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N e w s   III / 2004

 

 

U.S.- Meinungsbild: sanft

30. September 2004

Das “Chicago Council on Foreign Relations” hat seine 60-seitige Meinungsumfrage “Global Views - American Public Opinion and Foreign Policy” veröffentlicht:
http://www.ccfr.org/globalviews2004/sub/pdf/Global_Views_2004_US.pdf

Wie üblich haben wir die Studie recht faul überflogen. Richtig interessant ist die getrennte Darstellung des Meinungsbildes hinsichtlich der (allgemeinen) Öffentlichkeit (“Public”) und der Führenden (“Leaders”) bei den entsprechenden Fragen. Allein die korrekte Darstellung der teilweise frappierenden Abweichungen (und ihrer sachgerechten Interpretation) würde richtig Arbeit bedeuten.

Durchgängig liegt das U.S.-Meinungsbild eher auf der “gefühlten” europäischen Linie: sanft und mulilateral. Im Kontrast dazu dürfte die von den internationalen Medien (wie gesehen) so dargestellte tatsächliche Politik (action policy) der Bush-Administration im aussenpolitischen Sektor keine Mehrheit erringen können.

Deshalb sind die Aussichten für die aussenpolitische Debatte nach der U.S.-Präsidenten-Wahl im November nicht berückend. Die von uns antizipierte alte/neue Regierung wird weiterhin eine “Kriegs”-Regierung sein, der in Meinungsumfragen daheim, vor allem aber weltweit, katastrophale Ergebnisse beschert werden.

Schade ist nur, dass die Ungeduld mit dem Phänomen Zeit manche Zeitgenossen in den Wahnsinn treibt:

  • Besonders die deutsche Geschichtsseele mit ihrem nach wie vor unverarbeiteten Hitler-Komplex verortet den “Untergang” bei G.W. Bush, ohne ihm das - heimlich dem Führer zugestandene - Charisma zu erlauben (das geht zuweit!);
     
  • Die Bush- und Blair-Fraktion wähnt sich Winston Churchill nahe.

U.E. ergibt sich nach der Top-Down-Methode als erstes die Frage: Wer empfindet, dass er im Kriege ist? Oder besser: Gut und Böse gibt es nicht?

Wir bevorzugen die weitergehende Differenzierung eines bestimmten Wildwest-Films:

{The good - the bad - and the ugley}

 

F / Rüstung: autonom

28. September 2004

In Sachen Rüstungspolitik hat das französische Verteidigungsministerium unter dem Titel “Competitive Autonomy” auf 7 Seiten Klartext geliefert:
http://www.defense.gouv.fr/english/files/d195/pol_acq_mindef_uk.pdf

Zunächst sind die Grössenordnungen der französischen Verteidigung interessant:

  • - 15 Mrd. EUR/Jahr für investive Ausgaben (D: 6+ Mrd. EUR);
    - 8 Mrd. EUR/Jahr für Rüstungsbeschaffung (D: 5 Mrd. EUR);
    - 1,2 Mrd. EUR/Jahr für wehrtechnische Forschung (D: 0,22 Mrd. EUR);
    - 5 Mrd. EUR/Jahr Erlöse aus dem Rüstungsexport (D: grob 1 Mrd. EUR);
    - 160.000 Beschäftigte in der wehrtechnischen Industrie (D: 70/90.000).

Dass die französische Politik überhaupt nicht zögert, ihr nationales Interesse in diesem Feld deutlich zu bestimmen, zeigt:

  • - “Each euro spent must secure the best return on investment in terms of the national defence system’s efficiency ...;

    - The Ministry of Defence must therefore seek to maintain and develop an industrial and technological base which degree of autonomy at the national and European levels guarantees secure supply sources for the armed forces, unrestricted use of the equipment procured, and the possibility of exporting arms to friendly nations and allies.”

    - Wenn Verträge mit System-Führern beschlossen werden, will die französische Regierung sich das Recht vorbehalten, ggfs. die Verträge mit den Unter-Auftragnehmern zu regulieren;

    - Für die Analyse und Beurteilung aller relevanten Trends soll ein den Zeitraum von 30 Jahren umfassender Plan (“PP 30”) erarbeitet werden, vom dem sogar eine Version die Öffentlichkeit erreichen soll.

Ob deutsche Regierungskunst an das französische Beispiel heranreichen kann, wird sich zeigen. Die jährlich dem Parlament zugesandten Berichte über die deutsche wehrtechnische Szene sind ja nicht schlecht, verbergen kaum die dringenden Forderungen zum Erhalt einer nationalen WT-Grundausstattung. Gleichzeitig bastelt der Ausschuss “Verteidigungswirtschaft” des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) an einer Definition der “Kernfähigkeiten” für die deutsche WT. Man darf gespannt sein, ob Verteidigungsminister Struck sich irgendwann aufschwingt, dieses Thema in Deutschland aufzutischen. Der selbst von SPD-Abgeordneten geforderte “Koordinator für die Rüstungsindustrie” kommt zwar nicht, dafür aber immerhin ein Staatssekretär-Ausschuss der relevanten Ministerien.

Da sich die deutsche Regierung gern “auf Augenhöhe” mit der britischen und französischen befinden will, hat sie noch Schularbeiten zu erledigen.

{Alles für den Sicherheitsrats-Sitz - muss sein}

 

U.S./D-Rüstung: Müll?

21. September 2004

Mit seinem Referat über die amerikanische Sicht der Europäisierung von deren Rüstung hat John Tharpe vom Büro für Verteidigungs-Zusammenarbeit der U.S.-Botschaft in Berlin neues zur deutsch-amerikanischen Rüstungs-Kooperation verkündet. Die Teilnehmer des Fach-Forums der “Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik” (14./15.9.04 in Godesberg) erfuhren, dass im nächsten Monat Regierungsvertreter die Verhandlungen über die “Deklaration der Prinzipien für eine verstärkte Zusammenarbeit in Sachen Verteidigungs-Ausrüstung und -Industrie” (DoP) aufnehmen werden.

Damit beginnt nach vier Jahren das, wovon wir unter dem Stichwort “Defense Trade Security Initiative” (DTSI) berichtet haben. Vereinbarungen über DoP haben die U.S.A. bereits mit Australien, dem Vereinigten Königreich, Schweden und den Niederlanden abgeschlossen (den Text der DoP findet man unter www.mindef.nl - unter “Zoeken” (Suchen) DoP eingeben).

Nach John Tharpe sollen die Verhandlungen im Sommer 2005 abgeschlossen sein. Von Seiten der Abteilung Rüstung des Bundesverteidigungsministeriums geht man von einem früheren Datum aus; auf der sog. “Wehrkunde-Tagung” in München sollen die Verteidigungsminister im Februar 2005 die DoP unterzeichnen.

Bedeutend wäre eine D/U.S.-DoP, weil damit eine Vereinbarung vorläge, die der deutschen Rüstungsindustrie neben der vergleichbaren Regulierung im europäischen Rahmen auch eine gesicherte U.S.-Perspektive gäbe. Allerdings müsste nach einer Vereinbarung auch die Durchführungsbestimmungen der DoP geregelt werden. Obwohl die amerikanisch-britische DoP-Vereinbarung schon gut vier Jahre alt ist, hat man sich dort noch auf keinerlei Einzelheiten einigen können.

Während die U.S.-Rüstungsindustrie die amtliche Regelung der transatlantischen Rüstungs-Kooperation fördert, lahmt das Momentum auf U.S.-Regierungsseite. Die auf dem Prager NATO-Gipfel am 21. November 2002 verkündete sechsmonatige Überarbeitungs-Phase der Rüstungsexport-Politik (DTSI) feiert im Mai 2005 ihre zweijährige Verspätung.

Wesentlicher Grund dafür dürfte der zwar quantitativ geringe, aber qualitativ umso heftiger betriebene Widerstand aus dem U.S. House of Representatives sein. Dessen Ausschuss für Internationale Beziehungen hat am 1. Mai 2004 einen Bericht abgeliefert, der sogar die Aufkündigung engster Rüstungsbeziehungen zu Australien, UK und sogar Kanada fordert (der Report “U.S. Weapons Technology at Risk” ist auf der Homepage des Ausschusses nicht zu finden, und bei www.fas.org sieht man zwar das Inhaltsverzeichnis, aber der pdf.-Transport ist leider fehlerhaft).

U.S.-Referent John Tharpe hat den Parlamentarier-Widerstand zwar massiv heruntergespielt, mochte aber die erhebliche DTSI-Verspätung seiner Regierung auch nicht erklären.

{Wer mag schon seinen eigenen Müll erklären}

 

Sudan/Iran: Perzeption

20. September 2004

Am Wochenende hat die Weltgemeinschaft wieder kräftig interveniert:

Zur Prognose der weiteren Entwicklung hilft u.E. das Werkzeug der Perzeptions-Empathie:
Versetzen Sie sich in die Köpfe der sudanesischen und iranischen Regierenden und beschreiben Sie deren vermutliche Wahrnehmung der Willens- und Handlungsfähigkeit der internationalen Organe (auch Perzeption der Perzeption genannt). Natürlich erscheint dieses Verfahren als spekulativ, andererseits ist es aber sehr prognose-tauglich.

{Andere denken auch}

 

U.S/U.N.-Politik: preisabhängig?

16. September 2004

Am 13. Sept. 04 hat der im U.S.-Aussenministerium für internationale Angelegenheiten zuständige Sekretär, Mark P. Lagon vor dem “Hudson Institute” in Washington die Regierungs-Agenda für die U.N. vorgestellt; dass neue U.N.-Jahr beginnt mit der 59. Vollversammlung im Okt. (nein: Sept.) 04:
http://usinfo.state.gov/xarchives/display.html?p=washfile-english&y=2004&m=September&x=20 040914151957adynned0.3934748&t=livefeeds/wf-latest.html

Eigentlich müsste die sicherheitspolitische Elite der Spree-Republik den 9-S.-Text genau studieren, denn es finden sich genügend Gesichtspunkte in der Rede, die die Bush-Hasser auf 188 bringen. Sogleich, wenn sie schon in der Einleitung der Lagon-Rede lesen müssen:

  • “Some nations note that their status in the U.N. is not commensurate with their substantial financial contributions”.

