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See-Transport

[LuftTransport] [SeeTransport]

(letztes Update: 7. November 2000)

Fragen des See-Transports sind in engem Verhältnis mit dem Lufttransport zu sehen. Der zweite wichtige Punkt sind die Anforderungen für die Herstellung der Einsatzbereitschaft. Beispielsweise will die EU 15 Brigaden in 60 Tagen einsatzfähig haben. Die NATO-Forderungen sind wesentlich höher: 21 Tage.
Die durch Studien untersuchten Szenare gehen davon aus, daß das Material der Hauptkräfte per See-Transport zugeführt und das militärische Personal per ziviler Luftcharter eingeflogen wird.

Die nachfolgende Darstellung beruht im wesentlichen auf der Darstellung der entsprechenden Fachvorträge zu den Themen auf der Tagung der “Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT)”, abgedruckt in dem “Kompendium der Vorträge über die Tagung vom 16. - 18. Mai 2000 in der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn” (erhältlich bei der DWT, Tel. 0228 766 82 82).

Die Experten des Bundesverteidigungsministeriums weisen zunächst auf die speziellen Bedingungen des militärischen Seetransports hin, die so nicht immer gegeben sein, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit kalkuliert werden müssen:

  • unzureichende Hafenstruktur (Behörden, Be/Entlade-Einrichtungen, Grösse),
  • militärische Bedrohungen in der Hafen-Region,
  • Abfuhr der Anlandungen,
  • inhomogenes Frachtgut, das zudem nach SicherheitsVorschriften (Munition) verschifft werden muss,
  • Zugriff grosser Nachfrage bei Krisen/Konflikten auf einen für die eigenen Bedürfnisse sehr eingeschränkten Angebotsmarkt (“Explosion” der Frachtraten).

Die folgende Tabelle zeigt den Angebotsmarkt sowie eine (eigene) Kurzklassifizierung der Eignung:

Struktur der Welthandelsflotte

Anteil an Welthandelsflotte

Eignung milit. See-Transport

Öltanker

38,4 %

nein

Massengut-Frachter

36,6 %

sehr beschränkt

Stückgut/RoRo-Schiffe

13,2 %

beschränkt

Container-Schiffe

7,8 %

teilweise beschränkt

Spezialschiffe

4 %

teilweise beschränkt

Zu den RoRo-Schiffen (roll on / roll off) heisst es:

“Der grosse Nachteil dieses Schiffsmusters besteht in seinem geringen Marktanteil und zudem eingeschränkter Verfügbarkeit, da er überwiegend im Liniendienst und Fährbetrieb eingebunden ist und nicht ohne längere Vorlaufzeiten verfügbar gemacht werden kann.”
Dies gilt auch für CarCarrier, deren Deckshöhe bei ca. 1,60 m liegt. Die PurCar/Truck Carrier wären für den Transport von Bw-Fahrzeugen geeignet; aber auch sie sind “im Regelfall durch Verträge langfristig gebunden und
stehen daher nur selten zur Verfügung”.

Fraglos muss ein gewisser Bestand an RoRo/LoLo-Schiffen (load on/load off) zur Verfügung stehen, denn es ist
1. nicht immer gesichert, dass Häfen landseitige Lade-Vorrichtungen haben und
2. ergeben sich bei der Anlandung von Streitkräfte-Material in Krisengebieten, die sich auf eine ganz geringe Anzahl von Häfen (im Kosovo derzeit 2) konzentrieren, ganz erhebliche Wartezeiten vor den landseitigen Lade-Vorrichtungen, die den Schiffs-Flow erheblich verzögern können.

Die folgende Tabelle zeigt die zu bewältigende Aufgabe:

Option

I

II

III

IVa

IVb

V

Auftrag

NATO-Ver- teidigung

Peace-En- forcement

Evaku- ierung

Peace- Keeping

Peace- Keeping

Humani- täre Hilfe

Luftentfernung (nm)

2000

3000

5000

5000

5000

4-6000

See-Entfernung (sm)

3800

5100

 

5400

9700

 

Material Vorauskräfte (to)

59.500

45.500

 

5500

5500

 

Material Hauptkräfte (to)

118.000

56.130

 

38.250

38.250

 

Mat. gesamt

177.400

101.700

800

43.800

43.800

13.500

Mat. lanemeter

88.650

48.630

 

27.790

27.790

 

Container

4270

3570

 

750

750

 

Zeitforderung (Tage)

21

21

2 - 3

14 - 21

14 - 21

1 - 3


 

Die Verlege-Szenare

Die von nachgeordneten Behörden des BMVg in Zusammenarbeit mit der IABG durchgeführten und abgestimmten Szenare waren u. a.

