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Deutschland / Dokumente

 

 

SOWI-Umfrage: volatil

14. November 2008

Trotz aller Drangsal muss man sich für eines der Jahresereignisse genügend Zeit nehmen: Der “Bevölkerungsbefragung 2008” des verteidigungsministeriums-eigenen SOWI (Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr): http://tinyurl.com/SOWI2008

Der meinungsklimatische Report beinhaltet u.E. eine ganz umwerfende Erkenntnis, die man unsereins so auch keinesfalls angenommen hätte (lessons learned):

  • Die landläufig verbreitete, politisch tief wirkende Anschauung, dass die Mehrheit der Deutschen gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan meint, ist grottenfalsch. Das SOWI stellt eher eine positive Tendenz fest und begründet dies mit der Taktik der Medien-Auftraggeber, gerade zu emotionsgeladenen Vorfällen just Umfragen zu plazieren, die dann natürlich so ausgehen, wie man sich das vieleicht wünscht (pdf.-S. 27 f.). Diese SOWI-Meinung wird immerhin von Friederike Freiburg auf SPIEGEL-Online ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,590323,00.html ) bestätigt.

    Lerne: Wer mit dem Hinweis auf ja “allseits bekannte” Umfrage-Ergebnisse den Abzug aus Afghanistan fordert, könnte einem unauffälligen Spin-Doktoren-Trick aufgesessen sein (ist der Marlboro-Scherz eher von Nichtrauchern initiiert?);
     
  • Nebenbei lernt man, dass die Ausbildung der Bundeswehr von jedem Fünften, die Ausrüstung und Bewaffnung von jedem vierten Bundesbürger negativ bewertet wird;
     
  • Unser zentrales Interesse gilt den Umfrage-Daten, die das sicherheitspolitische Koordinaten-Zentrum des deutschen Michels hinsichtlich seiner Aussen-Orientierung betreffen. Dieses “mindset” hat in 2008 einen ganz herben Rückschlag erlitten. In 2007 meinte noch eine Mehrheit von 55 %, dass unsere Republik doch - bitteschön - aktiv bei der Bewältigung internationaler Probleme mithelfen solle.

    In 2008 ist das Pendel wieder in Egomania zurückgeschlagen: 53 % gegen 47 %; das ist u.E. das Desaströse (pdf-S. 18).
     
  • Wer sich ganz hinten in die Ecke stellt und die pdf.-S. 25 (Tabelle “Bekanntheit”) aufschlägt, wird möglicherweise fetten Hohn und Spott über diese ganze Veranstaltung schütten:

    Wie soll man mit dem deutschen Michel umgehen, der einerseits die Bundeswehr über alles liebt, andererseits aber von ihr nicht die geringste Kenntnis hat?

{Ist der Deutsche in seinem Urvertrauen doch etwas volatil?}

 

Maritimer Duden: Schatz

13. November 2008

Unsere “Tagesschau/Heute”-TV-Hauptnachrichten würden heute so lauten:

  • Das Flottenkommando der Deutschen Marine hat heute seinen 21. Jahrebericht über die
    “Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland”
    veröffentlicht. Da das maritime Bewusstsein des deutschen Durchschnittsbürgers dramatisch unterentwickelt ist, sollte sich jeder Bundesbürger das knapp 18 mm-dicke Datenwerk wenigstens abladen und das Inhaltsverzeichnis lesen, um zu wissen, welchen Schatz er gehoben hat
    (15,2 MB, 322 S.):
    http://tinyurl.com/marine-bericht

{Dem flotten Kommando Seite pfeifen}

 

GG 35 neu: Unglück

7. Oktober 2008

Für soweit nicht hergeholte Risiko-Szenare galt bisher die treffende Feststellung:
- Die Polizei dürfte die notwendigen Abwehr-Waffen einsetzen, hat sie aber nicht;
- Die Bundeswehr verfügt über sie, darf sie - nach derzeitiger Rechtslage - aber nicht einsetzen.

Diese abenteuerliche Rechtskonstruktion soll nun beendet werden; relativ überraschend hat sich die Regierungskoalition auf eine Änderung des entsprechenden Grundgesetz-Artikels (GG 35) geeinigt (der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist hier).

Da nach Art. 79 GG eine Änderung der Verfassung einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat bedarf, sollte man so sicher nicht sein, dass das Vorhaben gelingt. Die ersten Meinungsbeiträge lassen eine deftige ideologische Debatte erahnen, die den Widerstandsorden gegen das IV. Reich garantiert:

Wenn das geltende Recht auf denkbare Risiko-Szenare keine Antwort geben will, bliebe im “Unglücksfall” immer noch die Möglichkeit, dass sich die Verantwortlichen kühn darüber hinwegsetzen (Helmut Schmidt, Flutkatastrophe 1962). Wenn nicht, trifft eben ein übermässiger Schaden ein; das “Kind-ist-in-den Brunnen-gefallen”-Lehrmuster ist bekannt. Frau Leutheusser-Schnarrenberger würde sich garantiert nicht zur Verantwortung ziehen lassen wollen, René Heilig schon wegen seines Namens nicht.

{Wo ein Unglück, warte nicht auf den Richter}

 

Krisenprävention: 161

29. August 2008

Am 12. Mai 2004 hatte das Bundeskabinett den “Aktionsplan ‘Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung” verabschiedet; alle zwei Jahre muss die Regierung dem Parlament über die Umsetzung berichten. Nun liegt der 2. Umsetzungsbericht vor:
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Krisenpraevention/AktionsplanZusammenfas sung.html (siehe Kasten oben rechts mit allen Berichten).

Auf 105 Seiten werden reichlich nützliche Informationen ausgeschüttet, die den Eindruck vermitteln, dass an tausend Baustellen Zehntausende Menschen und Millionen EURO erfolgreich für die Gewaltvorsorge werkeln. Das ist wirklich gut, und dafür sollte man auch herzlich danken.

Der Aktionsplan von 2004 hatte uns damals so gut gefallen, weil er ganz konkret genau 161 “Aktionen” vorgeschlagen hatte. So schön der 2. Umsetzungsbericht ist: Wenn ein schlichtes Gemüt fragen würde, ob und wie die damaligen 161 Aktionen denn umgesetzt worden sind, müsste es sich hinsetzen, den 2. Bericht darauf abklopfen und 161 Felder selbst ausfüllen. Es sollte in dieser Republik doch wenigstens den Einen geben, der das für uns macht (es kann nur Einen geben, Heiner für Alle).

{Jede Berichtspflicht erfordert ihre eigene Herangehensweise}

 

AWACS-Urteil: Basta

13. Mai 2008

Nun haben wir auch die Lektüre des “AWACS”-Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2008 (BVerfG 2 BvE 1/03) nachgeholt. Urteilstexte des BVerfG sind u.E. immer lesenswert; die Sprache ist anspruchsvoll, die Positionen sind sachlich differenziert, konditioniert und belegt:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20080507_2bve000103.html

Fünf Jahre nach Klage-Erhebung durch die FDP-Bundestagsfraktion lernt unsereins:

  • Vom 26. Februar bis zum 17. April 2003 hatte die Regierung Schröder/Fischer Zeit, ein Votum des Bundestags einzuholen;
     
  • Zentrale Begründung war, die AWACS-Flüge über der Türkei kurz vor dem drohenden Ausbruch des Irak-Krieges seien reine “Bündnisroutine”. Dass die NATO den AWACS-Einsatz begann, war aber ausschliesslich der Tatsache zu verdanken, dass - erstmalig in der Geschichte des Bündnisses - das Bündnismitglied Türkei den Artikel 4 des NATO-Vertrages (Konsultation bei Bedrohung) reklamierte. Hiernach von Routine zu sprechen, sagt alles;
     
  • Bereits 1994 hatte das BVerfG entschieden, dass das die parlamentarische Zustimmungspflicht auslösende Kriterium nicht die bewaffnete Auseinandersetzung, sondern die bewaffnete Unternehmung ist;
     
  • Merkenswert ist der in Absatz 72 verwendete Begriff der “Einschätzungsprärogative”; er umschreibt schön fremdwörtlich, was des öfteren bei Regierungsverlautbarungen festzustellen ist: Mit einem machtbramsigen BASTA wird der Versuch unternommen, eindeutige Sachverhalte vom Tisch zu fausten.

Nachsichtig kann man mit der Regierung insofern sein, weil der Versuch der Erlangung der Einschätzungsprärogative von Mächtigen aller Coleur allzeit unternommen wird; und mächtig fühlt sich Jeder.

{Wie schade, dass Vorrechte derart in Verruf geraten sind}

 

CDU/CSU-Sicherheit: Nachhinein

9. Mai 2008

Wenn wir eine Woche nach dem Beginn des Medientumults um die neue Sicherheitsstrategie der CDU/CSU-Strategie auch zu Potte kommen, müssen wir natürlich recht zurückhaltend sein. Deshalb fangen wir mit einer “politikwissenschaftlichen” Einleitung an:

  • Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, hat augenscheinlich den Startschuss gegeben. Befehl an seinen Stellvertreter für den Bereich Aussen/Sicherheitspolitik, Andreas Schockenhoff: Entwerfe mal eine Sicherheitsstrategie. Der hat wiederum seinen alterfahrenen Mitarbeiter Hans-Joachim Falenski zur Schreibe verdonnert.
     
  • Dass die Initiative aus der mitregierenden Fraktion kommt, liegt daran, dass die Parteischiene, die konzeptioneller Motor der Regierungsfraktion sein müsste, über keinerlei entsprechende Kompetenz mehr verfügt (auch nicht über die Konrad-Adenauer-Stiftung - Kamp turnt in Rom).
     
  • In der Berliner Politik-Produktion wird so die Besetzung des eigentlich wichtigen Kompetenzfeldes Sicherheit improvisiert, die (bisher) konkurrenzlos ist. Wenn MdB Schockenhoff immer wieder betont, dass man (nur?) eine Debatte lostreten und Tabus brechen wolle, ist das nur geschickt.

Die “Sicherheitsstrategie für Deutschland”, die die CDU/CSU-Fraktion am 6. Mai 2008 so beschlossen hat, muss man lesen und “obenauf” legen:
http://www.cducsu.de/Titel__Themen_des_Tages/TabID__1/SubTabID__5/InhaltTypID__4/InhaltID__9735/In halte.aspx

Wer zuerst dicke lobt, darf danach richtig maulen:

  • Der Begriff Sicherheit ist bekanntermassen äusserst quarkig. Man sollte lieber von Risiken sprechen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensmass beschreiben;
     
  • Bezüglich weltweiter Plagen sollte man darauf hinweisen, dass die Macht der weltweiten Politiken zur Problemlösung angesichts der Menschheitsgeschichte doch sehr eingegrenzt ist; damit schmilzt der nationale deutsche Einfluss auf ein Mass, dass eine wunderbare Genesung nicht erwarten lässt. Deshalb müsste ein essayistischer Ausflug vorgeschaltet sein, dem ein Nachsatz angehängt wird, der glaubhaft den nationalen Willen zum deutschen Beitrag ausdrückt und damit einsichtig macht;
     
  • Wer jeden Furz zum gravierenden Sicherheitsproblem hochstilisiert, muss sich nicht wundern, wenn Tagesschau-geschockte Normalos den Glauben an die Bruce-Willis-Qualitäten der deutschen Weltrettungs-Fähigkeiten verlieren und den Patent-Populisten nachlaufen. M.a.W.: Wer den Sicherheitsbegriff nicht unterteilt in “hartes” und “weiches” Schadensmass, wird beim Umfallen eines Sackes Reis in China in Ohnmacht sinken;
     
  • Wenn Strategien als weihnachtliche Wunschzettel angelegt werden, ist das wohlklingend, wohlfeil. Jede Strategie ist ohne ihre entsprechende “materielle” Unterfütterung prima Geschwätz. Dem Durchschnittsbürger wird heutzutage zu erklären sein:
    Je höher die “äusseren” Investitionen sind, desto grösser ist der Gewinn an innerer Sicherheit.

Wie auch immer: Zum bevorstehenden Fest wünschen wir bewusste Teilnahme an der Ausgiessung.

{Im Nachhinein ist man immer klüger}

 

Innere Führung: Melissengeist?

30. Januar 2008

“Innere Führung” (IF) wird von den deutschen Streitkräften als Markenzeichen und Exportschlager verstanden. Sie beschreibt die “Führungskultur”, die unter Soldatens herrschen sollte.

Verteidigungsminister Jung hat bereits 11 Tage vor Inkraftsetzung der geänderten ZdV 10/1 (Zentrale Dienstvorschrift) unter Zurhilfenahme des ehemaligen “Klosterfrau Melissengeist”-Werbespruches (Danke, Sascha) betont, dass  die IF “noch nie so wertvoll wie heute” sei:
http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/ministerium/der_minister?yw_contentURL=/C1256F1200608B1B/W27AW GBB605INFODE/content.jsp

Der seit dem 28. Januar 2008 gültige Erlass ist absolut lesenswert und kann sicherlich manchen zivilen Führungskulturen notwendige Anregungen geben. Wenn am Ende (in ganz überwiegender Mehrzahl) der deutsche Soldat so ist, wie in Ziff. 507 (S. 18) beschrieben, darf man glücklich sein:

  • “Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind überzeugt von den Werten und Normen des Grundgesetzes. In diesem Sinne sind sie
    - tapfer,
    - treu und gewissenhaft,
    - kameradschaftlich und fürsorglich,
    - diszipliniert,
    - fachlich befähigt und lernwillig,
    - wahrhaftig gegenüber sich und anderen,
    - gerecht, tolerant und aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen und
    - moralisch urteilsfähig.”

Wer nach einem Thema für eine ausführliche wissenschaftliche Arbeit sucht, sollte sich überlegen, ob er/sie/es nicht einen Vergleich mit der Vorgänger-ZdV 10/1 anstellt, die Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe am 16. Februar 1993 erlassen hat. Wer schnell die knackige Schlagzeile sucht, dem empfehlen wir die Ziff. 105 (S. 7). Dort ist die Rede von den “Angehörigen” der Bundeswehr (also nicht nur den Soldaten):

  • “Sie sind den Werten und Normen des Grundgesetzes in besonderer Weise verpflichtet. Sie haben der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.”

    Direkt im Anschluss an diese Passage folgt jedoch eine Festlegung, die so in der IF-Version 1993 nicht zu finden ist, für Soldaten eigentlich eine “Selbstverständlichkeit” ist (oder sein müsste), aber für einen Teil der veröffentlichten und öffentlichen Debatte zumindestens unumwunden wirken dürfte:

    “Ihr militärischer Dienst schließt den Einsatz der eigenen Gesundheit und des eigenen Lebens (fett im Orig.) mit ein und verlangt in letzter Konsequenz, im Kampf auch zu töten (‘töten’ im Orig. weder fett noch kursiv).”

    Selbst dieser Satz bietet die Möglichkeit zur Weichspülung. Was heisst “in letzter Konsequenz”? Ja zum Recht auf Selbstverteidigung (Notwehr), wenn man angegriffen wird! Aber Nein zum “offensiven” QRF-Einsatz oder AFG-Operationen wie “Harekate Yolo II”?
    (die Blog-Kommentare werden es schon richten).

Bisher hat www.bundeswehr.de (natürlich von höherem Segen abhängig) die neue (und alte) ZdV 10/1 nur dem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bw-Intranet zugänglich gemacht. Damit der vom “wohlwollenden Desinteresse” geleitete Staatsbürger ohne Uniform vielleicht doch Interesse entwickelt, weil er überhaupt Zugang zu konkreten Informationen, hier der “Führungskultur” der Bw, bekommt, erlauben wir uns, dem Vorschub zu leisten:

{würde ..., würde ... ~ wirds zur Würde}

 

41. Finanzplanung/Bw: mecker

6. Juli 2007, Berlin

Man kommt sich wie ein Raleur vor, wenn man die Jubelschreie, dass die Verteidiger im 41. Finanzplan (2006 - 2011) fette “2 Mrd. EUR mehr erhalten sollen, nachrechnet:

  • Vergleicht man den 41. Fipl.-Aufwuchs (siehe u.a. pdf) mit den entsprechenden Daten des Bundeswehrpan 2008 kann man lernen, dass die Bundeswehr nur wenig mehr bekommt, als die von Minister Jung am 27. 2. 2006 gebilligte Finanzlinie (BwPlan 2008, pdf.S. 7): 627 Mio. EUR für die Jahre 2008 bis 2011. Zu beachten ist dabei, dass ein jährlicher Kaufkraftverlust (Deflator) von 1 % bei einem 25 Mrd.-Haushalt 250 Mio. EUR bedeutet. Als Positivist darf man also sagen, dass der Verteidigungshaushalt einen knapp 1%igen Kaufkraftverlust-Ausgleich bekommt.

    Entscheidend ist, dass gefeierte 2- Mrd.-Aufwuchs fast genau den Finanzplanungen des Bwplans 2008 entspricht, der somit eine Insolvenz-Erklärung der transformierenden Bundeswehr bleibt;
     
  • Vergleicht man die Ausgaben-Schichtung im BwPlan 2008 (pdf S. 52) mit der vom BMVg gerade herausgegeben Übersicht (pdf), fällt auf:

    - Die Haushaltsabteilung des BMVg drückt die Ausgaben-Bereiche Materialerhaltung, Betrieb und Betreiberverträge und schlägt sie voll dem Bereich “Militärische Beschaffungen” zu. So entsteht ein virtuelles Rüstungsplus von jährlich rund 600 Mio. EUR gegenüber den Plandaten der Militärabteilung.