Klar ist, dass damit vor allem die Deutschen gemeint sind, denn die begründen ihren Anspruch auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat mit ihrem rund 10 %igen Anteil am Beitrags-Volumen.

Man darf gespannt sein, ob die Bundesregierung ihre Ziele für das nächste U.N.-Jahr und die Reform der gesamten Organisation vorher öffentlich darlegt - mit Zahlen, Daten und Fakten.

Nicht zu hoffen wagen wir allerdings, dass die Bundesregierung ihrem Souverän erklärt, wie sie sich denn die Reform des U.N.-Sicherheitsrates genauer vorstellt:

  • Strebt sie nicht nur den ständigen Sitz, sondern auch das Veto-Recht an? Oder ist eine derartige Frage nur naiv, überflüssig oder gar unanständig?

Leider ist ja die Denklogik nicht verhinderbar, dass nach einer (U.N.-)”Reform” einiges (oder alles) besser würde. Aussenminister Fischer meinte dazu auf der Botschafter-Konferenz am 6.9.04:
“Sollte es dabei nur zu Teilschritten oder zu keiner Lösung kommen, sollten die nationalen Egoismen hier eine wirkliche Reform verhindern, dann werden auch wir dafür einen Preis zu zahlen haben.”
Ist das so ähnlich wie bei Hartz IV?

{Preise sind nicht reform-abhängig}

 

Aussenminister Fischer: unterhaupt

14. September 2004

Am 6. Sept. 04 hat Aussenminister Fischer zur Eröffnung der Botschafter-Konferenz in Berlin eine programmatische Rede gehalten, die das Auswärtige Amt gestern veröffentlicht hat:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/ausgabe_archiv?archiv_id=6120

Schade, dass Minister Fischer nicht die entsprechenden Lücken aufzeigt (S. 2):

  • “Spätestens seit dem 11.09. ist klar geworden, dass die Europäische Union nicht oder nur unzureichend ausgerüstet ist, um die konkreten regionalen wie globalen Herausforderungen zu bewältigen und für Frieden zu sorgen.”
    (man könnte das auch als neudeutschen EURO-Grössenwahn betrachten: Europa will der Welt Frieden bescheren!?)

Selbst für die Bewältigung der Erweiterung Europas ist Fischer Zauberer (S. 3):

  • “Und wir sind der Meinung, dass wir hier mit der Einprozentposition all dieses werden gewährleisten können.”

Einerseits analysiert Minister Fischer, “dass wir in der Tat in einer Situation sind, die die Frage aufwirft, inwieweit die Institutionen, inwieweit die Strukturen des internationalen Systems zu den Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, tatsächlich noch passen” (S.3). Als Treiber dafür erkennt er jede Menge “Energien” und, “dass sich zunehmend Konflikte aus der Option konstruktiver Lösungen in so genannte Lose-Lose-Situationen hineinentwickeln.” Dafür übergreifend verwendet er den schönen Begriff “Dysfunktionalität”.

Danach folgt der Einschub: “Denn sie (die U.S.A., d. Verf.) sind die einzige Macht, die zu globaler Machtprojektion in der Lage ist.”

Als Lösung dessen, was unter Dysfunktionalität energisch brodelt, bietet Joschka schliesslich die “Reform der Vereinten Nationen”, natürlich mit dem geflissentlichen Hinweis, dass Deutschland dazu in den Sicherheitsrat aufsteigen muss (aus nationaler Erfahrung weiss man ja, wie man die Energie-Konzerne per Regulierungsbehörde in den Griff bekommt).

In Sachen Iran (S. 5) ist Fischers Warnung an die Regierung in Teheran interessant, “keiner Fehlkalkulation zu unterliegen, weil es angebliche Schwächen der Vereinigten Staaten (sic!) und des Westens im Irak (sic!) gebe.” Wenig später kommt es markig:

  • Die internationale Gemeinschaft wird die Schliessung des Brennstoffkreislaufs nicht akzeptieren.”
    (Wer ist denn eigentlich die “internationale Gemeinschaft”? Wer darf, kann und wird “Macht projezieren”? Überlässt man den Israelis wieder den Präventiv-Schlag?).

Schade, dass Herr Fischer auch hinsichtlich des im Vergleich zu Afghanistan und Irak winzigen Problems Kosovo (so gross wie Hessen) eine “Dampfplauder”-Lösung bietet:

  • “Weder die Rückkehr zu den alten Verhältnissen, noch die Unabhängigkeit sind Antworten auf die offene Statusfrage”.

Seit 1999 ist den Europäern für den Kosovo keine “politische” Lösung eingefallen. Wenn man Fischers “weder/noch” hört, verschiebt sich die “Exit-Strategie” auf wann?

Abschliessend (S. 8) lernen wir, dass die wichtigen Diskussionen über einen “strategischen Konsens” mit den U.S.A., den “Partnern” in der Region, “wenn überhaupt, erst begonnen” haben.

{Wenn überhaupt etwas beginnt, dann endet es unterm Haupt?}

 

Kabul: Techniker-Flucht

13. September 2004

Seit dem vergangenen Dienstag (7.9.04) haben wir von einem alten Freund den nicht sehr viel genaueren Hinweis erhalten, dass deutsche wehrtechnische Firmen ihre Mitarbeiter, die in Kabul Dienst für die Bundeswehr verrichten, aufgrund der Sicherheitslage abziehen wollen.

Wir haben umgehend beim Presse/Info-Stab des BMVg konkret nachgefragt; auch nach der Höhe der Versicherungs-Prämie, die das BMVg evtl. für die Zivil-Techniker zu entrichten hat. Nach drei Tagen (!) haben wir immerhin die detaillierte Antwort erhalten, welch’ vielfältige Arbeiten zivile Werks-Experten für die Bundeswehr in Kabul eigentlich verrichten; u.a. sind sie mit dem “Aufbau  von Feldlager-Kläranlagen beschäftigt. Auf die eigentlich gestellten Fragen gab es allerdings keine Antwort.

Die Nachfrage bei drei Rüstungsfirmen ergab folgendes:

  • Rosemarie Schüssler, Sprecherin von Krauss-Maffei Wegmann, rief nach unserer Anfrage umgehend zurück, dementierte und kündigte eine Verstärkung des KMW-Teams wegen der Einführung des FENNEK in Kabul an;
     
  • Anders die von uns als Kabul-Wehrtechniker eingeschätzten Rheinmetall-Detecer:
    Gleich zwei Sprecher haben unsere Anfrage erhalten und immerhin haben beide uns einer Antwort nicht für würdig befunden.
     
  • Genauso erging es bei dem von uns so eingeschätzten Kabul-Aspiranten Kärcher:
    Konkrete Anfrage - keine Antwort.

Für uns ist das Resümee recht einfach: Wer filibustert oder mauert, bejaht mit hoher Plausibilität. Hinter dem Komplex verbergen sich jedoch erhebliche konzeptionelle Probleme des “Nation-Building”-Konzepts, auf das die Deutschen und Europäer, in Abgrenzung zu den als sowieso unfähig eingestuften Amis, gern Stolz veröffentlichen. Nur im irakischen Anti-Terror-Krieg ist bisher ganz deutlich geworden, dass auch U.N.-Mitarbeiter, NGO’s und Lastwagen-Fahrer massgeblicher Teil des Konflikts sind.

Bundeswehr-Planer werden sich - mit Absegnung durch die Politik - in ihrer Logisitik-Konzeption darauf einstellen müssen, dass die Lizenz für den Tod letztlich den uniformierten Kameraden vorbehalten bleibt. Wenn dazu noch die Diskussion über die Todes-”Prämie” beginnt, kann man nur viel Spass wünschen: Nach der neuen Gesetzes-Lage erhalten Bw-Hinterbliebende eine Einmal-Abgeltung von nun 60.000 EUR. Muss man nur noch herausfinden, wie sich der “Ertragswinkel” zu den zivilen Technikern verhält; für uns ist das alles zuviel. Ausserdem meldet www.bmvg.de am 10.9.04 einen Raketen-Angriff auf das zentrale Bw-Feldlager “Camp Warehouse”.

{Hier und da kann man sich vom präsumtiven Tod noch absentieren - oder?}

 

Tabelleritis: Haushalt 2005

10. Sept. 2004

Wenn einem gar nichts mehr einfällt, macht man eine Tabelle:
“Militärische Beschaffungen im Verteidigungshaushalt 2005 (im Vergleich zu den Haushalten vorher). Richtige Experten könnten vielleicht eine Deutung des Datenwerks liefern - wir nicht:

Militärische Beschaffungen in den Unterkapiteln des Epl. 14 (als pdf.)

Hätte man analytische Fähigkeiten, könnte man Trends in der Bundeswehr prognostizieren. Das Datenwerk gibt aber eher  eine “normale” Fortschreibungslinie her. Nicht, dass wir uns durch einen sachkundigen Rat vom Gegenteil überzeugen liessen.

{Man ahnt, dass man nix ahnt}

 

Verrat: durcharbeiten

9. September 2004

Beachtenswert ist schon, was die “Washington Times” als Dreiteiler gestern zu veröffentlichen begonnen hat: Ihr verteidigungs- und sicherheitspolitischer Experte Bill Gertz hat das Buch “Treachery” (Verrat) geschrieben: “How America’s Friends and Foes are Secretly Arming our Enemies”; der erste Auszug (5 S.) handelt die “French Connection” ab:
http://www.washingtontimes.com/national/20040908-123000-1796r.htm

Vor allem die mit persönlichen Schicksalen verbundenen Details werden Amerikaner aufregen:

  • U.S.-AirForce-Major Jim Ewald soll mit einer aufgefrischten Roland-Rakete (französisch-deutsche Flugabwehr-Rakete) in seinem A-10-Flugzeug über Bagdad abgeschossen worden sein;
     
  • Öffentlichkeits-Oberstleutnant Charles H. Buehring traf eine eines 40er-Sets von Raketen in den Kopf. Terroristen hatten einen von Frankreich für den Gazelle-Hubschrauber gelieferten Raketen-Pod zur Land-Attacke auf das Rashid-Hotel umgemodelt, in dem der stellvertretende U.S.-Verteidigungsminister Wolfowitz während seines Bagdad-Besuches am 26. Oktober 2003 logierte. Wenn alle Raketen funktioniert hätten, wäre er möglicherweise auch Opfer des Anschlages geworden;

Die abstrakten Daten sind nicht weniger problematisch:

  • Der amtierende Staatspräsident Jacques Chirac wird als der Architekt und Betreiber der milliardenschweren Rüstungs-Deals beschrieben; ab 1975 als “personal friend” des damaligen Vize-Premiers Saddam Hussein.
     
