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N e w s   I I I / 2 0 0 7

 

 

U.S.-CJCS: einfach

5. Oktober 2007

Der neue Vorsitzende des Generalstabs der U.S.-Streitkräfte (CJCS), Admiral Michael G. Mullen (MGM), hat mit einer Erklärung und einem 1 1/2-seitigen Brief an alle Soldaten und deren Familien seine erste Positionsbeschreibung abgegeben. In der Funktion vergleichbar dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, ist Admiral Mullen per Gesetz oberster Militär-Berater des U.S.-Präsidenten und des Nationalen Sicherheitsrates und zügelnder Koordinator der mächtigen Teilstreitkräfte-Interessen.

Betrachtet man die entsprechenden amtlichen Presse-Artikel und den Text des Briefes an seine Sodaten ( http://www.jcs.mil/chairman/speeches/Ltr_Families.pdf ), darf man sich Parallelen zu Schneiderhan’s Welt denken.

MGM

  • rückt zwar auf seiner Prioritätenliste (Brief) die Kriege im Irak und in Afghanistan in den Zusammenhang der Sicherheit im Mittleren Osten, und will eine “comprehensive strategy” (das entsprechende deutsche Totschlagswort ist “Gesamtstrategie”) für die Sicherheit der ganzen Region entwickeln,
     
  • lässt auf Platz 2 aber das Ziel folgen, insbesondere die Landstreitkräfte (Army und Marine Corps) zu retten (“resetting, reconstituting, and revitalizing”),
     
  • verdeckt u.E., dass Ziel 3 eigentlich seine Nr. 1 ist: Die Neubewertung der globalen Risiken und die Bereitstellung der entsprechenden militärischen Fähigkeiten. Seine zentrale Sorge (“I worry, quite frankly”) ist, dass die derzeitigen Kriege einen zu hohen Tribut von der symetrischen Kampfkraft der U.S.-Streitkräfte fordern (und so für entscheidende Kriege nicht genügend Ressourcen vorhanden sind).

Die führenden deutschen Militärs plagt die gleiche Sorge. Auch sie mögen die Stabilisierungs-Operationen eigentlich nicht und sorgen sich um die Erosion symetrischer Fähigkeiten. Der Sinn dieser Sorge ist allerdings clausewitzig: Im Gegensatz zu den Amis gibt es für die Europäer keine symetrischen Einsatz-Szenare, es sei denn, man will mit dem “freundlichen Hegemon” zu Felde ziehen. Würde man dies laut sagen, käme sofort (nationale) Empörung auf. Wie soll man die Komplexität des (ganz einfachen) Problems erklären, dass man einen “Kameraden” nicht im Stich lassen sollte, den man später zur Rettung der eigenen Haut einzig und allein und dringend braucht, also aus purstem Eigeninteresse?

{Komplexes muss letztlich einfach sein}

 

Helden: oliv?

4. Oktober 2007

Wenn man “At War - Modern Heroes” von Robert D. Kaplan liest
www.opinionjournal.com/forms/printThis.html?id=110010686
und sich die gleiche Fragestellung für Deutschland vornimmt, fühlt man sich gleich auf heissem Plaster:

  • Könnten die Deutschen zu der Auffassung gelangen, dass die im Auslandseinsatz dienenden Bundeswehr-Soldaten Helden sind, nicht mitleidig betrachtet, sondern aufgrund ihrer professionellen Arbeit - vergleichbar zu zivilen Berufsgruppen -, respektiert werden? Auch und gerade für den Fall, dass sie Gegner töten?
     
  • Wir wissen nicht, wie die Ordenslage eigentlich ist. Gibt es einen höchsten militärischen Orden (und wie heisst der)? Kann ein Bw-Held mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden? Wieviel Bundeswehr-Soldaten haben welche Orden für welche Heldentaten bekommen?
     
  • Wie verläuft eine Ordensverleihung? Werden die Medien eingeladen? Kann mal jemand ins Archiv schauen? Wäre schon der Gedanke abwegig, vorsichtig bei den Redakteuren von ARD und ZDF nachzufragen, ob sie evtl. die Bilder einer oliven Helden-Zeremonie in die Hauptnachrichten schmuggeln würden?

Den Zusammenhang muss man nicht ausführlicher erklären: Ohne ein Mindestmass von verdientem Respekt gibt es nirgendwo Helden.

{Es reicht, wenn man sich selbst als Held fühlt (!?)}

 

Umzugs-Sampler: Blind

2. Oktober 2007

Sorry, wenn wir emotional eine persönliche Vorrede einschieben:

  • Die erste Nacht in der Pampa (mit 57,6 K/Bit/s über Mobilfunk-Karte wegen der Angst und dem Zeitaufwand vor der T-Kom-Software),
     
  • Kaputt (nach IKEA) und sonstigen Baumarkt-Beschwerden und späterem Badenser Grau-Burgunder von ALDI,
     
  • Absolut glücklich über Fügungen der besonderen Art der “Umzugshilfe”, so lieb von ON und JV,

weisen wir darauf hin, dass

Kann man damit nicht in den National-Feiertag starten?

leider streikt auch noch die PC-Funktion - Gutes Aufstehen gehabt?

 

Sarkozy-Führung: Claim

25. September 2007

Ob man es schon immer gemeint, gemutmasst oder geahnt hat, ist nicht so wichtig, entscheidend ist der Beweis für sicheres Wissen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat in einem Interview mit der “New York Times” den “claim to the leadership of Europe” abgesteckt:
http://www.nytimes.com/2007/09/24/world/europe/24sarkozy.html

Die Vorstufe der Begründung für den Führungsanspruch ist leider kein direktes Zitat:

  • “Er (Sarkozy) greift seine europäischen Polit-Gefährten an, sie hätten keine Ideen”.

Einrahmen sollte sich, wer will:

  • “I can’t be criticized for wanting first place for France”;
  • “If France doesn’t take the lead, who will”?

Bemüht man den einfachen politischen Verstand, ist manche Erklärung auch einfach:

  • Vorgänger Jaques Chirac hatte versucht, durch eine Anti-U.S.-Politik die Führung zu erringen. Die überschwenglich freundlichen Signale an die U.S.-Politik erlauben die Vermutung, dass Nachfolger Sarkozy die Umarmungstaktik probieren will.
     