    Dies spiegelt den Streit zwischen der Haushaltsabteilung (incl. Staatssekretär) und dem Führungsstab der Streitkräfte wider:

    - Die Haushälter wollen ohne Rücksicht auf Verluste den Betrieb ausschlachten, um die Rüstung hochzufahren;

    - Die Militärs haben längst erkannt, dass die in den letzten Jahren verordnete Betriebskosten-Senkung einen fürchterlichen Backlash zur Folge hatte und hat. Die letzte Aufforderung der politischen Leitung zu weiteren Senkung haben sie mit Hinweis auf die ausweglose Lage schlicht liegen lassen. Die These von sinkenden Betriebskosten durch neue Waffensysteme mögen die Eingeweihten gar nicht mehr wiederholen (nach Angaben aus der Luftwaffe betragen z.B. die Betriebskosten des Eurofighter das 4fache dessen, was der Tornado verbraucht);

    - Trotz der 2 Mrd.-Steigerung fällt für die “Schimmel”-Infrastruktur kein zusätzliches Geld ab. Die bisherige Planung wird munter fortgeschrieben, ist also vom letzten Wehrbeauftragten-Bericht ungerührt.

{Das Wochenende wird aber gut - wünschen wir)

 

BwPlan 2007: auswendig

3. November 2006

Wer in der “Defense Community” auf sich hält, liest die “Griephan Briefe” wöchentlich; gerade hat der Informationsdienst den letzten Teil des “Bundeswehrplan 2007” in einer langen Serie veröffentlicht. Im Windschatten dieses unter den Gegebenheiten der Bonner/Berliner Republik erlaubten “Geheimnisverrats” (“VS-NfD” ist journalistisch immer “offen” und wird gern als “Geheim-Papier” von der Journaille zitiert) bringen wir das Dokument für Jederman:

Erlass des Generalinspekteurs vom 31. März 2006: Bundeswehrplan 2007 (als pdf.)

Damit uns niemand missversteht: Wer immer über die Bundeswehr, ihre Lage und Zukunft ernsthaft mitreden will, muss den “Bw 2007” auswendig gelernt haben. Er ist das einzige Dokument, welches annähernd deutlich  Auskunft über die Bundeswehr und vor allem ihre Zukunft gibt.

Wer das alles nicht so recht prickelnd findet, wird gespannt auf den “Bundeswehrplan 2008” warten. Ungefähr 4 Wochen wird es noch dauern, bis alle Teilstreitkräfte und militärischen Oranisationbereiche ihre “Pokerface”-Daten dazu eingereicht haben. Am Ende kann es nur ein unglaubliches Gejaule aller Betroffenen geben, dass niemand so recht zu hören vermag; es müsste ein Insolvenz-Papier werden.

{Die Botschaft höhr’ ich wohl - nur naht das rettende Wochenende}

 

BAKS 2010: Toner

2. November 2006

Bereits im Juni 2006 hat das Seminar für Sicherheitspolitik an der “Bundesakademie für Sicherheitspolitik” in Berlin ( www.baks.org ) seine 40-seitige Studie “Sicherheitspolitik 2010 - präventiv, umfassend, nachhaltig” vorgelegt. Wir haben das verschlafen, halten das Papier aber für sehr wichtig - als Auftraggeber wird der Staatsminister im Kanzleramt, Thomas dé Maiziere, genannt.

Das 1.Halbjahr-Seminar mit 26 Mitgliedern war interministeriell, international und mit Vertretern der Industrie fachkundig besetzt und hat seine Arbeit insbesondere in Hinsicht auf die Ratspräsidentschaft und die G8-Führung Deutschlands in 2007 mit konkreten Vorschlägen gespickt.

Eingangs wird die Regierung ermahnt, zunächst das nationale Interesse zu definieren:

  • “Internationale Organisationen erwiesen sich in Konflikten nicht als Akteure, sondern sind im wesentlichen politische Instrumente, deren Wirkung vom Handlungswillen ihrer führenden Mitglieder bestimmt wird.”
     
  • “Eine wirkungsvolle deutsche Sicherheitspolitik, die Impulse für Europa und darüber hinaus auch für die Nordatlantische Allianz geben möchte, muss deshalb zunächst auf nationaler Ebene Zielvorgaben formulieren und die zu ihrer Umsetzung notwendigen Voraussetzungen schaffen.”
     
  • Die schon früher erhobene Forderung, den Bundessicherheitsrat (BSR) zu einem Nationalen Sicherheitsrat incl. eines Planungsstabes auszubauen, wird von den BAKS-Seminaristen übernommen.

Zu den Feldern Wirtschaft, Energie und Welthandelspolitik findet man bedenkenswerte Passagen. Im Kapitel “Aussenbeziehungen” wird

  • - die NATO gefeiert,
    - die Rolle von GASP und ESVP verbessert (“kein prinzipielles ‘NATO first” - ein Modifizierung von “Berlin +”?);
    - ein EU-Verteidigungsministerrat gefordert;
     
  • Für die rohstoffreichen Staaten, die von der “arabischen Halbinsel bis nach Westsibirien” reichen, wird der Begriff der “Strategischen Elipse” verwendet:
    “ Die USA und Russland verfolgen zielstrebig ihre jeweiligen Interessen in diesem Raum ...”
    “Eine schlüssige deutsche und europäische Politik ist bisher nicht erkennbar”;

    Auch für den Iran wird eine verbesserte Sichtbarkeit Deutschlands verlangt. Markieren wird sich jeder Leser allerdings den Satz:
    “Gegenwärtig hat eine friedliche Lösung der Iranfrage Vorrang”.

Im Kapitel “Europas äussere Sicherheit stärken” wird reichlich vorgeschlagen, z.B. der Aufbau “europäischer Komplementärstreitkräfte”:

  • “Nur über eine Kombination von europäischen Lösungen und transatlantischer Kooperation ist die militärische Handlungsfähigkeit Europas - und damit die Schlagkraft des gesamten Bündnisses - zu gewährleisten” (bei den Teilnehmern hat sich doch tatsächlich jemand an das Thema DTSI erinnert);
     
  • “Zunehmend knappere Ressourcen erzwingen eine Lastenverteilung zwischen den Partnern im Sinne einer Konzentration auf definierte nationale militärische und zivile Fähigkeiten. Die Akzeptanz wechselseitiger Abhängigkeiten ist dabei längerfrisitig unvermeidbar”. Die Analysten der Rüstungskonzerne müssten sich im Detail die sie betreffenden Absätze der Seminaristen anschauen, allerdings nicht nur sie;
     
  • Kein eigenes Kapitel ist den Trends der Verteidigungshaushalte in allen europäischen Staaten gewidmet. Angemerkt wird, dass deren “Flexibilität ... auf absehbare Zeit stark eingeschränkt” sei. Unterstützung soll eine “konsequente Nutzung innovativer Finanzierungsansätze” erbringen.

Da wir uns für Innere Sicherheit nicht zuständig fühlen, freuen wir uns, das ausführliche Kapitel der BAKS-Arbeit dazu nicht vorstellen zu müssen (trotz nicht unwichtiger Schnittstellen ist das eben eine andere Welt). Nur die “Youth bulge” wollen wir noch erwähnen:
“Dieses Reservoir an beschäftigungslosen Männern von 15 bis 30 Jahren sei eine künftige Quelle von Gewalt” (dazu müsste man wohl das Buch von Gunnar Heinsohn, “Söhne und Weltmacht”, lesen).

Dass man sich das 2010-Papier bei der BAKS bestellen sollte, bedarf gar keiner Frage. Wenn man davon ausgeht, dass es Kanzleramts-Minister dé Maiziere gelesen hat und z.B. die Umsetzung des “Nationalen Sicherheitsrates” anstrebt, weiss man auch, dass Aussenminister Steinmeier gar nicht amüsiert wäre.

An sinnstiftenden Forderungen im Bereich Sicherheitspolitik mangelt es nicht; leider ist die Umsetzung immer eine Frage des Mom¥ntums der Ambitionen und der Mehrheit im Haushaltsausschuss für die notwendigen Ressourcen.

{Papier ist nicht so teuer - aber der Toner}

 

Weißbuch 2006: hinlegen

23. Oktober 2006

Am 25. Oktober soll das Bundeskabinett im Verteidigungsministerium (2. Dienstsitz Berlin) tagen und über die vorliegende Version des “Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr” befinden. Die pdf-Version auf ZEIT-Online (siehe Link auf der Startseite) haben wir auf Texttreue mit der uns von Lieben geschenkten, originalen Finalversion mühsam verglichen, bis Seite 17 keine Abweichung festgestellt, und dann nur noch weitergelesen:

Im 1. Teil der Kabinettsvorlage wird auf 45 Seiten “Die Sicherheitspolitik Deutschlands” abgehandelt. Wir beschränken uns wieder auf unsere Markierungen (kursiv von uns):

  • Der deutsche “Ehrgeiz” (ambition) ist beachtlich:

    - “Aufgrund seiner Größe, Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft und seiner geografischen Lage in der Mitte des Kontinents fällt dem vereinigten Deutschland eine zentrale Rolle für die künftige Gestaltung Europas und darüber hinaus zu.”

    - “Interessen können im Zeitalter der Globalisierung nicht allein geografisch definiert werden.”

    - “Auch künftig können die Grundfragen von Europas Sicherheit nur gemeinsam mit den Vereinigten Staaten beantwortet werden ... Ein enges und vertauensvolles Verhältnis zu den USA ist für die Sicherheit Deutschlands im 21. Jahrhundert von überragender Beddeutung.” (vgl. auch S. 42);

    - “Deutschland strebt weiterhin nach Kompatibilität und Interoperabilität seiner Streitkräfte mit denen der Vereinigten Staaten ebenso wie mit denen seiner anderen Bündnispartner. Sie sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Deutschland seine militärische Bündnis- und Handlungsfähigkeit und damit seine Rolle als relevanter Partner wahrt.”
    (das darf man als besonders ambitiös bezeichnen - und unbezahlbar)

    - Zu gern würden wir die “Comprehensive Political Guidance” (CPG) der NATO lesen, denn sie ist die “nachvollziehbare Herleitung der zukünftigen Fähigkeiten der Streitkräfte der Mitgliedstaaten und der Allianz”.
    Dazu möchten wir auch studieren:
    “Im Juni 2006 wurde daher die strategische Zielsetzung der NATO (Level of Ambition, LoA) entsprechend angepasst. Sie beschreibt Art, Intensität, Grösse und Anzahl der Operationen, zu denen die Alliierten unter Führung der NATO in der Lage sein wollen. Daraus ergeben sich die Forderungen des Bündnisses an die nationalen Streitkräfte.”
    (weil alles schön geheim ist, bleiben mögliche Verstösse der deutschen Regierung gegen Zusagen auch unter dem Teppich);

    - Was das Stichwort “Responsibility to Protect” (S. 46) bedeutet, darf man sich noch vergegenwärtigen;

    - Den Satz wird man sich auch ausschneiden müssen (S. 50):
    “Sicherheit, Stabilität, Integration und Wohlstand in Europa sind deshalb ohne Russland nicht zu gewährleisten.”

Dem Titel des Weißbuches nach müsste der zweite Teil eigentlich die “Zukunft” der Bundeswehr abhandeln, aber die Überschrift des zweiten Teils lautet nur:
“Die Bundeswehr - Instrument deutscher Sicherheitspolitik”. Auf 74 Seiten kann man die Bundeswehr in der  einfachsten Betrachtung kennenlernen:

  • Das derzeitige Lieblingsthema “Einsatz der Bundeswehr im Innern” kann man ganz unaufgeregt abwarten:
    “Deshalb sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rahmens für den Einsatz der Streitkräfte” (S. 61);
     
  • Schöner hätte es Finanzminister Steinbrück auch nicht formulieren können:
    “Das zentrale finanzpolitische Ziel der Bundesregierung, die Fortsetzung der Konsolidierung des Bundeshaushaltes, gibt daher auch für die Planungen der Bundeswehr einen verbindlichen Rahmen vor” (S.66);
     
  • Definitiv falsch ist die Aussage, dass eine “angemessene finanzielle Grundlage für die Transformation ... insbesondere durch die Umschichtung finanzieller Mittel vom Betrieb hin zu den Investitionen” erreicht werden könne. Dieser in den letzten Jahren versuchte Ansatz führt derzeit in der Truppe zu einem massiven Rückschlag, die Betriebskosten platzen.
     
  • Das Kapitel “Rüstungspolitik” (S. 67 ff.) muss man in Gänze lesen; es ist zu schön, um wahr zu sein.
     
  • Dabei sein möchte man, wenn das konkret umgesetzt wird (S. 87):
    “Die Fähigkeitskategorien bedingen einander und sind gleichrangig. Auf Teilfähigkeiten kann nur dann verzichtet werden, wenn dies vertretbar ist und sichergestellt wird, dass Verbündete oder Partner entsprechende Mittel und Expertise bereitstellen. Umgekehrt muss die Bundeswehr in der Lage sein, Verbündeten und Partnern ihre spezifischen Fähigkeiten zur Verfügung stellen.”
     
  • Dass die F-124-Fregatten “zur seegestützen Abwehr ballistischer Flugkörper” taugen und so “zum Schutz von eigenen Kräften, Zivilbevölkerung, Wirtschaftszentren und Ballungsräumen an Land” beitragen, überrascht doch sehr (wir klären noch, ob die Marine hier nicht kräftig mit Wasserfarbe gemalt hat).

Ob mit diesem Weißbuch die grosse sicherheitspolitische Debatte in Deutschland losbricht, darf zu recht bezweifelt werden. Dazu ist die Diskussionsvorlage zu glatt und langweilig. Nervernd sind besonders die sicherheitspolitischen Ambitionen, wenn man sie mit den operativen Ressourcen vergleicht. Sicherheitspolitik wird ein Nervtöter bleiben.

Angesichts der Beschreibung der Bundeswehr als problemfreie Zone fragt man sich, was einige Kritiker denn dauernd zu meckern haben.

{Man darf sich wieder hinlegen}

 

Bundeswehrplan 2007: weit jenseits

22. Juni 2006

Am 31. März 2006 hat Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan den “Bundeswehrplan 2007” erlassen - nun haben wir ihn auch. Der Plan muss als das wichtigste Daten-Dokument deutscher Verteidigungspolitik angesehen werden, denn:
“Der BwPlan ist das Instrument, mit dem der Generalinspekteur der Bundeswehr seine Gesamtverantwortung für die zentrale Bedarfsermittlung einschließlich der Festlegung und Priorisierung von Bedarfsforderungen zur Auftragserfüllung wahrnimmt” (S. 1).

