “Joint Stars” (E-8);
    - Aufklärungs-Drohnen des Typs Global Hawk, Predator etc.
    - 250 strategische und 418 taktische Transport-Flugzeuge;
    - 526 Tankflugzeuge.

    In seiner Rede vor Mitarbeitern der “Federal Emergency Management Agency” am 1. 10. 01 hat Präsident Bush folgende Stationierungs-Daten genannt:
    - 29.000 Soldaten;
    - 2 Flugzeugträger-Gruppen;
    - eine Amphibien-Gruppe;
    - einige hundert Militär-Flugzeuge;
    - 17.000 einberufene Reservisten.

    Dazu sind die britischen Kräfte zu zählen.
     
  • Afghanistan
    (Quelle: USA Today 27., MENL 27.; die hier nicht genannten Zahlen von “Mil. Balance” sind wesentlich höher, stammen aber aus 1992)
    - 40.000 (+?) Taliban-Kämpfer (Nachtrag am 3. 10. 01)
    - 30 veraltete Panzer des Typs T-55, T-62;
    - 15 - 20 MiG 21, Sukhoi-22;
    - ein “begrenztes Arsenal Kurzstrecken-Raketen des Typs SCUD;
    - 200 geschulterte Flugabwehr-Raketen des US-Typs “Stinger”;
    - sonstige Flug-Abwehr-Rohr-Waffen
    - 5 - 7 Millionen Land-Minen;
    - 6 Militär-Flugplätze;
    - Militär-Zentrum in Kabul, sonstige Anlagen im Süden von Kandahar.

Laut News-Meldungen soll der Führer der Taliban, Mullah Mohammed Oma im staatlichen Rundfunk gesagt haben, die Amis seien zu einem Angriff zu feige; sie sollten sich gut überlegen, ob sie militärische Operationen wagen.

{Man sollte nicht ganz ausschliesslich Koran-Texte lesen}

 

Grenzenlos: Probleme

30. September 2001

Die Lichtgeschwindigkeiten der Ereignisse der letzten drei Tage halten wir fest, in dem wie die Uhr anhalten:

  • In seiner 4.385 Sitzung hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 28. Sept. 01 die Resolution 1373 (3 Seiten) einstimmig verabschiedet; die Sitzung dauerte von 22.50 bis 22.53 Uhr:
    “Der Sicherheitsrat ... bekräftigt die Notwendigkeit, in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen Bedrohungen des Internationalen Friedens und der Sicherheit, die durch terroristische Akte hervorgerufen werden, mit allen Möglichkeiten zu bekämpfen (
    to combat by all means).”
    Da die Artikel 12, 24 und insbesondere 25 der UN-Charta, die geltendes Völkerrecht ist, die Entscheidungen des Sicherheitsrates zur “letzten Instanz” in Fragen der internationalen Sicherheit erheben, wird sich die Kritik daran ausserhalb des staatlich vereinbarten Regelsystems bewegen müssen.
     
  • Der 1973 vom Kabuler Thron verjagte afghanische König Mohammed Zahir Shah soll alle in Afghanistan verfeindeten ethnischen Gruppen zu einer Interims-Regelung führen - ausgenommen sind natürlich die Taliban.
     
  • US-Justiz-Minister John Ashcroft hat vor weiteren bevorstehenden Terror-Attacken gewarnt.
     
  • Die Regierung Saudi-Arabiens verweigert den USA nun wohl doch die Nutzung der Basen für Militär-Einsätze gegen Afghanistan. Ob das die USA davon abhalten wird, das vor kurzem fertiggestellte Kommando-Zentrum auf der Prinz-Sultan-Luftwaffenbasis (70 km südöstlich der Hauptstadt Riyad) zu benutzen, werden wir von hier nicht feststellen können.
     
  • Nur Zwischenbilanz können die Zahlen nach einem Jahr II. Intifada sein: Rund 600 palästinensische und 178 israelische Tote. Dies ist erkennbar nicht “Auge um Auge”. Premier Sharon hat schon wieder ein 48h-Ultimatum ausgesprochen. Es ist unwahrscheinlich, dass von unseren Friedenspolitikern einmal die Sharon-Fraktion etwas mehr kritisiert werden würde als Hisbolla oder Hamas. Die Bilder von Soldaten, die auf steine-werfende Jugendliche schiessen, sprechen ihre eigene Sprache - komme bitte niemand, wir sähen die toten Israelis nicht.
     
  • Sehr problemträchtig dürfte die Interpretation dessen sein, was ein hochrangiger US-Offizieller bei einem Hintergrund-Gespräch während der NATO-Tagung der Verteidigungsminister am 26. Sept. in Brüssel dargelegt hat. Zentraler Punkt (focus) der Minister-Disklussion sei der “alarmierende” Zusammenhang bei Staaten, die internationale Terroristen beherbergen und gleichzeitig über Massen-Vernichtungswaffen verfügen oder solche anstreben - und wie man sie behandeln solle.

Bei der Listung dürfen die deutschen Problemchen als Fuss-Note angefügt werden:

  • Bei dem bereits erwähnten Treffen der NATO-Verteidigungsminister hat der seinen Chef vertretende US-Deputy Paul Wolfowitz erklärt, er habe bilaterale Treffen mit dem türkischen, britischen, französischen, italienischen und russischen Verteidigungsminister gehabt. Hatte Wolfowitz keine Zeit für Rudolf Scharping oder der nicht für ihn. Wir haben bei den TV-Bildern vom Zusammentreffen aller Minister für das Gruppenbild ohne Dame Herrn Scharping nicht entdecken können.
     
  • Irgend jemand von den in Berlin ansässigen Medien wird sich noch mit folgendem Vorfall beschäftigen:
    - SPIEGEL-Online hat am 21. Sept. ein knackiges Interview mit Brigade-General Reinhard Günzel, Kommandeur des Kommandos Spezial-Kräfte (KSK) veröffentlicht (“Es würde ein Blutbad geben”).
    - Während der Regierungs-Pressekonferenz wurde der BMVg-Sprecher, Oberst Cholin, danach befragt. Neben der völlig unangemessenen Reaktion sagte Cholin, Günzel sei zu einem Interview nicht authorisiert worden und habe auch gar keines gegeben.
    - Der österreichische “Standard” meldet aber in seiner morgigen Ausgabe, dass das Interview vom Ministerium gestattet war - und dass am vergangenen Wochenende ein Disziplinar-Verfahren gegen Günzel eingeleitet worden sei.

Die beste Beschreibung für wirkliche Probleme haben wir in einem Artikel von Howard Schneider, Washington Post, Kairo (27. Sept.), gefunden. Schneider zitiert die Aussage von Nizar Hamzeh, Professor an der American University of Beirut:

  • “Trittst du der Allianz bei und kämpfst gegen den Terrorismus? Das ist ein Problem.
  • Du säuberst die Strassen (mit Massen-Verhaftungen)? Das ist ein Problem.
  • Du stellst Dich abseits? Das ist ein Problem.”

Es muss am Fr. oder Sa. gewesen sein, als wir eine tolle Ministerin aus Pakistan im Interview mit CNN oder BBC gesehen haben (ihr Name war recht lang und kompliziert). Auf die schwierige Lage und die Qualitäten von Premier Musharraf angesprochen, antwortete sie:
Erstens müsse man Prinzipien haben und zweitens seine Interessen definieren.

{Sun Tsu sagt: “Probleme sind nur mangelndes Interesse an Prinzipien”}

 

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