  • Man muss dem französischen Präsidenten recht geben, dass ausser Frankreich niemand für die Führung Europas in Betracht kommt. Die Briten sind zu inselig, und die  Unterstützung vom Bush-Vater für eine deutsche Führung in Europa mochten die (nach 1991) nicht annehmen. Hätte Ex-Kanzler Schröder wie jetzt Sarkozy agiert, wären Chancen denkbar gewesen.
     
  • Da die alten Reflexe der Macht-Konkurrenz in Europa weiterhin ganz intakt sind, wird man sich im Kanzleramt differenzierende Gedanken über die deutschen Ambitionen machen müssen. Dabei wird es nicht wie bisher ausreichen, wohlklingende Konzepte zu schreiben. Gefragt ist eine Strategie, die die Konzepte durch eine wohlproportionierte Bereitstellung der notwendigen Ressourcen (Personal, Material, Finanzen) auch entsprechend unterfüttert (die Franzosen tun das).
     
  • Führung braucht Gefolgschaft; die kann man so und so gestalten.

{Sun Tsu sagt: “Ansprüche hat Jeder}

 

SPD-Programm: ausführen

24. September 2007

Am 22. Sept. 07 hat die “Programmkommission” der SPD ihre “Empfehlungen” für den Text des neuen Partei-Programms (“Bremer Entwurf”) vorgelegt. Von den 36 Seiten beschäftigen sich 4 Seiten (S. 10 ff.) mit dem Thema “Eine friedliche und gerechte Welt”:
http://programmdebatte.spd.de/servlet/PB/show/1727778/230907_Empfehlung_Antragskommi ssion.pdf

Man darf davon ausgehen, dass die Delegierten des im Oktober stattfindenden Parteitags die Empfehlungen so beschliessen werden. Die 40 weltpolitischen Ziffern sind überwiegend so verfasst, dass man sie als “Friedenskraft” (Ziff. 4) nur wohlfeil abnicken kann.

Allerdings sind einige Störfaktoren zu verzeichnen, die Friedensbewegte etwas erschrecken werden:

  • Ziff. 10:

    Wenn die “besondere Verantwortung für das Existenzrecht Israels” proklamiert wird, wird mancher Delegierter etwas schlucken;
     
  • Ziff. 11:

    Ganz heftig dürfte das Adrenalinometer hier ausschlagen. Kann man das denn nicht etwas glätten?
     
  • Ziff. 34:

    Derzeit dürfte es nach unserer groben Schätzung 10 Staaten geben, die ganz krasse Anzeichen des Staatszerfalls zeigen. Wie sähe die “Verantwortung” Deutschlands dabei aus, gerechnet in Ressourcen: Personal und Finanzen? Wird diese Forderung vielleicht relativiert durch Ziff. 38, wo vom “deutschen Interesse” die Rede ist?
     
  • Wer zum Stichwort “Bundeswehr” etwas mehr als ein distanziertes Fernweh sucht, wird enttäuscht sein, es sei denn, man ist mit Ziff. 39 zufrieden;
     
  • Bestes Beispiel für die Umnachtung ist die Ziff. 25, die strukturell eigentlich Ziff. 1 sein müsste:
    “Wir sind überzeugt, dass dauerhafter Friede nur möglich ist, wenn strukturelle Konfliktursachen wie Hunger, Armut und Ressourcenmangel überwunden werden.”
    (Wer sich - auch nur annähernd - jemals einen Kopf gemacht hat über die Ausmasse der “strukturellen Konfliktursachen” - nur der materiellen -, der würde - angesichts des Ressourcenbedarfs für ihre Beseitigung - nicht im Traum auf die Idee kommen, einem vernunftbegabten Menschen eine Problemlösung vorzugaukeln. Die Boxen-Luder kennt jeder, leider nicht die geistigen Schind-Luder (gilt nicht nur für die SPD).
     
  • Einen system-immanenten Vorwurf kann man den Programmatikern der SPD nicht ersparen. Obwohl der Begriff des “Wettrüstens” seine eigene Seelen-Schwere (z.B. Raketenabwehr) hat, kommt er im “Bremer Entwurf” nicht ein einziges Mal vor.

{Wehe, wenn ein Programm nicht ausgeführt wird}

 

Einsatz-Lektionen: Durchlaucht

19. September 2007

Unsereins gesteht, dass wir uns zwei Tage auf der “6. Berliner Sicherheitskonferenz” ( http://www.european-defence.com/ ) in Berlin eigentlich “herumgetrieben” haben; wenn man ausserhalb der umfangreichen, identifizierbaren Tagesordnung gute Freunde sieht, ist die Wahl entschieden (Sorry). So darf man sich einbilden, bei den Höhepunkten an der Front gewesen zu sein:

  • Aus rein kommunikations-technischer Sicht bewundern wir die Liga der U.S.-Repräsentanten (Robert Bruce, Bill Ennis). Mit ihrem umgehängten Mikrofon steppen sie auf der Bühne und schnurren sonor und smart ihre ppt-Botschaft eingängig ab (eine Licht-Jahre vorwärts gerichtete Performance); noch nie haben wir einen Europäer diese Technik präsentierend gesehen, die geschickt fakten-basiert ist (oder so erscheint).
     
  • Natürlich sind wir bei August Hanning, Ex-BND-Chef und nun Staatsekretär im Inneministerium, gewesen. Aus Erfahrung wissen wir, dass er tolle Lichtbilder (ppt) präsentiert, die er natürlich nicht herausgibt. Unseren Erfahrungs-Lehrsatz (wenn Hanning redet, setze dich in die erste Reihe und fotografiere die Slides ordentlich ab) hatten wir sowieso nicht vorbereitet. Aber das Gehirn-Foto reicht:

    - Hanning zeigt ein begehrenswertes Lichtbild über die Terroristen-Ausbildungslager von AlQaida und Company im erweiterten westlichen Grenzgebiet von Pakistan zu Afghanistan, die zudem mobil sein sollen. Geht man davon aus, dass die U.S.-Amerikaner vergleichbarer Daten haben, könnte man auf die Idee kommen, dass das amerikanische Bomber-Kommando anhand der Vielzahl der Ziele vielleicht überfordert wäre.

