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D e u t s c h l a n d  /  F a c t s

[Probleme] [Facts] [Doc] [Bw-Reform II] [Rüstung]

 

 

Szandar’s Jung: Ausschlag

13. August 2009

So viel Zeit muss man sich einfach nehmen: Alexander Szandar, seit 22 Jahren SPIEGEL-Experte für verteidigungspolitische Fragen, beurteilt Verteidigungsminister Jung:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,640016,00.html

Dass Jung gemäss Merkels Weisung “auffällig unaufällig” sein sollte, lautet der Titel. Treffend ist Szandar’s Bemerkung:
“Sonst hat Jung für die Bundeswehr nicht viel bewirkt. Sollte er ja auch nicht.”

Dass nach Szandar “die Truppe” ihn gnädig mit der Schulnote “ausreichend” abmustern würde, ist offen. Nach den immerhin 10.000 abgegebenen Stimmen der “Zeugniskonferenz” von SPIEGEL Online ist das Urteil über Verteidigungsminister Jung nicht so gestrickt, dass es für eine erneute Amtszeit Empfehlung wäre (wir haben auch “abgestimmt”, nur einmal!):

  • 81,07 % der (nicht repräsentativen) Reaktionen siedeln Jungs Leistung zwischen den Schulnoten 4 - 6 ab, eine Mehrheit von 62,26 % urteilt “mangelhaft” (25,79 %) und “ungenügend” (36,47 %)

Bedenkt man, dass Franz-Josef Jung, abseits jeglicher Qualifikation, schon lange vor der Bundestagswahl, aus allerlei sachfremden Proportionalitäts- und sonstigen Erwägungen der schon heute gesetzte zukünftige Verteidigungsminister zu sein scheint, darf man bange werden. Einer modernen (und starken), aber auch massvoll ambitionierten Nation ist das ein Schlag ins Gesicht. Das absichtsvoll inszenierte “Sollte er ja auch nicht” der Kanzlerin wird in den nächsten vier Jahren gar nicht taugen.

{Den Ausschlag gibt nur die Kanzlerin}

 

Wehrgerechtigkeit: § 11

3. August 2009

Zum Start in eine Sommer-Woche kann man sich schon Gedanken machen, dass der Einbau eines Verfassungsgerichts in das Demokratie-Konstrukt eine grandiose Idee ist. Nicht die Strasse, die Politik oder ein hergelaufener Prahlhans entscheidet letztendlich, sondern das Recht.

Wer dieses “Vorurteil” bestätigt sehen will, wird sich die 12 Seiten der Entscheidung der Verfassungsrichter Osterloh, Mellinghoff und Gerhardt zum Thema Wehrgerechtigkeit anschauen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/lk20090722_2bvl000309.html

Zunächst müsste man danach meinen, dass die entsprechenden Richter-Kollegen am Verwaltungsgericht Köln eine Abfuhr nach § 11 des Rheinischen Grundgesetzes erhalten:
“Do laachst dich kapott””.
Karlsruhe bescheinigt den Kölnern, dass sie eine in jeder Hinsicht schlampige Vorlage abgeliefert haben (Die waren absichtlich so “schlampig”, konnten gar nicht anders).

Wer - spätestens ab jetzt - in der Frage der Wehrgerechtigkeit noch nach der Melodie verfährt, mit den Zahlen der “Aussenwirkung” (statt der gebotenen “Innenwirkung”) auf Stimmenfang gehen zu wollen, sollte sich schämen.

Eigentlich ist es bedenklich, dass das Verfassungsgericht bemüht werden muss, um statistische Zählkriterien festzulegen, die sich bei einer sachlichen Befassung ganz natürlich von selbst ergeben.

Es ist aber nicht so, dass die Kölner Verwaltungsrichter auf diese Frage nicht eine Antwort nach dem “Rheinischen Grundgesetz” hätten:

{“Wat wellste mache” (§ 7)}

 

Tapferkeits-Kreuz: Brecht

7. Juli 2009

Gestern hat in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals 4 Soldaten der Bundeswehr (Berges, Dietzen, Geist, Lukacs) mit dem per Erlass am 13. August 2008 neu geschaffenen “Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit” ausgezeichnet. Das hat immerhin zur Folge, dass das Thema Bundeswehr in die Medien marschierte.

Man kann nicht daran vorbei, diesem Vorgang entsprechend Tribut zu zollen:

  • Soldaten geloben/schwören, der “Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit tapfer zu verteidigen”. Schwört diesen Eid sonst jemand mit allen Konsequenzen?
     
  • Ist der deutsche “Michel” wirklich in der Lage, in seinem Urteil ganz strikt zu unterscheiden zwischen dem Auftrag der Politik an die Streitkräfte und dem treuen Dienen der Soldatinnen und Soldaten? M.a.W.: Hau’ nicht auf die Soldaten, wenn die Politik die richtige Adresse ist.
     
  • Warum darf man den Militärs eine Ehrung um besondere Verdienste verwehren, wenn in der Zivilgesellschaft die “Preise” für Spitzenleistungen geradezu inflationär, und Publikumsrenner sind (Oskar, Bambi, DSDS etc.);
     
  • Ist die Betonung der “ nationalen Sicherheitsinteressen” Deutschlands durch Kanzlerin Merkel ein Restposten nationalsozialistischer Politik oder eine feste Grösse durchgehender politikwissenschaftlicher Betrachtung?

Auf http://soldatenglueck.de/category/aussen-sicherheits-verteidigungspolitik/streitkraeftegesellscha ft/
haben wir den Kommentar gefunden, den wir “auszeichnen” würden. Direkt haben wir ihn nicht gefunden, aber Nicole Hille-Priebe müsste für die “Neue Westfälische” folgenden Abgesang geschrieben haben:

  • “Deutschland will wieder angreifen dürfen, das ist klar. Aber wer ist in diesem Fall Deutschland? Wer will diesen Krieg? Es sind die Leute, die ihn verteidigen. Und ihre Interessen sind weniger heldenhaft als wirtschaftlich - Krieg ist einfach ein gutes Geschäft.”

Liebe Nicole, nebenbei hast Du vielleicht nicht ganz so total unrecht. Aber ich fürchte um Dich, wenn der Krieg (aus “geschäftlichen Gründen”) zu Dir kommt.

{B. Brecht: “... dann kommt der Krieg zu Dir”}

 

Zukunftsbesinnung: Wand?

11. Juni 2009

Sorry, wenn wir wieder einmal einen Besinnungsaufsatz bieten, der sich auch noch der “unbestimmbaren” Zukunft widmet; jetzt kann man noch abschalten.

Es wird wohl keine finanzpolitische Analyse anzutreffen sein, die nicht davon ausgeht, dass die aberwitzigen Milliarden, die die (westlichen) Staaten zur Rettung der systemischen Funktionen des Dogmas wirtschaftlichen Wachstums in Geldpressen drucken, irgendwann wieder “eingesammelt” werden müssen (das einzige probate Gegenmittel, die Währungsabwertung sei aussen vor).

Alle gehandelten Modelle gehen davon aus, dass die Verteidigungsausgaben von der antizipierten Sparwelle erfasst werden, und zwar bald, schon im Haushaltsentwurf für 2010?

U.E. ist bei “Sparwellen” (der letzten 30 Jahre) vom Finanzminister immer die “Rasenmäher”-Methode angewandt worden (Schnitthöhe einstellen, los geht’s). Nur die populäre Politik-Sparte (in D insbesondere Soziales) kann sich evtl. der Schnitthöhe entziehen, weil ihre wählerwirksame Durchschlagskraft doch zu “tödlich” ist.

Man stelle sich vor, dass man einen absolut vertrauenswürdigen, intimen Kenner der Bundeswehr-Szene träfe, der aus seiner belegten Kenntnis voraussagen würde, dass die Bundeswehr angesichts ihrer finanziellen Zukunft alternativlos “vor die Wand fährt”!

Nein, es gibt keine Konzept-Umsetzung, die den Verteidigungshaushalt in der politischen Auseinandersetzung davor bewahrt, geschliffen zu werden. Es gehörte eine wirklich intime Kenntnis der tatsächlichen und vor allem zukünftigen Situation der Bw dazu, dass die den Finanzminister überspielende Person, die Kanzlerin, das Problem erkennt. Das zu erwarten, mangelt jeder Erfahrung (Beate, hilf!).

{Ist die Bw-Zukunft wirklich so vorhersehbar?}

 

Lage Bw: Unzeit

30. April 2009

Immerhin ganze 9 Monate hat das Verteidigungsministerium gebraucht, um auf die “Grosse Anfrage” der FDP-Abgeordneten Homburger, Hoff und Stinner zum Thema “Die Bundeswehr - Eine aufgabenorientierte Streitkraft” zu antworten.

Systemisch kann die Administration ja gar nicht anders, als mit allen Künsten der politischen Kalligraphie alles so schön zu schreiben, wie es nur gerade noch geht. Allein deswegen lohnt die 81-seitige Lektüre, und weil sie doch eine Menge von Daten enthält, die für alle Angehörigen der Streitkräfte von Belang sind:

Einige Gesichtspunkte sind bestimmt keine Sommersprossen:

  • Allein das Thema Dienstposten und Beförderung (und Motivation) ist mit Sicherheit sehr wackelig; die Beantwortung der Fragen 38/39 ist sehr grenzwertig;
     
  • Die Ziffern zu der Frage nach der Abwanderung zeigen für die Sanitätsoffiziere nun wirklich einen eindeutigen Beleg für Führungsversagen (Frage 54, 67). Die Marine glänzt dagegen;
     
  • Trotz Geflunker mit irgendwelchen Dienstposten-Definitionen liegt die Zahl der zivilen Mitarbeiter derzeit noch bei grob 100.000. Wie sollen die bis Ende 2010 auf 75.000 “entlassen” werden? (Frage 76);
     
  • Was soll man über die Angabe denken, dass die Kasernenmodernisierung “West” in sechs Jahren (2015!) erst abgeschlossen ist?
     
  • Wer die penible 15-seitige Dokumentation über die 130 “Hilfsleistungen” der Bundeswehr von 2003 - 2008 im Innern überfliegt, kann sich eine Vorstellung davon machen, warum unsere Streitkraft so beliebt ist (recht so).

Andererseits: Die Ausrede, man müsse das wichtige Werk unbedingt am Wochenende durcharbeiten, kann nicht gelten. Vom Tag der Nichtarbeit sollte man sich hoffentlich sehr genüsslich erholen!

{Nichts zur Unzeit}

 

SPD-Wahlprogramm: Wünsche

20. April 2009

Es gibt zwar 99 Gründe, Wahlprogramme nicht zu lesen, wenn es aber nur 1 1/2 Seiten zum Fachthema sind, sollte man sich diesen Luxus genehmigen. Gestern hat die SPD ihren 59-seitigen Entwurf vorgestellt, der irgendwie wohl noch abgesegnet werden muss:
http://www.frankwaltersteinmeier.de/_media/pdf/Entwurf_Regierungsprogramm.pdf

Ab Seite 55 plädiert man wattebäuschig: “Weltweit für Frieden und Abrüstung”. Keine der 11 Forderungen ist dergestalt, dass man in Ohnmacht fallen müsste:

  • Die SPD will,
    “dass alle substrategischen Nuklearwaffen aus Europa vollständig abgezogen werden. Das gilt auch für die noch in Deutschland verbliebenen Nuklearwaffen. Sie sind ein Relikt des Kalten Krieges und heute militärisch obsolet.”

    Zunächst darf man hier fragen, warum die SPD nur von der militärischen, aber nicht auch von der politischen Obsolenszenz (sorry, kein passender deutscher Ausdruck) spricht.

    Vielleicht sehen wir nur das Problem, ob der dem o.a. Zitat nächstfolgende Satz die zunächst stramm erscheinende Abzugsforderung irgendwie relativiert:
    “Wir werden uns dafür einsetzen, dass dies im Rahmen der geplanten amerikanisch-russischen Abrüstungsgespräche thematisiert wird.”

    Soll die deutsche “nukleare Teilhabe” nun ohne irgendwelche Vorbedingungen einseitig beendet werden oder soll sie “thematisiert” werden? Wahrscheinlich ist es nur ein Indiz, dass beide Parteilager (incl. Steinmeier) sich “wiederfinden” wollten.
     
  • Absolut lesens- und ausschneidenswert ist der Abschnitt “Die Bundeswehr modernisieren”. Wir zollen dem Verfasser den allerhöchsten Respekt. Es ist höchste Kunst, praktisch einen einzigen Satz zu Papier zu bringen, der die optimalste Kuschelwärme erzeugt und Glückstränen über die Wangen treibt.

Wahlprogramme sollten eigentlich die konzeptionelle Intelligenz der betreffenden Partei zeigen. Systemisch dürfen sie dabei nicht die Hinderungsfaktoren (Finanzen, “Arbeiterschaft”, “Du bist nicht allein”) einer zielerreichenden Umsetzung erwähnen. Die geistige Nähe zu einem Wunschzettel sollte aber vermieden werden.

{Lao-Tse sagt: Will nicht alles, was Du Dir wünscht!}

 

Wehrbeauftragter: vermodert

27. März 2009

Man darf äusserst froh sein, dass es die in unserer Verfassung (GG 45b) verankerte Institution des Wehrbeauftragten gibt. Deshalb sollte man am Wochenende die Zeit aufbringen, den 50. Wehrbeauftragtenbericht, den vierten Tätigkeitsbericht von Reinhold Robbe, wenigstens in geringer Geschwindigkeit zu überfliegen:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/122/1612200.pdf

Die Schlagzeile betrifft diesmal eine gesamte Teilstreitkraft, die des Sanitätswesens. Die seit längerem sich anbahnende Entwicklung müsste eigentlich dazu führen, dass der verantwortliche Inspekteur von sich aus seinen Hut nimmt. Wenn der Verteidigungsminister zu ihm noch das notwendige “Vertrauen” hat, darf er wiederum die entsprechende Verantwortung übernehmen.

U.E. ergibt sich aber ein “Delta” zwischen dem eigentlichen Bericht von Reinhold Robbe und dem, was er mit seinen “einführenden Worten zur Pressekonferenz” am 26. März, 11.30 Uhr dargelegt hat.

Im 2008-Bericht nicht zu finden ist die strategische Fragestellung der Pressekonferenz:

  • “Wie modern ist die Bundeswehr”? Die von Robbe zitierten Antworten von Bw-Angehörigen bei einem einzigen Truppenversuch (in Köln-Wahn) sind vernichtend;
     
  • Dass Robbe (S. 5) die heilige Kuh (GG 87a vers. 87b) wenigstens in der Pressekonferenz anspricht und ausserdem urteilt, dass augenscheinlich die Wehrverwaltung “bis zum heutigen Tage dem Idealbild einer in jeder Hinsicht modernen Armee im Wege” steht, ehrt den Amtsinhaber.
     
  • Sucht man im Robbe-Bericht 2008 unter den Stichworten “Unterfinanzierung der Streitkräfte” oder “Erhöhung des Verteidigungsetats”, ist Fehlanzeige.