Aus der 59-seitigen Verschlußsache zitieren wir nur die kritischen Punkte:

  • “Die mit dem Zulauf der neuen fliegenden Systeme verbundenen deutlichen Fähigkeitsgewinne bringen erhebliche finanzielle Belastungen im Unterhalt mit sich”;
     
  • Auf S. 8 wird erklärt, dass der Finanzbedarf von 1,2 Mrd. EUR/Jahr für die “vollumfängliche Ausbildung und Inübunghaltung aller fliegenden Besatzungen” nicht bereit gestellt werden kann:
    “Der mit diesem Plan nicht zu deckende Mehrbedarf zwingt zu deutlichen Eingriffen in die Flugstundenplanung mit der Folge des Absinkens des Ausbildungsstandes des fliegenden Personals ...”;
     
  • Bei der Materialerhaltung der Marine herrscht ebenfalls Unterdeckung:
    “... mit der mittelfristigen Folge sinkender Einsatzbereitschaft und operativer Risiken beim Einsatz der gesamten Flotte”;
     
  • Für das Heer wird ebenso Abschied genommen von der Mär sinkender Betriebskosten bei neuen Systemen:
    “Der Zulauf geschützter Fahrzeuge mit wesentlich höherem Finanzbedarf für die Materialerhaltung im Vergleich zu den abzulösenden ungeschützten Fahrzeugen lässt den Bedarf hier langfristig deutlich über die dargestellten Werte hinaus ansteigen”;
    Bis 2011 wird eine “Unterdeckung von ca. 1,2 Mrd. EUR” für den logistischen Bedarf des Heeres festgestellt mit der Beurteilung:
    “Diese Lage ist für eine auf den Einsatz ausgerichtete und im Einsatz stehende Armee auf Dauer nicht hinnehmbar”;
     
  • Im Bereich der Rüstungsinvestitionen hat man den Bedarf, unabhängig von den Finanz-Erwartungen, ermittelt:
    “Im Zeitraum 2007 bis 2014 kann im Vergleich zur Erhebung ein Volumen von 8,4 Mrd. EUR planerisch nicht abgedeckt werden”;
     
  • Trotz Erhöhung der Mittel-Ansätze für die wehrtechnische Forschung, Entwicklung und Erprobung wird festgestellt, dass eine “Reihe von Entwicklungsvorhaben” nicht einplanbar waren:
    “Diese Vorhaben konnten daher nicht oder nicht bedarfsgerecht (zeitlich oder umfänglich) eingeplant werden”;
     
  • Bei dem Planungsvolumen für die sog. “Nicht-Rü(stungs)-Titel, in das ausdrücklich das NATO-Vorhaben “Alliance Ground Surveillance” (AGS) einbezogen wird, scheinen die deutschen Anteilsscheine doch recht billig und zeitlich gestreckt eingerechnet worden zu sein;
     
  • Gerade schwere Hubschrauber wie der CH-53 sind wichtigste Bestandteile einsatz-orientierter Streitkräfte. Hinter der folgenden Passage des BwPlans 2007 verbirgt sich mit Sicherheit eine unerträgliche Geschichte, die sich zu recherchieren lohnte:
    “Die Einplanung eines 3. Loses von Änderungssätzen für die Triebwerke (76) für den CH-53 war zeitnah nicht möglich, der Zulauf der letzten umgerüsteten Triebwerke wird damit erst 2017 (!) erfolgen können”. (P.S. man erinnert sich an den tragischen Absturz einer CH-53 in Afghanistan);
     
  • Studiert man die unter der Schlagzeile “Wirksamkeit im Einsatz” aufgeführten Waffensysteme, vor allem die Zeiträume, findet man immer wiederkehrend den Begriff “Fähigkeitslücke”;
     
  • Dass die Finanzlage inzwischen auch das Mantra der Einsatz-Heiligkeit erreicht, zeigt die Geschichte des absolut notwendigen dritten Einsatzgruppenversorgers (EGV, Klasse 702) der Marine. Er ist von 2010 auf den St. Nimmerleinstag verschoben worden;
     
  • Das dringenste Problem der “Ausschaltung ferngesteuerter Sprengfallen” (IED) will man immerhin ab 2008 (!) angehen; erst dann scheinen die dazu erforderlichen 10 Mio. EUR vorhanden zu sein;
     
  • Eine völlig neue Kategorie im BwPlan 2007 erscheint unter dem Stichtwort “Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge” (GFF). Aber der Bedarf von fast 4 Mrd. EUR “ist innerhalb des verfügbaren Finanzrahmens nur langfristig zu decken”; der geheiligte Schutz der Soldaten wird in die Ewigkeit gestreckt;
     
  • Mutig werden die “Ausgaben für die Einsatzvorsorge” von 650 Mio. EUR in 2007 auf 480 Mio. EUR ab 2009 ff. abgesenkt;

Zeitgestresste werden die 10-seitige “Bewertung” des Schneiderhan-Erlasses (S. 48 - 58) lesen:

  • Für die Eingreifkräfte gilt:
    “Insbesondere in den Fähigkeitskategorien Nachrichtengewinnung und Aufklärung (NG&A), Wirksamkeit im Einsatz, Überlebensfähigkeit und Schutz sowie Mobilität kann die Zielbefähigung jedoch noch nicht realisiert werden. Ein das Einsatzspektrum vollständig abdeckender Ausstattungsumfang einschließlich weiterer Verbesserungen in der Fähigkeit zur Flugkörperabwehr sowie der Präzisions- und Abstandsfähigkeit wird weit jenseits des Zeitraums bis 2011 erreicht”;
     
  • Für die Stabilisierungskräfte werden auch “weit jenseits 2011” die robusten Fähigkeiten “entscheidend verbessert”;
     
  • Hochamtlich wird dem Transformationsgefasel der Garaus gemacht:
    “Im Ergebnis des vorliegenden BwPlans haben weitere Schiebungen und Streckungen das Momentum der Transformation - insbesondere gegenüber dem BwPlan 2005, dem ‘Initialplan der Transformation’ - erheblich abgeschwächt und die notwendigen Handlungsspielräume in den folgenden Jahren faktisch eliminiert”. Nach diesem Eingeständnis der Niederlage folgt natürlich der Schlachtruf zum Zurückgewinnen;
     
  • Die Politik möge den strammen Auftrag ernstnehmen:
    “Für die Umsetzung in den Haushalt kommt es darauf an, den entsprechend der Finanzvorgabe ausgeplanten steigenden (?) Plafond durchzusetzen”;
     
  • Die Experten der Rüstungsindustrie werden die “Rüstungswirtschaftliche Bewertung” des Generalinspekteurs mit der Lupe lesen müssen:
    - das see-basierte Flugkörper-Abwehrsystem RAM wird richtig gejubelt,
    - das Votum für das 2. Los U 212 A in 2006 ist drastisch;
    - die deutsche (mittelständische) Kryptoindustrie wird erstmals gefeiert, ebenso die ABC-Schützer.

Die “Folgerungen” des Schneiderhan-Erlasses benötigen nur eine DIN-A-4-Seite. Hier wird die “weit jenseits 2011”-Formulierung wiederholt, aber vor allem auf die “grössten Risiken” der “gegenseitigen Abhängigkeit der Bereiche Materialerhaltung und Rüstungsinvestitionen” verwiesen:
“Einerseits hat die mangelnde Abbildung des Materialerhaltungsbedarfs gravierende Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft einer Armee im Einsatz, andererseits würde eine bedarfsgerechte Abbildung den Spielraum für die Rüstungsinvestitionen weiter einschränken.”

General Schneiderhan hat sich mit seinen BwPlan-Erlassen ein Refugium erschlossen, in dem er - teilweise in verstiegener Sprachkunst - relativ drastisch die Fakten-Basis der Bundeswehr beschreibt; dazu gehört schon ein gerüttelt Maß an Mut.

In eigener Sache: Wir stehen im Verdacht, irgendwelche Dokumente sofort als PDF “rauszuhauen”. Den BwPlan 2007 bringen wir online, wenn uns irgend jemand den Erlass noch einmal in elektronischer Form zusendet.

{“weit jenseits von 2011” ist unwahrscheinlich kultig}

 

Befehl / Gehorsam: kühn

21. Juni 2006

Man wird sich erinnern, dass das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vor genau einem Jahr im Fall Major Florian Pfaff ein bedeutsames Urteil in Sachen Befehl und Gehorsam gesprochen hat. Dem haben wir jetzt die 3-seitige Weisung des Verteidigungsministeriums vom 18. Mai 2006 entgegenzuhalten, die als “Hinweis für Vorgesetzte” das heikle Thema erhellen soll:
BMVg, R II 2, Gehorsamsverweigerung aus Gewissensgründen (.pdf)

Natürlich müssen die Rechtsexperten des BMVg retten, was zu retten ist. Mit den Ziffern 5 und 7 ist u.E. dieser Versuch misslungen:

  • In Ziff. 5 wird der Versuch unternommen, die Festlegungen zum Begriff Gewissensentscheidung zurückzuschrauben, die das Bundesverwaltung im Fall Pfaff beschrieben hat (Ziff. 4 und 5 der Leitsätze sowie S. 109 ff.). Das R II 2-Papier meint:
    “Auch bloße Zweifel an der Rechtmässigkeit von politischen Entscheidungen reichen nicht aus für eine ethisch zu begründende, an den Maßstäben von gut oder böse orientierten Gewissensentscheidung”.
    Gerade die rechtliche Fragestellung des Irakkrieges (Völkerrecht, GG) war für Major Pfaff entscheidend, um auf dem Hintergrund seiner christlichen Verwurzelung zu einer Gewissensentscheidung zu gelangen, die als ethisch eingestuft wurde.
     
  • In Ziff. 7 führt das BMVg-Papier zur Rücksetzung der BVerwG-Entscheidung einen Kampfbegriff ein, der in dem 136-seitigen Urteil von uns nicht gefunden worden ist: “hochrangige Verfassungsgüter”, nämlich “Leben und die Gesundheit Dritter”, aber auch (“unter Umständen”) die “Einsatz- und Funktionsfähigkeit der Streitkräfte”. Diese Verfassungsgüter können lt. BMVg “die Gewissensfreiheit in den Hintergrund treten”. Schade, dass diese kühne Behauptung nicht belegt ist.

{Man schreibt schon mal aus gewissen Gründen}

 

Konflikt-Management: widmen

9. Juni 2006

In einigen Tagen wird das Auswärtige Amt (AA) seinen “1. Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Aktionsplans ‘Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung” ins Internet setzen; am 31. Mai hat das Bundeskabinett den Report abgesegnet, der über den Zeitraum von Mai 2004 bis April 2006 berichtet (136 S.).

Wer sich vorab über das Thema informieren will, findet alles auf
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/FriedenSicherheit/Krisenpraevention/Uebersicht.html

Natürlich ist das AA ganz stolz auf seinen Konflikt-Management-Ansatz, hat ihn national umgesetzt und will ihn nun multilateralisieren. Für die Zukunft will man den folgenden Schwerpunkten “besondere Aufmerksamkeit” widmen (S.12):

  • “Abstimmung der Krisenpräventionspolitiken der Partnerländer auf europäischer und globaler Ebene zur Erreichung einer gemeinsamen Basis
  • Stärkung multilateraler Strukturen der Krisenprävention
  • Internationale Vernetzung der Akteure, insbesondere innerhalb der EU
  • Weiterentwicklung und Förderung des internationalen Konzepts zur Human Security
  • Zivil-militärisches Schnittstellenmanagement und evtl. Entwicklung nationaler Leitlinien für die Zusammenarbeit in komplexen Szenarien der Friedenskonsolidierung
  • Early warning – early action, d. h. verbesserte Umsetzung von Frühwarnung in kohärentes politisches Handeln
  • Wirtschaft – Umwelt – Konflikt
  • Konsolidierung krisenpräventiver Strukturen und Stärkung des Ressortkreises „Zivile Krisenprävention“
  • Entwicklung eines Kommunikationskonzepts für Krisenprävention.”

Wenn man eher die Operationalisierung von strategischen Konzepten im Kopf hat (where is the beef), wird man sich allein anhand der o.a. Schwerpunkte umwidmen wollen. Gehört man eher zu den Gutmenschen, dürfte der Frieden nicht mehr weit sein. Zumindest für ein rundes Wochenende sollte die Krisenprävention sorgen.

{Sun Tsu sagt: “Ich hasse Konzeptionen”}

 

Weissbuch 2006: lesen

31. Mai 2006

Wer - wie wir - immer den Versuch unternimmt, mit Bordmitteln die “vorläufige Fassung” des “Weißbuches zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zurkunft der Bundeswehr” vom 28. April 2006 einzuscannen, wird angesichts unserer Fassung Nachsicht üben. Bei der letzten Seite 104 verweigert das Scan-Programm plötzlich den Dienst, aber wir können trotzdem den Rest des Dokuments hier hastig bieten (jetzt die “ordentliche” Version - 6. Juni):
“Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr - Vorläufige Fassung 28. April 2006” des BMVg - als .pdf

Wichtig ist, dass die “Weißbuch”-Debatte aktuelle Bezüge hat:

  • In der letzten Koalitionsrunde ist Verteidigungsminister Jung diesbezüglich gedeckelt worden: Das Weißbuch müsse “einvernehmlich” beschlossen werden;
     
  • Der vorgesehene Erscheinungstermin für das WB 2006  - 12. Juli 06 - darf als illusorisch eingestuft werden; der Jahres-Ende-Termin ist eher wahrscheinlich.

Bis zum Jahresende mag niemand warten.

{Lies schon mal vor - ich weiß, wohin es geht}

 

Weißbuch 2006/II: dubios

22. Mai 2006

Die “vorläufige Fassung” des Weißbuches 2006 des Verteidigungsministers Jung beschäftigt sich von S. 16 bis S. 40 mit dem Thema “Deutsche Sicherheitspolitik im internationalen Rahmen”, welches zu erheblichen Teilen eigentlich in den Verantwortungsbereich des Auswärtigen Amtes fällt. Wer gemeint hat, dass mit einem neuen Weißbuch eine umfassende sicherheitspolitische Debatte in der deutschen Öffentlichkeit initiiert werden könnte, wird von dieser Diskussionsunterlage keine Schützenhilfe erwarten können.

Unter den vielen Sommersprossen haben wir einige Gesichtspunkte ausgemacht:

  • Die NATO feiert ein Comeback in der deutschen Politik; sie ist “der stärkste Anker der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik”. Die transatlantischen Beziehungen “bleiben die Grundlage deutscher und europäischer gemeinsamer Sicherheit und die Beziehungen zu den U.S.A. und Kanada “bilden das Rückgrat” der Wertegemeinschaft NATO. Und: “Ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zu den U.S.A. ist für die Sicherheit Deutschlands im 21. Jahrhundert von überragender Bedeutung”;
     
  • Ob die folgende Erklärung wirklich Priorität bei der Umsetzung hat, wird zu prüfen sein:
    “Deutschland strebt weiterhin nach Kompatibilität und Interoperabilität seiner Streitkräfte mit denen der Vereinigten Staaten ebensowie mit denen seiner anderen Bündnispartner”. Dieses “Streben” wird als “wesentliche Voraussetzung” dafür eingestuft, dass “Deutschland seine militärische Bündnis- und Handlungsfähigkeit und damit seine Rolle als relevanter Partner wahrt”;
     
  • Man traut sich nicht, den geheimnisumwitterten Begriff “nukleare Teilhabe” etwas zu erläutern, bekennt sich aber dazu:
    “... erfordern auch in Zukunft deutsche Teilhabe an den nuklearen Aufgaben”.
    (Von der SPD ist zu hören, dass sie das Gegenteil fordern wird).
     
  • Unter der Überschrift “Europäische Union” liest man:
    “Deutschlands nationale Interessen sind am besten gemeinsam in einer handlungsfähigen Europäischen Union durchzusetzen.”
    Für die bislang relativ einflusslosen europäischen Verteidigungsminister werden “weitere Kompetenzen” und die Ausweitung ihrer Entscheidungsbefugnis gefordert”;
     
  • Die deutsche Rüstungsindustrie wird sich diesen Satz ausschneiden:
    “Deutschland wird eine leistungs- und wettbewerbsfähige industrielle Basis in technologischen Kernbereichen als Voraussetzung für künftige Kooperationsfähigkeit aufrecht erhalten.”
     
  • Für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2007 hat man sich bezüglich der Rollenverteilung zwischen NATO und EU (sog. “Berlin-Plus-Bestimmungen”) vorgenommen, dass das “Verhältnis beider Organisationen zueinander ... grundlegend verbessert” wird. In der Vergangenheit habe Berlin-Plus “nur unzureichend stattgefunden”, die Zusammenarbeit “bedarf in verschiedenen Bereichen dringend der Intensivierung”;
     
  • Nicht dem Tenor der neuen Regierung entsprechend und mit einer omiösen Begründung, hat man sich  hier vergaloppiert:
    “Deutschland setzt sich im Rahmen der Erweiterung des Sicherheitsrates für einen ständigen Sitz ein, um zu unterstreichen, dass es seiner Verantwortung in voller Konsequenz nachkommen will”.

Spannend wird, wie sich Verteidigungsminister Jung das weitere Weißbuch-Verfahren gedacht hat:

  • Aussenminister Steinmeier kann die aussen/sicherheitspolitischen Vorfestlegungen seines CDU-Kollegen so gar nicht hinnehmen; er muss das sicherheitspolitische Profil der SPD einbringen.
     
  • Wenn Franz Josef Jung den Gegen-Entwurf des AA erhält, wird es “12 Uhr mittags”.
    Entweder
    verteidigt FJJ den eindeutig CDU-basierten sicherheitspolitischen Teil des Weißbuches
    oder er
    unterliegt aufgrund einer Vorher/Nachher-Analyse und wird bei seinen Partei-Freunden und sonstigen Zeitgenossen sinken.
     
  • Man darf aber auch diese Alternative nicht ausschliessen: Es erscheint kein Weißbuch!

{Erscheinungen sind immer etwas dubios}

 

Weißbuch 2006/I: Nachläufer

16. Mai 2006

Nach 12 weißbuch-freien Jahren erblickt eine auf dem Titelblatt so gekennzeichnete “vorläufige Version” regierungsamtlichen Wissens, das “Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr” zaghaft das Licht der internationalen Öffentlichkeit. Wir möchten zunächst einige Punkte des 1. Kapitels (S. 4 - 12) hervorheben, die man als beachtlich einstufen könnte:

  • Die schwarz-rote Regierung sieht Deutschland in einer “zentralen Rolle für die künftige Gestaltung Europas und darüber hinaus”;
     
  • “Deutschland steht zu seiner Verantwortung für Freiheit und Frieden ... und ist “entschlossen”, “krisenhaften Entwicklungen, die seine Sicherheit beeinträchtigen, gemeinsam mit seinen Verbündeten und Partnern entgegenzutreten. Dazu muss es bündnisfähig, handlungsfähig und führungsfähig sein. Dabei sieht sich Deutschland einer Vielzahl von Erwartungen seiner Freunde und Partner gegenüber.”
    (U.E. wird deutsche “Führungsfähigkeit” erstmals regierungsamtlich reklamiert);
     
  • Die folgende Definition sollte man intensiv bedenken (Punktation GP):
    Vorrangige Interessen deutscher Sicherheitspolitik bestehen darin,
    - die europäische sowie transatlantische Sicherheit zu stärken,
    - den Wohlstand des Landes durch einen freien und ungehinderten Welthandel zu ermöglichen,
    - Krisen und Konflikte, die Deutschlands Sicherheit beeinträchtigen, vorbeugend einzudämmen und zu bewältigen,
    - die Grundsätze der Demokratie, die internationale Geltung der Menschenrechte und die weltweite Respektierung der Völkerrechts zu befördern,
    - sowie die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen zu überwinden.”
    (Das Weißbuch 1994 hat in Ziffer 305 sehr schön definiert:
    “Interessen bestimmen Prioritäten”);
     
  • Unter der Überschrift “Handlungsfelder” fordert die Regierung (oder nur der Verteidigungsminister?) ein “neues, gemeinsames Verständnis” der U.N.-Charta:
    “Instrumente der Konfliktprävention und Krisenbewältigung sowie Fähigkeiten zur Friedenskonsolidierung müssen weiterentwickelt werden, das Recht auf Selbstverteidigung präzisiert und präventives Eingreifen auf völkerrechtlich gesicherten Grundlagen geregelt werden”
    (hoffentlich probiert die deutsche Regierung ihre Führungsfähigkeit nicht an dieser Frage aus - wenn man wenigstens präemptiv geschrieben hätte!).