    - Präzise erscheint das Hanning-”Tracking” von OBL: Verschwörungstheoretiker werden fragen, wieso er noch nicht tot ist, wenn man so genau vorgiebt zu wissen, wo er ist.
     
  • Unsere Spitzenmeldung hat Blogger Thomas Wiegold uns allerdings abgerungen: Den erleuchtenden Beitrag des Befehlshabers der Flotte der Deutschen Marine, Admiral Hans-Joachim Stricker, zu “strategischen” Gelehrnt-Erkenntnissen muss man vorab lesen (auch, weil Luftwaffen-Stieglitz seinen Wasser-Kameraden plump gemeuchelt hat ): http://blog.focus.de/wiegold/?p=214

    Im Nachgang wird man allerdings fragen müssen, ob das Parlament wirklich die “Bremse” bei einer sinnstiftenden Einsatz-Positionierung ist; es ist es eben nicht. Wenn Admiral Stricker seine Schnellboote von Warnemünde vorbedacht nach Wilhelmshaven verlegt, protestiert nicht das Parlament, sondern das BMVg. Wenn die Marine vorab die Schiffe mit 20-mm-Kanonen zur Abwehr einer “Cole”-Bedrohung bestücken will, antwortet das BMVg, dass erst nach Erteilung des Bundestagsmandats ein entsprechender Vertragsabschluss erfolgen darf. Der sinn-hindernde Hausgebrauch ist also (im Sinne des vorauseilenden, vermeintlichen  Gehorsams) selbstgemacht, demnach eine Angelegenheit der politischen Führung des Ministeriums. Sie muss dem Herrn Minister nur noch nahegebracht werden.

{Durchlaucht wird gerade anderswo gebraucht}

 

Impulse 21: Ende

18. September 2007, Berlin

Traditionell bekommen wir in der Berliner Luft Arbeitsbeschwerden. Deshalb heute nur eine Kurzmeldung: Das von Ex-Verteidigungsminister Scharping begründete Diskussionsforum “Impulse 21” wird von seinem Nachfolger nun versenkt.

Schluss soll sein mit edlen Debatten zur Sicherheitspolitik unter Lehnstuhl-Strategen, wissenschaftlichen Besserwissern und sonstigen Experten, wenigstens einmal im Jahr.

Man darf wählen zwischen einem recht so, dass für die Überkanditelten keine Steuergelder mehr verschwendet werden, und einer erweiterten Fassung des Bronze-Satzes von Bundespräsident Köhler, dass der deutsche Michel für die Sicherheitspolitik nur ein “freundliches Desinteresse” überhabe. Wird jetzt auch Verteidigungsminister Jung verdächtigt, ein “freundliches Desinteresse” an diesem Fachbereich zu haben?

Ausserdem heisst es, dass das ebenfalls gute “Forum Bundeswehr und Gesellschaft” des Axel-Springer-Konzerns nur noch alle zwei Jahre in Berlin stattfinden soll. Und die ZEIT hat ihren aussenpolitischen Blog nach Weggang von Freund Ulrich Speck auch begraben.

{Wer alt ist, braucht keine Impulse}

 

Bündnis 90/Die Grünen: arg

17. September 2007, Berlin

Wenn man in seiner Heimatstadt Göttingen nicht nur den schwesterlichen Familienverband geniesst, sondern auch noch 6 Stunden Parteitag der BündnisGrünen zum Thema Afghanistan, hat man viel Freude gehabt:

  • Man durfte reihenweise Debattenredner des Vorstands erleben, die gräusligste Beispiele von Rednerkunst ablieferten, inhaltlich und kommunikationstechnisch. Wie ein Politiker wie Jürgen Trittin, der 7 Minuten gekünstelt aufgeregt ins Mikro schrie, als kommende Grösse gehandelt werden kann, muss man nicht verstehen. Daniel Cohn-Bendit agierte schon peinlich katastrophal.
     
  • Vorbildlich redete sich Robert Zion (Gelsenkirchen) in die Herzen und Köpfe der schon vorher gegen den Bundesvorstand rebellisch positionierten Basis. Der von ihm begründete 8-seitige Antrag “A-05neu Afghanistan” gewann mit 363 Stimmen gegen das 10-seitige Vorstandspapier mit 264 Befürwortern.
     
  • Die beschlossene neuen “Strategiewechsel” zum “friedlichen Königsweg” wird man sorgfältig analysieren müssen:

    - Man bekennt sich zwar “noch” noch zu einer militärischen “Absicherung”, aber: “Entscheidend dabei ist aber eine Transformation des Militärischen zum Polizeilichen.” Ausserdem werdem für den weiteren Einsatz der Bundeswehr fünf “Grundbedingungen” formuliert, deren Erfüllung später leicht abgestritten werden kann. Schon der erste Spiegelstrich zeigt, dass jegliche westliche Position in den Verdacht gestellt werden kann, “terroristische Aktivitäten” zu “provozieren” (!).

    Weitere Grundbedingung ist, dass auch die Taliban und Warlords “ohne Parteiverbot in den künftigen politischen Prozess .. eingebunden werden” müssen.

    - “Falls es nicht zu einem von uns geforderten erkennbaren Kurswechsel kommt, bedeutet das in der Konsequenz, dass sich die Bundeswehr komplett aus Afghanistan zurückziehen muss.”

Man kann in Ruhe abwarten, wie das Göttinger Argumentationsschema bis zur Bundestagwahl reift. Vielleicht hilft auch hier die Empfehlung des Innenministers Schäuble bezüglich eines bevorstehenden terroristischen Atomangriffs: Bis dahin solle man sich seines Lebens erfreuen.