    In der Pressekonferenz ist dieses Thema plötzlich ein “weiterer zentraler Punkt”, den Robbe ansprechen will. Es führe “kein Weg an einer laufenden und angemessenen Erhöhung des Verteidigungsetats vorbei”!

Wenn man jetzt titeln würde, dass die Bundeswehr eine modernde Truppe sei, würde man sich ja ein wütendes Geheul von sehr vielen Soldaten und zivilen Mitarbeitern auf den Hals holen. Weil wir so lebensmüde auch nicht sind, koppeln wir die tägliche tolle Leistung der Dienenden vom System ab:

{Die Bundeswehr vermodert systemisch}

 

Bw zur Miete: BImA

17. Oktober 2008

Auf die deutsche Verteidigungspolitik steuert ein Problem ganz seltener Art zu: Muss die Bundeswehr für alle ihre Liegenschaften demnächst Miete an den Finanzminister bezahlen?

Das Problem hat der Bundestag selbst am 9. Dezember 2004 beschlossen. Per Gesetz wurde die ehemalige Bundesvermögensverwaltung in die “Bundesanstalt für Immobilienaufgaben” (BIma) umgewandelt, die nun die Bundesliegenschaften nach “kaufmännischen Grundsätzen” wertsteigern soll. Bis 2010 sind die Immobilien aller Bundesministerien freiwillig an die BImA abzutreten, ab 2012 per Zwang:
http://www.bundesimmobilien.de/003_menue_links/06-unternehmen/001_ueberuns/index.html

Eine Neuerung erscheint dabei aber recht seltsam: Wer bislang auf Staatsgrund mietfrei werkelte, wird in Zukunft eine marktübliche Miete für seinen Bundesarbeitsplatz an die BImA zu zahlen haben, die, weil dem Bundesfinanzminister zugehörig, seinem Ressort kräftige Einnahmen in die Kasse spülen wird.

Fast alle Bundesressorts wird die BImA-Miete nur sehr marginal belasten. Die Bundeswehr dagegen hat ein riesiges Liegenschaftsvermögen. Es muss eine schwindelerregende Mietsumme für die Kasernen, Flugplätze und Hafenanlagen zusammenkommen, die bald aus dem Verteidigungsetat zu begleichen ist.

Das wäre nicht unbedingt ein Problem, wenn der Finanzminister diese Miete dauerhaft hintenrum wieder dem Wehrhaushalt draufsatteln würde. Vertrauen darauf könnte man dann, wenn es einen ordentlichen Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages geben würde. Sicher ist, dass sich die Haushaltsexperten diesem Problem nähern müssen (> Wiedervorlage).

{Droht der Amtsschimmel-Kapitalismus?}

 

Finanzkrise: Abrüster

14. Oktober 2008

Wenn sich die Herbstnebel lichten, wird man von einer baldigen Bescherung weihnachtlicher Art wohl kaum sprechen können: Welche Konsequenzen hat der Entwurf des “Finanzmarktstabilisierungs-Gesetzes” (FMStG) für den Haushalt des Verteidigungsministeriums noch dieses Jahr und für 2009 (das FMStG gilt bis Ende 2009)?

Schaut man sich als Analphabet der Finanzwissenschaft die Informationen des Finanzministeriums an
http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_54/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Finanz__und__ Wirtschaftspolitik/Finanzpolitik/122__Paket__Finanzmaerkte.html?__nnn=true ,
ist man insofern beruhigt, dass von der schwindelerregenden Gesamtsumme von 500 Mrd. EUR zunächst wirklich haushaltsrelevant “nur” der Betrag von 20 Mrd. EUR erscheint, denn der Bund will für 5 % der 400 Mrd.-Garantie der “Refinanzierungsinstrumente” eine “haushaltsrechtliche Vorsorge” treffen.

Müssen diese 20 Mrd. EUR “Garantiesumme” nun tatsächlich in einen Nachtragshaushalt für 2008 (und in die 41. Finanzplanung des Bundes) eingebracht werden? Werden die weiteren 80 Mrd. für “Rekapitalisierung und Erwerb von Problemaktiva” tatsächlich als Kredit aufgenommen? Oder werden sie nur als “Option” bereit gelegt? (Info: Die Nettokreditaufnahme des Bundes lt. 41. Finanzplanung lag für 2008 (Entwurf) bei 12,9 Mrd. EUR).

Whatsoever: Nach dem FMStG muss man eine “Globale Minderausgabe” des Finanzministers erwarten, die - aus Erfahrung - nur mit dem Rasenmäher-Prinzip zu verwirklichen ist, und den Verteidigungshaushalt - entsprechend seiner Grösse - treffen wird. Danach ist die Zeit relativer Zufriedenheit vorbei. Der Begriff der Transformation, immer um positive Besetzung bemüht, wird sein negatives Potential voll ausleben.

Ohne Finanzkrise standen die Verteidigungshaushalte in Italien, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den U.S.A. (und z.B. Russland) sowieso schon auf tönernden Füssen. Nach dem Billionen-Deal darf man sich mit einer aktuellen Lage-Beschreibung ein wenig Zeit lassen.

{Banker sind heimliche Abrüster!}

 

UK-Performance: schnarcht

22. Juli 2008

In welchem Jahrzehnt wird in Deutschland Wirklichkeit werden, was bei unseren britischen Freunden gerade wieder zelebriert wird: Dass eine moderne demokratische Regierung ihrem Souverän offenlegt, wie und was sie mit den Steuer-Milliarden (hier Verteidigung) angestellt hat.

Man stelle sich vor, dass der deutsche Verteidigungsminister, der seinen Pressestab darauf trimmt, einzig und allein ihn selbst gut zu verkaufen, freiwillig (oder vom Parlament gezwungen) jährlich einen “Performance-Report” seines Hauses zu verantworten hätte! Wie die Briten: 240 Seiten und dann noch mal 220 Seiten: Zahlen, Fakten, Daten ohne Ende, zu jeder erdenklichen Einzelheit, sogar mit Mess-Kriterien anhand eigener gesetzter Ziele und dem entsprechenden Eingeständnis (“not met”):
http://www.mod.uk/DefenceInternet/AboutDefence/CorporatePublications/AnnualReports/MODA nnualReports0708/

Unsereins wird schon lange tot sein, wenn diese Selbstverständlichkeit moderner Demokratie auch hierzulande einmal Eingang findet. Rund um 2030 müsste die politische Elite dieses schönen Landes eigentlich in der Lage sein, jährlich einen “Performance”-Bericht der Verteidigungspolitik ins Netz zu stellen, britisch.

Wenn man sich unter dem Stichwort “state of the art” (wohlverstanden) umschaut und dabei wirkliche “Modernitätsverluste” seiner Truppe feststellt, ist das gar nicht gut; der Begriff “Handlungsbedarf” wird überfällig.

{Wer schnarcht, sündigt}

 

Piraterie: Augenklappe

12. Juni 2008

Als Kinobesucher kann man den “Fluch der Karibik” schon lustig finden. Wenn man heutzutage aber Opfer von Piraten wird, ist das nicht ganz so lustig. Seeräuberei ist zwar kein grosses, aber es ist ein internationales sicherheitspolitisches Problem. Wer eine saubere Darstellung dazu lesen will, findet die gerade erschienende RAND-Studie von Peter Chalk:
http://www.rand.org/pubs/monographs/2008/RAND_MG697.pdf

Dank der FDP-Bundestagsabgeordneten Stinner, Homburger und Hoff darf man sich als deutscher Staatsbürger nun auch sachkundig machen, wie die Bundesregierung sich zu diesem Problem verhält:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/092/1609286.pdf

Bedenkt man, dass Deutschland einen Sitz im U.N.-Sicherheitsrat anstrebt, versteht man das deutsche Wesen überhaupt nicht mehr (oder gerade?):

  • Während allenthalben von der Bundesregierung hochheilige Völkerrechtstreue geschworen wird, verdrückt man sich hinsichtlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ, hier seit dem 16. 11. 1994 in Gesetzes Kraft) ganz unverschämt ins Abseits:

    - Zu Frage 1 hinsichtlich der Bedeutung des Artikel 100 des SRÜ findet man die Ausbüchs-Formulierung, dass das eine “Bemühensverpflichtung” sei!

    - Auch in Art. 105 des SRÜ sieht man “eine Befugnis, keine unbedingte Verpflichtung” (Frage 6);

    - Ganz elegant antwortet man auf Frage 12: Ob die Deutsche Marine von völkerrechtlichen Befugnissen Gebrauch machen darf, “ist verfassungsrechtlich nicht abschliessend geklärt”!

    - Lieblich ist die Antwort auf die Frage nach evtl. Handlungsbedarf (Frage 18):
    “Es wird gegenwärtig innerhalb der Bundesregierung darüber diskutiert, wie ein grösseres Mass an Rechtssicherheit zu gewinnen ist. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.”

    - Lustig wird es, wenn Günter Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt, auf die Frage 5/216 des MdB Stinner antwortet:
    Bereits vor dem SRÜ galt die Befugnis zur Piraten-Bekämpfung als “Völkergewohnheitsrecht”. Dies ist nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 109, 38 [53]) den “allgemeinen Regeln des Völkerrechts” zuzurechnen. Nach Art. 25 des Grundgesetzes “gehen (sie) den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes”. M.a.W.: Seit 1949 dürfte die Bekämpfung von Piraten erlaubt sein; in 2008 ist die Diskussion darüber aber “noch nicht abgeschlossen”!

    - Wie innig die deutsche Piratenfreundschaft ist, zeigt sich bei der “Operation Enduring Freedom” (OEF). Obwohl die OEF-Operationspläne den Kampf gegen Piraten enthalten, hat sich Deutschland mit einem nationalen Vorbehalt aus dieser Aufgabe verabschiedet. Jetzt ist man mit Schiffen sowieso am Horn von Afrika nicht mehr vertreten; die EMDEN ist zu Hause. Mit dem Luftaufklärer P3 ORION können die deutschen Soldaten vielleicht gute  Piraten-”Bilder” schiessen, die - unter dem Ladentisch gehandelt - wenigstens das Image der Operateure retten (macht das!).

Weil man sich schiffsmässig vom Horn von Afrika verabschiedet hat, darf man die U.N.-Sicherheitsrats-Resolution 1816 (2008) vom 2. Juni 2008 auch ignorieren. Sie fordert von allen Regierungen der Welt die aktive Bekämpfung der Piraterie vor der somalischen Küste. Michael Stehr hat den Zusammenhang verdienstvoll aufgearbeitet:
http://www.marineforum.info/AKTUELLES/aktuelles.htm (etwas scrollen)

Als globale Referenz-Adresse für Fragen der Piraterie gilt das “International Maritime Bureau” (IMB), welches Teil der ICC, der “International Chamber of Commerce” (ICC) ist. Das IMB wiederum betreibt das “Piracy Reporting Centre”, welches von 22 Sponsoren getragen wird. Auch hier glänzen die Deutschen mit Abwesenheit. Der Weltmeister des Exports und grösste Flottenbetreiber weltweit (irgendso) spendet keinen müden EUR:
http://www.icc-ccs.org/imb/overview.php

Unser Besinnungsaufsatz ist unvermeidbar:

  • Kann eine Nation, die lt. Peer Steinbrück 40 % ihres Einkommens der Welt verdankt, auf die Zukunft so nationalistisch, egoman bleiben?
     
  • Wie lange hält die Attitüde, dass uns die Meinung unserer Partner und Freunde über unser Verhalten heimlich am ***** vorbeigeht?
     
  • Man muss auf Werte wie die in der Präambel des GG keinen Pfifferling geben. Es reicht die ganz kühle Interessen-Analyse, die rationale Egomanie nachhaltig befördert.

{Die Augenklappe steht in der Tarnvorschrift}

 

Bw-Einsatz-Kosten: beliebig

9. April 2008

B. Uhlenbroich gebührt die Krone der Erstberichterstattung, denn er hat via “Bild am Sonntag” (6.4.) gemeldet, dass die internationalen Einsätze der Bundeswehr in 2007 genau 910,7 Mio. EUR gekostet haben.

Um unsere User zu besänftigen, die uns Schlafmützigkeit vorwerfen, hecheln wir den 16-seitigen Regierungsbericht komplett nach:
Bericht des BMVg zu den Ausgaben für Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen; Jahresbericht 2007
(unsereins trauert jeden Tag, weil wir zu keinem Haushälter ein inniges Netzwerkverhältnis haben).

Damit man sich nicht so allein fühlt, erinnert man:

  • Die Amis haben in AFG seit 2001 92,6 Mrd. USD verbrannt;
     
  • Unsere britischen Freunde sind 2007/8 mit 2,156 Mrd EUR dabei (nur AFG!). Die deutschen AFG-Kosten von 467 Mio. EUR sind dagegen billig (beachte: Die Briten sind mit grob 7.700 Soldaten dort, die Deutschen mit 3.500).
     
  • Im Nachhinein ärgert uns, dass wir die pdf-Seite 51 des Bundeswehrplans 2008 nicht aufmerksam genug gelesen haben. In der Tabelle über die Einschätzung der Einsatzkosten wird der BwPan 2007 mit 650 Mio. EUR aufgeführt. Hätte man den letzten Absatz der Seite zur Kenntnis genommen, hätte man mit dem dort genannten Höchstsatz von + 260 Mio. EUR gleich den genauen Wert für 2007 im Kasten gehabt: 910 Mio. EUR (hätte der Hase...).

    Andererseits ist der letzte Absatz der pdf-Seite 51 des Bundeswehrplans 2008 ehrlos geschrieben. Entcodiert lautet er: Ihr Blödmänner, ihr kapiert nicht oder überlest diesen so geschliffenen Satz sowieso; die o.a. Tabelle ist um 220 - 260 Mio. EUR gefälscht!.
     
  • War der Verteidigungshaushalt nicht gerade um eine ganz gewaltige Milliarde Euros erhöht worden? 260 Mio. darf man wegen der Auslandseinsätze aus dem Haushalt rausrechnen. Dann kommen noch ausserplanmässige 170 Mio. EUR (oder wieviel?) für die neue Regierungs-Flieger-Flotte dazu - und schon ist fast die Hälfte des geprotzten Erhöhungspotentials schlicht futsch (das wird nicht alles sein).

Die knappe Mrd. EUR für die Auslandseinsätze der Bw kann aber auch für “gute” Argumentationslinien herhalten:

  • Liebe Mitbürger, die ihr ein aussenpolitisches Engagement Deutschlands deshalb ablehnt, weil wir hierzulande doch noch so gewaltige Wohltaten zu vollbringen haben (SOWI-Umfrage: bummelig 50 %):

    - 1 Mrd. EUR sind doch nur soundsoviel Prozent des Verteidigungshaushaltes!
    - 1 Mrd. EUR sind doch nur magere soundsoviel Prozent des Bundeshaushaltes!
    - Gar nicht ausrechnen möchten wir den Anteil am BIP!
    - Und was ist dieser Betrag im Vergleich zu den gerade gemeldeten 10 Mrd. EUR Steuerausfällen wegen der Hypothekenkrise (das St. Floriansprinzip zieht immer)?
    - etc. etc.
     