{Vom Vor- zum Nachläufer}

 

BVerwG-Urteil: gravierend

6. September 2005

Es ist nun abladbar: Das Urteil des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichtes zur Befehlsverweigerung des Majors Florian Pfaff während des Irak-Krieges:

http://www.bundesverwaltungsgericht.de/files/21e3aca1456843af6cb42f0e38b3d700/3059/2wd12-u-04.pdf

Man darf hoffen, dass die Bundeswehrführung das Urteil der Richter Widmaier, Frau Frentz und Deiseroth zum Anlass nimmt, die Streitkräfte genauestens zu instruieren, welche Neuerungen zum Thema Befehl und Gehorsam damit verbunden sind, denn:

  • Im Fall Pfaff haben die Vorgesetzten eine mangelhafte Anschuldigungsschrift vorgelegt;
     
  • Der absolute Vorrang der Gewissensfreiheit ( Art. 4.1 GG) ist bei der Behandlung des Falles nicht erkannt worden;
     
  • Statt existentieller Drohungen müssen Vorgesetzte in “Pfaff”-Fällen “gewissensschonende diskriminierungsfreie Handlungsalternativen” entwickeln.

Besonders für die Sicherheitspolitik der Bundesregierung ist das Urteil von erheblicher Bedeutung. Auf 14 Seiten begründet das Bundesverwaltungsgericht “gravierende völkerrechtliche Bedenken” gegen die Irak-Politik der Bundesregierung. Nach Lektüre wird allerdings auch deutlich, dass das Gericht damit eher zurückhaltend formuliert, denn der Gesamttext ist eine eindeutige Verurteilung. Höchstrichterlich ist also entschieden, dass die rot-grüne Regierungskoalition gegen das Völkerrecht verstossen hat. Wahrscheinlich ist, dass das auch DIE LINKE.PDS nicht mehr auf Wahlplakate schafft.

In der Urteilsbegründung ist aber auch Ermunterndes für jederman für jede Zeit zitiert:

(“Der Mensch muss immer Zweck an sich selbst bleiben”)

 

Bw-Konzeption: Langweile?

3. September 2004

Am 9. August 2004 hat Verteidigungsminister Peter Struck die

mit seiner Unterschrift abgesegnet. 110 Seiten können gelesen, analysiert und interpretiert werden.

Natürlich können wir - wie immer - nicht mit einer umfassenden Analyse dienen (man darf den Menschen nicht Arbeit und Denke abnehmen!?). Nach relativ lustlosem Blättern in der alten KdB-Version vom 13. 12. 2001 (59 Seiten) kommen wir aber zu folgender Schnellschuss-Version:

  • Alte und neue KdB listen ihre “Bezugsdokumente” auf:
    - alte KdB: 18 / neue KdB: 29 Stück;
     
  • In der neuen KdB fehlen die NATO-Bezugsdokumente:
    - “MC 400/2 (Final) - MC Guidance for the Military Implementation of Alliance Strategy” (23.5.2000);
    - “DPC-D(2000)11-REV2 - Ministerial Guidance” (5. 12. 2000);
    - “”MC 317/1 (Military Decision) - The NATO Force Structure” (24. Juli 2001);
    (natürlich haben wir keine Ahnung, was in den NATO-Dokumenten verzeichnet ist - und warum sie keine “Bezugsdokumente” mehr für die Konzeption der Bundeswehr sind - Hauptsache ist, dass das schätzungsweise drei Oberstleutnante des FüS wissen - fragen Sie GI Schneiderhan mal danach, wenn Sie ihn treffen).
     
  • Auch der Blick auf die Seiten 101 - 104 multipliziert das Fragen-Potential:
    - Wenn die Bundeswehr-Führung einen derartigen Katalog von “Teil- und Einzelkonzeptionen” zu erstellen bzw. zu aktualisieren hat, fragt man sich, wer jemals ausserhalb des illustren Kreises wenigster Führungsstab-Wüteriche den Zusammenhängen noch folgen kann.
     
  • Nachvollziehbar sind “heimliche” Kiellegungen für Rüstungs-Projekte:
    - Im Gegensatz zu den Allgemein-Floskeln der Dez.01-KdB fordert die jetzt gültige Bw-KdB von der Marine einen satten Beitrag zur “ELV” (Erweiterte Luftverteidigung) - S. 41. In Klar-Schiff-Deutsch heisst dass: in die Fregatte F-124 wird Raketen-Abwehr-Raketerie projektiert (Raytheon’s “Standard Missile, Block 3 - oder so, MEADS zur See); Glückwunsch an die clevere Marine!
     
  • Per Such-Funktion bei pdf.-Dokumenten kann man sich sehr schnell davon überzeugen, dass das uralte Reizwort “nukleare Teilhabe” in der 2004-KdB nicht vorkommt; in der 2001-KdB hiess es noch dickbramsig:
    “Die Fähigkeit zur nuklearen Teilhabe bleibt als Ausdruck der Bündnissolidarität und zur Sicherstellung der Mitsprache im Bündnis erhalten.”
    (das spart immerhin ein mindestens 500.000 EUR-betriebs-teueres Tornado-Geschwader in Büchel - und folgt NATO-(U.S.)General Jones, der den Abzug der U.S.-Nukes in einem belgischen “Provinz”-Blättchen verkündet hat).

Bleibt zu hoffen, dass sichTop-Analytiker ans Werk machen, den konzeptionellen Wandel der Bundeswehr von der 2001- zur 2004-KdB ordentlich zu ergründen; das ist nichts für quoten-geile Schnell-Schnarcher.

{Gut Ding will Langweile haben}

 

Weissbuch-Ersatz: Verrat

9. Juli 2004

Bis das Weissbuch der Bundesregierung zur ihrer Sicherheitspolitik im nächsten Jahr erscheint, sollte man sich das anschauen, was die Regierenden den Vereinten Nationen über ihre Sicherheitspolitik geschrieben haben:
“Bundesrepublik Deutschland - Jährlicher Austausch militärischer Informationen nach Wiener Dokument 1999 - Verteidigungsplanung 2004” (als pdf, 1,62 MB)

Auf 78 S. wird faktenreich verzeichnet, was man zur Sicherheitspolitik der Berliner Republik noch lernen kann, incl. Abkürzungen. Eine bisher öffentlich nie gesehene Einsicht bieten die Anlagen 9 - 13, denn von 2004 bis 2007 wird eine Finanzplanung offenbart, die sogar auf die Teilstreitkräfte detailliert heruntergebrochen wird. So wird vielleicht die eine oder andere Analyse möglich.

Eigentlich ist schon ein Sittenverfall festzustellen: Die eigene Regierung “verrät” gemäss irgendwelchen Rüstungskontroll-Abkommen den Vereinten Nationen mehr über die Bundeswehr als dem Untertan. Aber es waltet die ausgleichende Gerechtigkeit: Der Staat reklamiert für sich nicht das Copyright.

{Leider: Je mehr man weiss, desto weniger sollte man urteilen wollen}

 

PDS: Wasser

4. Juni 2002

Wahrscheinlich hat die PDS für den Wahlkampf 2002 als erste Partei ihr Programm vorgelegt: Mit Beschluss der “3. Tagung des 7. Parteitages der PDS am 17. 3. 2002 in Rostock”; Titel: “Es geht auch anders: Nur Gerechtigkeit sichert Zukunft” ( www.pds2002.de).

Während die Konkurrenten immer mehr als 50 Seiten benötigen, schafft es die PDS mit grosser Zeilenlänge und wenig -höhe auf rund 28 Seiten. Dafür wird ächte Alternative geboten:

  • “Deutschland zählt heute zu den stärksten Nationen in Europa mit weltpolitischem Gewicht ...
    Die PDS will Konflikte zivil und nicht militärisch lösen” (S. 21).
     
  • “Bildung, Forschung, Gesundheit und Wasser stellen für uns öffentliche Güter dar, die aus den Verhandlungen über die weltweite Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge ausgenommen werden müssen” (S. 22).
     
  • Deutschland soll die Initiative für einen internationalen ‘Marshallplan für Entwicklung’ ergreifen, der alle Staaten zur Umschichtung von Rüstungsausgaben in die Entwicklungsförderung verpflichtet. Die grossen Industriestaaten der OECD gaben zuletzt jährlich ca. 800 Mrd. Dollar für Rüstungszwecke aus, für die öffentliche Entwicklungshilfe erübrigten sie weniger als fünf Prozent dieser Summe. Wir sagen: Statt Rüstungsboom sollen 100 Milliarden Dollar in die Wassergewinnung sowie die Wasserversorgung und -entsorgung investiert werden!” (S. 23).
     
  • “Das  neue strategische Konzept der NATO ist auf weltweite Intervention zur Durchsetzung strategischer Interessen - Öl, Gas, Wasser, zur Abwehr von Fluchtbewegungen und zur Sicherung von Handelswegen - ausgelegt ... Wir wollen, dass das Militärbündnis NATO aufgelöst und durch kollektive Sicherheitsstrukturen im Rahmen der UNO und ihrer Regionalorganisationen, wie der OSZE, ersetzt wird.”
     
  • “Wir halten an unseren Vorschlägen für eine mittelfristige Bundeswehrreform fest. 100.000 Soldaten und Soldatinnen sind mehr als ausreichend, um den grundgesetzlichen Auftrag der Landesverteidigung zu erfüllen ... Wir fordern einen Stopp der umfangreichen Modernisierungs- und Beschaffungsprogramme ... die freiwerdenden Mittel im Wehretat sollen zu 80 Prozent in einen Konversionsfond des Bundes überführt werden, um in den Standort-Regionen den sozial- und umweltverträglichen Übergang von militärischen zu zivilen Arbeits- und Sozialstrukturen zu ermöglichen. Ein Fünftel soll in internationale Kooperations- und Entwicklungsprojekte des Bundes fliessen.”
     
  • “... will die Partei des Demokratischen Sozialismus drittstärkste Partei in Deutschland werden.”

Beruhigend ist, dass die PDS sich in einem Sammel-Punkt von den anderen Parteien in der Wahl-Programmatik von keiner der anderen unterscheidet:

  • Eine unglaublich hybride Selbst-Überschätzung;
  • eine Vermantschung von Weltproblemen mit selbstherrlichen Lösungsansätzen;
  • einer Vergaukelung des Wählers incl. der intellektuellen Selbst-Strangulierung.

Wenn doch nur eine innere Widerspruchsfreiheit des Programms hergestellt werden würde. Wie kann man “mit weltpolitischem Gewicht” 100 Mrd. US$ für Wasser fordern, wenn man 80 % der Bundeswehr-Ersparnisse in einen egozentrischen Regional-Fond für Sozialverträglichkeit pulvert? Wozu braucht man 100.000 Soldaten, wenn man “Konflikte zivil” lösen will?

Dumm ist nur, dass wir uns wieder selbst erwischen bei kleinlichen Aufgeregtheiten. Als wenn der Lauf der Zeit (und der Geschichte) sich an solchen Kinkerlitzchen stören würde. Fürchterlich ist da nur die Gefahr des Selbstgefallens zurückgelehnter Erkenntnis; selbige ist immer irreführend.

{Praktisch denken - Särge schenken}

 

Wahlprogramm GRÜN: Auf/Abbau

28. Mai 2002

Am 4./5. Mai 02 hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN während einer Bundesdelegierten-Konferenz in Wiesbaden das “Vierjahresprogramm 2002 - 2006” beschlossen:
http://archiv.gruene-partei.de/bdk/wiesbaden2002/beschluss/wp/Wahlprogramm2002.pdf

Den generellen Ansatz der GRUENEN bezüglich der Sicherheitspolitik setzen wir als bekannt voraus. Immerhin hat sich die Partei zum Entsetzen nicht weniger Anhänger und des Top-Kabrettisten Matthias Riechling grundsätzlich dazu durchgerungen, dem Pazifismus adé zu sagen. Die Prioritäten sind jedoch eindeutig:

  • “Europäische Aussen- undSicherheitspolitik”
    “Angesichts neuer Aufrüstungsschübe muss die Zivilmacht Europa zugleich Vorreiter für Rüstungskontrolle und Abrüstung werden und vorrangig ihre Fähigkeiten zur nichtmilitärischen Krisenbewältigung ausbauen.”
     
  • “4.3 Dauerhafter Frieden”
    “Wir machen uns stark für die von Kofi Annan geforderte ‘Kultur der Prävention’ und den ‘Dialog der Kulturen’ ... Dazu zählt, die nationalen und internationalen Fähigkeiten der Zivilen Konfliktbearbeitung zu stärken und ihren Rückstand gegenüber den militärischen Fähigkeiten aufzuholen ...
    Der systematische Aufbau der Infrastruktur für zivile Konfliktbearbeitung braucht einen Aktionsplan, stetig wachsende Friedensinvestitionen und auch regionale Ausbildungsstätten (z.B. Friedensakademien).”

Interessant ist das Kapitel “Bundeswehr reformieren - die Wehrpflicht beenden”:

  • “Einsätze der Bundeswehr sind nach klaren und engen Kriterien zu entscheiden. Dazu gehört ein eindeutiges Mandat der Vereinten Nationen. Militärinterventionen zu Gunsten von Machtinteressen lehnen wir ab ... Wir werden uns dafür einsetzen, durch eine Verfassungsänderung solche Entscheidungen an eine 2/3-Mehrheit des Bundestages zu binden.”

Im weiteren Text kommt nun eine Forderung, die die pure Vernunft angesichts aller realistischen Rahmenbedingungen darzustellen scheint:

  • “Die Bundeswehr muss mit begrenzten, aber qualitativ hochwertigen Beiträgen zur Stärkung der Zielsetzung und Fähigkeiten der Vereinten Nationen im Rahmen internationaler Friedenssicherung betragen können ...
    Wir wollen eine verkleinerte, moderne Bundeswehr mit maximal 200.000 Sodaten und die Abschaffung der Wehrpflicht ...
    Die Wehrpflicht ist sicherheitspolitisch nicht mehr legitimierbar und blockiert eine finanzierbare Bundeswehrreform.”

Nach einem Zwischensatz über die Anpassung der Inneren Führung kommt dann der in jeder Hinsicht interpretierbare “Konzessions-Schulze”:

  • “Unser Ziel ist der deutliche Abbau militärischer Potentiale in unserem Land.”

Schön ist, dass die GRUENEN einerseits den Anschein erwecken, als würden sie tatsächlich die Bundeswehr innerhalb der tatsächlichen Rahmenbedingungen reformieren wollen. Nach aller Logik und dem folgenden Programm-Text gehen die eingesparten Summen aber nicht in die “Aufrüstung”, sondern in die Strukturen der “Zivilmacht”.

Schade, dass die GRUENEN nicht ganz ehrlich sagen, dass sie eine Bundeswehr wollen, die nicht wirklich “töten” kann - es wäre ja auch nicht “politisch korrekt” und zuviel verlangt. Aber sie sind nicht allein. Keines der uns bekannten Wahlprogramme zeigt von seiner Performance, dass man sich der Problematik wirklich stellt. Warum sollte die “Programm-Welt” irgend jemand beeindrucken? Wer wird wohl seine kostbare Wahlstimme nach solchen Vorgaben kalibrieren?