{Die Freude wird immer ärger}

 

Grips-Update: Wonne

14. September 2007

Für das Wochenende wird man viel Zeit für seine Lieben einplanen können, denn der Umfang des notwendigen Auffrischungsmaterials, auch Update genannt, ist kurzweilig abarbeitbar:

  • Jana Dorband, Christian Fröhlich und Henriette Rytz von der “Stiftung Wissenschaft und Politik” (SWP) haben die Schriften durchgearbeitet, die sich mit der Zukunft der U.S.-amerikanischen Aussen-Sicherheits-Strategie beschäftigen. Nach Lektüre fühlt man sich bestens a´jour und dankt:
    http://swp-berlin.org/de/common/get_document.php?asset_id=4288
     
  • Feinste Unterhaltung zu einem ernsten Thema bietet der Internet-Auftritt der ehrwürdigen “Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik”. Erst schreiben zwei  ehemalige Dickschiffe (big shots), jeweils Planungs-Chefs des AA und des BMVg, Frank Elbe und Ulrich Weisser, eine Ode an die deutsch-russische Seele (dazu gehört natürlich ordentliches U.S.-Hauen, bashing). Das erregt (u.E. zu recht) dann den mit grob 15 Jahren Erfahrung in der NATO-Spitze gestählten Michael Rühle derart, dass man die Fronten lupenrein sieht; diesen “Spass” sollte man sich nicht entgehen lassen (scrollen bis “Downloads”: “Erwiderung von MR):
    http://www.dgap.org/publikationen/view/bc0744e4144411dc831ebbab30e760e160e1.html

{Wonne ist, wenn unbeschwerte Stunden winken}

 

Bundeswehr-TV: Röhre

11. September 2007

Zum Jahresende 2007 droht, dass die derzeit rund 7.000 Bundeswehr-Angehörigen im Ausland  nicht mehr das für sie produzierte Fernseh-Programm (BwTV) sehen können, sondern in die Röhre schauen.

Vor fünf Jahren begann der “Probe”-Betrieb von BwTV. Nach wolkigem Start unter dem damaligen Verteidigungsminister Scharping als “TV-Walk by” (wie Bahn-TV) für die gesamte Truppe konzeptioniert, entwickelte sich das Projekt zum Informations- und Betreuungsmittel für die Kameraden fern der Heimat. Jahr für Jahr wurde die Entscheidung, vom Probe- in den Regelbetrieb zu gehen, verschoben. Bis heute liegen keine Dokumente vor, die für eine dementsprechende Entscheidung nötig wären.

Entscheidend dürfte die bürokratische Machtfrage sein:

  • Eigentlich ist der Generalinspekteur der Bundeswehr für die Information und Betreuung seiner Soldaten zuständig. Seit fünf Jahren hat sein Führungsstab die konzeptionelle Forderung dafür aber dem (zivilen) Presse- und Informationsstab (Arbeitsbereich III) des BMVg abzuringen versucht - erfolglos. Besonderer Forderungsdruck incl. Begründung ist nicht erfolgt;
     
  • Der Presse- und Info-Stab, mächtig durch seine direkte Unterstellung unter den Minister, noch mächtiger bei einem ambitionierten Presse-Sprecher, hat kein besonderes Interesse an der TV-Unterhaltung von ein “paar” Soldaten im Ausland. Dort pocht man auf das Kriterium Wirtschaftlichkeit: Das Bw-TV kostet pro Jahr immerhin rund 1 Mio. EUR Satelliten-Gebühr plus 800.000 EUR für Redaktion und Produktion. Erschwerend kommt hinzu, dass die Redakteure der Medienzentrale der Bw (St. Augustin) eine gewisse redaktionelle Freiheit haben, die für zeitweisen Ärger (und Neid) im Presse-Büro des Ministers immer gut ist.

Für die nicht unwichtige Frage, wie Bw-TV bei den Soldaten z.B. im Kosovo oder Afghanistan “ankommt”, gibt es augenscheinlich nur eine Resonanz-Analyse des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr (SOWI), die sorgsam als Verschlußsache gehütet wird; die Daten werden je nach Verankerung interpretiert.

Es müsste schon von der politischen und militärischen Führung entschieden werden, ob man eine Fürsorgepflicht für politische Information und Betreuung der Auslands-Soldaten hat; an sich gibt es Kanzel-Beteuerungen über politische Bildung und Kosten-”Freiheit” des Einsatzes genug. Man wird sehen, wer sich - daheim am warmen Herd - dafür einsetzt.

{Die Jacke ist einem immer näher als die Hose}

 

Hausaufgaben: schaffen

7. September 2007

Zu einem hoffentlich erholsamen Wochenende gehört die Lektüre guter Arbeiten zum umfassenden Sicherheitsbegriff:

  • Unter Vorsitz des ehemaligen NATO-Oberkommandierenden, General James L. Jones, haben 19 weitere Ruhestands-Generale, ein Ex-Polizeichef und ein Ex-Pentagon-Offizieller nach Beauftragung durch das U.S.-Parlament einen 153-seitigen Bericht über die irakischen Sicherheitskräfte verfasst, der 50 Empfehlungen enthällt:
    http://www.csis.org/media/csis/pubs/isf.pdf
     
  • Beim “Center for Defense Information” ist eine 149-seitige Dokumentation über die U.S.-Rüstungsexporte und sonstige militärische Unterstützung vor und nach 9/11 an 25 “kritische” Staaten erarbeitet worden, die sauber belegt ist:
    http://www.cdi.org/PDFs/Export%20Trends%20Full.pdf
     
  • Es macht Spass, den deutschen “Michel” im internationalen Meinungsbild zu identifizieren. Der amerikanische “German Marshall Funds” hat wieder seine transatlantische Jahres-Umfrage zu sicherheitspolitischen Grundsatz-Positionen durchgeführt. Bei der Knackfrage auf S. 54 (unter bestimmten Bedingungen Krieg?) lernt man, dass die “neuen” Europäer” britisch und dann türkisch sind:
    http://www.transatlantictrends.org/trends/index.cfm?id=61

Schon lange kennen wir das zum Wochenende aufkommende Gefühl, es wieder mal irgendwie geschafft zu haben. Es ist schön, aber bedrohlich zugleich: Die nächste Woche kommt (wahrscheinlich) bestimmt.