  • Vorsichtig sollte man die Friedensfreunde behandeln. Sie werden vehement beklagen, dass das Kostenverhältnis von Sicherheit zu Wiederaufbau 10 : 1 beträgt (AA/AFG- Hilfe 120 Mio. EUR).

    Irgendwann wird es eine wissenschaftlich berechnete Korrelationskurve geben, die zeigt:
    Je mehr Sicherheit unter hohem Aufwand in unsicheren Lagen hergestellt wird, desto mehr sinken die Kosten für Sicherheit im Vergleich zu den Gewinnen der zivilen Gesellschaft (unsere “Sicherheitsausgaben” sinken unentwegt!).

{Man hat nie die Chance, einem blödsinnigen Argument zu entweichen}

 

Libanon-Einsatz: fragen (+ Nachtrag 15.9.: Wortlaut UNIFIL-D)

14. September 2006

Der gestern vom Bundeskabinett verabschiedete und dem Parlament zur Abstimmung vorzulegende Antrag bezüglich der deutschen Beteiligung an den UNIFIL-Streitkräften bedeutet den Marschbefehl für bis zu 2.400 Soldatinnen und Soldaten (den Link zur entsprechenden Bundestags-Drucksache tragen wir nach):

  • maximal 1.500 “an Bord von Schiffen und Booten”;
  • ca. 100 für den Lufttransport;
  • rund 400 für Führungsaufgaben “in nationaler Verantwortung” und “die erforderlichen logistischen Unterstützungsleistungen”;
  • “Ca. 100 Soldatinnen und Soldaten sind vorgesehen, um bei Bedarf die libanesischen Streitkräfte beraten und Ausbildungsunterstützung leisten zu können”;
  • eine “planerische Reserve” von 300 Militärpersonen für Ablöse-Überschneidungen.

Das deutsche Marine-Mandat ist robust genug, um effektiv wirken zu können. Die Bundesregierung scheint massiv gegen Verwässerungen (z.b. Begrenzung des Seeraum-Gebebietes) eingetreten zu sein und hat deshalb schon ein gewisses Lob verdient.

Jetzt ist die “Area of Maritime Operations” (AMO) auf ein Einsatzgebiet ausgedehnt, dass von der libanesischen Küste “bis ca. 50” (fünfzig!) Seemeilen (nicht km!) “westlich der libanesischen Küste” reicht; hier ist “- falls notwendig - das Betreten und Untersuchen eines verdächtigen Schiffes gegen Widerstand” erlaubt (eine gewisse Zurückhaltung bezüglich dieser Frage muss erlaubt sein, weil die entscheidenden “Rules of Engagements” den Bundestags-Abgeordneten nur durch Einsicht in der “Geheimschutzstelle” des Bundestages erlaubt ist).

Weiterhin beachtenswert ist jene deutsche 100-Mann-Truppe, die “technische Ausrüstungshilfe, militärische Beratung / Ausbildungshilfe für die libanesischen Streitkräfte” leisten soll. Sie wäre sinnstiftend eingesetzt, wenn ihr Auftrag darauf ausgerichtet wäre, den Horizont für eine “Exit-Strategie” der Deutschen Marine aufzuzeigen, der im Wortlaut des Regierungstextes zu finden ist (S. 3):
“Sie (die Bundesmarine) soll nur in einer Übergangsphase zum Einsatz kommen, bis die libanesische Regierung in der Lage ist, selbst die Küste zu überwachen”.
Dass hier viel zu tun ist, zeigt ein Blick auf die Daten, die in entsprechenden Handbüchern (IISS, MOENCH) über die libanesische Marine zu finden sind: Sie umfasst ca. 1.000 Soldaten und verfügt über sieben  Küstenboote ex-sowjetischer Bauart (2 “TRACKER”, 5 “ATTACKER”).

Wenn Deutschland durch “technische Ausrüstungshilfe” (Abgabe von Schnellbooten?) der libanesische Marine zur Küstenhoheit verhelfen würde, wäre das schon bemerkenswert.

U.E. verdient ein einziger Satz des 5-Seiten-Antrages der Bundesregierung besondere Aufmerksamkeit. Unter der Ziff. 7 beschreibt er das Einsatzgebiet der UNIFIL und fügt eine nicht unwichtige Dimension bei:

  • “Hinzu kommt der Luftraum über beiden Gebieten” (gemeint ist die “deutsche” AMO und das Gebiet zwischen Blue Line und Litani).

Dazu hat man die folgenden Fakten zu addieren:

  • Die vergangenen UNIFIL-Reports (siehe www.un.org ) berichten von permanenten Verletzungen des Luftraums Libanons über See durch die israelische Luftwaffe;
     
  • Das deutsche Kräfte-Angebot für UNIFIL sah zu Monatsbeginn noch 6 Aufklärungs-TORNADOS vor, die jetzt im Regierungsantrag nicht auftauchen.

Natürlich kann die Deutsche Marine den seeseitigen Luftraum des Libanon beobachten und melden; die Frage der Lufthoheit der UNIFIL und des Libanon ist damit aber nicht beantwortet.

{Wer fragt, antwortet nicht gern}

Nachtrag 15.9.06: Wortlaut des UNIFIL-Antrages der Bundesregierung an Parlament (als pdf)

 

Afghanistan- Konzept 2006: Sprache (+ Nachtrag 15.9.: Wortlaut)

13. September 2006

Im Windschatten eines möglichen Libanon-Mandats für die Bundeswehr wird sich das Bundeskabinett heute auch mit dem (zweiten) “Afghanistan-Konzept der Bundesregierung” (25 S.) beschäftigen. Es liegt nahe, es mit dem 1. Afghanistan-Konzept (11 S.) der Vorgänger-Regierung von 2003 zu vergleichen, das hier zu finden ist:
http://www.spdfraktion.de/rs_datei/0,,2635,00.pdf#search=%22Afghanistan%20Konzept%20De utschland%202003%22

Die erste Frage wird sein, ob die Bundesregierung (nach Befassung) sich überhaupt traut, ihr “Afghanistan-Konzept” der Öffentlichkeit zuzumuten (man erinnert sich des Vorwurfes des Bundespräsidenten, dass die Deutschen ein “wohlwollendes Desinteresse” an solchen Fragen hätten - “was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss”). Wenn man seine eigene Position verschweigt/vertuscht, darf man die Diskussion darüber auch nicht einfordern.

Wir zitieren aus der Kabinettsvorlage einige “Schmankerl”:

  • “Unser Engagement in Afghanistan profitiert von der weit überwiegenden Zustimmung der Afghanen selbst und von breiter Einigkeit innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Die Bundesregierung ist weiterhin davon überzeugt, dass die Stabilisierung Afghanistans gelingen kann”;
     
  • Mit dem Mantel sprachlicher Verdeckung (ehrlicher die S. 22 f.) wird verheimlicht, “dass Bereiche wie der Polizeiaufbau, bei dem Deutschland Führungsnation ist, verstärkt werden müssen”.
    (Das muss man sich einmal vorstellen: Während Hunderte von Bundeswehrsoldaten nur im “freundlichen” Norden Afghanistans den Kern fragilster Sicherheit herstellen sollen, wollen ca. 40 (ja, vierzig) Bundespolizisten im Deutschland-doppelt-so-grossen Afghanistan die afghanische Polizei aufbauen! Darüber hat es noch keinen impressiven “Fakt”-Bericht im heimeligen Deutschland-TV gegeben);
     
  • Wohltuend für die deutsche Empfindlichkeit würde das amtliche “Bashing” der afghanischen Regierung wirken, wenn es die Deutschen auch lesen könnten:
    “ Entschlossenes afghanisches Handeln ist in der jetzt eröffneten Phase afghanischer Verantwortungsübernahme zentrale Voraussetzung eines sinnvollen und wirksamen deutschen Engagements für Afghanistan” (siehe auch S. 17);
     
  • Danach nähert sich der deutsche Afghanistan-Report einiger Probleme, “die aktiv angegangen werden müssen” (S. 6 ff.). Annäherungsweise zu Berichten der U.S.-Administration zum Irak-Krieg kann man Daten und Fakten über den Aufbau in Afghanistan lesen, die wirklich lernenswert sind;
     
  • Dass die “westliche” Welt nicht ganz von afghanischen Problemen entfernt ist, zeigt eine Passage zur Personalpolitik bezüglich der Leitungsämter in Afghanistan (S. 18):
    “Dies bedeutet, einem professionellen Ideal zu folgen und allein dem Gesetz verpflichtete Personen  in staatliche Führungspositionen zu befördern, und damit gleichzeitig solche Personen abzulösen, die ihren Einfluss vor allem der Zugehörigkeit zu ethnischen und personalen Netzwerken, einschliesslich krimineller Natur, verdanken.”
    (Man wird zugeben müssen, dass sich hinter dieser geschliffendsten Formulierung eine operative Forderung verbirgt, die ihresgleichen sucht).

Wie gesagt: Das “Afghanistan-Konzept der Bundesregierung” steht (und fällt) mit seinem Mut zur Öffentlichkeit (irgendwann ist das sowieso Online).

{Sprechfähigkeit ist Sprache}

Nachtrag 15.9.06:
Wortlaut des Afghanistan-Konzepts 2006 der Bundesregierung (als pdf)

Wortlaut des ISAF-Antrages der Bundesregierung zur Mandats-Verlängerung (als pdf)

 

Finanzplan 2010: 4+

6. Juli 2006

Gestern hat Finanzminister Steinbrück die Eckdaten für den Bundeshaushalt 2007 und die der Finanzplanung bis 2010 vorgelegt:
http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_01/nn_54/DE/Aktuelles/Pressemitteilungen/2006/07 /20060507__PM0085.html

Man wird sich daran gewöhnen müssen, den Faktor -4 im Kopf zu haben, denn die 4 Mrd. EUR für die Pensionen (Versorgungsausgaben), die bisher im Einzelplan 33 geführt wurden, werden nun nach Beschluss der Haushaltsausschusses dem Einzelplan 14 zugeschlagen.

Die Daten der Finanzpläne 2009 und 2010 ergeben folgendes Bild:

Mrd. EUR

2007

2008

2009

2010

Finanzplan 09

24,280

24,580

24,880

 

Finanzplan 10

28,4

28,7

29,1

29,5

 

 

 

Ersichtlich ist, dass nach Subtraktion des Pensionsfaktors 4 der Einzelplan 14 mit dem Finanzplan 2010 um 120 Mio. EUR, in 2009 sogar um 220 Mio. EUR angehoben wird. Vielleicht ist die Freude darüber verfrüht:

  • Eigentlich ist die Finanzplanung des Bundes auf dem Preisstand des Jahres aufgebaut, mit dem sie beginnt (hier also 2005). Für die Folgejahre müssten eigentlich die Geldwertverluste auf die jeweiligen aktuellen Haushalte aufgesattelt werden. Für den Verteidigungshaushalt ist aber verabredet, dass diese Regel nicht gilt und die preisbereinigten Plandaten als nominale Beträge für die zukünftigen Haushaltsjahre anzusehen sind.
     
  • Die Pensionsausgaben sind von 3,9 Mrd. EUR in 2004 auf 4,0 Mrd. EUR in 2005 gestiegen. Wenn man davon ausgeht, dass sie in einer vergleichbaren Grössenordnung wachsen, verflüchtigt sich der aus der Tabelle ersichtliche Zuwachs und knabbert eher noch an der eigentlichen Substanz des Kernhaushaltes des Epl. 14. König ist der, wer in seiner Amtsschublade die konkreten Daten über die Entwicklung der Versorgungsausgaben des Bereichs Verteidigung verfügt (wir haben einen neuen Suchbereich).

{Wer sucht, dem kann geholfen werden}

 

Kanzlerin Merkel: durchsetzen

15. Mai 2006

Wer auf der Suche nach dem ultimativen Argument für das weltweite sicherheitspolitische Engagement Europas und Deutschlands ist, wird aus der letzten Woche noch etwas nachzuarbeiten haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem Thema in ihrer Regierungs-Erklärung zur Europa-Politik am 11. Mai 2006 einigen Raum gegeben (S. 4):
http://www.bundesregierung.de/Reden-Interviews-,12405.1000920/regierungserklaerung/Regier ungserklaerung-von-Bunde.htm

Der Begründungsfaden für die Übernahme von “Verantwortlichkeiten” verläuft demnach wie folgt:

  • Mit den “völlig neuen Bedrohungen” (Terrorismus, Fundamentalismus) kann kein Staat “allein ... fertig werden”.
    (Eigentlich müsste nach dieser Feststellung eine erste, “doktrinäre” Aussage folgen, dass Deutschland und Europa gegen diese Bedrohung kämpft);
     
  • Im 7. Absatz auf Seite 4 des Rede-Protokolls folgt dann aber eine eigenständige Begründung für die Übernahme aussen/sicherheitspolitischer Verantwortung (die die  militärische Komponente ja einschliesst), die man wohl mehrfach lesen muss - Wort für Wort:
    “Wenn wir unsere Art, zu leben und zu wirtschaften, zu einer Art machen wollen, mit der wir uns auch in der Welt Anerkennung und Durchsetzung verschaffen, dann werden wir uns vor den Verantwortungen und Herausforderungen in der Welt nicht drücken können.”

    Im 6. Absatz heisst es schon ähnlich:
    “Europa kann seinen Anspruch, ein Wertesystem zu haben, nicht mehr allein bei sich durchsetzen; wenn wir es mit diesem Wertesystem ernst meinen, dann müssen wir vielmehr da helfen, wo andere allein nicht klarkommen”.

Wenn Europa seinem Wertesystem weltweit Anerkennung verschaffen wollte, wäre das sicher nicht “imperialistisch”. Wenn aber auch das Wort Durchsetzung fällt, wird Mancher zucken. Sich “durchsetzen” müsste mit “prevail” ins Englische übersetzt werden, und das bedeutet in der Rückübersetzung: vorherrschen, siegen (wer erinnert sich nicht an “prevail” in der U.S.-Strategie).

Man muss sich über diese Interpretation nicht unbedingt erregen, denn Kanzlerin Merkel fordert für die Bewältigung ihrer ambitionierten Sicherheitsstrategie als Voraussetzung die Handlungsfähigkeit der Europäer:

  • “Handlungsfähig sind wir nur dann, wenn wir von unserer inneren Verfasstheit her die notwendigen Entscheidungen vernünftig treffen können.”

{Sich drücken? - oder lieber siegen!}

 

Rüstungsexport: entgegen?