  • Ab 2000 sei Frankreich in der Konkurrenz zu China und Russland Nr. 1 der Rüstungs-Exporteure für den Irak geworden. Nach französischen Berechnungen habe 2002 der Umfang für Rüstungs- und Infrastruktur-Projekte den Umfang von 4 Mrd. US$ gehabt.
     
  • Von der chinesischen Firma Qilu Chemicals seien mit Hilfe der französischen CIS 20 Tonnen des Klebers “Hydroxy Terminated Polybutadiene” (HTPB) für die Herstellung von Brennsätzen für Feststoff-Raketen geliefert worden; via den syrischen Hafen Tartus.

Natürlich vermerkt Bill Gertz auch das Dementi des Sprechers des französischen Aussenministeriums, allerdings auch das Zitat des republikanische “House”-Parlamentariers und stellv. Vorsitzenden des Verteidigungs-Ausschusses, Curt Weldon (Pennsylvania):
“Die Franzosen werden unglücklicherweise weniger vertrauenswürdig als die Russen.”

Ganz locker hat sich U.S.-Aussenminister Colin Powell vor seinem Paris-Besuch im Mai 2003 mit der Problematik auseinandergesetzt: “It did occur. But we are going to work through that.”

Das Powell’sche “work trough that” klingt einwenig nach Durchwurschteln. Anderseits denkt man an These 5 der rheinischen Strategie: Was fott is, is fott (Was weg ist ...). Oder ist das eher These X des rheinischen Frohsinns: Imme wigge (immer weiter)?

{Die U.S.-Strategie stammt aus dem Rheinland}

 

Op-ed: Master-Mind

8. September 2004

Wenn man sich das Meinungs-Getöse anlässlich des mit einer bisher kaum wahrgenommenenen Brutalität durchgeführten Massakers durch die Terroristen in Beslan anhört, dürfte man hilflos sein. Zu welcher Seite neigt man? Gibt es, nicht nur für Tschetschenien, die so flehentlich angebotene “politische” Lösung des Konflikts? Kann einfaches Nachdenken eine gewisse Klärung bringen?

Die analytische Tortour beginnt mit der Feststellung, dass bestimmte Probleme oftmals gar nicht gelöst, sondern wenn, dann höchstens gelindert werden können. Zweitens darf man sich eigentlich freuen, dass (spezifische) Probleme auf der Zeitachse “sterben” (z.B. der Sowjet-Kommunismus, der Hitlerismus oder der Japanismus). Dittens scheint es eine kurzweilige Hedonismus-Welle zu geben, die den Menschen für ein Jahrzehnt (oder so) ein glückliches Friedens-Gedusel beschert.

Die Referenz-Werte für die alltägliche Medien-Erbauung, gesponsert durch die “Lösungs”-Versprechen eilfertiger Politiker, TV-Kommentatoren und sonstiger Experten sind aber anderer Natur:

  • In Ruanda haben 1994 innerhalb von 100 Tagen 800.000 Menschen ihr Leben durch “Terroristen” verloren;
     
  • Wieviel Menschen sterben tagtäglich hungers oder durch AIDS?
     
  • Wie sieht es im Sudan aus?

Es muss eine neue Verschwörungs-Theorie entwickelt werden:

  • Sind die Jihad-Terroristen nur verdammte Ego-Narzisse, die man töten muss, weil sie von den wirklichen Problemen ablenken?
     
  • Ist der religiös-motivierte Tötungsdrang nur die Verfälschung eigener Befangenheit?
     
  • Gibt es ausser den bekannten “bösen” Initiierungs-Mächten noch Andere?

Den Status des finalen Terrorismus kann man sich sehr leicht vorstellen: Jeder gegen Jeden.

{Mastermind: Du wählst}

 

Projekt HIL: BRH-Unschuld

6.September 2004

Eines der wichtigen Reformvorhaben der Bundeswehr, die Neu-Ordnung der Heeres-Instandsetzungs-Logistik (HIL), unterliegt weiterhin der kritischen Auseinandersetzung, die durch die Stellungnahme des Bundesrechnungshofes (BRH) neue Nahrung findet. Mit Datum vom 26.7.04 hämmert der BRH dem BMVg auf sechs Seiten kritische Buchstaben-Verbindungen auf weissen Hintergrund. Zur Einordnung gehört, dass es sich hierbei immerhin um ein Volumen von sechs Mrd. EUR über einen Zeitraum von 8 Jahren handelt:

  • Nachdem der “Wirtschaftlichkeits-Nachweis” (Vorteils-Beweis einer Industrie-Lösung), wie vom BRH gefordert, auch auf das - durch die struck’sche Bundeswehr-Reform - reduzierte Instandsetzungs-Volumen angewendet wurde, hat der Rechnungshof das dazugehörige “detailierte Rechenwerk” vom BMVg nicht erhalten;
     
  • Die Industrie soll per HIL eine Verfügbarkeit des Materials von 70 % gewährleisten. Da das Heer aber (2003) in Eigen-Regie 4.000 Artikel im “Engpassmanagement” führte, fragt der BRH zu recht nach den”Exkulpationsmöglichkeiten”, auf die die Industrie sich bei Nicht-Erfüllung der 70%-Forderung berufen könnte;
     
  • Bei entscheidenden Grunddaten für den Wirtschaftlichkeits-Vergleich zwischen einer optimierten Bw- und einer Industrie-Lösung scheint es noch nicht einmal Daten-Einigkeit im Verteidigungsministerium zu geben. Während die Haushalts-Abteilung des BMVg mit dem Finanzministerium einherzugehen scheint, geht der Führungsstab des Heeres im BMvg augenscheinlich von grundsätzlich anderen Daten aus (730 gegen 250 Stunden/Jahr des “militärisch gewerblichen Instandsetzungspersonals”);
     
  • Innerhalb von vier Monaten ändert sich in der BMVg-Buchführung die Kosten-Berechnung zuungunsten des “”Optimierten Eigenmodells”. Nach dem die HIL-Industrie (bei einem 6 Mrd. EUR-Volumen über so sicher nicht zu kalkulierende acht Jahre) noch mit einem Wirtschaftlichkeits-Bonus von 19 Mio. EUR foto-finish gewinnt, werden nun 245 Mio. EUR erreicht. Der BRH fragt das BMVg deshalb das BMVg, “ob Sie wegen des Prognosezeitraumes von acht Jahren mit Risikoanalysen und Eintrittswahrscheinlichkeiten gerechnet haben”;
     
  • Unter dem böse nach Sachkenntnis riechenden Begriff der “Remanenzkosten” fliegen immerhin Mio.-EUR-Grössen-Ordnungen von 29, 53 und 100;
     
  • In Ziff. 7 des Berichtes erdreistet sich der BRH, “eine Risikoanalyse für den Fall des Scheiterns des Kooperationsmodells HIL zu erstellen”. Logisch, dass für diesen Fall der Bund ganz erhebliche Beträge zu entrichten hätte;
     
  • Abschliessend heisst es es:
    “ Bei dem Kooperationsmodell HIL handelt es sich um ein Projekt mit einem erheblichen finanziellen Volumen übe eine Vertragsdauer von acht Jahren und noch nicht abschliessend zu beurteilenden Risiken. Die aufgeführten Sachverhalten und Fragen verdeutlichen, dass die die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die daraus resulltierende Entscheidung auf Schätzwerten und Prognosen beruhen. Die Kooperation führt nach unserer Auffassung im Bereich der Streitkräfte zum Verlust der Beurteilungs- und Erkenntnisfähigkeit für das HIL-Gerät. Die Bundeswehr wird durch die Verlagerung von Fachpersonal und fehlender Erfahrung bei der Instandsetzung dieses Gerätes schon bald nicht mehr in der Lage sein, den zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Instandsetzung von Teilen ihres Gerätes zu beurteilen”.

Wahrscheinlich ist sich der BRH nicht bewusst, dass er mit dem letztgenannten Hinweis ein ideologisches Eigentor geschossen hat. Wenn sich eine x-beliebige Instution ihre “Erkenntnis- und Beurteilungsfähigkeit” (erst Erkenntnis, dann Beurteilung) nur noch dadurch erhalten kann, dass sie “alles selber macht”, hat sie weder das Subsidiaritäts-Prinzip noch die Wirk-Mechanismen einer modernen Dienstleistungs/Informations-Gesellschaft verstanden.

Es ist trivial, Information mit Macht gleichzusetzen. Wenn dieses Verhältnis irgendwann “entzerrt” wird, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.

{Information ist recht unschuldig - missbrauche sie nur}

 

Minister Peter Struck: Sommer-Kehraus

1. September 2004

Zum Abschluss seiner “Sommer-Reise” zu verschiedenen Bundeswehr-Institutionen hat Verteidigungsminister Struck sich am 31.8.04 die “Wehrtechnische Dienststelle für Kraftfahrzeuge und Panzer”, die WTD 41 in Trier ausgesucht. Es hat gepasst, dass die damit verbundene Vorstellung von mehr oder weniger gepanzerten Fahrzeugen im Wahlkreis-Umfeld von Finanz-Staatssekretär Karl Diller und der im Haushaltsausschuss für Verteidigungs-Gelder zuständigen Abgeordneten Elke Leonhard (Manderscheid) stattfand.

Deshalb konnte man verschmerzen, dass die Bild-Übertragung vom Übungs-Gelände durch die unbemannt fliegende Aufklärungs-Drohne LUNA ausfiel und beim Absetzen des Kampftruppen-Kleinlasters vom Typ MUNGO durch einen CH-53-Hubschrauber ein “Türke” gebaut wurde; der MUNGO wurde - aus Gründen der Zeit-Ersparniss - nicht wirklich heli-transportiert, sondern fuhr aus einer verdeckten, prädisponierten Position.