{Wer die Wahl hat, hat den Stahl/das Tal/die Zahl}

 

Verteidigungs-Haushalt: Ist 2001 - Soll 2002

15. Mai 2002

Mit dem Stand 25. 1. 2002 können wir mit einem pdf.-Download zum Epl. 14 dienen; die Quelle BMVg bürgt für Seriösität. Leseanreiz sollten die Angaben zu den “Verteidigungsinvestiven Ausgaben” sein: sie fallen von 24,5 % in 2001 auf bestenfalls 23,4 %. Wir erinnern uns an Versprechungen, dass man stramm auf die 30 % zumarschieren wollte.

pdf-Download: Einzelplan 14 / 2002 im Vergleich zum Haushalt/Ist 2001

 

FDP-Wahlprogramm: sonnig

14. Mai 2002

Unter dem Stichwort “Aussen- und Sicherheitspolitik” bietet die FDP heute den Part ihres Wahlprogramms für die News-Freaks an, allerdings nur die Fassung des “Antrag Nr. 1 - neu” des 53. ordentlichen Parteitags von Mannheim, der als so verabschiedet gehandelt wird; auf die Endfassung werden die User vertröstet:
http://parteitag.fdp.de/bpt_dyn.phtml?inc_collection_name=ak4

Für die rund 15 Seiten des sicherheitspolitischen Textes scheint Ex-Aussenminister Klaus Kinkel mit seinem Fach-Arbeitskreis verantwortlich zu zeichnen. Sehr liberal hat man auf die Spitze getrieben, an den Leser zuletzt zu denken. Wie bei den Konkurrenten SPD und CDU/CSU ist der Text eine endlose Bleiwüste, die durch keinerlei Auflockerung - wie z.B. eine Spiegelstrich-Listung - Erholung verspricht. Bei solchen Texten merkt man, dass an den Wähler zuletzt gedacht wird, und alle Lobbyisten sich schlicht nur “wiederfinden” sollen. Unbestritten, dass politische “Goethe’s” ihre Freude am Text hätten.

Nach der wohlfeilen Einleitung “Politik für eine freie Welt” (1 S.) kommt Europa (4 S.):

  • “Europa ist unsere Antwort auf die internationalen Herausforderungen”
    - “Die FDP lehnt die Einführung eines Europaministers ab.”
    “Europäische Verfassung”
    “Europäische Osterweiterung”
    “Die europäische Außen- und Sicherheitspolitik ausbauen” (auch wohlfeil)
    “Europäische Innen- und Justizpolitik vertiefen”
    “Europas Wirtschaft stärken”
    “Europäische Agrar- und Strukturpolitik”
     
  • Dann folgt “II. Liberale Ordnungspolitik für Stabilität und Entwicklung”:

    “Die Vereinten Nationen umfassend stärken” (natürlich Sitz D im Sicherheitsrat)
    “Der OSZE mehr Gewicht beimessen”
    “Deshalb fordert die FDP ein höheres Mass an politischer Verbindlichkeit der OSZE-Beschlüsse und Krisenpräventionsfunktion der OSZE durch ‘OSZE-First’.” (Klaus Kinkel muss Dieter S. Lutz entdeckt haben!)

    “Die KSZE/OSZE als Modell für regionale Vertrauensbildung” (Die Gutmensch-Verkaufe europäischer Friedfertigkeit für die Welt - kurz nach dem Holocaust-Europa)

    “Die euro-atlantische Partnerschaft vertiefen” (Trostpflaster für Alt-Atlantiker nach dem “OSZE-First”-Geblubber)

    “Den Dialog mit Russland intensivieren”
    Immerhin: “Zur Lösung der Rückführung der so genannten ‘Beutekunst’ schlägt die FDP die Gründung einer deutsch-russischen Kulturstiftung vor”. (ist eine wirklich grandiose Idee)

    Der Absatz “Menschenrechte durchsetzen” ist durchgehend unterstrichen. (Motto ist, dass Gut-Mensch-Sein riesigen Spass macht - worldwide)

    Danach will die FDP die “Außenpolitische(n) Instrumente stärken”
    ”Eine glaubwürdige Wahrnehmung deutscher Interessen im Ausland setzt im Übrigen auch voraus, dass der Auswärtige Dienst wieder seine umfassenden Querschnittskompetenzen zurück erhält” (wir wissen leider nicht, was das ist; und welche furchtbaren Menschen dem Auswärtigen Amt diese genommen haben)

    Dann folgen “Innovative Lösungen für die Auswärtige Kulturpolitik”:
    “Zum Anderen sollten in der Auslandskulturarbeit auch stärker als bisher nicht öffentliche Träger im Rahmen so genannter ‘Private Public Partnership’ hinzu gezogen werden”. Auf deutsch: Mercedes sponsert Goethe.
     
  • Dann kommen noch 5,5 bedeutungsschwere Seiten unter “III. Chancen der Globalisierung nutzen”:
    - Unter “Welthandel” lehnt die FDP die Sondersteuer auf Devisentransaktionen (Tobin-Steuer) ab.

    Danach wird deutlich: “Liberale Entwicklungspolitik ist deswegen nicht Welt-Sozialhilfe”.

    Auf einer Seite lesen wir alles zum “Klima-Schutz”. Für Günter Jauch merken Sie sich bitte: “Die Verhandlungsergebnisse der Siebten Weltklimakonferenz von Marrakesch waren ein Durchbruch für die internationale Klimapolitik.” (Leider verraten die Liberalen nicht, wann selbige stattgefunden hat).
     
  • Dann kommt auf 1,5 Seiten: “Äussere Sicherheit schafft Sicherheit auch im Inneren”:
    Einige feine Vorsätze führen zum Thema
    “Die Bundeswehr bündnisfähiger machen”:
    - Wirklich knackiger Merksatz: “Das Atlantische Bündnis ist heute jedem denkbaren Gegner in konventioneller Hinsicht mindestens dreifach überlegen, ohne auch nur einen Reservisten einberufen zu müssen.”
    Echt “revolutionär”: “Ein Personalumfang von 240.000 Soldaten entspricht den heutigen Anforderungen und Bedürfnissen an die Bundeswehr. Grundwehrdienstleistende werden nicht mehr benötigt.”
    Getrickst haben die Liberalen bei der Kernfrage:
    “”Der Verteidigungshaushalt ist auf 25 Mrd. EUR anzuheben und in dieser Grössenordnung real zu verstetigen.”
    Tatsache ist, dass der Verteidigungshaushalt für 2002 von der noch amtierenden Regierung exakt auf 25.002.273.000 EUR (SOLL) festgelegt wurde; “real verstetigt” ist er allerdings in der 35. Finanzplanung nicht.

    Das Epos abschliessende Kapitel “Die NATO stärken” beweist mit sechs Zeilen, dass man tatsächlich OSZE-minded sein muss: Kein Wort über die wirklich wichtigen Themen des Prager Herbst-Gipfels der NATO: 1. Terror-Bekämpfung als “fundamental task” - und radikale Abkehr von der Russland-Phobie; 2. Entscheidung nach 2003 über eine NATO-gemeinsame Raketen-Abwehr für das südliche “theater”.
     

Leider wissen wir sicher, dass unser Geschreibsel für den Wind ist (wir entschuldigen uns, dass wir Sie bis hierher geködert haben). Guido wird Aussen-, nicht Verteidigungsminister, muss nicht mehr in den Container, und wird sich auf dem für Deutschlands Politiker traditionell freigehaltenen Posten Nr. 1 der Umfragen-Beliebheit sonnen dürfen - auch beim Interview mit Frau Maischberger.

{Sonnenkönige mögen keine Buchstaben}

 

CDU/CSU-Wahlprogramm: eng

13. Mai 2002

Wie bei der SPD heisst das Wahlprogramm der CDU/CSU “Regierungsprogramm”. Unter der Überschrift “Vertrauen für Deutschland in Europa und in der Welt” findet der Un- oder Entschlossene 9 Seiten im hinteren Bereich (S. 64 - 73) des Wälzers. Für kopfgesteuerte Wechselwähler und intellektuelle Diskutanten ist die Lektüre natürlich Pflicht:
http://www.cdu.de/regierungsprogramm/regierungsprogramm-02-06-b.pdf

Da wir aufgrund der bei uns vermuteten roten “Einfärbung” mit dem SPD-Programm u. E. recht kritisch umgegangen sind, wollen wir - zumindest eingangs auferlegt - mit den “Schwarzen” milde sein:

  • (1. Satz): “Voraussetzung für Freiheit und Demokratie ist Sicherheit. Sicherheit und Freiheit für die Menschen in Deutschland können nur im Bündnis mit unseren Partnern und Freunden in Europa und in der Welt geschützt werden.”

    Bezeichnend ist, das Reizwörter wie NATO und USA in diesen kernigen Grundsätzen fehlen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
     
  • Unter der Überschrift “Europa muss man richtig machen” (3 S.) finden sich echte “Perlen”:
    - “Die Regierung Schröder zeigt kein echtes Engagement für die europäische Einigung. Sie hat die kleinen Partnerstaaten, darunter vor allem Deutschlands Nachbarn Österreich, wiederholt vor den Kopf gestossen.”
    - Für die Heimatvertriebenen hat man mehr als diese zwei Sätze geprägt:
    “Das Recht auf Heimat gilt. Die Vertreibungsdekrete und -gesetze sind Unrecht.”
    - Für den “Rang der deutschen Muttersprache” wird eine Forderung erhoben, die selbst schon wieder eurobürokratisch klingt: “Bei der Verfügbarkeit muttersprachlicher Unterlagen darf Deutsch keiner anderen Sprache nachstehen.”
    - Einerseits restriktiv, andererseits atemberaubend, klingt die Kompetenz-Regelung für Europa:
    “In einem erheblich vergrösserten Europa muss sich die EU auf die Aufgaben beschränken, die nur gemeinsam bewältigt werden können, wozu die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehören und der einheitliche Binnenmarkt mit einem funktionierenden wirtschaftlichen Wettbewerb, einheitlicher Außenvertretung und gemeinsamer Währung.”
     
  • Geradezu verheissungsvoll klingen die Sätze des Kapitels “Transatlantische Partnerschaft stärken - Gesamteuropäische Einigung fördern”. Hier findet ein jeder konservativer Sicherheitspolitiker alles, was sein Herz begehrt. Wir wollen von den 2,5 Seiten des Textes, der bei uns alle Nase lang markiert ist, nicht der eigenen Leselust entziehen - mit einer Ausnahme: Sehr mutig äussert sich die CDU/CSU positiv zur europäischen Raketenabwehr:
    ”Wir werden die Pläne von Präsident Bush zur Schaffung einer ‘Alliierten Raketenabwehr’ aktiv aufgreifen und uns mit eigenen Initiativen für eine europäische Schutzkomponente einbringen.”
    Sicher ist, dass diese Frage im Zeitraum 2002 - 2006 politisch zu entscheiden ist (Suchen Sie in den Programmen anderer Parteien nach Positionsbeschreibungen!).
     
  • Auch die zwei Seiten zum Thema “Zukunft der Bundeswehr” sind bei uns üppig markiert:
    - “Die Bundeswehr muss wieder voll einsatz- und bündnisfähig werden. Dafür werden wir die notwendigen Korrekturen vornehmen und eine glaubwürdige Finanzierung sicherstellen.”
    - “Deutschland steht nach Bevölkerung und Wirschaftskraft im Bündnis der NATO an zweiter Stelle. Unser Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit muss der Bedeutung unseres Landes angemessen sein.”
    - “Vor dem Hintergrund der Gesamtheit der Aufgaben muss die Bundeswehr eine Umfang von mindestens 300.000 Mann - davon 100.000 Wehrpflichtige - haben.”
    - “Der Verteidigungshaushalt wird aufgabengerecht spürbar angehoben ... Aber die Unterfinanzierung kann nicht nur durch eine Anhebung des Verteidigungshaushalts beseitigt werden, notwendig ist auch, dass laufende und geplante Rüstungsbeschaffungen genau überprüft werden.”

    Gerade diese letzte Satz-Paarung macht deutlich, welch elegante Sprach-Schöpfungen in Wahlprogrammen zu finden sind. Sorry, angesichts der finanzwirtschaftlichen Lage, in der sich die Bundesrepublik Deutschland befindet, umgeben von den zivilwirtschaftlichen Druck-Momenten, können wir nicht glauben, dass irgendeine Regierung so ‘verteidigungs-orientiert’ wäre, dass aus dem Programm Wirklichkeit werden könnte. Wie für die erkennbar gescheiterten ‘SPD-Reform’ der Verteidigungspolitik muss auch für die verheissungsvolle Stoiber-Variante gelten, dass mit der von der Weizsäcker-Kommission vorgeschlagene Reform-Variante der einzige realistische Weg beschrieben wurde.
     
  • Auf einer DIN-A4-Seite folgt: “Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe aktiv gestalten”:
    - “Wir treten dafür ein, sobald wie möglich die Höhe des Entwicklungshaushaltes an die international vereinbarte Zielgrösse von 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes anzunähern.”
    - “Den Menschen in den Entwicklungsländern bietet Deutschland Hilfe zu Selbsthilfe an.”

    Wir behaupten stracks, dass bei Anwendung des Grundsatzes “Hilfe zur Selbsthilfe” gar nicht 0,7 % des Brutto-Inlandsproduktes verausgabt werden könnten. Und ausserdem verwetten wir unseren Hut, dass die 0,7%-Marke (wie bei der SPD) am St. Nimmerleins-Tag erreicht wird.

Wie kann man nur von einem Staatsbürger verlangen, dass er am Wahltag wohlüberlegt seine Stimme vergibt, wenn derartig viele Fragen nur in einem (unbedeutenden) Segment der Politik entstehen?

{Deutsch sein heisst nicht, eine Sache ihrer selbst willen eng sehen zu wollen}

 

SPD-Wahlprogramm: geklärt

25. April 2002

Zwar steht “Regierungsprogramm” drauf, aber es ist natürlich ein Wahlprogramm; bekanntermassen wird das “Regierungsprogramm” nach der Wahl von der Regierungskoalition vorgestellt. Immerhin steht unter der Überschrift “Deutschlands Rolle in Europa und der Welt” die Sicherheitspolitik an erster Stelle und wird auf sieben Seiten (S. 12 - 18) abgehandelt. Lesenswert ist das allemal, weil es nicht übel formuliert ist:
http://www.spd.de/servlet/PB/-s/1jeb5e5aso04i1fnc4dew2y7ms1bp3b7s/show/1015616/regierungsprogramm .pdf 

Wir beschränken unsere Anmerkungen natürlich nur auf die Passagen, welche subjektive Adrenalin-Stösse vermitteln:

  • “Wir stehen zum Einsatz unserer Soldaten international, wo er durch Beschluss der Vereinten Nationen legitimiert und den Soldaten gegenüber verantwortbar ist.” (S. 12)

    Für sich genommen hiesse dies, dass man die Beteiligung am Kosovo-Krieg nachträglich de-legitimiert. Aber es soll wahrscheinlich ein dezenter Hinweis sein, dass man Abstinenz in Sachen Irak verspricht, ohne sich zu versprechen.
     
  • “Das Ziel der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen steht bei uns weiter an erster Stelle.” (S. 13)

    Unausgesprochen ist hier natürlich gemeint, dieses Ziel nicht - in sehr speziellen Fällen wie z.B. Irak - auch mit militärischen Beiträgen erreichen zu wollen. Aber wenn man es auf das Politische beschränkt: Bedeutet dies, dass die SPD dieses erstrangige Ziel auch mit nachdrücklichem politischen Einsatz gegenüber den Verbreitern von Massen-Vernichtungswaffen anstrebt. Massiver politischer Druck gegenüber den ABC-Versandhändlern Indien, Pakistan, China, Nord-Korea (und abnehmend Russland) und den ABC-Gross-Einkäufern Irak, Iran usw.? Wohl kaum - es ist ja so chic, dass man immer von sich behaupten kann, dass das natürlich hinter dicken Regierungstüren andauernd geschieht - und deshalb auch niemand es nachprüfen kann.
     
  • Gesamter Abschnitt: “Für eine wirksame Entwicklungs-Zusammenarbeit” (S. 14 f.)

    Hier hagelt es geradezu Versprechungen; z.B. “müssen die Export-Subventionen für Agrarprodukte beendet werden”. Man wird sehen, ob die EU sich in den nächsten Jahren tatsächlich ihrer “unfairen” Zoll- und Handelspraktiken gegenüber den sich entwickelnden Ländern entledigt.
     
  • “Europa soll in den nächsten zehn Jahren zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt werden und es soll in zehn Jahren bei Forschung und Entwicklung weltweit an der Spitze stehen.” (S. 16)

    So starken Tobak haben wir selten gelesen. Nach unserer Einschätzung wird Europa in zehn Jahren immer noch Spitzenreiter bei Suventionen für Moderndes und die rote Laterne hinsichtlich des Modernen halten. Wenn “Galileo” 2008 endlich oben ist, werden die USA via SATCOM den Europäern die Hose zubinden helfen.
     
  • “Die transatlantische Partnerschaft bleibt die Grundlage europäischer Sicherheit und die NATO die entscheidende politische und institutionelle Klammer für die euro-atlantische Gemeinschaft.” (S. 16)

    Dies ist der einzige (!) Satz zur NATO. Auch das haben wir bisher noch nicht erlebt: Dass jemand etwas als “Grundlage” und “entscheidend” bezeichnet, um danach dieses Thema fluchtartig zu verlassen. Man muss ja nicht unbedingt erwähnen, dass im Zeitraum 2002 bis 2006 granatenwichtige Entscheidungen bei der NATO anstehen:
    - Beim Prager Herbst-Gipfel 2002 die Frage, ob die Terrorismus-Bekämpfung “fundamental task” wird, sowie alle weiteren Reformfragen (Reform aller militärischen Strukturen gemäss der Lage “NATO zu 20” usw.);
    - Irgendwan 2004 und später: Entscheidung über NATO-gemeinsame Streitkräfte zur Abwehr ballistischer und anderer Bedrohungen (Theater Ballistic Missile Defense) aus dem südlichen “theater”.
     