30. Januar 2006

Als absoluter Insider aus der Zeit der rot-grünen Regierungszeit legt Aussenminister Steinmaier den “Rüstungsexportbericht 2004” (153. S., 1,5 MB) vor:
http://www.auswaertigesamt.de/www/de/infoservice/download/pdf/friedenspolitik/abruestung/ru estungsexportbericht2004.pdf

Für Experten ist der Bericht sicherlich eine Fundgrube für investigative Gelegenheiten. Wir würden nur zugern die Gründe erfahren, die sich allein hinter den Daten auf S. 130 verbergen:

  • Die damalige Bundesregierung hat augenscheinlich den Export von “Satellitentreibstoffe(n) f. zivile Satelliten, Laborchemikalien, Vorprodukte” im Wert von rund 176.000 EUR an die Volksrepublik China geliefert (absehen von den “Proviantkälteanlagen und Wasseraufbereitungsanlagen für Schiffe”);
     
  • Nach der für Durchschnittskonsumenten dargebotenen Lesart müssten die im Bericht angegebenen Hinweise (Nummern der “Ausfuhrliste”, AL) den Rückschluss zulassen, dass hier tatsächlich ein Rüstungsexport entgegen den gesetzlichen Bestimmungen stattgefunden hat.

Angesichts des allgemein bekannten Rüstungs-Embargos gegen die VR China fragt man sich natürlich, welche Bedeutung diesem Vorgang beizumessen ist. Eine investigative Recherche, die allen amtsseitigen Einwendungen staatstreu gerecht werden würde, hätte vielleicht ein beruhigenderes zum Ergebnis; leider können wir uns mit solchen Deutungen nicht beschäftigen.

{Die irdische Weltgeschichte beliebt, über Einzelschicksale hinweg zu sehen}

 

Rüstungsexport: oral?

13. Dezember 2005

Die “Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung” (GKKE) hat ihren 9. Bericht zur Rüstungsexportpolitik der rot-grünen Bundesregierung vorgelegt, die ihrerseits ihrer amtlichen Verpflichtung zur Veröffentlichung der genehmigten Waffenausfuhren in 2004 nicht nachgekommen war
http://www.gkke.org/cms/upload/pdf/bericht_ruestungsexporte_12.12.05.pdf

Die GKKE hat einen beifallswürdigen Ausweg gefunden; sie hat die deutschen Daten aus dem entsprechenden EU-Bericht gefiltert:
http://register.consilium.eu.int/pdf/en/05/st14/st14053.en05.pdf (3,44 MB, 373 S.)

Der GKKE-Bericht enthällt reichlich “Erregungspotential” (S. 16):

  • Die “Erwartungen an die Bundesregierung” (S. 42 ff.);
  • den Stand der Revision des EU-Verhaltenskodexes (S. 65 ff.);
  • den deutschen Rüstungsexport in 2004: “Stabilität auf hohem Niveau”, Wert der Genehmigungen 3,8 Mrd. EUR (S. 74 ff.).

Das Urteil über die rot-grüne Bundesregierung fällt dementsprechend aus:
Sie ist “ihrem Anspruch einer restriktiven Rüstungsexportpolitik weitgehend nicht gerecht geworden”.

Wenn sich die Kirchen allerdings ein “Plädoyer für eine differenzierende Sicht” (S. 91) erlauben, sollte man genauer nachlesen. U.E. sind die “Folgerungen für eine entwicklungspolitisch verantwortliche Rüstungsexportpolitik” (ab Ziff. 11) dazu angetan, die bisherigen (rot-grünen) Standard-Sprüche ganz erheblich zu hinterfragen. Wenn “Gute Regierungsführung” zur entscheidenden Richtschnur für Rüstungsexport-Genehmigungen werden würde, wäre endlich eine schlüssige Verknüpfung zur einer modernen Entwicklungshilfe-Konzeption für alle OECD-Staaten möglich. Ob sich der “Supertanker” EU in diese Richtung drehen wird, darf bezweifelt werden.

Allerdings ist die GKK selbst von hybrider Selbstüberhebung nicht ganz fern. Von aller Bibel-Treue (“Mein Reich ist nicht ...”) entfernt, plädiert sie für die “Umwertung des Sicherheitsbegriffs” (S. 19):
“Kirchliche Erklärungen weisen seit langem auf die Gerechtigkeit als zentrales Korrelat von Frieden hin.”

Es besteht überhaupt keine Gefahr, dass die Kirchen hinterfragt werden, wie sie auf die nun wirklich absonderliche Idee kommen, dass nicht nur Friede, sondern noch dazu Gerechtigkeit auf Erden verbreitet werden könnte, besser: müsste.

Eigentlich ist das die höchste Form der Rhetorik:

  • Fordere etwas, was Du (aufgrund Deiner Ideologie) gar nicht fordern darfst;
  • Fordere wahnsinnig Mächtiges, damit Du mächtig erscheinst;
  • Nutze das Delta zwischen Deiner mächtigen Forderung und der armseligen Wirklichkeit aus für die glitzernde Krönung Deiner moralischen Omnipotenz.

{Moral ist oft ganz ordinär oral}

 

Bw-Haushalt 2006: blättern

12. August 2005

Durch kameradschaftliche Hilfe haben wir die vollständige Kabinettsvorlage von Finanzminister Hans Eichel zum Haushaltsentwurf 2006 sowie den Finanzplan 2005 bis 2009 vom 8. Juli 2005 erhalten (1.164 S.) erhalten.

Zunächst sind die einleitenden 17 Seiten des Ministers interessant. Für die Jahre 2007 bis 2009 stellt er einen “strukturellen Handlungsbedarf” von jährlich 25 Mrd. EUR fest. Diese kluge Wortschöpfung bedeutet nichts anderes als ein jenseits von weiterer Netto-Kreditaufnahme (2007: 20, 08: 19, 09: 16 Mrd. EUR) und ausverkauftem Tafelsilber bestehendes Haushaltsloch.

Wer immer sich mit der Einschätzung der zukünftigen Finanzerwartungen des Verteidigungshaushaltes beschäftigt, sollte sich dazu die Angaben Eichels auschneiden, die auf S. 6 zu finden sind:

  • “Das weitere Einsparpotenzial auf der Aufgabenseite, das der Bund in Eigenverantwortung realisieren kann, ist begrenzt. Die nach Abzug der grossen, rechtlich gebundenen Ausgabeverpflichtungen (v.a. Rente, Arbeitsmarkt, Zinsen, Versorgung) noch verbleibenden disponiblen Ausgaben sind in den letzten Jahre immer weiter geschrumpft. Jede weitere Einsparung in diesem Bereich wäre anteilig zu über 70 % vom Verkehrs-/Wohnungsbau-, Verteidigungs- und Forschungsetat zu tragen ...”.

Demnach kann man eigentlich nicht erwarten, dass es für einen neuen Verteidigungsminister nichts zu tun gäbe; allein für 2005 sieht der amtierende Finanzminister Haushaltsrisiken in Höhe von 12 Mrd. EUR. Wer sich aber mit in ferner Zukunft aufragenden Problemen nicht beschäftigen mag, findet vielleicht Gefallen daran, den von uns aus der Kabinettsvorlage ausgekoppelten
Entwurf des Verteidigungshaushaltes 2006 (als pdf.) durchzublättern.

Wir blättern jetzt überhaupt nicht mehr, weil wir uns einbilden, Urlaub bis zum 1. Sept. verdient zu haben. Einverstanden? Herzliche Grüsse, viel Spass und wenig Bräsiges!

{Man sieht sich öfter wieder als man glauben mag}

 

Umfrage: pay

22. Oktober 2004

Umfragen muss man mögen, wenn man auf der Suche nach der Seelenlage von Menschen-Massen ist.  Da ausser der Bundeswehr so recht niemand Interesse an Sicherheitspolitik hat, muss die Truppe also selbst forschen und zahlen. Das in Strausberg ansässige “Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr” (SOWI) hat jetzt seine im November 2003 durchgeführte Erhebung vorgelegt:
http://www.sowi-bundeswehr.de/Ergebnisreport%20Bev%F6lkerungsbefragung-2004-03-25.pdf

Beachtlich ist:

  • Die Ergebnisse auf S. 21 (im pdf. S. 25) zeigen den Abschied der Deutschen von einer verantwortungsvollen Aussenpolitik (Absturz von 50 auf 38 %); siehe dazu die Folge-Seiten;
     
  • Dass die Bundeswehr selbst Spitzen-Zustimmung erreicht, ist nicht neu, ausserdem verdient;
     
  • Ab Studien-Seite 63 werden die Wahlkämpfer Probleme bekommen:
    - Einerseits plädieren 73 % für die Wehrpflicht,
    - andererseits besteht eine Mehrheit für die Abschaffung der Wehrpflicht;
     
  • Ab Studien-Seite 66 ist Nachdenkenswertes zum Thema Europa verzeichnet.

Richtig interessant sind Umfragen erst dann, wenn über längere Zeiträume die gleichen Fragen gestellt werden und Trends erkennbar sind (unerreicht ist hier Allensbach). Trends bietet die SOWI-Studie teilweise ab 1996.

Augenscheinlich gibt es ein bundeswehr-internes Gerangel zwischen dem SOWI und der wenige Meter weiter beheimateten “Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation” (AIK), die seit 1990 im Umfrage-Geschäft tätig war (ist?), und auf einem Stapel von Umfrage-Daten hockt, die eine Langfrist-Betrachtung erlauben würden.

In der Öffentlichkeits-Arbeit darf Geld halt keine Rolle spielen!?

{nice to know - nice to pay}

 

Reservisten-Konzeption: Rückzug

16. Sept. 2003

Am 4. Juli des vergangenen Jahres hatten wir vermeldet, dass eine neue Reservisten-Konzeption auf die Unterschrift des damaligen Ministers Scharping wartet. Nachfolger Peter Struck hat am 10. September mit seinem Namenszug die “Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr (KResBw) erlassen.

Vergleicht man beide Fassungen im entscheidenen Kapitel “Folgerungen und Massnahmen”, wird deutlich, dass Minister Struck sich eines Schwarzen Peters entledigt hat:

  • Wie in unserem damaligen Bericht über den Scharping-Entwurf hervorgehoben, sollte die Möglichkeit eröffnet werden, für besondere Auslandsverwendungen (Dauer ohne vorbereitende Kontingent-Ausbildung: 7 Monate) einen “verpflichtenden Einsatz ... bei zwingendem Bedarf der Streitkräfte” vorzunehmen. Der Arbeitgeber des verpflichteten Reservisten hätte keine Möglichkeit gehabt, seine Zustimmung zu verweigern (Rechtslage ist, dass bei mehr als 3 Monaten Verwendungsdauer die Zustimmung vorliegen muss).
     
  • Die jetzt gültige KResBw sieht obendrein vor, dass eine freiwillig geleistete besondere Auslandsverwendung nicht auf die Gesamtdauer der gesetzlich festgelegten Pflichtwehrübungen für Reservisten angerechnet werden darf.
     
  • Auch die Entwurfs-Absicht, “dass die verpflichtende besondere Auslandsverwendung als eine Art des Wehrdienstes neu aufgenommen wird”, findet sich in der Struck-Version nicht wieder.

Wenn Verteidigungsminister Struck während der am 26. Oktober in Ulm stattfindenden Versamlung der Bundesdelegierten des Reservistenverbandes die neue KResBw offiziell verkündet (nein, falsch: siehe Nachtrag) , wird es aber eher guten Beifall geben, denn der Haushaltsentwurf 2004 sieht vor, dass der Verband der Reservisten 84.000 EUR mehr bekommen soll als 2003, insgesamt 13,857 Mio. EUR; das wären immerhin + 0,6 %.

{Auch die Reserve bleibt loyal}

Nachtrag: Den Text der KResBw finden Sie auf: www.bundeswehr.de/pic/forces/konzeption_reservisten.pdf

 

Haushalt 2003: Stand

4. Februar 2003

Es muss  eine Presse-Mitteilung des BMVg zum Haushalt 2003 geben, über die sich die Insider schlapp gelacht haben: Dort wurden Millionen mit Milliarden verwechselt, EUR mit DM. Der Versuch, über bundeswehr.de den Text zu bekommen scheitert; die Eingabe über das Such-Fenster ergibt auch nur Unsinn. Ein klassisches Beispiel für erahnte Minister-Prioritäten: Vom Ex-Minister wussten alle, dass er Internet-minded ist; sein Nachfolger kann es nicht sein.

Wir müssen allerdings zugeben, dass wir unsere Rechnung für den Verteidigungshaushalt 2003 auch nicht ganz rückgerechnet bekommen. Sicher ist aber:

  • Finanz-Minister Eichel fordert von den Verteidigern, dass sie 151,5 Mio. EUR Sparsumme erwirtschaften;
     
  • Dem BMVg werden (bisherige) Einnahme-Posten in Höhe von 94 Mio. EUR nicht zugerechnet; sie sind an das BMF abzuführen;
     
  • Für die Auslands-Einsätze der Bundeswehr erhöht das BMF die Ansätze von 159 Mio. EUR auf 210 Mio. EUR;
     
  • Die bisher geplanten Verstärkungs-Mittel in Höhe von 210 Mio. EUR werden nur bis 192 Mio. EUR realisiert.
     
  • Gegenüber dem bisher geplanten Haushalts-Soll für 2003 (24,389 Mrd. EUR) wird das BMVg demnach 212 Mio. EUR verlieren.

Für Freaks fügen wir zwei Tabellen als pdf.-Datei bei:

  • Der “vorläufige” Soll/Ist-Vergleich für das Haushaltsjahr 2002. Bemerkenswert ist, das Hans Eichel runde 847 Mio. EUR aus dem “Anti-Terror-Programm” (ATP) für die Men in Fleck abgezweigt hat, obwohl aus dem 3 Mrd. DM-ATP nur 1,5 Mrd. DM vorgesehen waren. Für die Rüstungs-Industrie war das immerhin ein beachtenswertes Plus von knapp 500 Mio. EUR
     
  • Wenn Sie Tabelle 1 an der Spalte “Netto-Istausgaben” knicken und neben die Spalte “Regierungs-Entwurf 2003 einschl. ATP” von Tabelle 2 legen, haben Sie immerhin den Stand (und Vergleich) des Haushalts-Entwurfs, bevor die Regierung die endgültigen Zahlen auf den Tisch legt.

Es ist nicht wie beim Metzger: “Darf es etwas mehr sein?”

{Manches ist viel komplizierter, als man es zu verstehen im Stande ist}

 

General-Inspekteur: Generalstab

28. August 2002

Überaus zurückhaltend verkauft Verteidigungsminister Struck seine Entscheidung, die Führungsorganisation der Bundeswehr grundsätzlich zu ändern. In seiner gestrigen Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg, flüsterte er (als pdf auf bundeswehr.de):

  • “Insbesondere die Fähigkeit zur Teilnahme an und zur Planung und Führung von multinationalen und teilstreitkraft-übergreifenden Einsätzen war, ungeachtet des wachsenden Engagements, in den Streitkräften nicht hinreichend abgebildet ...
    Darüber hinaus erschwerten in Teilen zersplitterte Zuständigkeiten eine effiziente Aufgabenerfüllung. Wir haben deshalb die Strukturen der Bundeswehr gestrafft und ihre Führungsorganisation für den Einsatz optimiert.”