Wirklich spannend war die angekündigte “Abschluss-Presse-Konferenz” des Ministers. Für ein Fazit nach 14 Tagen Truppen-”Urlaub” war das Statement relativ kurz und “struckig”:

  • Die Bundeswehr trägt die Reform, die “Transformation”, der Streitkräfte mit und es haben sich “Alle” gefreut, dass der Minister wieder da ist, nach eigenem Bekunden “einigermassen fit”.
     
  • Als “schwierigen Punkt”, der “ziemliche Sorgen macht”, erachtet Peter Struck den Abbau des Zivil-Personals von einem Umfang von derzeit 110.000 auf 75.000 Mitarbeiter bis 2010. Am kommenden Wochenende wird in einer Klausur-Tagung des Führungs-Kollegiums des BMVg auch abseits bisheriger Vorschriften und Tarif-Verträgen nach Wegen gesucht, dass sonst so nicht erreichbare Ziel zu treffen.
     
  • Man musste den Eindruck erlangen, dass der Abzug der U.S.-Truppen die Stationierungs-Planung der Bundeswehr beeinflusst.
     
  • Bezüglich  des neuen Afghanistan-Bw-Standorts Feisabad war die Finanzlage für den zivilen Aufbau nicht berückend: Weder Stuck noch BMZ-Ministerin Wieczorek-Zeul oder BMF-Eichel haben dafür einen EURO; Joschkas Kasse blieb unerwähnt. Immerhin gibt es einen Krankenhaus-Beitrag aus Bw-Beständen. Dass Premier-Kandidat Ahmed Karzaid nicht im ersten Wahlgang gewählt wird, ist für Struck ausgemacht.

Aufheizend wird eine Presse-Konferenz erst nach Eröffnung der Frage-Runde:

  • Ganz sicher fühlt sich Minister Struck hinsichtlich aller Bedrohungen seitens der Finanzen: in 2004 und sogar 2005 sei alles sicher und stabil.
     
  • Das Schützenpanzer-Nachfolge-Projekt PUMA (fälschlich: Panzer unter m inimalem Aufwand) ist nach Strucks Auffassung vor allem ein Kosten-Ärgernis; er will das Vorzeige-Projekt zum unter dubiosen Umständen projektierten Preis und muss nun feststellen, dass das Geld nicht reicht: Von den unter einem “Entwicklungs-Titel” von knapp 200 Mio. EUR eingeplanten 20 Vorserien-Exemplaren bleiben nun fünf Demonstratoren übrig; wahrscheinlich freuen sich die “Entwickler”, dass sie zusätzliches Geld abzweigen können. Der Verteidigungsminister gesteht ein, dass die Alternative zum PUMA der PUMA ist (system-logisch).
     
  • Die März-04-Unruhen im Kosovo bauen sich langsam zu einer Welle auf: Minister Struck gesteht zunächst “Kommunikations-Schwierigkeiten” zwischen UNMIK und KFOR sowie in der Bundeswehr selbst ein. Aufgrund kritischer Nachfrage öffnet sich allerdings ein GAU in der Befehlskette (Chain of Command):
    - 3-5 Tage nach den 17/3/04-Unruhen im Kosovo wird die verkohlte Leiche eines ministeriell als “Alkoholiker” eingestuften Serben im Priester-Seminar in Prizren gefunden - ganz im Gegensatz zu der offiziellen deutschen Version, dass niemand zu Tode gekommen sei (siehe FAZ.NET, 29. August).
     
  • Nach Angabe des Ministers erreicht die Meldung über diese Tatsache das für den Bw-Einsatz zuständige Einsatz-Führungs-Kommando in Potsdam (letztlich unter der Führung von General-Inspekteur Schneiderhan) erst am 21. Mai 2004; von dort wird der Minister nicht informiert. Minister Struck war in dieser Situation anzumerken, wie tief er von diesem Vorgang betroffen war.

Rein deutsch-demokratisch sollte man meinen, dass es genügend zu kehren gäbe vor der eigenen Haustür.

{Es ist so schön, vor der Haustür Anderer zu kehren}

 

Rheinmetall: Ratzeputz

11. August 2004

Durch die Vorab-Meldung des SPIEGEL haben sich auch das HANDELSBLATT und FINANCIAL TIMES Deutschland mit der wilden Geschichte beschäftigt, dass der grösste deutsche Rüstungs-Konzern RHEINMETALL zum Verkauf stehe (Börsenwert derzeit 1,15 Mrd. EUR). Die Investmentbank Goldman Sachs, Ratgeber der über 42 % Anteile verfügenden Familie Röchling, habe “vorgefühlt”, ob es bei grösseren Finanz-Investoren ein Interesse gäbe. Die Liste der genannten Investor-Kandidaten ist ellenlang: Cerberus, Carlyle, Blackstone, KKR, Premira, BNP Paribas; allerdings fehlt Wiser-Pratte, die für Rheinmetall schon erfolgreich tätig waren.

Eilig waren Bundestags-Abgeordnete zur Stelle, die den o.a. Zeitungen antworteten, dass ein Verkauf der Rüstungsschmiede “nicht in deutschem Interesse” läge; die FTD erfuhr gar aus Regierungskreisen, dass selbige mit einem Veto drohe, was seit kurzer Zeit gesetzlich möglich ist.

Es sprechen allerdings eine Reihe von Indizien dafür, dass die “vorfühlende Goldman Sachs”-Geschichte inszeniert wurde:

  • Ein Rheinmetall-Sprecher meinte fast gelangweilt, dass man seit mehreren Jahren alle Spielarten von Spekulationen höre, dass Gerüchte geköchelt würden; deshalb mag man das gar nicht kommentieren.
     
  • Obwohl sich der Wert der Rheinmetall-Vorzugsaktie innerhalb eines Jahres verdreifacht haben soll, bleiben Fragen:
    - Der Umsatz verharrt von 1999 bis 2002 auf dem Niveau von rund 4,5 Mrd. EUR; in 2003 fällt er um rund 300 Mio. EUR;
    - Der Gewinn vor Steuern (EBIT) mit 204 Mio. EUR in 2003 macht sicher keine Global-Investoren narrisch; er ist vor allem im Bereich Automotive erzielt worden;
    - Nachdem sich der Konzern in den letzten Jahren auf die Bereiche Automotive (44 %), Defence (38 %) und Electronics (12 %) herunterbereinigt hat, wäre der letzte Schritt denkbar, dass man sich auch vom Automotive-Bereich vorteilhaft trennt. Voraussetzung dazu wäre allerdings, dass man das ganze Krauss-Maffei/Wegmann-Paket bekommt (49 % bei Siemens zum Verkauf liegend, 51 % bei Familie Bode und Partner gesperrt).
     
  • Von Rheinmetall-CEO Klaus Eberhardt ist die Absicht verbürgt, Krauss-Maffei/Wegmann kaufen zu wollen. Damit könnte die Bundesregierung “geknebelt” werden, sich europäisch in der Heerestechnik gegen die französische GIAT und die bei BAE Systems untergeschlüpfte ALVIS durchzusetzen. Dann hätte man wenigstens “zu Lande” etwas, weil die luftbetonte EADS seicht gen Frankreich segelt, und die deutsche Marine-Technik gegen das französisch-britische Bollwerk keine strategischen Aussichten hat.

Aus diesem Desktop-Puzzle ergibt sich, dass diese wilde Rheinmetall-Geschichte auch ein eigen-initiiertes Spiel über die Polit-Bande sein könnte, welches endlich zur Sortierung der deutschen Heerestechnik führt; man weiss, dass die nicht zu toppen ist.  Ausserdem sollte auch der fröhliche Lagerfeuer-Chor nicht verstummen, der gern singt: “Nach jedem Rumms, nach jedem Knall - ein ‘Ratzeputz’ auf Rheinmetall”.

{Psychologische Kampfführung gehört nun einmal zur Unternehmens-Kultur}

 

Sudan: ächt?

3. August 2004

Dank SPIEGEL-Online ist unser schlichter Verstand über die Zusammenhänge der erschütternden Vorgänge im Sudan (Darfur) aufgehellt worden. Die Autoren Falksohn, Puhl und Thielke haben auf vier Seiten alles ausgebreitet, was man wissen muss:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,311188,00.html

Augenscheinlich wird aber doch wieder bewiesen, dass die Bösewichte - wie könnte es anders sein - in der U.S.-Regierung auszumachen sind:

  • “George W. Bush etwa mag aus Rücksicht auf seine schwarzen Wähler eigentlich nicht tatenlos die Zustände in Darfur dulden. Da den USA aber nach den teuren Abenteuern in Afghanistan und im Irak eine neue Intervention nicht gelegen kommt, drängten sie die UNO und die EU zum Handeln.”
     
  • “Arabische Staaten führen Fleisch in grossem Stil aus dem Sudan ein und haben nicht zuletzt die Sorge, die USA könnten eine weitere arabische Regierung kippen, diesmal mit Hilfe der UNO.”
     
  • “Auf Druck der USA schloss die Regierung im Juli 2002 mit der von John Garang geführten südsudanesischen Rebellengruppe SPLA einen Waffenstillstand.”
     
  • “An einen dauerhaften Frieden glauben deshalb wenige: ‘Der amerikanische Ansatz ist nicht durchdacht, es werden zu wenige Konfliktgruppen einbezogen’, warnt ein namhafter westlicher Diplomat.”
     
  • “Ihre (Darfurs) Kampforganisation, die SLA (Sudan Liberation Army), sucht den Schulterschluss mit John Garangs südsudanesischer SPLA. Denn die hat ja, dank Washington, die Unabhängigkeit bereits vor Augen.”
     
  • Gänzlich entzaubert wird die Halliburton-Verschwörung durch den dann folgenden Satz:
    “Womöglich sind die Vereinigten Staaten über ihr Ziel, durch Aufwertung der SPLA Ruhe in den für sie so wichtigen Ölstaaten zu bekommen, hinausgeschossen.”

Diese U.S.-Öl/Blut-Spur wird in dem Artikel allerdings verstörend konterkarriert:

  • “Für die Ölfelder namens Block 6 beispielsweise, die auch den Süden Darfurs durchziehen, hat die China National Petrol Corporation die Lizenz erhalten. Vergangene Woche wurde ein 1,4-Milliarden-Euro-Deal mit dem europäisch!?-asiatischen Konsortium Petrodar unterzeichnet.”