  • “Unsere Bundeswehr” (S. 18)

    Die halbe Seite Text beginnt mit einem potentiell mehrdeutigem Satz:
    “Wir werden die Reform der Bundeswehr weiterführen.”
    Es wäre aber schon parteiisch, wenn man ihn so interpretieren würde, dass er Hoffnung macht. Richtig ist auch, dass die Regierung “finanzielle Planungssicherheit für die Bundeswehr geschaffen” hat. Meisterlich formuliert ist der damit im Zusammenhang stehende und direkt folgende Satz:
    “Die materielle Ausstattung der Streitkräfte soll kontinuierlich verbessert werden.”
    Nähme man die SPD beim Wort und unterstellt, dass es bei den Verantwortlichen ausser Rudolf Scharping noch Experten gibt, die insbesondere die Lage und zukünftige Entwicklung der Rüstung - gemessen an der “finanziellen Planungssicherheit” - sachlich überblicken, dann gibt es mehrere Möglichkeiten (Auswahl):
    - Man wird doch in einem Wahlprogramm nicht “Kreuzchen-Killer” plazieren!
    - Wer hat denn davon schon Ahnung?
    - Wer interessiert sich denn ausgerechnet für dieses Thema?
    - Es muss anders kommen, als wir uns zu schreiben trauen.
    - Es kommt erstens ganz anders, als man zweitens je denken könnte!
    - Es kommt genau so, wie es absichtlich - aber unerklärt - gewollt war.

Zuletzt sehen wir aber selbst ein, dass es wenig sinnhaft ist, sich mit Wahlprogrammen zu beschäftigen (wir schauen uns aber die anderen schon noch an). Am Wahltag in der Kabine wird sich sowieso alles vermengen und zu einem schmerzhaften Kreuzchen irgendwo zuspitzen - in der ambitiösen Spass-, Spott- und Spitzen-Gesellschaft.

{Alles kommt, wie es ist}

 

Ressort-Vereinbarung BMF/BMVg: Box

8. Juli 2001

Am 4. Juli 2001 haben Verteidigungsminister Scharping und Finanzminister Eichel die 1,5 seitige Ressort-Vereinbarung unterschrieben, die wir (ohne die Schreibfehler des Originals, aber wahrscheinlich mit unseren neuen) nachstehend wiedergeben. Eine Beurteilung aller Einzelheiten ist sicherlich nur Insidern möglich. Klar ist, dass die GEBB mit den gerade bewilligten 15 Mio. DM für ihre weitere Tätigkeit Luft hat und durch die Ressort-Vereinbarung über einen gut legalisierten Rahmen verfügt. Da der Haushalts-Ausschuss der GEBB auch die umfassende Prüf-Berechtigung durch den Bundes-Rechnungshof auferlegt hat, kann Frau Fugmann-Heesing nun Taten folgen lassen. Vielleicht hilft das, Ihr das Fauchen abzugewöhnen.

Aus unserer Sicht ist die Beschränkung der Personalausgaben auf 24,5 Mrd. DM bis 2006 die einschneidendste Massnahme. Nach dem Wert für 2001 in Höhe von 24,26 Mrd. DM hat das BMVg also 240 Mio. DM “Luft” für 2002, und muss die Gehaltssteigerung für 2002 in Höhe von 460 Mio. DM sowie die versprochenen Attraktivitäts-Steigerungen, die mit 500 Mio. DM gehandelt werden, verkraften; demnach wären 720 Mio. DM bei den Personalkosten zu erwirtschaften. Geht man davon aus, dass diese Summe durch Plan-Stellen-Senkungen im Bereich der zivilen Mitarbeiter der unteren Einkommens-Gruppen erwirtschaftet wird und veranschlagt die jährlichen Kosten dieser Gruppe mit 40.000 DM (Durchschnitt aller Zivilbediensteten ist 70.000 DM), müssten 2002 rund 18.000 Zivil-Bedienstete dieser Gruppe umgesetzt werden. Dieser Wert ist in Vergleich zu setzten mit der Fluktuationsrate bei den Zivil-Bediensteten 1999 - 2001 = 2.700 und dem Wert, den VM Scharping vor einigen Wochen propagiert hat - 4.000. Na denn ...

Im übrigen freuen wir uns über jeden Nachhilfe-Unterricht.

(Beginn Wortlaut)

  1. “Der Plafond des Epl. 14 beträgt gleichbleibend 2002 bis 2006 jährlich 46,2 Mrd. DM (EURO 23.621.684.911,27).
     
  2. Die Personalausgaben werden mit je 24,5 Mrd. DM in den Jahren 2002 bis 2006 plafondiert. Das BMVg ist ermächtigt, innerhalb dieser Linie alle Maßnahmen einzubringen, die vom Kabinettsbeschluss vom 14. Juni 2000 ausgehend umgesetzt werden sollen (Besoldungsänderungen, Attraktivitätsprogramm u.a.m.). Durch Reduzierung der Anzahl der Mitarbeiter im zivilen Bereich frei werdende Mittel können im Personalbereich, zur Finanzierung von Lohn/Tarifsteigerungen oder für den Material/Betriebs-/Investitionshaushalt eingesetzt werden. Für sonstige Betriebsausgaben, Materialerhalt und verteidigungsinvestive Ausgaben werden im Jahr 2002 und in den Jahren 2003 bis 2006 jeweils 21, 7 Mrd. DM (EURO 11.095.033.821,96) in den Einzelplan 14 eingestellt.
     
  3. Der BMF wird Umschichtungen innerhalb des Einzelplans zustimmen, soweit dies nicht zu Unterveranschlagungen führt.
     
  4. Verlagerungen von Ausgaben oder Aufgaben in andere Einzelpläne sind möglich, soweit dies den Gesamthaushalt nicht belastet.
     
  5. Die dem Gesamthaushalt zufließenden Einnahmen bleiben gegenüber dem bisherigen Finanzplan unverändert.
     
  6. Zur Modernisierung der Bundeswehr und zur Deckung ihres Investitionsbedarfes gilt:

    a.
    Die GEBB kann Beteiligungsgesellschaften zunächst in den Bereichen bilden:
    - Fahrzeugflotten
    - Bekleidung
    - Informationstechnik einschließlich Rechenzentren und Netzen
    - Liegenschaften einschließlich Portfolio- und Facility-Management
    Für die Beteiligungsgesellschaften werden Partner in der Regel durch Ausschreibung gewonnen.

    b.
    Die Beteiligungserlöse stehen für Investitionen der Beteiligungsgesellschaften oder für Investitionen im Einzelplan 14 zur Verfügung.

    c.
    Bewegliche Sachen, insbesondere in den Bereichen IT; Fahrzeuge und Bekleidung, können unter den Voraussetzungen des § 63 BHO mit BMF-Zustimmung in Beteiligungsgesellschaften eingebracht werden, sofern dies im Ergebnis zu einer Entlastung der Betriebsausgaben in künftigen Jahreshaushalten führt.

    d.
    Die Übertragung von Eigentum der bisher von der Bundeswehr genutzten Liegenschaften an eine GEBB-Gesellschaft ist gewollt und möglich.

    Die Funktionen von Eigentümer, Betreiber und Nutzer sollen gesellschaftsrechtlich getrennt werden mit der Maßgabe, dass die - für private Beteiligung offene(n) Eigentümergesellschaft(en) Investitionen in die Liegenschaften tätigen.

    Der Liegenschaftsbestand wird in 3 Kategorien aufgeteilt:
    - Liegenschaften, die betriebsnotwendig sind,
    - Liegenschaften, die verkauft werden,
    - Liegenschaften, die entwickelt werden.

    Die Übertragung von Liegenschaftseigentum ist mit Zustimmung des BMF zulässig (§§ 63, 64 BHO), um die Liegenschaften - zusammen mit dem Kapital privater Gesellschafter
    - in Mietmodellen bewirtschaften zu können,
    - für eine Verwendung im Verteidigungsbereich in der Weise herzurichten, dass die künftigen Betriebsausgaben des Verteidigungshaushaltes sinken (betriebsnotwendige Liegenschaften),
    - zum Verkauf zu ertüchtigen (zu entwickelnde Liegenschaften).

    Hinsichtlich der Liegenschaften, die ohne vorherige Entwicklung verkauft werden, verbleibt es bei den getroffenen Regelungen

    e.
    Die dauerhafte Senkung der Betriebsausgaben einschließlich der anteiligen Personalausgaben ist - ausgehende von der Veranschlagung im Haushalt 2001 - zu gewährleisten.

    Schattenhaushalte bleiben ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Kreditaufnahme der GEBB. Die Beteiligungsgesellschaften können Investitionen in dem Umfang tätigen, in dem deren Finanzierung nach markt- und branchenüblichen Bedingungen (z.B. unter Berücksichtigung des Abschreibungszeitraumes) durch dauerhaft sinkende Betriebsausgaben im Bundeshaushalt gewährleistet ist. Dabei dürfen Gesellschafterdarlehen oder sonstige Finanzierungen der Beteiligungsgesellschaften der Zustimmung des Aufsichtsrates der GEBB einschließlich des Vertreters des BMF auf der Basis eines Businessplanes für die jeweilige Beteiligungsgesellschaft. Die GEBB wird jederzeit Transparenz des Finanzstatus der mit Liegenschaften der Bundeswehr befassten Teil- oder Tochtergesellschaften herstellen und gewährleisten.

    f.
    Das Gesamtvolumen der aus Ziffer 7, Punkt 2, der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 zufließenden Mehreinnahmen wird ab 2003 auf 1,2 Milliarden DM jährlich begrenzt. Einlagen von Liegenschaften oder beweglichen Sachen in Beteiligungsgesellschaften werden auf diese Grenze nicht angerechnet, solange sie nicht verwertet werden.” (Ende des Wortlauts)

Natürlich unterstellt diese Vereinbarung, dass bei der Wahl 2002 nicht die grosse Wende kommt. Für den Fall wetten wir, dass sich an den Daten nichts grundlegendes ändert. Wer wettet mit?

{Sun Tsu sagt: “Hoffnung ist der Motor des Leerlaufes”}

 

“Jahresbericht 2000 zum Sachstand Rationalisierung”

In der nachfolgenden Darstellung zitieren wir aus dem Jahresbericht Rationalisierung die wichtigsten Textpassagen. Der Bericht ist vom “Sonderbeauftragten für Rationalisierung”, datiert 18. Mai 2000, 11 S..

Vorbemerkung”

“Seit 1994 wird das Programm zur Aufwandbegrenzung und Rationalisierung in der Bundeswehr umgesetzt ...
Die erste Phase von 1994 bis 1998 war gekennzeichnet durch Aufwandbegrenzung ... konzentrierte sich vornehmlich auf die Leistungsfelder der Logistik ...

In der folgenden Phase in den Jahren 1998 und 1999 wurden die Rationalisierungsaktivitäten zu einem abgestimmten Gesamtprogramm gebündelt ... Die Instrumente der Kosten- und Leistungsverantwortung, Market Testing, REFA-Methoden und flexiblere Formen der Haushaltsmittelbewirtschaftung werden schrittweise bei weiteren Aufgaben, Vorhaben/Projekten und Dienststellen angewandt ...

Mit dem Jahr 2000 ist die Rationalisierung in die dritte Phase eingetreten. Dabei sind die Arbeiten zur Festlegung von Kernfähigkeiten und durch die Streitkräfte vorzuhaltenden operativen Mindestkapaziäten abzuschliessen...

Umsetzung und Ergebnisse

Die ‘Kosten- und Leistungsverantwortung’ (KLV) wird gem. Weistung vom 7. Mai 1998 in der gesamten Bundewehr flächendeckend in allen dafür in Frage kommenden Dienstellen eingeführt. Bis 2004 sollen damit in mehr als 800 Projekten ca. 75 % aller Dienststellen und ca. 90 % des Personals der Bundeswehr in KLV eingebunden und damit alle aus heutiger Sicht KLV-würdigen Dienststellen erfasst werden. Bis Ende 1999 wurde KLV in rund 320 Projekten eingeführt. Damit werden bislang ca. 210 Mio DM p.a. Minderbedarf ab 2000 erzielt. Für 2000 sind weitere 121 Projekte geplant, die Dienststellen sind bereits festgelegt. 2001 ist die Einführung in weiteren 161 Projekten geplant. Für die Folgejahre bis 2004 liegen erst Grobplanungen vor...

Die Flexible Budgetierung (FB) wird bei allen Dienststellen der Streitkräfte angewandt ...
Mit dem Haushalt 2000 erfolgte eine Anpassung an das in der gesamten Bundesverwaltung geltende System der Flexibilisierung des Haushaltsvollzuges gemäss § 5 Haushaltsgesetz. Dies hatte aufgrund der haushaltsgesetzlichen Regelungen vorübergehend einen teilweisen Verlust der Deckungsfähigkeit des Investitionstitels zur Folge ...
In allen Auswertungen zur FB seit den Truppenversuchen wurde eine Effizienzsteigerung und ein wirtschaftlicher Umgang mit den knappen Haushaltsmitteln nachgewiesen. So tritt eine Entlastung des Gesamthaushaltes durch die Effizienzrendite 1998 von 3 % (rd. 6 Mio. DM), 1999 und 2000 von jeweils 4 % (10,3 und 24 Mio. DM) und ab 2001 von 5 % des Gesamtvolumens ein...

1995 hat die Bundeswehr begonnen, das Instrument Market Testing (MT) anzuwenden. MT dient der Optimierung des Gesamtbetriebes und Bewertung der Zweckmässigkeit von Outsourcing ...
Insgesamt wurden bislang ex¥mplarisch rund 70 z.T. komplexe Aufgaben als vergabefähig bewertet ...
Bisher wurde, bezogen auf 2004 in 84 MT-Projekten dauerhaft wirkendes Rationalisierungpotenzial von rd. 92 Mio. DM identifiziert, die Realisierung ist eingeleitet ...

Controlling leistet einen wesentlichen Beitrag zur Informationstransparenz und macht damit Entscheidungsprozesse nachvollziehbar ...
Für den Bereich der Leitung sind die erforderlichen Untersuchungen zur Zielsetzung und zum Umfang und Inhalt steuerungsrelevanter Controlling-Informationen eingeleitet und werden noch in diesem Jahr so abgeschlossen, dass mit der Einrichtung eines strategischen Controllings auf Leitungsebene begonnen werden kann ...

(Im Abschnitt “Verpflegungs- und Bekleidungswirtschaft wird detailliert nachgewiesen, dass durch verschiedenste Massnahmen rund 2000 Dienstposten eingespart werden konnten)

Wirkung im Zeitrahmen des Finanzplans

Alle genannten Aktivitäten dienen dazu, den Ressourceneinsatz für die benötigten Fähigkeiten zu minimieren. Insgesamt wurden, z.T. als Folge von Studien und Detailanalysen, bisher rund 1.300 Einzelmassnahmen zur Rationalisierung und Aufwandreduzierung eingeleitet. Bis 2000 wurden in den Ausgabenbereichen Materialerhaltung und -betrieb sowie Sonstiger Betrieb ein dauerhaft wirkender Minderbedarf von insgesamt 960 Mio. DM (ohne Personal) planerisch berücksichtigt.

Die zeitliche Entwicklung der zusätzlichen ab 2001 in der Planung berücksichtigten Rationalisierungswirkungen (ohne Personal) zeigt die folgende Grafik:
(die Grafik ist hier in eine Tabelle umgesetzt worden; der Minderbedarf ist aus Einmaleffekten (jeweils ca. 50 - 80 Mio. DM) und Einsparungen im Bereich “Sonstiger Betrieb” (Rest) zusammengesetzt; der Minderbedarf im Bereich Materialerhaltung und -betrieb ist kaum erwähnenswert; die “einmaligen Realisierungsausgaben” sinken von 2001/ca. 80 Mio. DM kontinuierlich ab auf ca. 30 Mio. DM in 2004):

2001

ca. 340 Mio. DM

2002

ca. 370 Mio. DM

2003

ca. 380 Mio. DM

2004

ca. 390 Mio. DM

Entwicklung der zustäzlichen ab 2001 in der Planung berücksichtigten Rationalisierungswirkungen

Darüber hinaus wurde bereits für die Folgejahre Rationalisierungspotential identifiziert, das noch näher untersucht und finanziell bewertet werden muss. Für alle Rationalisierungsmassnahmen ist grundsätzlich anzumerken, dass das neue erhebliche Rationalisierungspotenzial bei Personal kurzfristig nicht erschlossen werden kann, weil Möglichkeiten zur sozialverträglichen Personalsteuerung derzeit praktisch nicht mehr gegeben sind...
Die gesetzlichen  Möglichkeiten für eine vorzeitige Zurruhesetzung von zivilen Mitarbeitern werden Ende 2000 entfallen...
Ohne neue gesetzliche Regelungen wird sich der weitere Abbau von Zivilpersonal und letztlich auch von Soldaten mittelfristig nur sehr langsam realisieren lassen ...