{Bedrohungen sind endlich}

 

Lesestoff: stabil

6. September 2007

Der Lese- und Lernstoff für heute ist quantitativ begrenzt, aber qualitativ überzeugend:

  • Heinrich Schwabecher hat als Projektmitarbeiter für die Konrad-Adenauer-Stiftung eine 12-seitige Analyse zur “Situation der russischen Streitkräfte” geschrieben, die beachtenswert ist. Der Autor schraubt die gerierten Ambitionen der russischen Wahlkämpfer herunter, in dem er die Fakten aneinanderreiht; seine Bewertung ist eine durchgehende Entwarnung:
    http://www.kas.de//db_files/dokumente/analysen_und_argumente/7_dokument_dok_pd f_11759_1.pdf?070903101057
     
  • Die vier zuständigen Bundesministerien haben sich auf den 23-seitigen Text eines Afghanistan-Konzepts verständigt, welcher die negativen und kritischen Entwicklungen tatsächlich auch relativ ungeschminkt anspricht. Mit Daten wird ein Aspekt des Wiederaufbaus in Afghanistan in das Bewußtsein gerückt, der erhebliche Probleme bereiten wird: Der von Iran und Pakistan erzwungene Rückkehrstrom von Millionen Flüchtlingen.

    Der letzte Satz des Papiers dürfte der wichtigste sein:
    “Die Stabilisierung und Konsolidierung Afghanistans gehört zu unseren vitalen Interessen (im Orig. nicht kursiv)”:
    http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/Afghan istan/Downloads/AFG-Konzept2007.pdf

Wir loben die Formeln der Militärs für die Sicherheitslage: Die Lage ist ruhig, die Situation ist stabil (oder nicht).

{Ruhe ist labil: die nächste Sekunde volatil}

 

Tschad: versus

31. August 2007

Auf der Bundespresse-Konferenz vor der Sommerpause (18.7.07) hatte Bundeskanzlerin Merkel vermerkt, dass sich Deutschland einem militärischen Einsatz der EU im Tschad “politisch nicht verweigern” würde, “aber nicht daran teilnehmen” will.

Liest man Dominic Johnson in der “taz”
http://www.taz.de/index.php?id=afrika-artikel&art=3824&no_cache=1 ,
reicht das eigentlich aus, um skeptisch zu sein. Allerdings gibt es ein Fähnlein von aufrechten Menschenrechts-Rettern, denen die Penetrationsfähigkeit der Zivilmachts-Lehre ohne militärischen Beistand ausgeht und die deshalb inzwischen die Ersten sind, die das Militär rufen wollen (ohne sich mit diesem hässlichen Bastard auch nur im geringsten zu identifizieren).

Liest man die 22 Seiten des Konzepts “zur Krisenbewältigung bei einem etwaigen Militäreinsatz im Osten des Tschad und Nordosten der Zentralafrikanischen Republik”, welches das Sekretariat des Rates der Europäischen Union” am 25. Juli 07 an die Delegationen verschickt hat, ist die Luschigkeit des Rationals mit Händen zu greifen:

  • Im Kapitel “Allgemeiner Hintergrund” heisst es:

    “Die Anwesenheit Bewaffneter und die zunehmende Politisierung der Bevölkerung mach die Camps nach und nach zu Instabilitätsherden. Zudem leidet die Zivilbevölkerung unter den erneuten Bombardierungen durch die sudanesische Armee”;
     
  • Von der “Dislozierung einer internationalen Präsenz” erhofft man sich, dass die “Bewegungsfreiheit der Rebellen aus Dafur auf beiden Seiten der Grenze eingeschränkt und somit ihre Handlungsmöglichkeiten verringert werden”;
     
  • Weiter lernt man, dass die EU-Truppe ein Notbehelf ist:
    Weil die beschlossene U.N.-Truppe ein ganzes Jahr braucht, um vor Ort zu kommen, soll die EU derweil schlicht Interims-Funktion ausüben;
     
  • Erhellend sind die Einschränkungen des EU-Mandats:

    - Die Kontrolle der entsprechenden Grenzen gehört nicht zum Auftrag (s.o.);
    - “Das Kontingent soll nicht in den Flüchtlingslagern und im unmittelbaren Umfeld eingreifen ...”;
    - “Das Kontingent soll sich nicht in innere Angelegenheiten ... einmischen;
     
  • Zur “Zusammensetzung des Einsatzverbandes” heisst es:
    “... sollte der Verband nicht mehr als 4.000 Soldaten umfassen und sich im Einzelnen aus einer luftbeweglichen Komponente, Einheiten mit grosser taktischer Beweglichkeit und einer starken Aufklärungskomponente zusammensetzen. Wegen der Größe des Einsatzgebietes und den Schwierigkeiten, die sich aus den Besonderheiten des Geländes ergeben, werden umfangreiche Führungseinheiten (C2), Fernmeldeeinheiten und Einheiten zum Fördern eigener Bewegungen nötig sein”.
    (wer nur annähernd Ahnung von militärischem “Betrieb” hat, schmeisst seine Flinte angesichts solcher Forderungen gleich weg);
     
  • Man meint zwar, dass für die Dislozierung technisch gesehen zwei bis vier Monate notwendig” wären, will aber bis “Mitte Oktober 2007, zum Ende der Regenzeit, beginnen”
    (genau dann, wenn die “Rebellen” die Kampfhandlungen wieder aufnehmen).

Unter dem Thema “Grundannahmen” heisst es: “Die EU verfügt über ausreichende Ressourcen, um die notwendigen Kräfte für diesen Einsatz zu generieren.” Man darf erwarten, dass die Regierung Tzarkozy in Richtung Berlin richtig Dampf machen wird.

Konzeptionell mögen wir unsere Linie durchhalten: Wer die Welt retten will, soll bitteschön die entsprechenden Ressourcen bereitstellen. Ansonsten muss das Schicksal seinen Lauf nehmen.

{Buchhalter vs. Visionäre: der Krieg endet nicht}

 

Meinungsumkehr: egoman

28. August 2007

Entlang der (nur generell) richtigen Linie, dass die Politik der Unterstützung der Meinungsmehrheit bedarf, sorgt sich ein nicht unerheblicher Teil unserer politischen Klasse um die in unzähligen Umfragen belegte Ablehnungsfront gegen das deutsche Afghanistan-Engagement, insbesondere natürlich das militärische.