Wir sind zu naiv - und die Amis sind so klug (was auch wieder nicht sein kann - sie sind halt $-schlau) und “spielen über Bande” - x-fach:

  • Wenn die Chinesen ordentlich Öl kriegen, können sie ihre Wirtschaft über die derzeitige 10 %-Wachtumsmarke powern;
  • deshalb können sie auch ihre Rüstung noch mächtiger ankurbeln;
  • und dann werden sie von den Amis in einen Krieg gelockt;
  • und dann können die U.S.-Militärs wieder ihre Lager räumen, damit das strategische Ziel erreicht wird:
  • Die amerikanische Rüstungs-Industrie kann wieder ihre legendären Profite einfahren und der Bush-Regierung wieder ordentliche Schmiergelder zustecken.

Wir verstehen es einfach nicht, dass diese doch so klar auf der Hand liegende Sudan-Erklärung nicht eingesehen wird. Hat unser Aussen-Joschka das alles bei seinem Khartum-Besuch auch erkannt und seinem Freund Colin die Entzauberung des U.S. Billards wenigstens geblinkert? Mit Sicherheit - denn er ist ja (wie auch immer eingeführt?!) im Gespräch als Nachfolger von Kofi Annan!

{Ächt überragende Intelligenz verortet die Verschwörer intuitiv}

 

John Forbes Kerry: beistehen

2. August 2004

Seit John F. Kerry’s Parteitagsrede (Boston, 7/29) dürfen wir uns ausmalen, was sicherheitspolitisch eventuell ab Januar 2005 auf uns zukommt; Demokrat J.F.K will:

  • das “Vertrauen und die Glaubwürdigkeit”, den “Respekt und die Führerschaft” in und mit den U.S.A wiederherstellen. Amerika soll wieder ein “Leuchtfeuer” in der Welt werden;
     
  • in den Krieg nur eintreten,
    - nicht wenn die Regierung es wünscht, sondern wenn sie zu gehen hat (“never goes to war because we want to, we only go to war because we have to”) - vgl. dazu: Robert Kagan, “The Kerry Doctrine”, 1.8.04, auf
    www.washintonpost.com
    - die Bedrohung für die fundamentalen amerikanischen Werte “real und nahe bevorstehend (imminent)” ist,
    - wenn ein Plan vorliegt, wie “der Frieden zu gewinnen ist”,
    - wenn er nicht im Zusammenhang mit der Abhängigkeit Amerikas vom Öl steht;
     
  • allerdings auch
    -“niemals einer jeglichen Nation oder internationalen Institution ein Veto-Recht über die nationale Sicherheit” (der USA) einräumen,
    - “niemals zögern, den Einsatz von Gewalt zu gebrauchen, falls es nötig ist”,
    - als “Commander-in-Chief” die USA niemals in einen Krieg “irreführen” (mislead);
    - ein “militärisch stärkeres Amerika bauen”.

In Sachen Irak “weiss” John Kerry, “was zu tun ist”. Amerika brauche einen Präsidenten, der die “Glaubwürdigkeit” (credibility) habe,

  • die Alliierten an die Seite der U.S.A. zu bringen und die Last zu teilen,
  • damit “die Kosten des amerikanischen Steuerzahlers” zu reduzieren und
  • die Risiken der amerikanischen Soldaten zu reduzieren:
    Das sei der “richtige Weg, um die Arbeit zu beenden und die eigenen Truppen nach Hause zu bringen”.

Natürlich werden die europäischen Kultur-Päpste auch die S. 9 (oben) der Kerry-Rede durchdenken und sich fragen, ob der Präsidentschafts-Kandidat in der die Sicherheitspolitik möglicherweise überwölbenden Frage nach dem ALLMÄCHTIGEN - hier in der Beziehung zur vielleicht zu besänftigenden Anschauung islamischer Suizid-Terroristen - eine Alternative bietet. Gegen die dem Amtsinhaber unterstellte Version des “God is on our side” will John Kerry, frei nach Abraham Lincoln, “bescheiden, demütig” (humble) predigen, dass die Amerikaner “on God’s side” stehen. U.E. ist eine solche “Differenzierung” problematisch, weil wohl wenig DiesIrdische den Unterschied in der kriegerischen Praxis so recht erkennen können oder wollen.

Und der Nachsatz (“And whatever our faith ...”) ist auch recht problematisch. Der Ursprung - Johannes 15.13 - wird doch sehr freihändig (für “Ungläubige”) vergeben.

Etwas richtig bissiges haben die Schreiber auf www.johnkerry.com selbst geliefert. Auf der Website findet man unter dem Stichwort “National Security” auch die Abteilung “Democracy, Development, Human Rights, and Rule of Law”. Dort heisst es:

  • “Today, we consume 2.5 million barrels of oil per day from the Middle East, where instability has pushed prices to record highs. Diese aufsteigenden Energiekosten belasten die middle-class families (Hervorheb. d. Verf.) ...”

Wir lernen daraus, dass die under-class entweder kein Auto besitzt oder durch die steigenden Benzin-Preise nicht belastet wird (wir finden das noch heraus).

Man hat noch genügend Zeit, wenigstens herauszufinden, auf welcher Seite wieviele Wähler stehen.

{Besser stehe man uns bei, als das wir!}

 

UK-Aussen-Politik: schön

30. Juli 2004

Sorry, wenn wir schon wieder unsere britischen Freunde loben. Die Aussenpolitiker haben einen 181-seitigen Bericht zu den “Foreign Policy Aspects of the War against Terrorism” vorgelegt, den wenigstens die “Experten” gelesen haben sollten:
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm200304/cmselect/cmfaff/441/441.pdf

Auf 11 Seiten (S. 4 - 15) werden 74 “Schlussfolgerungen und Empfehlungen” gegeben, die man überfliegen sollte; immerhin werden die Themen-Bereiche Irak, Afghanistan, Pakistan, Russland, Israel/Palästina  sowie internationale Fragen ausführlich abgehandelt.

Durch - was auch immer - ist uns die Ziffer 228 (S. 81) aufgefallen: Der NATO-Test Afghanistan ist dem Fehlschlag gefährlich nahe. U.E. ist schon lange ein “NATO-Essay” fällig, welches den zu differenzierenden Abgang vom “alten Denken” zum “Irak”-Modell beschreibt (coalition of the willing). Gerade unter einem U.S.-Präsident John Kerry sollen die Alliierten an ihren Eselsohren in die unveränderte U.S.-Führungsrolle gezogen werden (haben wir gerade von seiner Nominierungs-Rede in Boston vernommen).

Alles Gezerre und Geschreie hat ja seine Gründe: Oh weh, wenn man selbst nicht mehr so wichtig ist; es gelten die gleichen Gesetze wie im Show-Bizz. Von der “Grund-Formel” für die “einfache” Erklärung der Sicherheitspolitik sind wir noch immer entfernt - sie darf nur einfach sein - und ist schön.

{Auch für die Weltformel gilt: Sie muss schön sein}

 

UK-Defence: Hunde

29. Juli 2004

Die britischen Parlamentarier im Verteidigungsausschuss haben wieder belegt, dass sie ihr Geld wert sind. In ihrem 6. Report der Sitzungs-Periode 2003-04 (57 S.):
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm200304/cmselect/cmdfence/572/572.pdf

haben sie bedenkenswertes - auch für deutsche Beobachter - aufgeschrieben:

  • Bei den Rüstungs-Beschaffungen hat es Kosten-Steigerungen in Höhe von 3,1 Milliarden engl. Pfund gegeben(!), Ziff. 12;
     
  • Vor allem die “Smart Acquisition”-Strategie (in Deutschland “CPM” und gebb) bekommt massive Kritik. Zwar behauptet die Regierung, das von 1998 bis 2008 2 Mrd. Pfund eingespart werden; die Parlamentarier sehen aber keinen Beleg für so stramme Behauptungen (Ziff. 21, 32, 63);
     
  • Die zwei Seiten (S. 27 ff.) zum Thema EUROFIGHTER werden sicher besonderes Interesse finden:
    - Entgegen der deutschen Linie scheint die britische Regierung in einem heftigen Preiskampf mit der Industrie zu liegen. Während hierzulande über die sofortige Notwendigkeit des Vertrags-Abschlusses für die Tranche II debattiert wurde, lassen sich die Briten augenscheinlich Zeit bis Jahresende 2004;
    - über mögliche Stückzahl-Reduzierungen in Tranche III wird ungerührt spekuliert;
     
  • Vertraut klingt die Klage über den Ausverkauf britischer Wehrtechnik-Firmen nach Übersee. Es sei ein “schrecklicher Verlust”, wenn die verbleibenden englischen Firmen “nur noch ‘Metall-Bieger’ für überseeische Rüstungs-Firmen” wären (S. 39, Ziff. 132);
     
  • Strategisch-politisch wird es in Ziff. 141 (S. 42): Im Gegensatz zur deutschen und EU-Schlaf-Mützigkeit thematisieren die Briten sehr wohl die U.S.-Parlaments- (und Regierungs-Intentionen?), jegliche Weitergabe amerikanischer Rüstungs-Technologie bzw. -Zusammenarbeit zu unterbinden. Wenigstens die britischen Parlamentarier “wecken Hunde”.

{Erst wach sein - dann bellen - und bitte nicht beissen}

P.S. Sorry, wir finden schon selbst nicht mehr den letzten Beitrag zum Thema U.S./EU-Rüstungs-Kooperation; unter dem Stichwort DTSI haben wir aber dazu genug gekaspert.