Hinter der “Optimierung” steckt die stramme Entscheidung, den General-Inspekteur der Bundeswehr zum dem Minister direkt Verantwortlichen aller Einsätze der Streitkräfte zu bestimmen - bisher war es der Befehlshaber des Einsatzführungs-Kommandos in Potsdam, ein Drei-Sterne-General. Jetzt setzt VM Struck ein zentrales Stück des seit zwei Jahren im Entwurf liegenden “Berliner Erlasses” um, den “Einsatzrat” (Ziff. 2):

  • “Der Generalinspekteur ist dem IBuk (Inhaber der Befehls- und Kommando-Gewalt = VM, d. Verf.) verantwortlich für Planung, Vorbereitung und Führung aller Einsätze der Bundeswehr im Frieden. Hierzu wird unter Vorsitz des Generalinspekteurs der Einsatzrat gebildet, dem die Inspekteure, der Hauptabteilungsleiter Rüstung, die Leiter der zivilen Abteilungen und der IT-Direktor als gleichberechtigte Mitglieder angehören. Der Einsatzrat bereitet Entscheidungen grundsätzlicher und wesentlicher Art des IBuK vor.
    Die Umsetzung der Entscheidungen erfolgt durch den Führungsstab der Streitkräfte über das Einsatzführungskommando der Bundeswehr.”

Bislang hatte Rüstungs-Staatssekretär Stützle deshalb blockiert, weil er die GI-Verantwortung an die “Leitung” des BMVg binden wollte, also das Leitungs-Kollegium, in dem auch er sitzt. Nun hat er die “ehrenvolle” Aufgabe, die VM-Entscheidung umzusetzen - die “angepasste Führungsweisung zu verfassen.

Dem amtierenden GI Schneiderhan wird bewusst sein, dass er damit auf einen Schleudersitz steigt. Die Struck’sche Neu-Ordnung hat den Charme, dass der verantwortliche GI bei Fehlern leicht geschasst werden kann. Für die Informationspolitik sollte sich der Einsatz-Chef etwas einfallen lassen - die Medien-Demokratie liebt leichte Opfer.

Fraglich ist, ob bei einigen Zeitgenossen die Erkenntnis reift, dass im Bendler-Block faktisch wieder ein “Generalstab” existiert - und damit eine Erinnerung geweckt wird. Wir trösten uns:

{Auch der Führungsstab gehört in den Tornister}

 

Jahrhundert-Flut: trivial

19. August 2002

Es sollte trivial sein, “zum allgemeinen Gedankengut gehörend”, dass den Menschen, die von der Jahrhundert-Flut im Südosten Deutschlands betroffen worden sind, auch tatsächlich in “uneingeschränkter Solidarität” geholfen wird. Und dass dies in erster Linie für den Bund ganz erhebliche Ausgaben bedeutet, ist auch trivial. Aber um was geht es? Im Sonntags-mittäglichen “Presseclub” (ARD) haben wir die als realistisch erscheinende Schadenssumme von 15 Mrd. EUR aufgeschnappt. Aber wie ist die Finanzierung solcher Grössen-Ordnungen aufzulösen?

  • Aus der Vorflut-Zeit haben wir vernommen, dass die Opposition die aus dem Haushalt für schnelle Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit zusammenstreichbare Masse auf 2 Mrd. EUR beziffert. Dieser Betrag ist eigentlich als sakrosant einzustufen.
     
  • Mit dem Vorziehen des Solidar-Paktes II für den “Aufbau Ost” ist ebenso kein Staat zu machen. Die Leistungen sind nicht-flut-bedingte Hilfen, die unisono geleistet werden müssten.
     
  • Geht man von 15 Mrd. EUR Schaden aus und 60 Mio. Deutschen ab dem Alter von 18 Jahren, dann ergäbe sich ein einmaliges Pro-Kopf-”Sonderopfer” von 250 EUR. Ein richtiger “Blut/Schweiss/und Tränen”-Kanzler(kandidat) würde sich hinstellen und diese Forderungen erheben. Wer unbedingt die Sozial-Neid-Debatte vermeiden will, lässt von einem Experten-Team des BMF auf der Grundlage der Steuerdaten des Jahres 2000 eine “Misch-Kalkulation” errechnen, wie ein am Einkommen proportional gestaffelter Prozentsatz für Arme und Reiche Erleichterung verschafft. Allerdings trauen wir keiner Partei den Mut für eine solche Solidar-Forderung zu. Wer z.B. einen einmaligen Solidar-Beitrag von 15 oder 30 EUR fordert, ist noch nicht einmal in der Lage, einen Taschenrechner zu bedienen.
     
  • Bezüglich der EU-Stabilitäts-Kriterien ist eine Finanzierung evtl. “halboffen”:
    - Bei einem realen Brutto-Inlands-Prodiukt (BIP) von ca. 2.000 Mrd. EUR für 2002 ist bei einem erlaubten 3%igen Finanzierungs-Saldo eine Netto-Neu-Verschuldung von rechnerisch 60 Mrd. EUR für Deutschland gestattet. Im Finanzplan des Bundes sind für 2003 nur 15,5 Mrd. EUR vorgesehen. Dazu ist allerdings die EU-Kommissions-Chrash-Zahl zu sehen, die für Deutschland (ohne Flut) eine Prognose von 2,7 % abgibt (siehe BMF-Internet,”Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme 2000 - 2004 - Wachstumsprognose und Finanzdaten, Stand 5. März 2002);
    - Bei den Brutto-Staats-Schulden ist die EU-Kommissions-Prognose noch mehr hinderlich: Ohne Flut liegt sie für 2003 bei 60,6 % (die Abweichung der Daten der “KOM-Prognose” zuungunsten der anderen Daten-Kategorien können wir leider nicht erklären).

Sorry, wir haben den ganzen “Zirkus” auch aus einem ganz egoistischen Grund aufgeführt:

  • Wer angesichts der sehr dringenden und sehr umfangreichen Solidar-Aufgabe der Hilfe und des Wiederaufbaues in den Flutgebieten immer noch glaubt, dass man die Verteidigungs-Ausgaben in den nächsten Jahren steigern könne und dies sogar öffentlich fordert, dem ist nicht zu helfen.

Bezüglich der Hartz-Geschichte hat sich unser Kanzler ja ein wenig geoutet. Er meinte, dass erst ein entsprechendes “Reform-Klima”(!) in der Gesellschaft vorhanden sein müsse, ehe man relativ hart(z) zur Sache gegen könne. Wir werden sehen, ob die Flut auch die Finanz-Träume und -forderungen aus den Köpfen der grossen Mehrheit der deutschen “Defense-Community” gespült hat und sich dann ein Reform-Klima dafür entwickelt, in dem die Bundeswehr nicht traumwandlerisch gegen die Wand gefahren wird.

{Ein Jeder weckt den Nebenmann - der letzte stösst sich selber an}

 

Berliner Erlass: ruht

5. Juli 2002

Vor 32 Jahren, am 21. März 1970, wurde durch den sog. Blankeneser Erlass zuletzt die “Umgliederung des militärischen Bereichs im BMVtdg” befohlen. Derzeit, nach der “grössten” Reform der Bundeswehr, liegt seit ungefähr Nov. 2000 die entsprechende Weisung des Verteidigungsministers, “Berliner Erlass” genannt, auf Eis.

Der uns vorliegende Entwurf über die “Neuausrichtung des Ministeriums” hat den Stand “November 2001” (3 S.):

  • “Die derzeitige Organisation des Ministeriums ist gekennzeichnet durch eine überfeinerte Aufgabenabgrenzung zwischen dem militärischen, dem administrativen und dem Rüstungsbereich. Der Gesichtspunkt der übergreifenden Aufgabenwahrnehmung kommt in wichtigen Verfahren und Prozessen zu kurz, insbesondere bei der Bundeswehrplanung und bei der Planung, Vorbereitung und Führung von Einsätzen.”

Nach dieser zutreffenden Analyse wird die Position des General-Inspekteurs mit Formulierungen beschrieben, die dem Blankeneser Erlass direkt entlehnt sind. Gegenüber der Vergangenheit neu ist aber der bereits eingerichtete Rüstungsrat, “der unter Vorsitz des General-Inspekteurs die Fähigkeitsanalysen und die Ausrüstungsplanung auf der Grundlage der Konzeption der Bundeswehr übergreifend steuert, kontrolliert und Rüstungsentscheidungen der Leitung vorbereitet.”

Damit wird dem General-Inspekteur aber Kompetenz-Fülle zugeordnet, die vor allem dem derzeitigen beamteten Rüstungs-Staatssekretär gänzlich missfällt. Allerdings sitzt der am längeren Hebel, dennn letztlich wird im Kollegium über Rüstungs-Projekte entschieden. Dort hat  der Rü-Staatssekretär, nicht aber der General-Inspekteur Sitz und Stimme. So konnte z. B. Dr. Stützle die Korvette 130 durchbringen, obwohl sie sein Erzfeind (Ex-GI) Kujat de-priorisiert hatte.

Noch wichtiger ist aber die “Einsatz”-Frage, die im Blankeneser Erlass überhaupt nicht zu finden ist. Der “Berliner Erlass” regelt:

  • “Der Generalinspekteur ist dem IBuK (Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt = Minister, d. Verf.) verantwortlich für Planung, Vorbereitung und Führung aller Einsätze der Bundeswehr im Frieden. Hierzu wird unter Vorsitz des Generalinspekteurs der Einsatzrat gebildet, dem die Inspekteure, der Hauptabteilungsleiter Rüstung, die Leiter der zivilen Abteilungen und der IT-Direktor als gleichberechtigte Mitglieder angehören. Der Einsatzrat bereitet Entscheidungen grundsätzlicher und wesentlicher Art des IBuK vor.
    Die Umsetzung der Entscheidungen erfolgt durch den Führungsstab der Streitkräfte über das Einsatzführungskommando der Bundeswehr.”

Dem Vernehmen nach wurmt es Staatssekretär Dr. Stützle, dass er im Bereich der Einsätze der Bundeswehr ausserhalb der Macht-Schneise steht. Folglich ruht der Berliner Erlass.

{Ruhe wird erst zum Wert, wenn sie Dich selbst befällt}

 

Res.-Konzeption: ruht

4. Juli 2002

Seit mehreren Monaten liegt ein nicht ganz unwichtiges Papier auf dem Schreibtisch des Verteidigungsministers, einer Unterschrift harrend:

  • BMVg, Fü S I 2 - Az 16 - 39 - 01
    Entwurf der Konzeption für die Reservisten der Bundeswehr (KRes)
    (24 Kapitel auf 38 Seiten + 4 Anlagen)

Mehr oder weniger unbestritten ist, dass die Reservisten

  • überwiegend recht stiefmütterlich behandelt wurden,
  • gern als Lagerfeuer-Romantiker abgetan werden,
  • von den aktiven Soldaten unverdienter massen scheel angesehen werden,
  • unter den neuen Rahmen-Bedingungen ein nicht unerhebliches Potential für die Entlastung der rund 10.000 im Ausland dienenden Kameraden darstellen.

Die Autoren der Vorlage sind insbesondere deshalb zu loben, weil sie in “Anlage 4” für Schnell-Leser einen “Vergleich der geltenden und der künftig anzustrebenden gesetzlichen Regelungen” synoptisch in “Bisher” und “Künftig” beigefügt haben. Sogleich fallen die Ziff. 7 + 8 ins wahlkampf-getrübte Auge:

  • Ziff. 7
    Bisher:
    “Die Teilnahme an besonderen Auslandsverwendungen ist nur aufgrund freiwilliger Verpflichtung möglich.”
    Künftig:
    “Sofern der erforderliche Bedarf für besondere Auslandsverwendungen durch das Freiwilligenaufkommen nicht gedeckt werden kann, soll künftig auch der verpflichtende Einsatz möglich sein.”
     
  • Ziff. 8
    Bisher:
    “Soweit die Dauer der besonderen Auslandsverwendung 3 Monate übersteigt, ist die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen.”
    Künftig:
    “Bei zwingendem Bedarf der Streitkräfte keine Zustimmung des Arbeitgebers bei einem drei Monate übersteigendem Einsatz von Reservisten im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung.”

Die Ziffer 1503 der KRes macht zu allem Überfluss deutlich, was eine “besondere Auslandsverwendung” bedeutet:

  • “Eine besondere Auslandsverwendung dauert - ohne vorbereitende Kontingentausbildung - bis zu sieben Monate.”

Wir haben von bundeswehr.de gelernt, dass dort ganz knackige Reserve-Dienstgrade mit Top-Zivilposten werblich auf die Startseite gehievt werden. Als sicher anzunehmen ist auch, dass es nicht wenige solcher Zeitgenossen gibt, die ihr Engagement für den Staat ganz ernst nehmen und dafür auch Anerkennung erfahren müssten.

Aber wir kennen unsere Spass-Gesellschaft, die Wirtschafts-Verbände und das zu erwartende Medien-Echo - nicht ganz so gut wie Rudolf Scharping natürlich. Als empathische Staatsdiener schwanken wir zwischen der Nachsicht für ach so geplagte Staatslenker in Vorwahl-Zeiten und strenge “Watt mutt, datt mutt”-Typen. Darf ein “Soldaten”-Minister “Feigheit” vor dem Wähler-Feind zeigen, wenn doch viel Feind viel Ehr ist?

{Sun Tsu sagt: “Ein taktischer Rückzug kann Feldherrn-Kunst sein”}

 

Bw-Effizienz: erlöst

2. Juli 2002

Am 29. April 2002 ist beim Verteidigungs-Ausschuss des Deutschen Bundestages die Drucksachen-Nr. 14/1008 vergeben worden:

  • “Dritter Bericht des BMVg über den Stand und die Erwartungen der Mehreinnahmen und Minderausgaben aus Effizienzsteigerungen sowie Veräußerungen von beweglichem und unbeweglichem Vermögen der Bundeswehr zur Verstärkung des Einzelplans 14 und zur Stärkung von Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz in Betrieb und Beschaffung.”

Nicht im Titel enthalten ist, dass es um das Ist-Ergebnis des Jahres 2001 geht. Von den 12 Seiten des Berichtes möchten wir erwähnen:

  • “Positiv” ist bei einem Soll/Ist-Vergleich des Haushaltes 2001:
    - Die Militärischen Beschaffungen verzeichnen ein nominales Plus von 627 Mio. DM;
    - Obwohl die Betriebsausgaben nur mit 102 Mio. DM über dem Soll von 7.029 Mio. DM liegen, sind gleichzeitig die sogenannten “Überkipper” von 1.377 Mio. DM (2001) um 604 Mio. DM auf 773 Mio. DM (2002) reduziert worden.
     
  • “Die Ausgaben für ‘Sonstigen Betrieb’ konnten - wie beabsichtigt - gegenüber dem Ist 2000 um 230,9 Mio. DM reduziert werden ...”
     
  • Um den 20%igen BMF-Anteil bereinigte “Einnahmen ... zur Deckung von Ausgaben im Einzelplan 14 in Höhe von insgesamt rd. 346 Mio. DM”.
    Die einzelnen Posten werden im Bericht aufgeschlüssel; wichtig sind die “Einnahmen aus der Veräusserung beweglichen Vermögens” (Material-Verkäufe): 116,8 Mio. DM-
     
  • “Verstärkungen aus anderen Einzelplänen in Höhe von insgesamt rd. 309 Mio. DM”:
    - 210 Mio. DM aus dem Einzelplan 60 für die Bw-Einsätze “Essentiell Harvest” und “Fox”;
    - 99 Mio. DM durch die “Vorgriffsregelung” hinsichtlich des Verkaufs von Liegenschaften (77 Mio. DM Vorgriff, 22 Mio. DM originärer Verkauf).