Zusammenfassende Bewertung

... Einsparmöglichkeiten können erst nach Vorliegen der Industrieangebote bewertet werden. Eine rasche Erschliessung des Potenzials wird in den meisten Fällen von einer Lösung der Personalproblematik abhängig sein...
Neu erschlossenes Rationalisierungspotenzial im Personalbereich kann kurzfristig nicht realisiert werden, weil Möglichkeiten zur sozialverträglichen Personalsteuerung derzeit praktisch nicht mehr gegeben sind.

Pauschal gilt unverändert die Aussage, dass Auswirkungen der z.T. erheblichen Haushaltsmittelkürzungen in der Vergangenheit im Einzelplan 14 gemildert werden konnten, weil Massnahmen der Rationalisierung und das Instrument der Kosten- und Leistungsverantwortung wirksam wurden. Eine Steigerung des Anteils investiver Ausgaben im Einzelplan 14 konnte gleichwohl in dem erhofften Umfang nicht erreicht werden, weil z.B. dringender Verstärkungsbedarf für Materialerhaltungsmassnahmen auch als Folge verstärkter internationaler Hilfsmassnahmen zu Lasten der investiven Ausgaben gedeckt, sowie Lohn- und Preissteigerungen erwirtschaftet werden mussten, so dass der erzielte Spielraum für Investitionen wieder verloren ging.

Um eine Investitionsquote von 30 % zu erreichen, muss weiteres Rationalisierungspotenzial in beträchtlicher Höhe erschlossen werden. Unter den heutigen Rahmenbedingungen kann mit den bisherigen, konventionellen Rationalisierungsansätzen grundsätzlich weiterer Minderbedarf identifiziert werden, z. B. durch die
- breite Einführung der KLV,
- Intensivierung des 1995 begonnen MT und
- organisationsbereichsübergreifende Aufgabenwahrnehmung.
Diese Massnahmen alleine werden jedoch nicht ausreichen, den investiven Anteil am Verteidigungshaushalt von derzeit 24,85 % wesentlich zu erhöhen ...
{ ... gut gemacht, aber was lehrt uns das?}

 

Der “Zeit- und Arbeitsplan” des BMVg für die Reform der Bundeswehr
(lt. “Weisung zur Ausplanung der Streitkräfte der Zukunft” des General-Inspekteurs Harald Kujat , Anfang August 2000, Anlage 3)

  1. Aufzeigen finanzieller Konsequenzen und des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs für die Besoldungsverbesserung

    (
    Termin:) 1.8.2000  (Federführung:) Fü S I
     
  2. Erstellen eines Katalogs über den Handlungs- und Entscheidungsbedarf für die Neugestaltung des Wehrdienstes

    14.8.2000  FüS I
     
  3. Begründung der Besoldungsverbesserungen an PSZ V (Abt. Personalwesen ...)

    25.8.2000  FüS I
     
  4. Erstellen militärischer Forderungen an PSZ v zur Abfederung strukturbedingter Personalmassnahmen

    25.8.2000  Fü S I
     
  5. Analysieren der Auswirkungen der neuen Laufbahngruppen auf die Ausbildung

    31.8.2000  Fü S I
     
  6. Prüfen der Wahrnehmung der Militärmusik als streitkräftegemeinsame Aufgabe

    31.8.2000  Fü S I
     
  7. Erstes, vorläufiges Aufteilen der Personalumfänge auf die milit. Organisationsbereiche

    31.8.2000  Fü S IV
     
  8. Vorläufiges Aufteilen des Verteidigungsumfangs ca. 500.000 auf die OrgBereiche

    31.8.2000  Fü S IV
     
  9. Ableiten des benötigten Umfangs der Sanitätstruppen usw. als Basis für eine erste vorläufige Festlegung des Umfangs des Zentralen Sanitätsdienstes BW (ZSanDstBw)

    31.8.2000  InSan (Inspekteur des Sanitätswesens)
     
  10. Erarbeiten konzeptioneller Grundvorstellungen als Grundlage für eine erste vorläufige Festlegung des Umfangs der Streitkräftebasis (SKB)

    31.8.2000  Fü S IV
     
  11. Erarbeiten eines Vorschlags zu gleichen geographischen Verantwortungsbereichen der Territorialen Wehr-Organisation (TerrWehrOrg), der regionalen Sanitätsorganisation und der Territorialen Wehrverwaltung

    31.8.2000  Fü S IV
     
  12. Erstellen einer ersten Priorisierung von Rüstungsvorhaben

    31.8.2000  Fü S VI
     
  13. Erstellen eines Material- und Ausrüstungskonzeptes einschließlich Mengengerüste

    ohne Termin, wahrscheinlich aber 31.8.2000  Fü S VI
     
  14. Erstellen eines Katalogs über den Handlungs- und Entscheidungsbedarf für die Einführung der neuen Feldwebel- und Fachunteroffizierlaufbahngruppen sowie für die Modifizierung der Laufbahngruppe der Mannschaften

    14.9.2000  Fü S I
     
  15. Grobes Abschätzen Abschätzen der Personalumfänge der Uniformträgerbereiche

    30.9.2000  Fü S I
     
  16. Erarbeiten eines Grobkonzepts für die neue Konzeption der Reservisten

    30.9.2000  Fü S IV
     
  17. Ausplanen der Grobstrukturen des Heeres

    30.9.2000  Fü H  (Führungsstab Heer)
     
  18. Ausplanen der Grobstrukturen der Luftwaffe

    30.9.2000  Fü L
     
  19. Ausplanen der Grobstrukturen der Marine

    30.9.2000  Fü M
     
  20. Erarbeiten einer Grobausplanung des ZSanDstBw

    30.9.2000   InSan
     
  21. Erarbeiten einer Grobausplanung der SKB

    30.9.2000  Fü S IV
     
  22. Prüfen der Zusammenfassung der Personalführung der Unteroffiziere und Manschaften des Sanitätsdienstes

    30.9.2000  InSan
     
  23. Überprüfen der Rolle und Aufgaben des 1. D/NL-Korps mit den Niederlanden

    30.9.2000   Fü H
     
  24. Überprüfen der 166 Kleinststandorte

    30.9.2000  Fü S IV
     
  25. Aufstellen Führungsstab SKB mit Übergangsstruktur

    ab 1.10.2000  Fü S IV
     
  26. Feinausplanen der Personalumfänge der Uniformträgerbereiche

    31.10.2000  Fü S I
     
  27. Aufteilen der feinausgeplanten Personalumfänge der Uniformträgerbereiche auf die künftigen OrgBereiche und Festlegen der ausplanbaren Dienstposten für deren Binnenstrukturen

    30.11.2000  Fü S IV
     
  28. Prüfen, ob und wie die Personalführung der Feldwebel, der Unteroffiziere und ggf. längerdienender Mannschaften zusammenfasst werden sollen

    31.12.2000  Fü S IV
     
  29. Erarbeiten des Entwurfs für das Personal-Stärke-Modell 2000 (PSM 2000)

    31.12.2000 Fü S I
     
  30. Aufteilen des Umfangs Zivilpersonal Streitkräfte auf die militärischen OrgBer

    31.12.2000  Fü S I
     
  31. Schaffen der Voraussetzungen zur Laufbahnöffnung für Frauen

    31.12.2000 Fü S I
     
  32. Erarbeiten von konzeptionellen Vorstelungen für die Kooperation mit der Wirtschaft

    31.12.2000  Fü S I
     
  33. Prüfen des Fortbestandes der Flotille der Marineführungsdienste

    31.12.2000  Fü M
     
  34. Erstellen eines Grobentwurfs für die Stationierungsplanung

    31.12.2000  Fü S IV


    (für die Darstellung der restlichen 27 Punkte ab 1.1.2001 bis 31.12.2005 nehmen wir uns noch einige Tage Zeit - sorry)

 

Minister-Weisung zur Ausplanung der Bundeswehr-Reform

Datum: 29. Juni 2000

Das Bundeskabinett hat am 14. Juni 2000 die Eckpfeiler der Neuausrichtung der Bundeswehr gebilligt. Streitkräfte und Wehrverwaltung werden von Grund auf erneuert und personell, strukturell und materiell auf die Aufgaben der kommenden 10 - 15 Jahre ausgerichtet.

Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses und meines Eckpfeilerpapiers vom 1. Juni 2000 ist die Ausplanung der neuen Bundeswehrstruktur unverzüglich einzuleiten. Der Arbeits- und Zeitplan ist so auszuformen, dass noch im Jahr 2001 mit ersten organisatorischen Massnahmen begonnen werden kann. Die Umstrukturierung ist im wesentlichen bis zu Jahr 2006 abzuschliessen.

Ich bitte die Staatssekretäre, in ihren Verantwortungsbereichen sicherzustellen, dass die Ausplanung zielbezogen und in enger Abstimmung erfolgt.

  1. Der Generalinspektur der Bundeswehr wird beauftragt, in einem ersten Schritt eine Grobausplanung der Streitkräfte zu erarbeiten.
    Hierfür gelten folgende ergänzende Vorgaben:
    - auf der Grundlage der im Bundeskabinett am 14. Juni gebilligten Personalumfänge, der Neuordnung des Grundwehrdienstes und der Reform der Unteroffizier- und Mannschaftslaufbahn ist ein Entwurf für ein neues Personalstrukturmodell sowie eine neue Reservistenkonzeption zu erarbeiten.
    - die planerischen Voraussetzungen für eine schrittweise Rückführung der Dienstposten für Grundwehrdienstleistende auf 77.000 ab dem 1. Januar 2002 sind zu schaffen;
    - das aus dem verfassungsmässigen Auftrag, den geänderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen, der im Frühjahr 1999 verabschiedeten Defence Capabilities Initiative und dem European Headline Goal vom Dezember 1999 abegeleiteten Fähigkeitsprofil gibt die Prioritäten für eine umfassende Modernisierung der Ausrüstung der Bundeswehr vor. Auf dieser Grundlage und nach den Entscheidungen des Kabinetts zum Haushalt 2001 und zum 34. Finanzplan ist die Material- und Ausrüstungsplanung zu überarbeiten;
    - Führungsorganisation und Führungsstrukturen der Teilstreitkräfte/ militärischen Organisationsbereiche sind an den Kriterien Bündnis- und Europa-Kompatibilität, Einheit der Führung, Flexibilität sowie Straffung der Führungsebenen auszurichten;
    - die Zusammenfassung querschnittlicher Unterstützungsaufgaben in einem neu zu bildenden militärischen Organisationsbereich “Streitkräftebasis” ist konsequent auszuplanen. Dazu gehört auch die Übernahme der Aufgaben und Kräfte der Territorialen Wehrorganisation (im Einzelnen siehe Anlage 2, Ziffer 2);
    - im Vorgriff auf die Restrukturierung des BMVg ist für den Inspekteur der Streitkräftebasis ab 1. Oktober 2000 ein eigener Führungsstab einzurichten.

    Die Ergebnisse, einschliesslich eines Zeit- und Arbeitsplanes für den schrittweisen Prozess der Umstrukturierung, bitte ich bis zum 30. September 2000 zur Entscheidung vorzulegen. Parallel dazu erfolgt die Feinausplanung der Streitkräfte durch die Inspekteure, so dass mit ersten Massnahmen ab April 2001 begonnen werden kann.
     
  2. Die Grobausplanung der Territorialen Wehrverwaltung und des Rüstungsbereichs ist unverzüglich und in enger Abstimmung mit der Ausplanung der Streitkräfte durch Hauptabteilungsleiter Rüstung und Abteilungsleiter Wehrverwaltung einzuleiten. Die Ergebnisse und Vorschläge bitte ich bis zum 30. September 2000 vorzulegen.
     
  3. Priorität hat die Umstrukturierung der nachgeordneten Organisationsbereiche. Die Anpassung der Organisation des Ministeriums erfolgt in einem späteren Schritt, soweit sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Restrukturierung der nachtgeordneten Bereiche steht.
    Hierzu legt Leiter OrgStab bis zum 30. September 2000 abgestimmte Vorschläge vor:
    - für die Zusammenfassung der Zuständigkeiten für die Nachwuchswerbung und Nachwuchsgewinnung sowie die Ausbildungszusammenarbeit mit der Industrie unter einem Beauftragten ab dem 1. Januar 2001,
    - für ein einheitliches, durchgängiges Controlling-System ab dem 1. Januar 2001,
    - für die Einrichtung eines Rüstungsrats,
    - für die Anpassung der Führungsweisung vom 14. Juli 1995.

Der Arbeitsstab des IT-Direktors ist bis zum 1. August 2000 einzurichten. Er ist Staatssekretär Dr. Stützle für die Wahrnehmung seiner zentralen Zuständigkeiten für die Ermittlung und Bereitstellung des Bedarfs an Informationstechnik für die Bundeswehr unmittelbar zugeordnet.

Der Zielumfang der militärischen und zivilen Dienstposten des Ministeriums darf im Ergebnis nicht überschritten werden. Ein im Zuge der Umgliederung notwendiger Aufwuchs des militärischen Dienstpostenumfangs im Ministerium ist zu kompensieren.

Anlage 1

Vorgaben zum Personal

1. Personalumfänge Soldaten

Ausgehend von einem Präsenzumfang von 255.000 Soldaten ist die Feinausplanung so abzuschliessen, das mit der Umstrukturierung zum 1. April 2001 begonnen werden kann.
Dazu ist bis zum 31. Dezember 2000 in einem Zeit- und Massnahmeplan darzustellen, wie eine auf Dauer ausgewogene Altersstruktur herzustellen ist.
Für die Uniformträgerbereiche gelten folgende Richtwerte:

Personal-Kategorie

Heer

Luftwaffe

Marine

Berufs-/Zeitsoldaten

112.000

47.000

19.000

Freiwillig WDL (23 Monate)

21.000

3.200

2.800

 Grund WDL, 9 Monate
GWDL 6 Mon. + Übung

17.700
21.300

6.300
3.500

1.000
200

WehrDienstLeistende zus.

60.000

13.000

4.000

Präsenzumfang

172.000

60.000

23.000


Für die zusätzlichen 22.000 Dienstposten für die Laufbahn-/Funktionsausbildung sowie die zivilberufliche Qualifizierung gilt folgende vorläufige Dienstposten-Verteilung auf die Uniformträgerbereiche:

Heer: 12.000      Luftwaffe: 7.000       Marine: 3.000

Die endgültige Verteilung der Präsenzumfänge sowie der Berufsförderungsdienst-/ Soldaten-Dienstposten auf die militärischen Organisationsbereiche erfolgt nach dem Ergebnis der Feinausplanung.

Über diese Umfänge hinausgehender Bedarf an BFD-/S-DP ist aus den Präsenzumfängen der Teilstreitkräfte/Mil. OrganisationsBereich abzudecken.

2. Zivilpersonal

Der anzustrebende Zielumfang von bis zu 90.000 Dienstposten für Streitkräfte, Territoriale Wehrverwaltung und Rüstungsbereich ist in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Feinausplanung sowie von der normalen und Altersfluktuation mittel- und langfristig zu realisieren. Bis zum 30. September ist eine Grobschätzung dieses Prozesses einschliesslich eines Vorschlages für erforderliche flankierende tarifliche und gesetzliche Regelungen zu erarbeiten. Die für eine gesunde Altersstruktur jährlich erforderlichen Neueinstellungen sind zu berücksichtigen.

3. Besoldungsverbesserungen

Bis 1. April 2001 sind die Voraussetzungen zur Verbesserung der Besoldung in den Bereichen Einstiegsbesoldung nach A 3 sowie Dotierung aller Dienstposten für Einheitsführer mindestens nach A 12 zu schaffen. Die finanziellen Konsequenzen und der gesetzgeberische Handlungsbedarf sind alsbald aufzuzeigen.

4. Abbau des Verwendungs- und Beförderungsstaus

Bis 1. April 2001 ist ein Konzept einschliesslich notwendiger gesetzgeberischer Massnahmen so zu entwickeln, dass der Verwendungsstau innerhalb von 2 Jahren möglichst vollständig behoben werden kann.

5. Neuordnung der Unteroffizier- und Mannschaftslaufbahn

Bis 1. April 2001 ist ein Konzept für die Einführung einer Feldwebel- sowie Fachunteroffizierslaufbahn ab Mitte 2001 vorzulegen. Die Auswirkungen auf Ausbildungsorganisation und Finanzbedarf sind dazustellen.

6. Neuordnung des Grundwehrdienstes

Bis 31. Dezember 2000 ist ein Konzept für die Neugestaltung des Grundwehrdienstes mit einer gesetzlichen Wehrdienstdauer von 9 Monaten zum 1. Januar 2002 mit folgenden Möglichkeiten der Ableistung vorzulegen:

  • in einem Wehrdienstabschnitt zu 6 Monaten und mindestens 2 später folgenden Abschnitten;
  • an einem Stück, heimat- bzw. berufsnah, mit erhöhtem Wehrsold ab dem 7. Dienstmonat und erhöhtem Entlassungsgeld;
  • darüber hinaus freiwillig zusätzlich bis zu 23 Monaten mit stufenweiser Erhöhung des Wehrsold ab dem 7. Dienstmonat;

Die organisatorischen Massnahmen und finanziellen Auswirkungen sind darzustellen.