Händeringend wird die goldene Argumentationskette gesucht, mit der man die Meinungsumkehr bewerkstelligen könnte. U. E. kann man die nur finden, wenn man die zahlreichen Umfragen danach untersucht, ob nach den Gründen für die jeweilige Meinungsposition gefragt worden ist.

Leider steht uns nur die repräsentative Umfrage des “Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr” (SOWI) zur Verfügung, die allerdings nach Begründungen fragt:
http://www.sowi.bundeswehr.de/portal/PA_1_0_P3/PortalFiles/02DB040000000001/W273EC3E2 43INFODE/Bevoelkerungsbefragung+Sozialwissenschaftliches+Institut+der+Bundeswehr+2006. pdf?yw_repository=youatweb

Es wird ganz zurückhaltend gefragt, ohne Hinweis auf militärisches:

  • “Was meinen Sie, wie sollte sich Deutschland in der internationalen Politik am ehesten verhalten? Sollte Deutschland

    - (1) eher eine aktive Politik verfolgen und bei der Bewältigung von Problemen, Krisen und Konflikten mithelfen - oder

    - (2) sich eher auf die Bewältigung der eigenen Probleme konzentrieren und sich aus Problemen, Krisen und Konflikten anderer möglichst heraushalten?”
     
  • Auf S. 48 der SOWI-Studie ist die Zustimmung zur Option 1 abgebildet. Nur in der Zeit von 1998 bis 2002 fand die Variante einer aktiven deutschen Aussenpolitik eine Mehrheit. In 2006 sagen nur noch 45 % dazu JA.

    Die Begründungen für das JA sind klassisch internationalistisch (S. 52):
    Moralische Verpflichtung, Friedenssicherung, nicht isolieren, eigene Sicherheit, Bündnisverpflichtung, reiche Nation, militärische Fähigkeiten.
     

Eine Offenbarung sind aber die Begründungen derer, die sich gegen ein internationales Engagement Deutschlands aussprechen, also die Mehrheit mit 55 % (S. 52):

  • “Weil man erst einmal die wirtschafltichen und sozialen Probleme in Deutschland lösen sollte: 72 %;
     
  • Weil es eine moralische Verpflichtung gibt, zunächst die Bedürftigen im eigenen Land zu unterstützen: 64 %;
     
  • Weil Deutschland im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen anderen Ländern bereits genug hilft: 63 %;
     
  • Weil Deutschland sich grundsätzlich neutral verhalten sollte: 56 %;
     
  • Weil das die Sicherheitslage Deutschlands gefährdet: 55 %;
     
  • Weil Deutschland die materiellen Möglichkeiten fehlen, anderen zu helfen: 36 %;
     
  • Weil Deutschland die militärischen Fähigkeiten fehlen, anderen zu helfen: 28 %.”

Fasst man dieses Meinungsprofil der Gegner eines internationalen Engagements Deutschlands zusammen, dann sind 55% der Deutschen (siehe auch S. 49)

  • nationalistisch bis in die Haarspitzen,
  • egoman in perfektester Stammtisch-Hoheit,
  • blind und feige,
  • und um keine, noch so dümmliche Ausrede verlegen.

Natürlich darf man in einer politisch-korrekten Argumentation den 55% das so nicht direkt vor den Kopf hämmern (ausser Oskar Lafontaine). Dass angesichts dieser charakterlosen Teil-Meinungslage dringender Handlungsbedarf besteht, dürfte unstrittig sein.

{Exzessive Egomanen werden schon im Diesseits bestraft}

 

Wer verlor den Irak: Zeit

24. August 2007

Wer zur Mitternacht noch den “Kampf um Bagdad” im ZDF sehen konnte, musste beeindruckt sein von der klugen und fairen Analyse, leider nicht aus deutscher Produktion. Bei den ZDF-Oberen muss sich aber jemand für diese saubere Arbeit eingesetzt haben.

In der Ruhe des Wochenendes sollte man den 9-seitigen Beitrag von Schwergewicht James Dobbins lesen; in “Foreign Affairs” fragt er: “Who Lost Iraq?”:
http://www.realclearpolitics.com/articles/2007/08/who_lost_iraq_1.html

Dobbins’ Analyse wird zu den Arbeiten gehören, die zur Neu-Orientierung der amerikanischen Sicherheitspolitik beitragen werden. Angefangen hat das schon mit so hilflosen Versuchen wie denen der Präsidentschaftskandidaten Barack Obama (Bomben auf Pakistan) oder Hillary Clinton (die Nucs sind nicht vom Tisch).

Zu oft verbleibt die Feststellung: Für dieses oder jenes Thema verbleibt noch soooo viel Zeit.

{Geschichte ist gar nicht hektisch}

 

Blog-Tod: Scherzkeks

23. August 2007

Wer weiterliest, sei gewarnt: Diese Nachricht ist irrelevant, hat Sommerloch- und Spass-Charakter gleichermassen.

Vor ungefähr einem Jahr hat Irans Präsident Ahmadinejad recht spektakulär seinen eigenes Internet-Logbuch (Blog) gestartet und einigermassen bedient:

  • Einträge in 2006 sind zu finden am

    - 8. August,
    - 1. Sept.,
    - 16. Sept.,
    - 28. Nov.,
    - 13. Dez.,
    - 21. Dez.
     
  • Für 2007 ist nur ein Eintrag zu finden - der am 16. März. Seit dem ruht der See still:
    http://www.ahmadinejad.ir/

Was ist mit dem Blog-Kollegen Ahmadinejad? Haben die Blog-Propies in der Administration ihren Einfluss verloren? Sind daraus Rückschlüsse auf die präsidentielle Prop-Strategie zu ziehen? Könnte sich daraus vielleicht eine verschwörungstheoretische Kaffeesatzleserei entwickeln?

Nein, hier ist Kafka nicht mit an Bord, weil es immer noch www.president.ir/en/ gibt.

{Ein Scherzkeks steckt in Jedem}

 

Wehrpflicht-Zahlen: richtig?