Der Bericht summiert:
“Unmittelbar auf die zusätzlichen plafond-verstärkenden Einnahme-Möglichkeiten der Ressort-Vereinbarungen vom 14. 06.00 und 27.09.01 (zwischen BMF und BMVg, d. Verf.) zurückzuführen sind damit Einnahmen in Höhe von insgesamt rd. 217 Mio. DM (111 Mio. EUR).”

Dazu ist anzumerken, dass die angesprochenen Ressort-Vereinbarungen für die Veräusserung beweglichen und unbeweglichen BMVg-Vermögens sowie Erlöse aus Vermietung und Verpachtung für 2001 die erlaubte “Verstärkungs”-Grenze von 1 Mrd. DM vorgegaukelt hatte.

Ernüchternd ist auch die Berichts-Prognose für 2002:

  • Erlös des Verkaufs beweglichen Vermögens:
    80 Mio. EUR; Verbleib beim BMVg (80 %): 64 Mio. EUR (125 Mio. DM statt 116,8 in 2001);
     
  • Erlös des Verkaufs unbeweglichen Vermögens:
    39,7 Mio. EUR; Verbleib beim BMVg (80 %): 31,8 Mio. EUR (62,1 Mio. DM statt 22 Mio. DM in 2001).

Tröstlich ist, dass irgendwann im Verlaufe der nächsten xJahre der Geldstrom etwas heftiger plätschert:

  • Der Wert der Liegenschaften, “die bereits ab dem 14. Juni 2000 bis einschliesslich 31. Dez. 2001 in das Allgemeine Grundvermögen abgegeben wurden, (betrug) rund 424 Mio. DM.”
     
  • “Darüber hinaus hat die GEBB 28 Liegenschaften in ihrem - erweiterungsfähigen - Portfolio mit einem grob geschätzten Verkehrswert von insgesamt rd. 635 Mio. DM, die sie der Vermarktung zuführen kann.”

Sorry, wenn uns diese runde Mrd. DM nicht besonders beeindruckt. Denn sie wird in den Zeitraum bis 2006 (+) tröpfeln. Wahrscheinlich werden die Verteidigungsminister bis dahin für jedes Jahr die “Verstärkungsmöglichkeit” von 613,550 Mio. EUR (1,2 Mrd. DM) in die Haushaltspläne schreiben, damit man auf etwas ansehnlichere Zahlen kommt. Polemisch könnte man anmerken, dass das heutzutage der Stil ist: siehe Telekom-Immobilien, ENRON, WORLDCOM usw.

{Erlös erlöst (nicht?)}

 

Heer: Zustand 2001

17. April 2002

Der Inspekteur des Heeres der Bundeswehr, Generalleutnant Gudera, hat seine “Führungsmeldung über den Zustand des Heeres 2001” mit Datum 25. 2. 02 an den General-Inspekteur der Bundeswehr abgegeben - als Verschlußsache, auf gut 18 Seiten. Konnte Gneral Kujat während der Kommandeur-Tagung den bekanntgewordenen Jahresbericht des Beauftragten für Erziehung und Ausbildung beim Generalinspekteur (BEA), Brigadegeneral Löchel, noch als nicht repräsentativ, aber symptomatisch kategorisieren, muss die Gudera-Meldung als repräsentativ eingestuft werden.

Aus dem Gudera-Bericht zitieren wir im folgenden nur die kritischen Aussagen; dass das Heer ansonsten toll ist, setzen wir als bekannt voraus. Klar ist auch, dass sich ein solcher Bericht nie “im Ton vergreift”. Hinter den wohlgesetzten Worten blinkt die Wirklichkeit drastisch hervor:

  • “I. Grundsätzliche Aussagen zum Zustand”

    “Mit den zugestandenen Kräften, Mitteln und Umfängen ist das Heer ‘auf Rand genäht’, zum Teil überdehnt. Reserven zur flexiblen Reaktion auf wechselnde Lagen und Aufträge sind nicht vorhanden ...
    Die Innere Lage ist noch stabil, die Stimmung hat allerdings eine deutliche ‘Delle” ...
    Die Infrastrukturlage im Heer ist in weiten Teilen unverändert äusserst unbefriedigend. Absehbare Entlastungen durch Aufgabe von Infrastruktur in Folge von Strukturmassnahmen wirken sich vorerst nicht aus ...
    Das Heer hat unübersehbare Schwächen in seiner mobilen Führungsfähigkeit ...
     
  • “II. Lage des Heeres

    1. Innere Lage
    “Negativ wirkt sich auch weiterhin die als grösser werdend empfundene Schere zwischen Auftrag und Mitteln aus - vor allem beim Personal ...
    Vor diesem Hintergrund der alltäglichen Belastung wird das Verhältnis von Leistung und Lohn als nicht mehr ausgewogen empfunden ...
    Als durchweg demotivierend bewertet wurden die Verzögerung und die immer noch ausstehende Inkraftsetzung der lange zuvor angekündigten Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung. Eine ähnliche Wirkung geht von der geplanten Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes sowie der Absenkung des Witwengeldes auch bei bereits bestehenden Dienstverhältnissen aus. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund immer neuer Anforderung und Einsätze als ‘Bruch von Treu und Glauben’ empfunden ...
    Die innere Lage ist noch stabil ...

    2. Personallage
    Mit dem Verlust von 258 Offizier-Anwärtern in 2001 stagniert die Ergänzung mit knapp 900 Offizier-Anwärtern weit unterhalb des Bedarfs ...
    Die Personallage bei den Unteroffizieren ist gemessen an dem Fehl von 7.000 nicht ausreichend. Einem Altersüberhang von mehr als 1.700 Haupt- und Stabsfeldwebeln steht ein Fehl von mehr als 3.000 Feldwebeln und Oberfeldwebeln gegenüber. Darüber hinaus fehlen 4.000 Unteroffiziere ohne Portepee ...
    Die Personallage bei den Mannschaften ist nicht befriedigend. Gemessen an der jetzigen Struktur und den zu erfüllenden Aufträgen sind im Heer etwa 13.000 Mannschaftsdienstposten nicht besetzt ...
    Die einsatzbedingten Belastungen des Personals wirken sich jedoch in einer immer aufwändiger werdenden Personalgewinnung für die Kontingente - insbesondere bei Personal mit Mangel-ATN (z.B. Hubschrauberführer, Pioniere, Elektromechaniker) - aus ... Dies gilt unter anderem für die personelle Gestellung von SanOffzArzt mit der Qualifikation Rettungsmediziner, die sich zunehmend schwieriger gestaltet und in Teilbereichen nicht mehr möglich ist ...

    4. Stand der Ausbildung (einschl. Wehrübungen)
    Die hohe Belastung der Truppe durch den Aufwand an Personal und Material im Rahmen der Ausbildung für den Einsatz und die damit verbundene Abwesenheit von zu Hause muss zwingend dauerhaft gemildert werden ...

    8. Infrastruktur
    In der Konsequenz unzureichender Haushaltsmittel mussten für 2001 geplante Baubeginne (einmal mehr) verschoben werden. Damit müssen unwirtschaftliche Provisorien zum Teil weiterhin erhalten bleiben, die damit den Haushalt zusätzlich belasten. Der vor allem im Westen flächendeckend durch die Schwerpunktbildung Ost entstandene Stau dringlichst erforderlicher Bauunterhaltungsmassnahmen konnte nicht abgebaut werden ...
    Um Liegenschaften, die mittel- oder langfristig aufgegeben werden sollen, vorübergehend weiterhin nutzen zu können, sind zum Teil unabdingbar notwendige Bauinvestitionen bzw. Bauunterhaltungsmassnahmen zwingend erforderlich ...

    9. ABC-Abwehr und Schutzaufgaben
    ... gibt es in der B-Aufklärung noch keine akzeptablen Lösungsmöglichkeiten (Wir - GP - empfehlen eine Kontaktaufnahme mit den Experten des BMI, bzw. Zivilschutzes).

    10. Logistik
    Für die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) gilt, dass ihr Erfolg für die Sicherstellung der Basislogistik zwingend und schnell realisiert werden muss. Ein Scheitern der Vorhaben würde weitreichende Konsequenzen auf die bereits ausgeplante Struktur des Heeres mit sich bringen.
    Die Reformvorhaben Pilotprojekte, HIL und das Flottenmanagement der GEBB, zur Zeit noch in der Verantwortung des Heeres, werden zu haushälterischen Wechselwirkungen sowohl bei den Investitionen als auch im Betrieb führen. Bereits jetzt wird deutlich, dass die begrenzten Ausgabenvolumina und planerische Vorsorge nicht ausreichen, um die Reformprojekte zu finanzieren. Hierzu ist eine zentrale, prioritätengebundene Umschichtung erforderlich.

    11. Rüstung
    Eine angemessene Fähigkeit zur Landesverteidigung kann aufgrund der finanziellen Enge zukünftig nicht mehr umfassend abgebildet werden. Insgesamt kann somit die materielle mit der organisatorischen Erneuerung nicht Schritt halten.

    14. Führungsfähigkeit
    Teile des Heere verfügen derzeit über das Führungs- und Informationssysteme (FüInfoSys) HEROS 2/1, 1. Los. Dieses FüInfoSys ist sowohl wegen der unzureichenden Anzahl der APC als auch wegen der ausbildungsintensiven und nutzer-unfreundlichen Software veraltet. Die Bereitstellung eines funktionsfähigen Folgeloses ist derzeit mehr als ungewiss. Die erforderliche Ausstattung zur ebenengerechten Deckung des Kommunikations- und Informationsverarbeitungsbedarfs aller Fach- und FüInfoSys fehlt ...
    Deutschland ist im Rahmen der Unterstützung multinationaler Grossverbände mit einem leistungsfähigen FüInfoSys internationale Verpflichtungen eingegangen, die zurecht durch die Partnernationen eingeklagt werden. Eine weitere Verzögerung bei der Einführung zieht, neben den Folgen für die Einsatzbereitschaft, Vertrauensverlust bei den Bündnispartnern nach sich und schadet der internationalen Reputation Deutschlands.
     
  • III. Fähigkeit zur Erfüllung der Aufträge

    2. Krisenreaktion und Konfliktverhütung, Auslandseinsätze im Frieden
    Abweichend von der Weisung für die Ausplanung der Streitkräfte (WASK) ist das Heer aktuell nicht “in einer grossen Operation oder zwei mittleren Operationen” im Einsatz, sonder auf eine nicht absehbare Zeit in sechs mittleren und kleinen Einsätzen gebunden. Dafür ist das Heer strukturell nicht ausgelegt ...
     
  • IV. Folgerungen zur Verbesserung der Lage

    Der Erfolg des ‘Heeres der Zukunft’ wird deutlich davon abhängen, wie die Ausstattung der Struktur mit Personal, Material und Haushaltsmitteln tatsächlich hinterlegt wird und wie die Kooperation mit der Wirtschaft greift ...
    Die Grenze der Belastbarkeit des Heeres, seines Personals, seines Materials und seiner Strukturen ist erreicht. Das Heer leistet heute in der Übergangsstruktur bereits deutlich mehr als künftig nach 2005 in der neuen Struktur verlangt wird. Zusätzliche Einsätze oder eine umfassende Erweiterung bestehender Operationen sollten vermieden werden ...
    Das Gebot der Stunde ist eine Reduzierung der Einsatzbelastung ...
    Das Heer ist darauf eingestellt, dass die Reformvorhaben in Kooperation mit der Wirtschaft erfolgreich und schnell realisiert werden. Ein Scheitern muss zwingend verhindert werden, um die einsatzorientierte und ohne Reserven geplante Struktur des Heeres nicht in Gefahr zu bringen. Dazu ist auch erforderlich, dass für die Reformvorhaben die notwendigen Finanzmittel bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Gelingt dies nicht, sind gravierende Auswirkungen auf Personalumfang und Struktur vorhersehbar.
    Im Bereich der militärischen Beschaffung bedarf das Heer zwingend zusätzlicher finanzieller Mittel.
    Die Infrastrukturlage bedarf nach jahrelanger Stagnation in den alten Bundesländern zwingend der Verbesserung.

Zwingend - dringend - unabweisbar -, gravierend, vermeiden, kann nicht mehr abgebildet werden: Sicher ist, dass es beim Heer brennt; es trägt die Hauptlast. U. E. ist aber der wichtigste Satz der “Führungsmeldung” (S. 18): “Dafür ist das Heer strukturell nicht ausgelegt.”

Den Heeres-Grünen ist es nicht anzulasten, dass ihr Weltbild immer noch von der “Landesverteidigung im Bündnisrahmen” geprägt ist, vom “Gefecht der verbundenen Waffen” (Augen - sorry), der Wehrpflicht und sonstigen Zöpfen. Hätten wir einen Verteidigungsminister vom konzeptionellen Schlag eines Donald Rumsfeld, würde das Heer strukturell richtig ausgelegt werden. Der ist aber nirgendwo - bei keiner Partei - in Sicht. Alle Kandidaten pflegen ihre althergebrachten Glaubenssätze im Verbund mit hoher Beratungs-Resistenz.

Dazu müssen wir dieser Tage das höchste Mass an Vernunfts-Leidensfähigkeit erfahren: Mehrere unserer Gesprächspartner behaupten, Rudolf Scharping würde nach der Wahl wieder Verteidigungsminister werden, weil es für den neuen Kanzler Schröder die einfachste Lösung wäre!

Lieber Gerhard, dies darfst Du uns Allen nun wirklich nicht antun wollen!

{Bitte}

 

Heer: Rheinische Strategie

18. Januar 2002

Kennen Sie das Poster aus einigermassen vergangenen Zeiten, auf dem nachgerechnet wird, dass man nach Subtraktion von Wochenenden, Feiertagen, Urlaub, Ausbildung, Krankheit etc. zu dem Ergebnis kommt, dass der Deutsche nur noch an zwei Tagen (oder so) wirklich arbeitet? Diese Rechnung kann man auch mit der Bundeswehr machen - sie stimmt allerdings. Erklären Sie bitte einem in Bw-Angelegenheiten relativ Unkundigen, wieso unsere Streitmacht von derzeit rund 300.000 Soldaten mit der Übernahme der Kabul-Sicherung bereits den Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit überschreitet, obwohl bekanntermassen auf dem Balkan gerade mal rund 7.000 Soldaten turnen. Wir helfen Ihnen:

  • Derzeitiger Ist-Bestand Bw: ca. 300.000 Soldaten
  • Zielgrösse nach Reform in 2006: 285.000 Soldaten (abgebaut werden nur Wehrplicht-Dienstposten)
  • Ohne Wehr-Übende bleiben noch 282.400 Uniformierte im Präsenz- und Ausbildungs-Umfang (zu Beginn der Reform waren es noch 277.000!)
  • Davon sind 22.000 Soldaten abzuziehen, die sich in der nicht-militärischen Weiterbildung befinden; verbleiben also 260.400
  • Davon  sind für die “Streitkräfte-Basis”, die sozusagen die Randbedingungen für die Einsatzkräfte in der Etappe schafft, 110.400 (früher 105.000) Soldaten zu subtrahieren: verbleiben 150.000 Soldaten der Einsatzkräfte; damit ist das Reformziel für die Kräfte von Heer, Luftwaffe und Marine beziffert.
     