Nachtrag 30. Juli 2004:

Noch eine britische “Ehrenrettung”: Auf CNN haben wir aufgeschnappt, dass der britische Verteidigungsminister Geoffrey Hoon seinem amerikanischen Amtskollegen Rumsfeld einen sehr gepfefferten Brief in Sachen Rüstungs-Kooperation geschrieben hat (analog unserer o.a. “wecken Hunde”-Bemerkung). So sorry - oder Anerkennung: die Briten führen schon wieder, 1:0

 

Aussenminister Joschka Fischer: “globales Ressourcen-Management”

26. Juli 2004

Wenn Aussenminister Fischer den Sommer und den Wochen-Anfang so leicht nehmen, wie im “Sommer”-Interview mit dem ZDF dokumentiert, http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/20/0,1872,2147668,00.html ,
dürfen wir nicht nachstehen:

  • Die Schimäre eines (zukünftigen) “europäischen” Sitzes im U.N.-Sicherheitsrat metzelt der beliebteste Politiker für den Erhalt der deutschen Ambitionen systemgerecht nieder mit dem Hinweis:
    “Aber wir haben zwei sehr alte ständige Sicherheitsratsmitglieder, und die tun sich schwer mit einem europäischen Sitz.”
    ( Wer würde Fischer kritisieren, dass er den für das “alte Europa” reichlich gescholtenen U.S.-Verteidigungsminister Rumsfeld locker toppt mit dem Hinweis auf die “sehr alten” Engländer und Franzosen).
     
  • Zu unbändiger Intelligenz-Grunzerei schwingt sich Joschka F. nach der ZDF-Frage zu einer “grünen Weltregierung” mit der “Fragen”-Dominanz-Strategie empor:
    - “Werden wir eine multilaterale Ordnung haben? ... Damit meine ich etwa eine wirksame Welthandelsorganisation, in der die Frage der Umwelterhaltung, die Nachhaltigkeit, der sozialen Gerechtigkeit eine Rolle spielt.”
    (Wer solch’ paradiesischen Weltzustände immer operativ umsetzen sollte, würde entweder im eigen-vergeistigten Wahn den Selbst-Jhiad oder “besser” noch den gemeinsamen Abgang mit dem grossen Strategen wünschen, wie in Bayreuth).
     
  • Es ist äusserst schwierig, die direkt nachfolgende Fischer-Meinung mit irgendeiner politischen Vernunft noch in Einklang zu bringen:
    - “Werden wir ein globales Resourcenmanagement bekommen? Dafür brauchen wir erneuerte wirksame Vereinte Nationen.”

Wenn jemand in einem freien Interview das Mords-Konzept vom “globalen Ressourcen-Management” durch die Vereinten Nationen absondert, sollte man Nachsicht haben. Wer diese typisches Gut-Menschen-schlag-sie-tot-Argument aber mit Zeit zum Nachdenken propagiert, muss zur Strafe seine Doktor-Arbeit zum Thema “Spannungsbogen zwischen Art. 1, Abs. 2 und Art. 1, Abs. 3 der U.N.-Charta angesichts aktueller Krisen” verfassen. Der Trost bei der Übung ist, dass (zur Strafe) diese Ergüsse niemand liest.

{Schreiben macht Spass - wenn es niemand liest}

 

9/11+: Imagination (+ Nachtrag 26.7.04)

23. Juli 2004

Heute ist es nicht damit getan, nur den Bericht der 9/11-Kommission abzuladen, sondern auch:

  • “Delivering Security in an Changing World - Future Capabilities”:
    Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon (immer noch im Amt!) hat dem britischen Parlament und der Öffentlichkeit ein interessantes Dokument geliefert (18 S.), dessen Anhang Angaben zur U.K.-Streitkräfte-Struktur liefert, die bei Gelegenheit zu studieren sind.
    http://www.mod.uk/linked_files/issues/security/cm6269/cm6269.pdf 

Die fernen Antipoden in Australien liefern auch guten Lesestoff:

U.E. zeigt die Arbeit der 9/11-Kommission in den U.S.A. einen kulturellen Aspekt der politischen Kultur, der bedenkenswert ist. Nicht unbedingt während der Anhörungen, aber bei der Präsentation des Berichtes und im Bericht selbst zeigt sich ein deutliches Bemühen um Über-Parteilichkeit, sprich Sachlichkeit:
http://www.9-11commission.gov/report/911Report.pdf (7,22 MB)

Nachdrücklich wollte man niemandem die “Schuld” (blame) zuschanzen, weil man es aufgrund der Sachlage gar nicht vermag (nach der von uns mitgekoppelten deutschen TV-Bericht-Erstattung war natürlich wieder Präsident Bush der zu blamierende). Man sollte wenigstens die ca. 16 S. der “Executive Summary” lesen. Während der auf CNN übertragenen Presse-Konferenz wurde das “Baron”-Syndrom deutlich: Kein Mächtiger will zu Diensten der Sache auf seine “Pfründe” verzichten. Und das Titel-Schlagwort des Berichtes ist “Imagination”. Es sollte wenigestens Schlagwort des Jahres werden.

Ist “Imagination”

  • Fantasie?
  • Vorstellung der Einbildung oder
  • reine Einbildung (pure imagination)?

Ist fehlende Vorstellungskraft ein Kennzeichen der “modernen Welt”? Wahrscheinlich, weil die Fantasten auf die Millionen Aids-Kranken, die Waffen- und Drogen-Dealer, die Kinder-Soldaten und auf die Hungernden/Mordenden - derzeit Sudan - verweisen. Die Vorstellungs”kraft” für den globalen Situations-Report reicht nicht wirklich.

{Stell Dir vor, wie es ist - dann gehst Du nicht hin - und es kommt nicht zu Dir}

Nachtrag:

Wie eine nicht ganz unwichtige Meldung von den Medien-Gesetzen plattgewaltzt werden kann, zeigt:
http://www.defenselink.mil/news/Jul2004/n07222004_2004072202.html

Was gestern noch wochenlang die Welt erhitzt hat, soll nun ganz schmählich begraben werden. Gerry J. Gilmore vom vielleicht nicht ganz so unparteilich erscheinenden “American Forces Information Service” berichtet, dass “Army Secretary Les Brownlee” dem U.S. Senate, Armed Services Committee, einen Report über die Untersuchung der Misshandlungen/Folterungen - Stichwort Abu Grahib - präsentiert habe, der einige “bad apples” and a lack of proper supervision” für die ganze Aufregung ausmacht.

Wir würden gern die “Public Diplomacy”-Strategen dieser Geschichte übers Knie legen: Weil sie den “IG-Report” nicht gleichzeitig ins Netz gestellt haben. Thank You, Gerry!

Nachtrag 26. Juli 2004:

Die absolute Referenz-Website www.globalsecurity.org des Ex-Machers von www.fas.org , John Pike, hat am vergangenen Freitag schon den IG-Report gehabt:
http://www.globalsecurity.org/military/library/report/2004/daig_detainee-ops_21jul2004.pdf

Für die Abu Grahib-Geschichte ein Muss!

{Laden, Lesen und?}

 

Heimatschutz: Kuddel-Muddel?

22. Juli 2004

Der Bundesfachausschuss “Sicherheitspolitik” der CDU hat am 28. Juni 2004 unter Vorsitz von Friedbert Pflüger, MdB, sein 16-seitiges “Gesamtsicherheitskonzept zur Verzahnung der inneren und äusseren Sicherheit” vorgestellt:
http://www.cdu.de/doc/pdf/Gesamtsicherheitskonzept_28_06_2004.pdf

  • Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass die “Landessicherheit” (Homeland Security) in Deutschland nicht ganz kompatibel organisiert ist. Im Getöse des partei-politischen Streits geht die Übersicht über die Sachlage verloren. Wenn der unerbittliche Schily auftaucht, meint man sowieso, dass einem die Klinge schon zu nahe am Halse sitzt.
     
  • Es gehört keine besondere Erkenntnis-Fähigkeit zur Lage-Feststellung, dass sich an dem bürokratischen Balz-Gehabe nur etwas ändern wird, wenn es richtig gekracht hat.
     
  • Die geschilderte “Bedrohung” ist “schrecklich”:
    - “Circa 31.000 islamistische Extremisten halten sich zurzeit in Deutschland auf. Mehrere Tausend davon sind gewaltbereit.”
    - “Es gibt auch auf deutschem Territorium, so zeigen die Verfassungsschutzberichte, regionale Gruppen, die mit dem Netzwerk Al Quaida in Verbindung stehen.”
     
  • Wie schmerzfrei man auch mit Fakten umgehen kann, zeigt sich exemplarisch an folgendem:
    - Die “Pflüger”-Strategen sind bei einem Bundeswehr-Umfang von 275.000 Soldaten (die Regierung ist bei 252.000). Von der CDU-Army “sollte eine Grössenordnung von rund 25.000 Soldaten auch (Hervorhebung d. Verf.) mit Aufgaben des Heimatschutzes betraut werden. Sie sollen zu rund 80 Prozent aus Wehrpflichtigen und zu rund 20 Prozent aus Berufs- und Zeitsoldaten bestehen.”
    Die daraus resultierende Denksport-Aufgabe ist:
    Entwerfen Sie bitte eine Ausbildungs-Anweisung für 9-Monate-Wehrdienstleistende, die auch für den Heimatschutz fit sind: z.B. atomar- biologisch - chemisch - radiologisch und “haste nich gesehn”; solche Burschen füllen den Hartz-IV-Frageogen im Handumdrehn aus.

Wer würde es wagen, aus dem gesammelten Kuddel-Muddel eine (r)evolutionäre Empfehlung abzuleiten?

{Die Politik weiss alles - und ich bin so gnadenlos blöd}

 

Weblog: frivol

21. Juli 2004

Gestern haben wir uns noch urlaubsreif gefühlt - heute glauben wir, uns nur noch mit WebLog-Technik helfen zu können:

  • Auf PHOENIX haben wir die “Gelöbnis-Aufstellung” verfolgt. Wir fragen uns, warum ausgerechnet am 60. Jahrestag der leider fehlgeschlagenen (40ten!) Abräumungs-Tat auf die Bestie des letztenden Jahrhunderts man
    - Wehrpflichtige vereidigen muss, 2 Minuten Fussweg von der Hinrichtungs-Stätte des Bendler-Blockes entfernt,
    - unfähig ist, den “Gelöbnix”-Flitzer zu verhindern und
    - die politische Signal-Wirkung unterschätzt, dass trotz allem der niederländische Minister-Präsident Jan Peter Balkenende sich in deutsch in einer Rede dort beachtlich äussert. Die Frage ist: Was hat J.P. Balkenende motiviert, diese Rede so zu halten? Welchen strategischen Hintergrund hat die deutsch-niederländische Politik?
     