22. August 2007

Die “Zahlenspiele mit der Wehrgerechtigkeit”, die Stephan Löwenstein gestern in der FAZ berichtet hat, sind uns vorgestern “unter Drei” auch in den Block diktiert worden, also “amtlich”:

  • Durchschnittliche Stärke der Jahrgänge 1978 - 1983: 431.500 männliche Jugendliche;
     
  • Von den 431.500 Männern werden durchschnittlich

    - 5,6 % nicht gemustert,
    - 19,7 % als untauglich ausgemustert,
    - 4,9 % als Wehrdienstausnahmen entlassen,
    - 31,2% als Kriegsdienstverweigerer anerkannt,
    - 2,7% in den externen Bedarf (Polizei, etc.) abwandern.
     
  • Es verbleiben demnach 35,9 % zur “Verfügung” für die Bundeswehr:

    - Den Grundwehrdienst würden 27 % leisten (also 116.505 Männer),
    - als Zeitsoldaten würden sich 2,2 % verpflichten, zusammen also 29,2 %,
    - 6,7% sind zwar erfasst worden, haben aber das “Glück”, tatsächlich nicht eingezogen zu werden.

    Wenn dem Bund also 35,9 % eines Jahrgangs für die Bundeswehr zur Verfügung stehen, und 29,2 % dienen, ergibt sich der “Erfüllungsquotient” von 81,4 %, jene rund 80% Wehrgerechtigkeit, die Minister Jung anführt.

Die Ministeriums-Rechnung, nach der 116.505 Personen eines Jahrgangs sozusagen  Grundwehrdienst (GWDL, 9 Monate) und Freiwillig Wehrdienst leisten (FWDL, bis zu 14 Monate), kann nicht richtig sein. Vierteljährlich berichten die Pressemitteillungen des BMVg über die Einberufung von Wehrpflichtigen:

  • Für die vier Quartale von 2006 wird die Einberufung von insgesamt 70.500 Wehrpflichtigen gemeldet (59.867 GWDL und 10.633 FWDL). Diese Angabe deckt sich mit den Planvorgaben des Bundeswehrplans 2008: 35.000 GWDL, 25.000 FWDL.
     
  • Zu der o.a. Aufrechnung mit 116.505 Wehrdienstleistenden ergibt sich eine Lücke von immerhin 46.005. Demnach läge der Wehrgerechtigkeits-Quotient bei 51,7%.

Für die Rechner des SPD-Wehrpflichtmodells ergibt sich, dass von rund 116.000 Männern eines Jahrgangs 70.000 wehrfreudig sein müssten, rund 60 %; ansonsten droht die Rücktrittsbremse.

Wer die demografische Keule als Argument mag, sollte besser erst einmal beim Statistischen Bundesamt vorbeischauen. Wenn man modellrechnerisch davon ausgeht, dass von den 345.816 im Jahr 2006 männlichen Neugeborenen 27 % (w.o.) zum Wehrdienst anstehen würden, wären das immerhin rund 93.336 Kandidaten im Jahr 2024. Man könnte also getrost 70.500 von ihnen einberufen.

Sorry wegen der Rechnerei - man möchte die Welt auch über die Grundrechenarten verstehen.

{Zahlen sind auch Buchstaben}

 

SPD-Wehrpflicht: sinnfrei

21. August 2007

Während des diesjährigen Sommertheaters ist aufgeblitzt, was sich innerhalb der SPD zum Thema Wehrpflicht bewegt: Auf dem im Herbst stattfindenden Parteitag soll ein Antrag verabschiedet werden, der

  • die Wehrpflicht “offiziell” beendet,
  • die männlichen Jahrgänge durchgehend gesundheitlich mustert,
  • Ihnen danach den Dienstantritt ins Belieben stellt,
  • bei Kräftemangel aber dem Verteidigungsministerium die Möglichkeit lässt, die Freiwilligkeit wieder aufzuheben.

An sich klingt die Idee ganz elegant. Ein Blick auf die Zahlen lässt aber erahnen, dass das Rücktrittsrecht des BMVg schneller gezogen werden würde, als man denkt:

  • Von den derzeit erfassten Jahrgangsstärken (Angaben BMVg) in Höhe von rund 430.000 jungen Männern

     - sind rund ein Drittel für den Wehrdienst nicht zu haben (nicht tauglich, Ausnahmen usw.);
    - ist ein weiteres Drittel Kriegsdienstverweigerer;
    - verblieben grob 130.000 als Kandidaten für Freiwilligkeit.

Zieht man die Daten ( siehe www.bmfsfj.de ) über die Dienstantritte für das “freiwillige soziale (ökologische) Jahr” zur Anlehnung heran, stellt man für 2006 fest, dass 4.648 Jugendliche beiderlei Geschlechts das löbliche Ehrenamt für die Gesellschaft anstreben. Dazu wird allerdings von den Verfechtern behauptet, das fehlende Dienstplätze der Grund für den geringen Umfang seien.

Eigentlich kann man solche Überlegungen aber unaufgeregt vertagen. Die “Gefahr”, dass der wunderliche SPD-Vorschlag Wirklichkeit werden könnte, droht zumindest nicht vor 2010, vorausgesetzt, die SPD wird stärkste Regierungspartei mit kleineren Koalitionspartnern, die die Wehrpflicht schon heute strikt ablehnen.

Nimmt man den Vorschlag wirklich ernst, wundert man sich, wie das Etikett “Abschaffung der Wehrpflicht” überhaupt auf die Fahne gekommen ist.

{Sinnfreies macht auch Sinn}

 

Raketen-Abwehr: ächzt

16. August 2007

Wer nicht ablassen kann, sich für den Dauerbrenner Raketenabwehr zu interessieren, sollte sich den 8-Seiten-Bericht abladen, den die U.S.-Regierung (Aussen- und Verteidigungsministerium) offiziell herausgegeben hat:
http://www.fas.org/irp/threat/missile/bmd-europe.pdf

Gleich dazu den des “Congressional Research Service”:
http://www.fas.org/sgp/crs/weapons/RL34051.pdf

Zunächst helfen uns die Papiere, zusammen mit dem Hinweis eines Beteiligten der Berliner Veranstaltung, einen eigenen Bericht zum Thema zu korrigieren:

  • Für die evtl. in Polen zu stationierenden Abfang-Raketen ist nicht der in den U.S.A. stationierte dreistufige Typ, sondern eine zweistufige Version geplant. Die von uns so verstandene Abwehr-Unfähigkeit bezieht sich nur auf die dreistufige, nicht aber auf die zweistufige Rakete (sorry).