  • Tatsächlich hat das Heer derzeit für die “Einsatzkräfte” wirklich 95.000 Mann. Wir zählen im weiteren nur das Heer, weil es fast die gesamte Last der Auslands-Einsätze trägt (damit wollen wir die Luft-Kutscher nicht herabmindern; unsere blauen Jungs wollen ja unbedingt Wasser unterm Kiel)
  • Von unseren Heeres-Oliven sind 35.000 Wehrpflichtige abzuziehen, die nicht im Ausland eingesetzt werden können
  • Weitere 15.000 Soldaten sind als Ausbilder für die Wehrpflichtigen tätig
  • Weitere 6.000 Soldaten hängen in nationalen und internationalen Stäben ab (sorry)
  • Es verbleiben also 39.000 tatsächlich für Auslands-Einsätze verfügbare Heeres-Soldaten.

Gut 7.000 Soldaten sind auf dem Balkan (SFOR, KFOR, FOX), die Stationierungs-Dauer beträgt 6 Monate. Da die Soldaten mit einem Mindest-Abstand von 2 Jahren erneut auswärts stationiert werden sollen, ergibt sich der Rotations-Faktor FÜNF: 5 x 7.000 = 35.000. Somit verbleiben von den 39.000 verfügbaren Heeres-Soldaten 4.000, die sich mit dem Rotationsfaktor 5 auf 800 reduzieren - ungefähr die Stärke des deutschen Afghanistan-Kontingents.

Nimmt man dazu, dass die Soldaten statt 6 nur 4 Monate im Ausland stationiert werden wollen und spätestens nach der zweiten Auslands-Verwendung die Familie und der Soldat selbst “sauer gefahren” ist, sind wir bald unter Null. Aber vielleicht hilft Art. 3 (oder so) der “rheinischen Strategie”:

{Et is noch immer jod jejange}

 

Luftwaffen-Denken: SITREP

2. Juli 2001

Unser zweiter SITuation REPort berichtet über die Denke in recht hohen Blau-Etagen; Kurven-Fliegen bis kurz vor den Black-Out:

  • Der “Einsatz”:
    Zwar nicht so wie das Heer, aber jede Menge ernsthafter Probleme.
    - Der Ersatzteil-Vorrat ist sechs Jahre lang runtergefahren worden;
    - Im Kosovo-Einsatz (Piacenza) wurde die halbe Luftwaffe durchpflügt, um 10 Aufklärer und 10 ECR-Tornados permanent einsatzfähig zu halten;
    - Die Forderung nach Mobilität verlangt z. B. ein verlegbares Radar ;
    - Die Luftwaffe braucht mehr als 73 A400M. Die Anmietung von Transport-Raum im Krisenfall geht an Realittät vorbei: Zivil-Maschinen haben keine Heckrampe, Piloten fliegen nicht in Krisenregion;
    - Nochmalige Kürzung der jährlichen Flugstunden-Zahl von derzeit 150 aufgrund von fehlenden Instandsetzungs-Mitteln ist ausgeschlossen;
    - Im Kosovo gab es reine US-Kriegführung neben der der NATO, nachdem eine NATO-Planung bei den Serben gelandet war;
    - Beschaffung präzisionsgelenkter Munition zwingend; Taurus und Paveway 3 nicht allwetter-fähig.
     
  • Die “Heimat-Front”:
    - “Nukleare Teilhabe” (1 Tornado-Geschwader) erledigt sich politisch und technisch: Eurofighter nicht dafür zertifiziert;
    - ab 2007 werden 2 Tornado-Geschwader durch Eurofighter ersetzt;
    - Tornado-Bestand nähert sich der 4.000-Stunden-Grenze für Zelle und Subsysteme; 125 Tornado (+ Marine-T.) werden hinsichtlich Triebwerk und Subsysteme nutzungsdauer-verlängert; durch Bw-Reform 302 statt 437 Flugzeuge;
    - Bewerberzahlen bei Piloten steigen wieder, aber die Qualifizierungs-Rate sinkt; Einbussen von 10 - 15 % beim Gehalt sind kontrproduktiv; Co-Pilot  bei LH verdient 6.000 DM mehr als Transporter-Kommandant; 40 % der Frauen wollen fliegen;
    - Folge der EDV-Kooperation mit Industrie: Bw-Experten erfahren von zivilen Experten deren Verdienst - und wechseln die Seite;
    - Umgliederung: Helis nach Holzdorf, Hohn und Penzing (umfangreiche Neubauten) werden Plätze für Starr-Flügler; Wunsdorf wird nach Ende Transall-Dienst (geplant 2020) geschlossen.

Einen Punkt haben wir bei der Konkurrenz erfahren: Bitte überprüft die Zahl der “In-Übung-Halter” bei den Vip-Piloten (?).

{Weiterhin genug Wind unter der Fläche}

 

Heeres-Denken: SITREP

27. Juni 2001

Auf fast wundersame Weise ist es uns gelungen, einen SITuationREPort über Heeres-Denken in recht hohen Etagen anfertigen zu können. Natürlich geht es quer durch den Oliven-Garten, aber so sind die ELOKA-Einsätze halt:

  • Der “Einsatz”:
    - Das Heer trägt die Last. Je 7.000 Soldaten (4.870 KOS, 2.000 BuH, 500 MAZ) sind entweder auf dem Balkan, im umfassendsten Vor-Einsatz-Training oder in “Re-Professionalisierung. Bisher sind rund 70.000 Soldaten unten gewesen. Zwei Jahre Pause vor dem nächsten Einsatz gilt für 80 % des Personals; die 20 % Spezialisten trifft es öfter. Die Einsatz-Dauer von 6 Monaten will man unbedingt beibehalten, mindestens bis 2005; bis dahin sind alle Divisionen bereits durchgeplant.

    - Die Motivation und die Leistungen der Truppe auf dem Balkan sind hervorragend; die der Logistiker rekordverdächtig. Die Lücken in der Erfahrung gegenüber anderen Armeen werden relativ schnell geschlossen.

    - Mit der Ausrüstung lassen sich nur 95 % der Grenze zu Mazedonien überwachen. Dringend braucht man tragbare Nachtsicht-Geräte und Helm-Funk-Kombinationen für jeden Mann, denn das Geschrei mit den Uralt-Funk-Geräten hört man meilenweit. Der Verschleiss der Fahrzeuge ist enorm; das 2. Los des Dingos muss genehmigt werden.
     
  • Die “Heimat-Front”:
    - Es bleibt bei der Landes/Bündnis-Verteidigung: Norwegen, Türkei, polnische Ostgrenze. Das Heer verliert 111 Bataillone, reduziert von 359 auf 175 aktive Truppenteile (116 Verbände, 59 (!) Kommandos/Stäbe).

    - Die Bereitstellung einer verstärkten Division zur Bündnisverteidigung (grosse Operation) wäre derzeit nicht möglich, es sei denn, man würde den Balkan-Einsatz (mittlere Operation) abbrechen.

    - Das Heer muss mobiler, besser transportierbar werden und mehr Feuerkraft bekommen. Das GTK ist zu schwer; im Juli wird in der Rüstungskonferenz entschieden, wieviele GTK oder ob stattdessen ein Zehntonner gefordert wird. Gefragt wird nach technologischen Druchbrüchen wie etwa leichten Materialien zur Schuss-Sicherung. Gegen die (bisherige) ETrUS-Konzeption wird eingewendet, dass es zwischen Nordkap und im Mittelmeer unzählige Tiefsee-Häfen gäbe, von denen keiner jeweils mehr als 50 km von den möglichen Einsatz-Gebieten entfernt sei.

    - Immer brennenderes Problem wird die Nachwuchs-Gewinnung, deren Effizienz um 20 % angehoben werden muss. Im gesamten Öffentlichen Dienst wird nach der Ausbildung die Einstufung nach A9 vorgenommen; in der Bundeswehr braucht ein Unteroffizier/Feldwebel dazu 25 Jahre (kein Schreibfehler).

Falls es nicht mehr Geld gibt, hat das deutsche Heer natürlich auch eine Taktik: Die weisse Flagge bleibt eingerollt, gekämpft wird mit den alten Waffen und Verluste von 20 % hält man aus. Dann wird eben umgruppiert, die Front begradigt und - neu angegriffen (wär’ doch jelacht).

{Deutsch sein heisst, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun}

 

Aussenminister Fischer: 3mal gemauschelt

2. Mai 2001

Nachdem US-Präsident Bush gestern seine Missile Defense (MD)-Rede gehalten hat, schauen wir doch gern, was unsere Regierung dazu zu sagen hat. In ihrer Stellungnahme weist sie zunächst darauf hin, dass der Wortlauft der Rede ja erst heute vorgelegen habe und es “zu einer abschliessenden Bewertung noch zu früh” sei. Aussenminister Fischer, derzeit zu Konsultationen in Washington, habe in einer Stellungnahme begrüsst ...”

Dieses Fischer-Statement (auswaertiges-amt.de) enthällt eine 4-Punkte-Beschreibung, auf deren Bedeutung die Bundesregierung (angeblich) in der Vergangenheit schon “immer” hingewiesen habe:

  • “Ein wirksames, vertragliches Rüstungskontroll- und Abrüstungsregime muss erhalten und ausgebaut werden; dies schliesst auch wirksame und verifizierbare Proliferationsverhinderung ein;”
    (Entcodierung: der erste Satz bedeutet Aufrechterhaltung des ABM-Vertrages - geht aber nicht. Der zweite Satz ist eine Forderung, die niemand auch nur im Traum für umsetzbar hällt; hier ist abzumahnen: 1x gemauschelt).
     
  • “Zur Vermeidung globaler oder regionaler Rüstungswettläufe ist ein kooperativer Ansatz erforderlich, der auch Russland und China einbezieht;”
    (Entcodierung: Vermeidung von Rüstungs-Wettläufen in Nah-Ost, Fern-Ost? Zwischen USA und Russland? USA und China? Keine Abmahnung, aber 5 Punkte für den Wolken-Kuckucksheim-Award).
     
  • “Die Pläne zu einer möglichen Raketenabwehr müssen möglichst mit einer drastischen Reduzierung der Offensivsysteme verbunden werden;”
    (Entcodierung: Heisst das, dass bei “drastischer Reduzierung der Offensiv-Systeme” der ABM-Vertrag über die Wupper gehen darf? Genau dies verspricht Bush ja. Ist damit Ziff. 1 und 2 erfüllt? Doch wohl nicht, oder? Wieviel Punkte müssen für die MD-Zustimmung eigentlich erfüllt sein?).
     
  • “Enge und intensive Konsultationen mit den Verbündeten und Partner(n) in Europa sind notwendig.” (Entcodierung: Es muss auch ein Punkt dabei sein, der erfüllbar ist).

Die zweite Abmahnung wegen Mauschelns bekommt Fischer aufgrund der folgenden Tatsache:
Auf der 37. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik erklärte er vor internationalem Publikum:
“Aus Sicht der Bundesregierung kommt es auf drei Kernpunkte an: Erstens: Sicherheit und Kohäsion im Atlantischen Bündnis müssen gewahrt und nach Möglichkeit gestärkt werden ...” (Text in “Europäische Sicherheit”, S. 21)

Wenn Fischer die o. a. 4-Punkte-Aufzählung als diejenige vorstellt, auf die die Bundesregierung schon “immer” hingewiesen habe, dann hat er den ersten Kernpunkt von München weggemauschelt. Und in dem ist von “Sicherheit” des Bündnisses die Rede. Sicherheit und Rüstungskontrolle waren immer das Duopol westlicher Politik, wobei die USA Rüstungskontrolle nie als Wert an sich behandelt haben, sondern als ein Werkzeug, welches die Sicherheit erhöhen soll.

Die dritte Abmahnung wegen Mauschelns erhält Joschka, weil er die entscheidende Passage aus der “Transatlantische(n) Vision für das 21. Jahrhundert”, der gemeinsamen Erklärung von Schröder und Bush am 29. März 2001 in Washington, ignoriert:

  • “Wir werden zusammen auf eine Strategie für die Ära nach dem Kalten Krieg hinarbeiten, die unsere gemeinsame Sicherheit erhöht, die angemessene Mischung offensiver und defensiver Systeme umfasst, den Abbau von Nuklearwaffen fortsetzt und Kontrollen hinsichtlich der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen sowie Massnahmen zur Bekämpfung der Proliferation stärkt.”

Aber diese Abmahnungen mindern unsere Hochachtung für den deutschen Aussenminister keinesfalls. Von der Münchner Konferenz und anderen Gelegenheiten wissen wir, wie meisterlich er ein Hohelied auf die NATO und insbesondere die USA singen kann; davon könnten selbst die Konservativen noch eine Menge lernen. Aber zum rechten Zeitpunkt muss man sich auch ein bisschen zieren:

{Stell’ Dich (zur rechten Zeit ein wenig) quer, dann bist’e wer}

 

Schröder: Business-man zwischen Säbelrasselern und Teufelswerkern

27. 2. 2001

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat dem TV-Nachrichten-Sender “N 24” ein ausführliches Interview gegeben, mit einem guten Anteil Aussenpolitik: Irak, NMD, BND.

  • Irak
    Fischer habe in USA das Notwendige gesagt: “Wir hatten das vorher natürlich besprochen”.
    “Wir haben deutlich gemacht, dass es hier auch um ein Stück Eigensicherung der Soldaten ging, die Flugverbotszonen, die ja eingerichtet worden sind, um die Kurden zu schützen ...
    um keine neue Qualität der Auseinandersetzung; und dass wir im übrigen übereinstimmen mit der amerikanischen Administration ... zu einer politischen Lösung zu kommen. Das kann man aber nur, wenn einem Diktator klar gemacht wird, dass er nicht operieren kann, wie er gerne möchte, und nicht Massenvernichtungswaffen dann entwickeln darf, wenn er es gerne möchte, weil die die ganze Region, zumal Israel bedrohen.” Dann kommt Schröder doch wieder mit dem Dreh der “politischen Lösung”, was die Gemeinsamkeit mit den weisen Äusserungen des Bundespräsidenten in Indonesien zu dieser Frage zu einer Nachfrage von N 24 auslöst.
    Die “gute” Antwort Schröder’s: “Er hat vielleicht eine Seite etwas mehr betont, als wir es in der
    operativen Politik tun.”