  • Die “Financial Times Deutschland” hat schon gestern gemeldet, dass die U.S.-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Northrop Grumman die europäischen Rüstungskonzerne für eine Zusammenarbeit in der Raketenabwehr gewinnen wollen. Auf einem sehr exklusiven Berliner Kongress hat man dieser Tage auf feinste PR-Manier zusammengestrickt, was heute von der britischen Luftfahrt-Schau in Farnborough per Presse-Mitteilung verkündet wurde, allerdings nur von Lockheed Martin gegenüber der italienischen FINMECCANICA und der EADS: Zusammenarbeit bei Globaler Raketen-Abwehr. Aber: BAeSystems und NorthropGrumman fehlen noch! Entweder hat man dort geschlafen oder die Fern-Analyse gilt, dass es im Gebälk kracht.
     
  • Vielleicht ist es für die “Gemüts”-Analyse der so leichtfertig als “imperial” gescholtenen Weltmacht U.S.A. nicht ganz unwichtig, dass der demokratische Senator Joe Lieberman und der republikanische Senator Jon Kyl in einem Zeitungs-Artikel für die “Washington Post” das legendäre “Committee on the Present Danger” wiederbelebt haben. Wir empfehlen, bei der Analyse des Textes Augenmerk auf das ausgewählte Kennedy-Zitat zu legen: “... only a few generations have been granted the role of defending freedom in its hour of maximum danger...”

Es ist so schön, dass man sich aus dem Lauf der Geschichte aussuchén kann, was man mag. Ob die frivole Wahl überlebt, wird sich zeigen.

{Weblogging ist geil: G. ist dabei}

 

U.K.-Intelligence: kocht

15. Juli 2004

Für 0,99 Megabyte Speicherplatz sollte man noch Raum finden, denn der Bericht des “Rt Hon The Lord Butler of Brockwell KG GCB CVO” über die “Review of Intelligence on Weapons of Mass Destructions” gehört zu den Referenz-Dokumenten des Irak-Krieges:
http://download.ukonline.gov.uk/butler-report.pdf

Was wir in Stunden gelesen haben, ist für den britischen Geheimdienst doch recht schmeichelhaft:

  • Immerhin beginnt der Butler-Report mit den vier Fallstudien AQ Khan, Libyen, Iran und Nord-Korea, die er “to a greater or lesser extent success stories” nennt;
     
  • Wer nur schnell die Schlussfolgerungen (pdf-S. 163 - 174) lesen will, wird zunächst darauf hingewiesen, dass er bitte auch die entsprechenden Kapitel ganz zu lesen habe, weil sonst der Kontext und die Differenzierung verloren gehen könnte;
     
  • Die im Kapitel 6 angesprochenen Spezialfragen sind ebenso lesenswert, denn Fragen wie - die “Yellow-Cake”-Geschichte mit Niger oder
    - die Al-Qaida/Hussein-Verbindung,
    - die Aluminium-Zentrifugen und
    - die Öl-Verschwörungs-Theorie
    waren in der Vergangenheit gern Lehrbeispiele für beabsichtige oder unbeabsichtigte Simplifizierungen der Medien;
     
  • Neben dem Anhang B ist der Anhang D lesenswert; man wird sehr konkret daran erinnert, was Hans Blix in seinem ersten Quartals-Bericht über die Saddam-Taktik schrieb: some progress in process, but not progress in substance.

Fragt sich nur, ob der deutsche Bundesnachrichtendienst jemals seine Ergebnisse gutachterlich untersuchen lassen muss. Lesenswert dazu ist der Bericht von Jochen Bittner in der ZEIT (29/2004), “Pullachs Saddam-Dossiers” ( www.zeit.de ). Immerhin ist erkennbar, dass der BND dann aktive Öffentlichkeitsarbeit betreibt, wenn die Chance zur Weisswäsche zu wittern ist. Nicht zu vergessen sind die Koch-Rezepte auf www.bundesnachrichtendienst.de . Daran kann man erkennen, was deutscher Vorsprung ist:

{Der BND kocht - leider keine Buchstaben-Suppe}

 

Web-Log: Idiot

14. Juli 2004

Was soll man heutzutage sicherheitspolitisch kommentieren (Web-Loggen)?:

  • Aus der amerikanischen Szene haben wir reichlich Artikel zu dem 500+-seitigen Bericht des U.S.-Senats-Ausschusses über die “Prewar Intelligence Assessments on Iraq” gelesen, den Original-Bericht natürlich nicht. Es reichen die sechs Seiten von Dan Darling, die über die Yellow-Cake/Joe Wilson-Irrungen und die Saddam/Al-Qaida-Verbindungen etc. mit Medien-Hypes aufräumen:
    http://windsofchange.net/archives/005191.php
    (was die CIA-Burschen nicht wissen, ist ja enorm; was sie aber herausfinden, ist so dünn auch nicht).
     
  • Makaber belustigt darf man sein, wenn man auf www.auswaertigesamt.de Kerstin Müller und Joschka Fischer im In-Fight in Sachen Sudan verfolgt. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Europäer ihre Militär-Szenare besonders auf Afrika ausdehnen. Joschka weiss aber, dass es gar nicht um einen Militär-Einsatz der Europäer oder gar Deutschen geht; er ist de facto schon EU-Aussenminister (Sorry, dass es dabei um Millionen-Schicksale und unglaubliches Elend geht, vergessen wir nicht);
     
  • Zugern wüssten wir, welchen Eindruck die Studie “Children on the Brink 2004” von UNICEF, USAID und UNAIDS auf die Seele der Propagandisten des Begriffs der “erweiterten Sicherheitspolitik” ausübt: 15 MILLIONEN Kinder sind durch AIDS Halb- oder Voll-Waisen; nimmt man alle Gründe zusammen, sind dies sogar 148 Millionen Kinder.

    Verbindet man diese horrenden Zahlen mit der Mikro-Psychoanalyse, dass Diktatoren wie Hitler, Stalin oder Saddam Hussein die (Halb-)Waisen-Störung verbindet, wäre ein manischer Anti-Trauma-Feldzug der zivilen Konflikt-Prävention zu starten (und zu finanzieren). Unsere Gutmenschen werden da sicherlich Wege tratschen.

Wohin man auch immer blickt: Der wahre Gegensatz in der (Sicherheits-)Politik liegt zwischen den die 100%-Lösung gesundbetenden Marketing-Clowns und den Ressourcen-Buchhaltern, denen ausserdem die menschlichen Herrschafts-Grenzen wohl bewusst sind. Medien-politisch korrekt lautet die Formel dann: Wer “Lösungen” von sicherheitspolitischen Problemen verspricht, ist ein Faschist. Analytisch korrekt wäre: er ist schlicht ein Idiot.

{If in doubt, find it out}

 

Airbus (A400M): Irrtum?

13. Juli 2004

Auf den Fluren des Verteidigungs- und des Wirtschaftsministeriums sowie der Zulieferer-Industrie diskutiert man derzeit die neue Strategie von Airbus Industries, augenscheinlich französischer Herkunft:

  • Wer bisher Airbus-Zulieferer war und nun auch für den Militär-Transporter A400M beisteuern möchte, wird mit einem neuen Airbus-Diktat konfrontiert:
    - Wer bisher für den zivilen Airbus, beispielsweise auf dem Preis-Level von 120 arbeitete, muss nicht nur beim A400M auf den Level 100 absinken, sondern wird auch bei seinen Arbeiten für den Airbus auf 100 abgesenkt. So empfiehlt es sich zumindest für die privatwirtschaftlich kalkulierenden Unterauftrag-Nehmer, unter diesen Bedingungen auf eine A400M-Mitarbeit zu verzichten.
     
  • Westentlich schwerwiegender als diese “Lopez”-Strategie wiegt aber der Vorwurf, dass Airbus-Industries gegen den A400M-Vertrag verstossen soll:
    - Er sieht vor, dass die insgesamt vorgesehenen Entwicklungskosten für die A400M anteilig auch auf die Ebene der Entwickler für die Subsysteme weiterzugeben ist. Die Repräsentanten von Airbus haben jedoch in den entsprechenden Konferenzen unmissverständlich erklärt, dass die Zulieferer die Entwicklungskosten für ihre A400M-Subsysteme selbst aufzubringen haben.

Für die analytische Beurteilung der Airbus-Strategie sind derzeit zwei Varianten festzustellen:

  • Einerseits vermutet man die “vertikale Integration”: Airbus (sprich EADS) produziert mehr und mehr alles selbst;
     
  • Die “Franzosen” helfen ihrer “nationalen” (staatlichen, subventionierten) rüstungsindustriellen Basis, die widerspenstigen Reste im privatwirtschaftlich organisierten Techno-Kompetenz-Land Deutschland schlicht plattt zu walzen.

Es ist ja nicht so, dass wir uns intelligenteren Erklärungen des Vorgangs verschliessen würden. Darauf warten wir - nur zu.

{Selten ist das Gegenteil des Irrtums die Wahrheit}

 

EU-Rüstung: Unrecht?

12. Juli 2004

Wahrscheinlich ist es keine Epidemie, dass schon wieder eine Studie zur “Rüstung in Europa” erschienen ist. Joachim Rohde, Altmeister im deutschen Vorzeige-Denk-Panzer “Stiftung Wissenschaft und Politik” in Berlin ( www.swp-berlin.org ), hat sich dazu mit dem Untertitel “Zwänge und Optionen zur Optimierung euroäischer Rüstungsprozesse” über 28 Seiten ausgelassen.

Natürlich kann man diese Arbeit nur dann kritisieren, wenn man sich selbst auf die Höhe der Gralshüter der Strategie der Sicherheitspolitik Europas (wenn nicht der Welt) positioniert; wir bringen das locker:

  • Natürlich muss Joachim R. über die Seiten 9 - 16 begründen, dass Europa “eigenständige rüstungstechnologische und -industrielle Fähigkeiten” braucht. Wer ist so weltabgewandt, das zu bestreiten?
     
  • Auf den Seiten 17 bis 21 watscht der Sachkenner J.R. die “Europäische(n) Unzulänglichkeiten und Handlungszwänge” so ab, wie es sich nun einmal gehört. Verinnerlicht man die angeführten Tatsachen, kann man für Lösungs-Vorschläge nur immun sein.
     