Offen ist, ob das U.S.-Parlament die Kosten des Projekts in Höhe von 4 Mrd. USD bewilligen wird. In der U.S.-Amtsbroschüre werden zwar die “Benefits” (S. 2) vorgebracht, sind aber eine Form des “Gutmenschen-Tums” für U.S.-Parlamentarier gegenüber den Europäern. Erst werden die Amis übelst beschimpft, und dann sollen sie auch noch die Zeche zahlen.

Im Sommerloch 2007 darf man getrost die nächsten Fragen abwarten, die das schöne Amtsblatt aufwirft.

{Am Ende ächzt die Last}

 

See-Sicherheit: zündeln

15. August 2007

Seit geraumer Zeit ist klar, dass die deutsche See-Sicherheit der gesetzlichen Reform bedarf. Bereits in der vorhergehenden Legislatur-Periode lag der Entwurf eines See-Sicherheits-Gesetzes vor. Flotillen-Admiral Klaus von Dambrowski, Stabsabteilungsleiter im Führungsstab der Marine (Fü M III), hat zum 7. Rostocker Maritimen Sicherheitskolloqium am 8. August 07 in einem Vortrag den auf der “Arbeitsebene” von BMI, BMJ und BMVg abgestimmten Lösungsvorschlag für die Ergänzung des Grundgesetzes vorgestellt (S. 11), dessen “offizielle Ressortabstimmung” noch ausstehe:
http://www.dmkn.de/1779/ruestung.nsf/2CFF11FE18F276F2C12573360031A75A/$File/vortrag_s tal_fltladm_von_dambrowski_molinari_stiftung.pdf

Was der Admiral ansonsten zu den sachlichen Einzelheiten maritimer Aufklärungsfähigkeiten zu berichten weiss, ist beste Lage-Darstellung. Wer und wann die entsprechenden Initiativen in EU und Deutschland ergreift, steht in den Sternen. Kennzeichnend für die Gefühlslage der Marine-Führung könnte der Slogan sein, der zum Ende des Vortrags gezeigt wird: “Deutschland darf nicht den Anschluss verlieren”.

Wahrscheinlich kann man nur auf diese Art deutsche Ambitionen aufrütteln.

{Wer schläft, zündelt nicht}

 

Heeres-Industrie: unbekannt

14. August 2007

Für den Herbst wird man sich einen Merkzettel schreiben müssen: In der “Edition der Hans-Böckler-Stiftung” wird die Nr. 200 (ISBN 978-3-86593-080-4) erscheinen; Fachmann Hartmut Küchle hat über “Die deutsche Heeresindustrie in Europa” geschrieben, die “Perspektiven internationaler Kooperation und industriepolitischer Nachholbedarf”.

Unbestreitbar ist, dass die deutsche Heeresindustrie (insbesondere Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall sowie deren Zulieferer) die technologische Systemführerschaft in Europa und weltweit hat. Obwohl sie deshalb eigentlich keiner Kooperation bedürfen, steht doch die Frage einer europäischen Konzentration an. Autor Küchle zeichnet alle zur Meinungsbildung gehörenden Informationen auf, die sich letztlich auf das deutsch/französische Verhältnis verengen (ähnlich dem im Marine-Sektor).

Man findet genügend Belege über die Unterschiede französischer und deutscher Industriepolitik. Während man in der französischen Strategie ein geschlossenes Konzept erkennen kann (und die Bereitschaft, die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen), hält deutscherseits nur die Kompetenz der Industrie die Bastion von (deutschen) Arbeitsplätzen, Wertschöpfung und Technologie aufrecht.

Die Vorwürfe an die deutsche Politik sind so der interessanteste Teil der Küchle-Studie. Während man im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie (EADS) und der Marine-Industrie hellhörig geworden ist, verkümmert die Heeresindustrie. Den Koordinator für Luft (Hintze) kennt man vielleicht noch, die Adamowitsch-Nachfolgerin, Frau Wöhrl, für die Marine auch noch, aber wer in der Bundesregierung die Interessen der Heeresindustrie betreibt, ist uns jedenfalls unbekannt.

{Interesse muss allerwenigstens bekannt sein}

 

AA-Lehrbeispiel: tröten

1. August 2007

Im Urlaub am Nordsee-Strand in Dornummersiel hat unsereins versucht, halbwegs auf dem Laufenden zu bleiben. Dabei handelt man sich anhaltenden Ärger ein, denn man konnte ein Lehr-Beispiel fataler deutscher Aussenpolitik lesen:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,495225,00.html

Der Beitrag von Sebastian Borger gehört in den “Dokumenten”-Ordner (gw: ganz wichtig):

  • Von der EU wird eine grausige Reaktion berichtet (sehr förderlich für die ESVP!);
     
  • Frankreich steht “voll hinter dem Vereinigten Königreich”;
     
  • Und Deutschland findet das britische Vorgehen im Fall Litwinenko “rücksichtslos” gegenüber Deutschland, das “stärker von Russland abhängt”.

Aussenpolitik ist keine Geheimwissenschaft, sondern nur “Kinderstube” auf einer höheren Ebene:

  • Wer um eines (eingebildeten) materiellen Vorteils seine Freunde (Partner) verrät, kriegt “Backfire”;
     
  • Die dümmste Strategie des eigentlich mächtigen EU-Verbandes ist, sich auseinander dividieren zu lassen (sollte man eigentlich in der 1. Vorlesung gehört haben);
     
  • Man sollte schon unterscheiden können, ob man wegen taktischer Differenzen einen (strategischen) Affentanz aufführt (der “Pollonium”-Mord sei “zu hoch aufgehängt”);
     
  • Was macht Deutschland eigentlich, wenn es einen Pollonium-Fall hat?

Verantwortung merkt man nur dann, wenn der ansonsten “ferne” Fragesteller direkt vor einem steht; ansonsten kann man ja gut tröten.

{Wehe, wenn die Stammtisch-Hoheit bei Ministern platzgreift}

 

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