7. Organisation der Personalführung

Die zersplitterten Zuständigkeiten für Nachwuchsgewinnung, Nachwuchswerbung, berufliche Qualifizierung, Wehrersatzwesen, Berufsförderungsdienst und Personalbearbeitung werden zusammengefasst. Ministerielle Aufgaben werden von der Abteilung PSZ, querschnittliche Aufgaben durch das Personalamt der Bundeswehr wahrgenommen. Bis 31. Dezember 2000 ist zu prüfen, ob und ggf. wie die Aufgaben der Stammdienststellen der Teilstreitkräfte zusammenzufassen sind.

Anlage 2

Vorgaben zur Organisation

1. Streitkräfte

  • Die Streitkräfte gliedern sich in die fünf militärischen Organisationsbereiche Herr, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst der Bundeswehr und Streitkräftebasis.
  • Sie werden von jeweils einem eigenständigen Führungsstab im Ministerium geführt.
  • Die Führung der Teilstreitkräfte unterhalb des Ministeriums erfolgt durch jeweils einen Kommando- und einen Amtsbereich; die Unterstützungskommandos werden aufgelöst.
  • Das Einsatzkommando der Streitkräfte wird truppendienstlich der Streitkräftebasis unterstellt.
  • Die Führungskommandos der Teilstreitkräfte sind befähigt, kleinere, TSK-spezifische Einsätze zu führen

2. Heer

  • Die Nationalen Territorialen Aufgaben werden künftig durch die Streitdräftebasis wahrgenommen; die Fusion der Divisions- und Wehrbereichskommandos wird aufgehoben.
  • Das Heer bleibt weiterhin wesentlicher Träger der Reservistenausbildung; Aufgabenteilung und gegenseitige Unterstützung sind zwischen Heer und Streitkräftebasis abzustimmen.
  • Die Divisionen werden truppendienstlich durch das Heeresführungskommando  geführt.
  • Das II. Korps wird zu einem operativen Planungs- und Führungsstab umgegliedert und zur Wahrnehmuing von Aufgaben eines Force Headquarters zur Führung von Petersburg-Operationen befähigt.
  • Das IV. Korps wird zur Aufstellung des Einsatzführungskommandos der Streitkräfte herangezogen.
  • Rolle und Aufgaben des 1. D/NL-Korps sind in Abstimmung mit NL zu überprüfen.
  • Die Einsatzkräfte gliedern sich in mindestens fünf Divisionen, davon eine leichte Division.

3. Luftwaffe

  • Die Luftwaffendivisionen werden truppendienstlich durch das Luftwaffenführungskommando geführt.
  • Die Luftwaffenkommandos Nord und Süd werden aufgelöst.
  • Das Luftwaffenführungsdienstkommando wird aufgelöst.
  • Dem “Director Raction Force Air Staff” wird ein nationaler Anteil als Nukleus zur Bildung eines nationalen “Kommandos Operative Führung Luftstreitkräfte” zugeordnet.

4. Marine

  • Die Einsatzkräfte der Marine werden weiterhin in Typ-Flottillen zusammengefasst.
  • Die Marineabschnittkommandos werden aufgelöst.
  • Der Fortbestand der Flottillle der Marineführungsdienste ist zu prüfen.

5. Sanitätsdienst

  • Die Sanitätstruppen mit Ausnahme der Marineeinsatzrettungszentren sowie die Kräfte und Einrichtungen der sanitätsdienstlichen Unterstützung des Dauerbetriebs der Streitkräfte werden im Sanitätsdienst der Bundeswehr zusammengefasst.
  • Die truppendientliche, fachliche und fachdienstliche Führung erfolgt durch das Sanitätsführungskommando mit vier nachgeordneten regionalen Sanitätskommandos.
  • Die Sanitätsakademie der Bundwehr ist zur Wahrung der Amtsaufgaben dieses Bereiches umzugliedern.

6. Streitkräftebasis

  • Alle Kräfte der querschnittlichen Unterstützung, die territoriale Wehrorganisation und die Kraftfahrgrundausbildung sind in der Streitkräftebasis zusammenzufassen.
  • Die Aufgaben des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und des Inspekteurs der Zentralen Militärischen Dienststellen der Bundeswehr werden ab 1. Oktober 2000 getrennt. Zum gleichen Zeitpunkt gehen die Zentralen Militärischen Dienststellen der Bw in der Streitkräftebasis auf und werden dem neu geschaffenen Inspekteur Streitkräftebasis unterstellt.
  • Die Materialverantwortung für nicht waffensystemspezifisches Gerät, das in mehr als einem MilOrgBer genutzt wird, geht grundsätzlich auf den Inspekteur Streitkräftebasis über.
  • Als Führungskommando der Streitkräftebasis ist das Streitkräfteunterstützungskommando ab dem 1. April 2000 aufzustellen.
  • Der Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos nimmt gleichzeitig die Aufgaben des Nationalen Territorialen Befehlshabers wahr; er führt die ihm unterstellten Kräfte und Einrichtungen der Streitkräftebasis grundsätzlich durch vier Regionalkommandos der Territorialen Wehrorganisation.

7. Wehrverwaltung

  • Die Territoriale Wehrverwaltung gliedert sich unterhalb des Ministeriums in das Bundesamt für Wehrverwaltung, vier Wehrbereichsverwaltungen sowie Ortsdienststellen, deren Anzahl und Standorte auf ihre Unterstützungsaufgaben für die Streitkräfte ausgerichtet werden.
  • Wo immer sinnvoll, sind Verwaltungsaufgaben in Dienstleistungszentren zusammenzufassen.

8. Rüstungsbereich

  • Die Bedarfsdeckung orientiert sich an den künftigen Aufgaben und Fähigkeiten der Steitkräfte. Streitkräftegemeinsame Lösungen haben Vorrang vor anderen, Systembeschaffung hat Vorrang vor Komponentenauswahl. Vorhaben sind durch integrierte Teams aus Bedarfsträgern und Bedarfsdeckern zu realisieren. Aufgaben und Zuordnung der entsprechenden Elemente der bisherigen Unterstützungskommandos sowie Aufgaben und Organisation des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung und der Dienststellen des Geschäftsbereichs sind mit diesem Ziel zu überprüfen.
  • Der Erfahrung mit dem neuen Entstehungsgang Bundeswehrmaterial (EBMat) und die Kooperation mit der GEBB (Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb) sind zu berücksichtigen.
  • Als Teil des Leitungscontrolling wird ein Rüstungscontrolling eingerichtet.

9. Allgemeine Grundsätze

  • Die Territoriale Wehrorganisation, die regionale Sanitätsorganisation und die Territoriale Wehrverwaltung haben zukünftig gleiche geografische Verantwortungsbereiche.
  • Die Koordination aller Stationierungsfragen und die Abstimmung mit den Länderregierungen erfolgt durch die Leitung.

 

Das sog. “Grünbuch”: Erläuterungen der Haushaltsabteilung des BMVg zum Haushalt 2001

1. Teil, Seiten 1 - 5 (6 - 12 folgen)

“Bundesministerium der Verteidigung, Bonn, 27. September 2000

Vorschläge zur Änderung des Regierungsentwurfs des Verteidigungshaushalts 2001

- Erläuterungen zur Plus-Minusliste -

1. Übersicht über den Regierungsentwurf des Verteidigungshaushalts 2001

1.1 Vorbemerkung

Der Regierungsentwurf des Verteidigungshaushalts 2001 hat einen Gesamtumfang von 46,802 Mrd. DM. Er steigt damit gegenüber

> dem Soll 2000 um rund 1,5 Mrd. DM oder 3,2 %,

> dem Ansatz 2001 im 33. Finanzplan um rund 2,0 Mrd. DM oder 4,5 %.

Sein Anteil am Entwurf des Bundeshaushalts beträgt 9,8 % - gegenüber 9,5 % in 2000. Grund für den Aufwuchs des Einzelplans 14/2001 gegenüber dem Haushaltsjahr 2000 ist die Umsetzung der bisher im Einzelplan 60 ausgewiesenen Mittel für die Beteiligung der Bundeswehr im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa in Höhe von 2 Mrd. DM. Es handelt sich insoweit um einen nominellen Aufwuchs, der allerdings Planungssicherheit für die Bundeswehr schafft, die in der mittelfristigen Finanzplanung und für die Dauer des Einsatzes in Südosteuropa fest mit den umgesetzten Mitteln rechnen kann.

Die anstehenden tiefgreifenden Strukturänderungen der Bundeswehr zur „Erneuerung von Grund auf“ erfordern zusätzlichen finanziellen Spielraum. Hierzu haben das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesministerium der Finanzen eine Ressort-Vereinbarung abgeschlossen, die der Bundeswehr zusätzliche Investitionsspielräume eröffnet. Sie enthält folgende wesentlichen Elemente:

  1. Effizienzgewinne durch höhere Wirtschaftlichkeit z.B. aus der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft verbleiben zu 100 % im Einzelplan 14.
     
  2. Wo sich ein quantifizierbarer Nutzen ergibt, wird die Bundeswehr künftig handelsüblich beschaffen und wirtschaftsüblich finanzieren - also beispielsweise Gegenstände leasen statt kaufen oder Leistungen im Rahmen von Betreiber-Modellen in Anspruch nehmen. Die dadurch erwirtschafteten Haushaltsmittel verbleiben ebenfalls dem Verteidigungshaushalt in voller Höhe und können vor allem für Investitionen eingesetzt werden.
     
  3. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, aus dem Verkauf von Grundstücken oder aus der Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen der Bundeswehr kommen dem Verteidigungshaushalt zu 80 % zugute - im Haushaltsjahr 2001 ist diese Verstärkung des Einzelplans 14 auf bis zu 1 Mrd. DM, im Folgejahr auf bis zu 1,2 Mrd. DM begrenzt.

Der daraus folgende zusätzliche finanzielle Freiraum dient zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Streitkräfte und einer höheren Effizienz und deutlichen Senkung der Betriebskosten und ermöglicht es, in vielen Bereichen zunächst in modernes und neues Gerät zu investieren.

Darüber hinaus ist seit dem 1. September 2000 die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (GEBB) mit dem Ziel tätig, wirtschaftlichere Bedarfsdeckungsformen zu erschließen, die insgesamt kostendämpfend wirken und ebenfalls finanzielle Spielräume für die Deckung dringenden, vor allem investiven Bedarfs eröffnen sollen. Dem gleichen Ziel dienen die Pilotprojekte zur Kooperation mit der Wirtschaft auf der Basis des Rahmenvertrages „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ vom 15. Dezember 2000.

In dem Umfang, in dem die vorgenannten Maßnahmen greifen, wird die Investitionsquote des Verteidigungshaushalts bereits im Haushaltsjahr 2001 ansteigen.

Wegen des engen Zeitrahmens bis zur Entscheidung im Kabinett konnte der Regierungsentwurf noch nicht alle erforderlichen Änderungen berücksichtigen. Im Sinne der Ressortvereinbarung wurden lediglich die Haushaltsvermerke über die Verwendung von Mehreinnahmen aufgenommen und die vormals im Einzelplan 60 ausgebrachten Ausgaben für die Einsätze in Südosteuropa in die neue Titelgruppe 08 in Kapitel 1403 umgesetzt. Die darüber hinaus erforderlichen Anpassungen werden als Beschlussvorschlag der Bundesregierung („Plus-/Minusliste“) in die parlamentarischen Beratungen eingebracht.

Diese Vorschläge sehen folgende wesentliche Veränderungen im Einzelplan 14 vor:

Die Ausgaben für das zivile wie das militärische Personal folgen den Vorgaben der Kabinettentscheidung vom 14. Juni 2000 zu den Eckpfeilern der konzeptionellen und planerischen Neu-Ausrichtung der Bundeswehr.

Bei den Soldaten sind die aktuellen Stärkeprognosen berücksichtigt. Veranschlagt sind

  • 190.000 Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit - dies entspricht in etwa der Ist-Besetzung des letzten Haushaltsjahres, liegt allerdings um über 2.500 Stellen unter der ursprünglichen Planung für das nächste Jahr;
     
  • 118.400 Grundwehrdienstleistende / freiwillig zusätzlichen Wehrdienstleistende sowie
     
  • 1.800 Wehrübungsplätze.

Die voraussichtliche Zahl der Wehrpflichtigen liegt um rund 10.000 unter der ursprünglichen Planung für 2001. Die schrittweise Rückführung auf 80.000 Wehrdienstleistende wird damit bereits im Jahr 2001 begonnen.

Die geplanten und insbesondere von Gesetzgebungsmaßnahmen abhängigen Besoldungs- und Strukturverbesserungen im militärischen Bereich sind bisher finanziell nicht eingeplant worden. Mehrkosten müssen - soweit sie bereits 2001 haushaltswirksam werden -im Rahmen des Haushaltsvollzugs in den übrigen Ausgabenbereichen erwirtschaftet werden.

Beim Zivilpersonal entsprechen die Ansätze einer voraussichtlichen Ist-Besetzung von 119.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Stand 31.12.2000. Dem stand eine Ist-Besetzung von rund 122.400 Personen am 31.12.1999 gegenüber. Bei einer Fluktuation von rund 2.700 im Laufe des Jahres 2001 (wie 1999 und voraussichtlich 2000) können die Auswirkungen der Lohnrunden 2000/2001 teilweise erwirtschaftet werden.

Mit der höheren Dotierung der gesamten Personalausgaben wird das Risiko begrenzt, im Haushaltsvollzug 2001 einen Mehrbedarf zu Lasten der investiven Ausgaben erwirtschaften zu müssen.

Der verteidigungsinvestive Anteil am Gesamtplafond würde gegenüber geplanten 24,9 % in 2000 auf nominal 24,0 % in 2001 sinken, sofern keine Effizienzgewinne oder Mehreinnahmen aus der Verwertung von Liegenschaften und Material eintreten. Unter Berücksichtigung dieser Verstärkungsmöglichkeiten bis zu 1 Mrd. DM kann er im Haushaltsvollzug jedoch auf deutlich über 25 % aufwachsen.

1.2 Die wichtigsten Daten zum Haushalt 2000/2001 auf einen Blick

 

- in Mrd. DM -

 

Soll 2000

Entwurf
2001 *)

Vorschlag
Veränderung

Bundeshaushalt

478,8

478,7

 

Veränderung

 

=0,0 %

 

Verteidigungshaushalt
(Einzelplan 14)

45,3

46,8

 

Veränderung

 

= + 3,2 %

 

Anteil am
- Bundeshaushalt

9,5 %

9,8 %

 

- Bruttoinlandsprodukt

1,1 %

1,1 %

 

Anteil
- Betriebsausgaben

75,3 %

74,7 %

76,1 %

- verteidigungsinvestive Ausgaben

24,8 %

25,4 %

24,0 %

- besondere Finanzierungsausgaben
(Effizienzrendite)

0,1 %

0,1 %

0,1 %

*) ohne Berücksichtigung von Verstärkungsmöglichkeiten aus Effizienzgewinnen sowie Veräußerungserlösen

 

1.3 Schichtung nach Ausgabenbereichen

Nachfolgend werden die vorgeschlagenen Veränderungen der einzelnen Ausgabenbereiche im Entwurf des Verteidigungshaushaltes 2001 dem Haushaltssoll 2000 gegenübergestellt.

Schichtung Plus-/Minus-Liste Einzelplan 14/2001 im Vergleich zum Haushalt 2000
(in TDM)

                                             

 Ausgabenbereich

 Soll 2000

2001
Vorschlag Plus/Minus-
Liste

Anteil
am
Plafond
%

Veränderung
Vorschlag
Plus/Minus-Liste
gegenüber 2000

 I. Betriebsausgaben
 - Personalausgaben

 23.151.108

24.259.987

50,75

1.108.879

4,79 %

 - Materialerhaltung und -betrieb

4.175.527

4.378.934

9,16

203.407

4,87 %

 - Sonstige Betriebsausgaben

6.791.888

7.001.343

14,65

209.455

3,08 %

 Summe der Betriebsausgaben

34.118.523

35.640.264

74,56

1.521.741

4,46 %

 II. Verteidigungsinvestive Ausgaben
 - Forschung, Entwicklung und Erprobung

2.360.912

2.252.800

4,71 %

-108.112

-4,58%

 - Militärische Beschaffungen
Verstärkungsmöglichkeit gemäss
Ressortvereinbarung

6.913.402
 

6.840.327
1.000.000

14,31

- 73.075

-1,06%

 - Militärische Anlagen

1.601.500

1.688.531

3,53 %

87.031

5,43%

 - Sonstige Investitionen

388.663

430.428

0,9 %

41.765

10,75

Summe der verteidigungsinvestiven Ausgaben

11.264.477

12.212.086

25,55%

947.609

8,41%

 III. Effizienzrendite

    - 50.000

- 50.000

- 0,1%

0

0,0 %

 Summe Ausgaben
 abzüglich Verstärkungsmöglichkeit

45.333.000
 

47.802.350
-1.000.000

100 %

2.469.350

5.45%

Plafond (Soll) ohne Verstärkung

 

46.802.350

 

1.469.350

3,24%

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