Google
Search WWW Search geopowers.com

Konzept-Serie: “Wotan Wahnwitz”

They are all maniacs: Lesen Sie das bitte lieber nicht!

14. Februar 2001

Für Zeiten, in denen keine sonstigen und dringenden Themen abzuhandeln sind, haben wir uns entschlossen, unseren neuen (freien) Mitarbeiter “Wotan Wahnwitz” zu Wort kommen zu lassen. Dabei möchten wir Sie auf folgende Vorbedingungen aufmerksam machen:

  • Herrn Wahnwitz’ Darstellungen sind recht radikal; sie können höchstens dazu dienen, Ihre Positionen einer Prüfung zu unterziehen, die Sie natürlich bestehen werden.
     
  • Wotan’s Sprache ist polemisch, zynisch, ironisch. Sein Lieblingsspruch aber lautet: “Sind Sie eventuell bereit, das zurückzunehmen? Wenn nicht, ist die Sache für mich auch erledigt.”
     
  • Er ist äusserst makaber; schliessen Sie bitte deshalb aber nicht auf seine Un-Friedfertigkeit.
     
  • Herr Wahnwitz ist nicht nur stetiger User von GeoPowers. Sein Alter ist recht fortgeschritten und aufgrund seiner Position hat er ein Pseudonym für seine Darstellungen verlangt. Notgedrungen kommen wir seinem Wunsch (allerdings auch etwas zu unserem Schutz) nach. Da er Züge von Schrulligkeit aufweist, sollen wir über die gesamte Konzept-Serie die Überschrift “Lesen Sie das bitte lieber nicht” setzen. Danke für Ihr Verständnis.

 

Steckbrief: Die Beschreibung passt auf Sie!

12. Juli 2001

Wir, GeoPowers, wollen mit Ihnen “dem Rest der Welt” zeigen, dass wir es gemeinsam schaffen: Für die Bundeswehr ein Konzept zu entwerfen, welches

  • der politischen Realität entspricht (Risiken, Akzeptanz, Finanzierbarkeit) und vor keinem Tabu haltmacht,
     
  • dennoch die zukünftig wahrscheinlichen Aufgaben der Bundeswehr abdeckt (int. Verpflichtungen),
     
  • allen Betroffenen der deutschen “Defense Community” die begründete Überzeugung  vermittelt, eine rundum plausibele und konsequente Position zu vertreten.

Das Ziel ist gewissermassen ein Traum: In relativ kurzer Zeit das Konzept vorzulegen, welches so konkret wie möglich - bis in Einzelheiten - die Daten für die die nächste Bundeswehr-Reform enthällt, denn die derzeitige Bundeswehr-”Reform” ist ohne Zweifel zum Scheitern verurteilt.

Dieses Projekt kann nur erfolgreich sein, wenn

  • sich Sachkundige aller Bereiche “aufraffen”, dazu beizutragen,
     
  • Sie Freunde und Kameraden ermuntern, mitzuhelfen,
     
  • uneigennützig für die Sache “gefochten” wird.

Nach unserer Auffassung sollten die untenstehenden 9 Ziffern der Top/Up-Review (I - III) als eine Art von Vorgabe für Ihr Engagement dienen. Wenn Sie mitziehen, wird in absehbarer Zeit der Öffentlichkeit ein Konzept vorgestellt werden können, das - nun wird es pathetisch - die Beteiligten mit bescheidenem Stolz erfüllen kann und dieser Republik vielleicht weiterhilft.

{“Wer nicht kämpft, hat schon verloren” - mail to: office@geopowers.com }

 

Ariadne-Faden: Top/Up I

5. Juni 2001

Der Mai ist vergangen, aber das von VM Scharping versprochene “Weissbuch zur Sicherheitspolitik der Bananen-Republik Deutschland” ist immer noch nicht da. Dafür gibt’s eine “Zwischen-Bilanz” (die 2.), die beim Download von bundeswehr.de den Geist aufgibt. Unbescheiden, wie man halt ist, gibt es nur die Möglichkeit, sich seine Geschichte selbst zu schreiben. Wir lassen uns auch nicht insoweit hochnehmen, dass wir an die Schlüssigkeit der Scharping’schen Reform noch glauben (Haar-Farbe grau).

Deshalb machen wir unseren eigenen Versuch der “Top-down/Bottom-up-Review” (Top/Up) und wünschen uns die Mord’s-Diskussion der “Defense Community” in Deutschland, die aber leider weit über unseren Ansprüchen liegt; deshalb versuchen wir es kommod mit Teil I unseres sicherheitspolitischen Kriterien-Kataloges:

  1. Finanz-bestimmt:
    Deutschland ist gross, Wirtschafts-Macht, Weltmacht, aber keine Militär-Macht. Mit unserem bis 2015 absehbaren Bundeswehr-Haushalt können wir höchstens bei Anwendung ausgereiftester Intelligenz brillieren. Das Militär ist haushalts-bestimmt; vergiss alle anderen Träume.
     
  2. Keine Konflikt-Prävention:
    Jeder vernünftige Mensch sagt, dass Konflikte ohne die Anwendung von Gewalt gelöst werden müssen. Aber wer spendiert das Geld aus seiner eigenen nationalen Tasche, um alle Konflikt-Ursachen europa- oder weltweit zu bedienen? Tatsache in dieser Welt ist, dass man jede ärmere Nation geradezu ermuntern müsste, irgendwelche “Abscheulichkeiten” zu begehen, um eine “humanitäre Intervention” herbeizuführen, die dann die Mrd. US$ und Euro für die Konflikt-Nachsorge hereinspült; ansonsten würde kein Hahn nach dem Schicksal des Landes krähen. Im Gegenteil: Eines der ärmsten Länder der Welt, Burkina Faso, hatte friedlich die grössten Schwierigkeiten mit der agrar-export-geilen EU. Unbestreitbare Tatsache ist, dass für die Konflikt-Prävention die entsprechenden Finanzmittel absolut unzureichend sind. Nie wird sich das ändern, denn der Grundsatz politischen Handelns ist, erst auf Druck (der Öffentlichkeit oder des Interessen-Gegensatzes) zu handeln.
     