  • Szenar I: Verlegung einer Heeres-Division, entsprechenden Luftwaffen- und Marine-Anteilen über 2000 nautische Meilen.
    Auftrag: Verteidigung des NATO-Gebietes (Option I)
    Vorauskräfte: knapp 60.000 t, Hauptkräfte knapp 120.000 t (ohne Folge-Versorgung)
  • Szenar II: Verlegung zweier verstärkter Bataillone incl. Feldlazarett über 5000 Nm.
    Auftrag: UN-Peace-Keeping-Operation (Option IV)
    Vorauskräfte: 5.500 t, Hauptkräfte 38.250 t (ohne Folge-Versorgung).

Weitere Annahmen:

  1. Andere Bündnispartner treten nicht in grösserem Umfang am Markt auf.
  2. Die in den Berechnungen als verfügbar angenommenen Schiffe werden aus einem Pool von insgesamt 50 Schiffen entnommen (diese Bedingung ist ideal; wenn ein Nato-V-Fall oder EU-Einsatz einträte, würden mehrere NATO/EU-Staaten auf den Spot-Markt zugreifen).
  3. Im Durchschnitt wird ein Schiff pro 24 Studen im Löschhafen abgefertigt.
  4. 10 % des Materials beim Szenar I (rund 18.000 t) werden per Luft angelandet, beim Szenar II rund 2.500 t.

Ergebnisse des Szenars I:

Die Gesamtdauer der Verlegung beträgt 82 Tage - der Bedarf zur Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Flows beträgt 31 Schiffe.

Eine weitere Berechnung, bei der im Durchschnitt 2 Schiffe pro 24 h in einem Löschhafen abgefertigt wurden, reduzierte die Gesamtdauer der Verlegung auf 50 Tage, wobei für den kontinuierlichen Flow 54 Schiffe benötigt werden.

Ergebnisse des Szenars II:

Bei der Berechnung mit 5400 Nm (Gleichsetzung Luftlinie gleich Seelinie) beträgt die Verlegedauer 41 Tage bei einem kontinuierlichen Flow von 21 Schiffe.

 

ETrUS:  MZS 707 oder Ro/Ro?

Bisher hatte es den Anschein, dass die militärische Führung der Bundesmarine drei sog. Einsatztruppenunterstützungsschiffe (ETrUS) nach dem Entwurf der Marinetechnik GmbH (MTG) von 1995 favorisiert: das “Mehrzweckschiff Klasse 707” (MZS Kl. 707). Es hat folgende Leistungsmerkmale:

  • Einsatzverdrängung: 19.200 t
  • Geschwindigkeit: 20 kn
  • Reichweite: 7.500 sm bei 15 kn
  • Besatzung: 188
  • zwei Hubschrauber-Landeplätze + Hangar für 4 - 6 NH 90 (Fly-on/Fly-off)
  • 2 oder 4 Landungsfahrzeuge (amphibische, Docklandungskapazität, Float-on/Float-off)
  • Fahrzeug-Staufläche: 3.100 m2

Nicht unter dem Stichwort “strategische Verlegefähigkeit”, sondern “Strategische Mobilität” soll das MZS 707, so wörtlich, “simultane und sequentielle Multifunktionalität” besitzen:

  • Transportkapazität für ein Kontingent in Bataillions-Grösse (ca. 650 Pers., 60 -70 Fahrzeuge) incl. amphibische Anlandung
  • Führungsfähigkeit für Aufgaben eines (Joint) Stabes
  • Schiffslazarett mit 10 Intensiv-Pflege-Betten, 2 OP’s, Zahnstation, Labor, mit Erweiterungsoption auf 200 Pflegebetten

Die Preis-Kategorie dürfte bei 400+ Mio. DM liegen.

Rotterdam-Klasse?