  • Deshalb ist man auf die “Europäische(n) Handlungsoptionen” gespannt (S. 22 - 28):
    - “Optimierung des Status quo” oder
    - “Vertiefung der Rüstungszusammenarbeit in einem europäischen ‘Kern’”.

    Logisch ist, dass es bei der Kern-Vertiefung bei J.R. nur so wimmelt von:
    müsste - könnte - sollte - würde - wenn - setzt jedoch voraus.
    Aber: Warum bleibt J.R. bei der Vertiefung so flach? Im gesamten Vertiefungs-Kapitel wird keine Ross/Reiter-Designierung genannt! Frankreich? - United Kingdom? - Italien (um die “Kleinen” kann man sich nicht so scheren)?

Gerade an diesem ungenannten Punkt fängt die Analyse an:

  • Man dekliniere die faktischen Grössen-Ordnungen:
    - der politischen Intentionen der Vertiefer herunter (J.R. hat auf S. 17 einen zitat-würdigen Satz),
    - die Einflüsse der militärischen Konzeptionäre,
    - die rüstungswirtschaftlichen Kapazitäten (samt der damit verbundenen interaktiv agierenden Interessen-Boliden) sowie
    - die wahl-technischen Auswirkungen,
    - letztlich die alten “Vorurteile”.

U. E. tut es noch nicht richtig weh. Alle Beteiligten sitzen noch in ihren Lehnstühlen, aus denen sich das entsprechende Getränk trefflich schlürfen lässt. Die Erklärung ist recht einfach: Wen interessiert das? Man ist unter sich - kein Wähler in Sicht.

{Dem Wollenden geschieht kein Unrecht}

 

ESVP-Studie: Action

8. Juli 2004

Über 288 Seiten hat das “Institut für europäische Politik” (IeP, Berlin) die “Möglichkeiten und Grenzen der Integration von Streitkräften in der Europäischen Union” untersucht. Beachtlich ist die Studie vor allem deshalb, weil die Autoren Diedrichs, Jopp und Sandawi sie im Auftrag des Planungsstabes des Bundesverteidigungsministeriums verfasst haben mit der Ziel-Beschreibung, “politisch operationalisierbare Vorschläge für den Planungsstab des Bundesverteidigungsministeriums zu erarbeiten, die dazu beitragen sollen, Impulse für den europäischen Integrationsprozess auch auf dem Gebiet der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zu liefern.”

Im Kern verzeichnet die IeP-Studie auf 30 Seiten eher Möglichkeiten denn Grenzen:

  • Im “Vorschlags-Set I” geht es um die politischen und institutionellen Reformen und Initiativen:
    - “Stärkung der Kapazitäten der EU”;
    - “Vorschläge zur Stärkung der Kapazitäten der deutsch-französischen Initiativ-Funktion”.
     
  • Im “Vorschlags-Set II” geht es um die in acht “Module” gegliederte Einzelheiten für das System Europäischer Streitkräfte-Module”.

Was die europäischen Vorschläge angeht, darf man als kritischer Realist eher von einem visionären EU-Optimismus der Autoren ausgehen. Brisant politisch dagegen ist das Feld der Vorschläge zur “deutsch-französischen Initiativ-Funktion”. Bettet man sie in die vermutete strategische Stoss-Richtung der französischen Sicherheitspolitik ein, müsste man um eine Übersetzung der IeP-Studie ins französische bitten, und dass das Bundeskanzleramt aus dem Vorschlags-Set eine  Demarché ableitet, die die französische Regierung von ihrem hohen anti-deutschen Ross herunterholt (der deutsche “Einfluss” in Paris kann nur dann fruchten, wenn die Franzosen ihre eigene strategische Ressourcen-Finalität erkennen - die haben allerdings auch recht, wenn sie auf die deutsche Malaise hinweisen).

Wenn man sich allerdings in den grossen Lehnstuhl der Strategen setzt, schaut man auf das als ewig erscheinende Gefecht der Atlantiker und Gaullisten, wobei man eine deutliche Zunahme der europäischen Deklaratoriker verortet. Fehlt bloss noch die Action!

{Ich sage, also mach’ ich}

 

BMVg-Finanzen: verwirrend

7. Juli 2004

Die stille Freude der Verteidiger, dass die magische 24 für den Verteidigungshaushalt gerettet werden konnte, schmilzt schon dahin. Freunde wissen schon, dass der als “hässlich” geltende Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) des Bundeshaushaltes 2005 eine “Globale Minderausgabe” in Höhe von 1 Mrd. EUR vorsieht. Logisch, dass der Betrag bei allen Fachministerien - rasenmäher-mässig - eingesammelt wird.

Nun darf man analysieren, welchen Beitrag das BMVg für die Eichel-Kollekte zusteuern darf:

  • Noch im Januar 2004 hatte das Finanzministerium für das BMVg hinsichtlich dessen Beitrag zur Globalen Minderausgabe für den Epl. 60 in 2005 bis 2007 den Betrag von 0,5 Mrd. EUR eingesetzt. Nach den entsprechenden Kabinetts-Verhandlungen war diese Zahl angeblich vom Tisch.
     
  • Nähme man die Schnitthöhe des Rasenmähers, müsste der Soldaten-Haushalt, weil er rund 10 % am Gesamthaushalt hält, 100 Mio. EUR beitragen.
     
  • Da die meisten Einzelpläne der Fachministerien aber strukturell als relativ inflexibel angesehen werden, wird auf den “Steinbruch” BMVg eher ein Beitrag von grob 200 Mio. EUR zulaufen.
     
  • Leider muss für die Verteidiger erschwerend angenommen werden, dass beim “Hyänen-Mahl” des Verteilungs-Kampfes keinerlei Rücksicht darauf genommen wird, dass Minister Struck, dem wir nach wie vor Gesundung wünschen, an dem Macht-Gezerre nicht teilnehmen kann.

Irgendwann, wenn der Epl.60-Krieg zu Ende ist, Minister Eichel seinen schon jetzt avisierten Nachtrags-Haushalt präsentiert, wird man den Übergang zum Verteidigungshaushalt 2005 in neuen Zahlen erleben. Nur diese elenden Miesmacher werden behaupten, dass die Vierundzwanzig nicht überlebt. Aber gemach: Mit dem Totschlags-Begriff (buzz-word) “Transformation” kann man alles einfangen.

{Sun Tsu sagt: “Du musst nur den Gegner verwirren!”}

 

“Fahrenheit 9/11”: Fleiss-Arbeit

7. Juli 2004

Einer unserer alten Freunde hat uns den Hinweis auf eine Fleiss-Arbeit gegeben, die sich intensiv mit Michael Moore’s “Fahrenheit 9/11” auseinandersetzt:
http://www.davekopel.com/Terror/Fiftysix-Deceits-in-Fahrenheit-911.htm

Vor einiger Zeit hat uns ein Moore-Fan, Oberst im Führungsstab des BMVg, gefragt, ob wir das Machwerk lesen würden - never ever. Wir bewundern diejenigen, die sich auch noch die Mühe machen, eine dezidierte Kritik zu schreiben - und glauben, dass das jemand liest.

{Man muss nichts lesen, um etwas zu wissen}

 

UK-Defence: Es ist

6. Juli 2004

Es ist nicht das erste Mal, dass wir der Arbeit britischer Parlamentarier in Sachen Verteidigungspolitik gern tiefen Respekt zollen. Das “Defence Committee” des “House of Commons” hat sein “Defence White Paper 2003” (74 S.) vorgelegt, welches zu der Zeit 2003 - 2004 Stellung nimmt:
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm200304/cmselect/cmdfence/465/465.pdf

Ernsthaft und kritisch analysieren die britischen Verteidigungs-Politiker anhand der Grundsatz-Dokumente der Regierung und der Praxis, wo mögliche Defizite zu verorten sind. Dabei wird eine Sachlichkeit gepflegt, die in Defence-Intellektuallität auszuarten droht. Wer von deutschen Network-centric-Jubel-Vorträgen eher genervt ist, findet bestätigt, was “very british” bedeutet, vor allem in Kapitel 4:

  • Konzeptionell erfrischend ist die Unterscheidung von kinetischen und nicht-kinetischen Effekten militärischer Wirkung;
     
  • Für Marktschreier verstandesmässig schwer verkraftbar wird wahrscheinlich die Unterscheidung der Briten sein, die sie einerseits für Network-enabled capabilities (NEC) und andererseits für Effect-based Operations (EBO) treffen;
     
  • Zusätzliche Konzeptions-Schmerzen muss die Trennung von “mass effects” versus “mass presence” bereiten;
     
  • Während die ordinären Netzwerk-Zentriker das Plattform-Denken geisseln, hält man auf der Insel die Reduzierung der Untersätze für “potentiell gefährlich”;
     
  • Wer schnell zu konkreten Lücken der EBO vorstossen will, sollte die Ziff. 123 der UK-Erkenntnisse lesen. Wer weiss, wann das Kürzel Ki-Cas Furore machen wird: “Kill box interdiction - close air support”. Für UK stellen die Parlamentarier dazu (durch die Buchstaben trauernd) fest: Die “targeting pods are unaffordable at the time”.
     
  • Politisch-strategisch ist Stoff für deutsche Clausewitze ausreichend vorhanden. Welche Auswirkungen hätte es für die deutsche Rüstungsplanung und Bw-Konzept-Debatte, wenn wir wie die Briten dächten:
    - “large scale combat operations without U.S. as being highly unlikely”
    - es müsse eine “re-politicisation of defence policy” stattfinden.

Wenn britische Parlamentarier so Verteidigungspolitik diskutieren, fragt man sich nach der deutschen Debatten-Kultur. Welches - (un)heimlich von dem oder jenem finanzierten - Forum wäre wohl willens (und in der Lage), sich selbst auf diesen Prüfstand zu wagen?

Es muss doch so etwas wie die kontinental-europäische Kultur geben. Während die Briten richtig laut nachdenken, wissen die Franzosen sowieso, was sie wollen. Und die Deutschen wissen halt alles besser.

{Ät is, wie ät is - es ist, wie es ist}

 

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