    Beurteilung:
    Wenn der Bundeskanzler in seiner Presse-Mitteilung Nr. 70/01 vom 19. 2. 2001 mit seinen jetzt zum besten gegebenen “operativen” Daten geäussert hätte, wäre die gesamte Berichterstattung der Medien anders abgelaufen. Wenn das zwischen 16. bis 19. Febr. mit Fischer “vorher natürlich besprochen” war (der war am 20. bereits in USA), dann ist die Presse-Erklärung Nr. 70 um so verwunderlicher. Mit Verlaub: Da stimmt irgend etwas nicht.

    Und zur allseits gefälligen Bedienung des “Schlag”wortes von der “politischen Lösung” sei angemerkt:
    Die Manipulation der Öffentlichen Meinung mit diesem Schlagwort wird langsam unerträglich. Spätestens seit Clausewitz ist definitorisch (auch wenn man es nicht mag) eindeutig:
    “So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln.”
    So kurz nach Ende des Kosovo-Krieges sollte niemand den Versuch der Geschichtsklitterung machen. Militärische Einsätze sind purste Politik und nicht von irgenwelchen Ausserirdischen befohlen worden; Regierungen sind dafür verantwortlich. Und die logische Folgerung ist: Wenn in dementsprechenden Situationen die Politik militärische Mittel einsetzt, dann ist die Forderung nach einer “politischen Lösung” entweder ein schwarzer Rabe oder ein weisser Schimmel, auf jeden Fall aber ein Signal, dass jemand den Versuch macht, mit der Verwendung des Begriffes zu verschleiern, dass er, entcodiert,  für eine andere Politik votiert.
     
  • National Missile Defense (NMD)
    Natürlich erwähnt der Kanzler die zu NMD zugehörigen Dinge wie Risiko-Analyse, technische Durchführbarkeit, Russland einbeziehen, “China’s Rolle nicht hintenan” stellen etc., aber nachdrücklich betont er:
    “... gibt es natürlich für uns ein eminentes wirtschaftliches Interesse. Das heisst, ich möchte schon gern wissen, gibt es denn nicht nur ‘burden sharing’, was die politischen und materiellen Lasten angeht, gibt es auch ‘burden sharing”, also Teilhabe an der Technologie?
    Das ist für mich ganz wichtig. Das will ich schon gerne wissen.” 
    Nachfrage: Profit? (Nein), Arbeitsplätze?: “Ja, es geht darum, dass wir bei Technologien, die entwickelt werden, die wir womöglich mit gestalten, auch materiell innerhalb der NATO, dass wir bei dieser Technologie und der Kenntnis der Technologie nicht aussen vor bleiben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.”
     
  • Proliferations-”Studie” des BundesNachrichtenDienstes (BND)
    “N 24” fragt dann, ob die “Studie” des BND den Kanzler beeinflusst habe. Der will gleich dazu kommen, sagt aber erstmal, wovon er nichts hält: “”Ihr müsst da jetzt drauf springen. Das ist die Position derer, die gerne mit dem Säbel rasseln bei der Opposition. Oder das ist alles Teufelswerk. Das ist die Position, die ich von den anderen auch kenne.” Nett gesagt: Das sind nicht unerhebliche (?) Teile seiner rot-grünen Basis.
    Aber dann kommt die Nachfrage bezüglich der Bedrohungsszenarien des BND. Antwort:
    “Nicht beeinflusst, aber natürlich nehme ich das zur Kenntnis.” Wir schätzen, dass der Kanzler weder aufgefordert noch unaufgefordert eine “Studie” auf den Tisch bekommen hat, sondern die Presse-Auswertung der BND-”Aktion” zur “Kenntnis” genommen hat. Da kann sich jeder sein Teil denken.

{German business as usual ...}

 

Scharping: Tödlicher Kurs

27. 2. 2001

Von  AP/dt., dpa lernen wir: “”BM Scharping hat Indien die Wiederaufnahme der nach den Atomwaffentests vor drei Jahren ausgesetzten Rüstungskooperation in Aussicht gestellt.”

Beurteilung:
Bei aller Hochachtung vor der grössten Demokratie der Welt: Indien. Leider ist dieser Staat nicht nur Teil eines der gefährlichsten Spannungsgebiete dieser Welt, Nicht-Teilnehmer an allen internationalen Gremien für die Verhinderung der Weitergabe von Rüstungs-Technologie, sondern auch noch einer der Weltmeister der derzeitigen “secundary supplier” von ABC-Materialien in Staaten wie Iran, Irak und sonst wenn noch. Jede Schraube, jede Maschine, werden die Regierenden ummüntzen. Und das empfiehlt der deutsche Verteidigungsminister einer rot-grünen Koalition? Soll das deutsche (Friedens-) Politik sein? Sind das deutsche “politische Lösungen”?

{Oh Tod, lass nach}

 

Partnerschaft zwischen Bundeswehr und Industrie

Was bedeutet der Rahmenvertrag “Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bw”?

Am 15. Dezember 1999, am 15. März und 20. Juni 2000 haben mehr als 300 Firmen der deutschen Industrie den o. a. Rahmenvertrag unterschrieben. Die Ziele dieses Vertrages lauten:

  • “Die Fähigkeit der deutschen Industrie zur Innovation nutzen und daraus abgeleitet die Möglichkeiten der Bundeswehr zur Investition steigern.
  • Die Investitionskraft von Wirtschaft und Streitkräften stärken und verstetigen.
  • Die Wirtschaftlichkeit der Betriebs- und Beschaffungsabläufe beim öffentlichen Auftraggeber und in den Unternehmen verbessern.
  • Die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel zu Gunsten neuer Investitionsfreiräume steigern.”

In den Ziffern 9.1 bis 9.14 werden dann 22 Pilotprojekte genannt, die im folgenden ohne Beachtung der Marketing-Lyrik neu kategorisiert werden (www.bundeswehr.de):

  • Kategorie I: innovativ/effizient

Projekt Nr. 9.10: “Verkürzung der Turn-Around-Zeiten in der Instandsetzung der Luftwaffe”
Von diesem Projekt ist tatsächlich zu erwarten, dass Prozess-Optimierungen und damit Kosten-Einsparungen erreicht werden können, denn mit dem “Digital Engine Control Unit” der Firma Bodenseewerk Gerätetechnik (BGT = 80 % Diehl-Stiftung, 20 % MATRA) liegt augenscheinlich eine objektive Mess-Methode vor.

Projekt 9.12: “Logistische Vollunterstützung von Radarsystemen der Fregatte 124”
Da auch die niederländischen LCF-Fregatten mit den Radaren APAR und SMART-L ausgerüstet sind, ist eine logistische Pool-Betreuung (wahrscheinlich über den Hersteller) ohne Zweifel effektiv.

Projekt 9.4.2: “Herstellen der KRK-Interoperabilität” und
Projekt 9.4.4: “Harmonisierung der Führungsinformationssysteme (FüInfoSys)”
sind dringliche Beschaffungs-Vorhaben (Soft- und Hardware), die lediglich vom Zeitfaktor als “effektiv” zu kategorisieren sind.
P 9.4.2 soll im Wettbewerb vergeben werden, Vertragsabschluss Mitte 8/2000 (!).
P 9.4.4 soll bis Ende 09/2000 vom BMVg entschieden werden (!).
Diese Beschaffungs-Vorhaben sind von äusserster Bedeutung und weitere Recherche wert.

  • Kategorie II: verlagernd

Bei den restlichen 18 Projekten ist folgendes festzustellen:

  1. Betroffen sind die Bereiche Logistik, Kommunikation, Ausbildung, Management.
  2. Besonders im Bereich Logistik (Lager, Vorratshaltung, Verteilung) werden Projekte regional begonnen, um sie, nachdem sie natürlich erfolgreich waren, danach auf den gesamten Bundeswehr-Bereich auszudehnen.
  3. Bei wenigen kleineren Projekten des Bereiches Ausbildung ist klar ersichtlich, dass die Bundeswehr die zu bewältigende Arbeit vollständig der Industrie überlässt.
  4. Bei mehreren Projekten ist ausdrücklich als Ziel beschrieben: “”Personal für andere Aufgaben verfügbar zu machen.”
  5. Bei den 5 Vorhaben der Projektgruppe 9.7 und 9.8 heisst es unter den “Rahmen-Bedingungen für die Leistungserbringung”, Abschnitt Personal:
    “Wesentliche Elemente für den Auftragnehmer sind:
    -Aufgaben, die bisher von Bundeswehrpersonal wahrgenommen werden, weiterhin durch Personal der Bundeswehr wahrnehmen zu lassen. Die betroffenen bleiben Angehörige der Bundeswehr; Status und Einkommen ändern sich nicht;
    - die für dieses Personal anfallenden Kosten zu tragen;
    - die Bundeswehr über beabsichtigte Personalmaßnahmen zu unterrichten;
    - die Zustimmung der Bundeswehr vor Neueinstellungen und der Einbringung eigener Arbeitnehmer einzuholen und
    - entsprechende Regelungen in die Verträge mit Unterauftragnehmern aufzunehmen.”
    (das wird eine Mordsgeschichte für die Gewerkschaften).

Beurteilung

  • 18 der 22 Pilotprojekte des Rahmenvertrages haben mit “Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr” wenig zu tun. Denn in Zukunft werden Leistungen von Privatfirmen erbracht, die bisher vom Militär- oder Zivilpersonal der Streitkräfte erfüllt wurden. Die Bundeswehr hat damit nach Erreichen ihrer Soll-Struktur nicht nur 277.000 Soldatinnen und Soldaten und 80 - 90.000 Zivilbeschäftige, sondern zusätzlich tausende/zehntausende “Mitarbeiter”, die in Privatfirmen “militärische” Leistungen erbringen.
  • Rechnet man das Volumen der “Privatleistungen” in Kopfstärke um, dann werden die Personal-Ausgaben auf eine Grössenordnung zusteuern, die der “von-Kirchbach-Armee” mit 290.000 Soldaten entsprechen, die wiederum nicht weit vom Ist-Stand der Bw heute mit rund 315.000 Soldaten entfernt ist, allerdings mit relativ vielen Wehrpflichtigen, die - gemessen an den Kosten - bekanntermassen sehr billige Arbeitskräfte sind.
  • Mit den zu erwartenden personellen Grössenordnungen und den damit verbundenen Personal- und Firmenrechnungen können die entscheidenden Ziele der Bundeswehr-Reform nicht erreicht werden.   {Schau’n mer mal, dann seh’n mer scho}

 

Customer Product Management 2001 (CPM 2001)

Das CPM 2001 ist das neue Beschaffungsverfahren, welches am 14. 7. 2000 in Kraft gesetzt worden ist und bis Mitte 2001 erprobt werden soll. Damit wird das bisherige Verfahren
“Bestimmungen für die Planung, Entwicklung, Beschaffung, Einführung und Nutzung von Wehrmaterial und Datenverarbeitungsvorhaben”
(EBMat), im “Allgemeinen Umdruck 220” (AU 220) niedergelegt, in wesentlichen Teilen ausser Kraft gesetzt wird; die Ausnahmen nennt das CPM 20001. Eine gute Darstellung des EBMat ist wiederum im Handbuch “Deutsche Bundeswehr 2000, Hrsg. F. Steinseifer, Wolfgang Flume, CPM-Verlag, Sankt Augustin) zu finden.

Nach Darstellung des BMVg sind die wesentlichen neuen Elemente des CPM 2001 im Vergleich zum EBMat:

  • “Bw-gemeinsame Bedarfsermittlung in Verantwortung GenInsp durch Integrierte Arbeitsgruppen Fähigkeitsanalyse (IAGFA);
     
  • Stärkung der Eigenverantwortung von Auftragnehmern durch Beschränkung auf funktionale Forderungen und Controlling der Amtsseite;
     
  • Einbeziehung von Dienstleistungen als gleichrangige Lösungsmöglichkeit;
     
  • amtsseitiger Projektleiter, der für die Projektrealisierung im vorgegebenen Leistungs-, Zeit- und Kostenrahmen verantwortlich ist;
     
  • Reduzierung des Phasenablaufes auf höchstens drei Phasen bei neuen Produkten (Analyse-, Projektierungs- und Einführungsphase);
     
  • Einheitliches Verfahren für Wehrmaterial und IT (Zusammenführung EBMat und EEDV).”

Danach kommt das BMVg zu folgender Bewertung:

  • “Mit dem CPM-Verfahren wird die TSK-spezifische Vorgehensweise zugunsten einer orgbereichs- und aufgabenübergreifenden Schließung von Fähigkeitslücken der Bundeswehr aufgegeben. TSK-spezifische Sub-Optimierungen können vermieden werden, eine Konzentration auf Schwerpunkte ist leichter möglich (Reduzierungspotenzial bei Investitionsaufwand und Betriebskosten).
     
  • Der zeitliche Ablauf wird deutlich gestrafft. Der administrative Aufwand wird durch das Reduzieren der Zahl der Phasendokumente (von vier auf drei) und der Stufenentscheidungen (von bis zu zwölf auf zwei) erheblich verringert.
     
  • Zeitvorgaben von fünf Jahren für die Gesamtrealisierung und von drei Jahren für die Einführungsphase sollen die Realisierungszeiten und damit die Kosten begrenzen.
     
  • Frühzeitiges Einbinden der Wirtschaft und rasches Realisieren ermöglichen Marktlösungen, Teilhabe am technologischen Fortschritt und Orientierung an industriellen Innovationszyklen.
     
  • Die konsequente Verwendung von Demonstratoren und Simulationen ermöglicht ebenfalls, Zeit- und Kostenrisiken zu reduzieren.
     
  • Durch funktionale Leistungsbeschreibungen (bisher detailliert und technisch orientiert) gewinnt die Industrie Freiräume für innovative Lösungen.
     
  • Die Kostenspirale durch Änderungen technischer Forderungen kann vermieden werden.”

Die im Zusammenhang mit dem neuen Beschaffungsverfahren stehenden sieben Pilotprojekte sind:

7 Pilotprojekte des CPM 2001

Phasenstand

1. Einsatztruppenunterstützungsschiff (ETrUS)

Frühe Analysephase, Erarbeitung der Stufenentscheidung “Systemfähigkeitsforderung”

2. Neue gepanzerte Plattformen - Schützenpanzer

Späte Analysephase, Erarbeitung des Phasendokuments “Abschließende funktionale Forderung”

3. SAR - Lupe

Übergang in die Projektierungsphase

4. Nachtsichtfähigkeit TORNADO

Übergang in und Durchführung der Projektierungsphase

5. Elektronisches Management-Informationssystem Rüstung
(EMIR II)

Einführung bei IT-Produkten

6. Marinedrohne

Umsteuerung von bisheriger Definitionsphase in neue Projektierungsphase

7. Herstellen der KRK-Interoperabilität

Pilotprojekt aus dem Rahmenvertrag “Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bw”

(eine eingehendere Darstellung und Befassung mit dem CPM 2001 folgt; die Veröffentlichung des 14- seitigen Wortlauts unter www.bundeswehr.de wird im BMVg derzeit geprüft)

 

Deutschland / Facts unter:

www.statistik-bund.de (Statistisches Bundesamt)

www.oecd.org (Statistische Daten von der OECD)

www.odci.gov (Länderberichte des “World Factbook” der CIA)

 

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