Aufgrund unseres Gesprächs mit General-Inspekteur Harald Kujat am 5. 10. 2000 in Berlin haben wir erfahren, dass er die Richtung “Rotterdam-Klasse” bevorzugt, allerdings mit von ihm nicht näher spezifizierten Änderungen. Die Niederländer besitzen bereits ein Schiff dieses Typs; es hat rund 400 Mio. Gulden gekostet. Das zweite Schiff soll knapp 100 t mehr Lade-Kapazität und ein zusätzliches Deck bekommen, dafür jedoch ein Landungsboot weniger. Daten der “Rotterdam” (nach MTG):

  • Einsatz-Verdrängung: 12.750 t
  • Geschwindigkeit: 19 kn
  • Reichweite: 6.000 sm bei 12 kn
  • Besatzung: 124
  • Logistik-Ladung: 925 m3
  • Fahrzeug-Stau-Fläche: 1.500 m2
  • 2 Helo-Spots, max. 6 NH-90

Alternative zum MZS 707: RoRo?

Bei einer ganz auf die Aufgabenstellung konzentrierten Betrachtung (nach der neuen CPM 2001 “Systemfähigkeitsforderung” - sie liegt für das Projekt ETRuS inzwischen vor) müsste man sehr spezielle RoRo-Schiffe für schwere und sperrige Militärfahrzeuge fordern. Während für Container und Stückgut genügend zivile Charter-Kapazität anzunehmen ist, dürfte das verfügbare zivile Charter-Volumen für den Transport von Panzern und beispielsweise dem Erdbohrgerät B3A mit einer Höhe von 4 m als verschwindend gering angesehen werden müssen. Dafür kämen evtl. “PureCar/Truck Carrier” in Frage, die aber, wie bereits erwähnt, nur in sehr geringer Anzahl vorhanden und durch Verträge langfristig gebunden sind.

In der SeeTransport-Studie des BMVg wird der Material-Umfang - gemessen in lanemetern (“Gassen”länge mit einer Spurbreite von 3m plus Zwischenraum für Verzurrung, i.e. Kolonnenlänge der zu befördernden Fahrzeuge)
mit
88.650 lanemetern angegeben. Da RoRo-Schiffe durchschnittlich über 1800 - 2400 lanemeter verfügen, wird die zu bewältigende Aufgabe deutlich. Anhand der dem BMVg vorliegen Einzeldaten dürfte es möglich sein, den Materialumfang des spezifischen Militär-Geräts in lanemetern zu ermitteln und den Bedarf an “militärischen RoRo-Schiffen” zu beziffern.

Dieser zu konzipierende Schiffstyp sollten folgende Kriterien erfüllen:

  • Hohe Geschwindigkeit (mehr als 22 kn);
  • maximale lanemeter-Kapazität;
  • optimierte Deckshöhen-Auslegung;
  • Auslegung der Roll-Strassen für max. Belastung (70 t bei Leopard-II-Transport);
  • optimale Rampen-Konfiguration
  • evtl. Raum für Munitionstransport entsprechend den Sicherheitsvorschriften;
  • evtl. Lade-Kräne;
  • weitestgehende Schiffsautomatisierung (ca. 50 - 60 Mann Besatzung).

Preis pro Ro/Ro zwischen 60 - 100 Mio. DM.

Augenscheinlich gibt es im BMVg hochrangige Experten, die sehr wohl für diese Richtung plädieren.
Nach dem Rahmen-Vertrag zwischen Bundeswehr und Industrie hat die Industrie ja auch der Ziffer 7 + 8 zugestimmt, was in diesem Fall bedeutet, dass eine von der “Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb” (GEBB) gegründete Betreiber-Gesellschaft bundeseigene Ro/Ro-Schiffe ausserhalb von Krisenzeiten sehr wohl privatwirtschaftlich und nutzbringend einsetzen könnte, was mit dem MZS 707 sicherlich so nicht möglich wäre.

Wichtig ist, dass die NATO-Partner, mit denen die Bundeswehr Vergleiche zieht (NL, GB, F, Sp,I), Schiffs-Typen mit amphibischen Fähigkeiten für ihre Marine-Infantrie vorhalten oder beschaffen. Die Bundeswehr hat aber überhaupt keine Marine-Infantrie, wohl aber im Vergleich zu den genannten Staaten eine deutlich höhere Heeres-Komponente, die zum Aufmarsch-Gebiet verbracht werden muss. Natürlich kann man amphibisches An- oder Ablandungs-Szenare entwerfen (vgl. Andreas Bätz, Marine-Forum 7/8-2000, S. 27; “Nobody ask me, but...”). Vergleicht man es jedoch mit unseren sehr konkreten NATO- und EU-Zusagen, dann wird deutlich wie bizarr die deutsche Marine- (oder wie in Frankreich) Heeres-Infantrie mit amphibischen Fähigkeiten ist.

Folgerungen

Den im NATO/EU-Einsatzfall zu verlegenden Materialumfang wird die Bundeswehr im wesentlichen nur unter Zuhilfenahme des zivilen Charter-Angebots bewältigen können. Sie kann aber hinreichend genau ermitteln, welches schwere und sperrige Gerät mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit damit nicht bedient werden kann. Dafür ist eine eigene Kapazität zu schaffen, falls man die NATO/EU-Zusagen ernst meint und erfüllen will.

Die Konzeption des MZS 707 oder der “Rotterdam” ist für die Aufgabe “strategische Verlegefähigkeit” aus den folgenden Gründen absolut untauglich:

  • Bei den zwei sicherheitspolitisch wichtigsten Verlege-Aufgaben geht es bei der wichtigeren NATO-Option I um insgesamt 177.4000 t und bei der EU-Option II um 101.700 t (siehe o. a. Tabelle); dazu gehören allein jeweils 4270 Container und rund 88.000 lanemeter.
    Davon ist die Material-Menge abzuziehen, die per Luft-Transport angelandet worden ist (das dürfte herzlich wenig sein; siehe
    Luftransport). Die Parameter, die von der MTG für das ETrUS verwendet wurden (“Bataillionsäquivalent), können nicht mit den Verlege-Daten übereinstimmen, die erstmals 1999 vom BMVg genau ermittelt worden sind.
  • Maritime Führung im Rahmen strategischer Mobilität sollte von den Schiffen ausgeübt werden, die die Bundesmarine im Friedens- und Einsatzfall zu den Einsatzgruppen (Task Forces) von NATO oder EU beisteuert.
  • Sanitätsdienstliche Leistungen sollten und können sinnstiftend nur per Lufttransport erbracht werden. Dies gilt auch für den An- und Abtransport des militärischen Einsatz-Personals.
  • Eine Fly-on/Fly-off-Kapazität ist nur für eine “eierlegende Wollmilchsau” notwendig.
  • Ob die deutsche strategische Verlegefähigkeit eine amphibische Komponente haben sollte, ist eindeutig zu verneinen. Erstens haben recht viele europäische NATO-Partner diese, und zweitens ist das Kriegsbild, bei der NATO oder EU sich erstmal an Land kämpfen müssen, ziemlich abgedreht.
  • Spielen Anschaffungs- und Betriebskosten eigentlich eine Rolle? Für eine “Rotterdam” kaufen die deutschen drei RoRo-Dampfer mit minimalster Besatzung, die in Friedenszeiten Geld einfahren.

{Ahoi}

 

Das britische Modell:
(
www.mod.uk (> about the mod > policy > topics > investment strategy > section II)

In dem o. a. Papier (“Case Study 2 - Strategic Lift “, Ziff. 28 ff.) heisst es, dass

  • kommerzielle Verschiffungs- und Luftransport-Kapazitäten in hinreichenden Kapazitäten, die den zeitlichen Anforderungen für eine schnelle Verlegung genügen, höchstwahrscheinlich nicht zur Verfügung stehen, während sie wichtig für den Nachfolge-Transport seien;
  • dass für die Überarbeitung der Fragestellung Luft/See-Transport ein “extensives wissenschaftliches Studium der verschiedenen Szenare” für Verlege-Operationen stattgefunden habe mit dem Ergebnis, dass die effektivste, kurzfristige Lösung der Erwerb von weiteren 4 roll-on/roll-off Container-Schiffen (zusätzlich zu den bisher vorhandenen 2) nötig sei
  • und der Erwerb von C-17 Lufttransportern (GB hat inzwischen 8 C-17 von Boeing geleast).

US-Sealift

Nur zu dokumentrischen Zwecken sei das Sea-Lift-Potential der USA für das Haushaltsjahr 2001 gelistet:

  • 10 Tanker
  • 57 Cargo-ships
  • 69 Schiffe in Reserve (innerhalb von 4, 5, 10 oder 20 Tagen einsatzbereit.

siehe www.defenselink.mil (> Defense Almanach 1999)

 

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