  3. Konflikt-Typen:
    Innerstaatliche Konflikte, die sich in der Regel aus der Unfähigkeit der Regierungen ergeben (Korruption, Macht-Geilheit, Ideologie-Buch-Wirtschaft, also das Gegenteil von “Good Governance”), sind vor 1990, nach 1990 zunehmend, und werden im nächsten Jahrzehnt noch mehr ganz überwiegend das Bild bestimmen. Richtige zwischenstaatliche Kriegs-Konflikte hat es seit dem Golg-Krieg 1990/91 nicht mehr gegeben. Klassische Aggressionen wie die des Irak wird es in Zukunft wahrscheinlich nur selten geben. Kandidaten dafür sind Indien vers. Pakistan und China gegen Taiwan (innerstaatlich?). Noch chaotischer ist die Lage bei Staaten im Zerfalls-Stadium (z.B. Somailia 92). Wenn War-Lords und Mafia-Banden die Politik zersieben, wird jedes “westliche” Konflikt-Management scheitern.
     
  4. UN-Mandat?:
    Seit dem Kosovo-Krieg ist klar, dass die Frage eines Mandates der Vereinten Nationen für die Krieg-Führung nur noch Esoteriker beschäftigt. Für die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass der UN-Sicherheits-Rat, besonders aufgrund der abzusehenden chinesischen Aussenpolitik, noch jemals ein Votum zustande bekommt, welches die Kriegführung gegen einen möglicherweise eindeutig auszumachenden Aggressor erlaubt. Wegen des Einmischungs-Verbotes in die inneren Angelegenheiten eines Staates (Art. 2, Abs. 7 der UN-Charta) ist der vorherrschende Konflikt-Typ “innerstaatlicher Krieg” von vornherein als mandats-negativ einzustufen, allerdings mit der wichtigen Ausnahme des “Herbei-Rufens” von auswärtiger “Hilfe” durch eine (“bedrängte”) Regierung (Art. 51, UN-Charta).
     
  5. Akzeptanz:
    Kurz gefasst: Der “CNN”-Faktor (öffentlicher und sonstiger Druck) treibt uns in Kriege hinein, aber auch wieder heraus (bisher noch nicht). Noch zu Kinkel/Rühe’s Zeiten diskutierte man Kriterien-Kataloge, nach denen man sich für oder gegen eine Teilnahme an Konflikten mit militärischen Anteil entscheiden wollte. Prüfpunkt war z. B. eine “Exit-Strategie”, die man für den Kosovo (bzw. den gesamten Balkan) heute gern hätte. Solche Kriterien werden nun amtlich gar nicht mehr diskutiert, sondern es gilt die Doktrin der “Von Fall zu Fall-Entscheidung”. Damit müssen die Regierenden keine quengelnden hypothetischen Fragen mehr beantworten, sondern können getrost auf die “List” der Geschichte hoffen. GOTT sei Dank ist es uns bisher erspart geblieben, deutsche Todes”opfer” durch militärische Kampfhandlungen zu erleben. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Zustand in absehbarer Zukunft anhält, muss als (sehr) gering eingestuft werden. Ewig-Gestrige glauben auch heute, dass deutsche Soldaten, in welchem Konflikt-Szenar auch immer, ihren “Blut-Zoll” (brav) entrichten werden. Das mag für einen internationalen Konflikt wie z.B. den Golf-Krieg gelten, wenn “international” bei der Abwehr einer dreisten Aggression “gestorben wird”. Aber “Sterben für ... irgendwelche “Verrückten”, weit ab hinter fernen Bergen? Dann wird unsere veröffentlichte Meinung sehr schnell die Öffentliche Meinung in den Trend bringen und die Regierenden werden unter einen Druck geraten, dem sie angesichts der Gesamt-Lage nur erliegen können - wohl zu recht.

{Ächt neue germanische Verteidigungs-Kultur - unbeetable}

 

Top/Up II: Action

7. Juni 2001

Der Fortsetzungs-Roman unserer Top down/Bottom up-Review der Sicherheitspolitik fährt fort mit

  1. Action-Policy
    Nach dem 2. Weltkrieg haben sich die USA - nicht wie nach dem 1. - nicht nur in Europa festgekrallt, sondern sind seit dem Weltmacht Nr. 1. Nach 1991 haben die Europäer mit Beginn der Jugoslawien-Krise den Amerikanern erklärt, dass man ohne sie den europäischen Hinterhof bereinigen wolle. Nach dem man 1995 bei 250.000 Toten angelangt und gescheitert war, wurden die USA zurückgerufen und es wurde wesentlich besser. Bei allen derzeitigen Krisen ist immer wieder die Experten-Meinung zu hören, dass man ohne die USA nicht zur Problem-Linderung gelangt. Andererseits wird die EU-Aussenpolitik gelobt, dass sie wesentlich höhere Geldmengen für die Krisengebiete bereitstellt. Warum ist US-Sicherheitspolitik so relativ erfolgreich? Könnten die Europäer das nicht alles besser?

    Auch Sicherheitspolitik ist vernünftigerweise in tatsächliche (Action) und deklarierte zu unterscheiden. Zur Action-Policy gehören Politischer Wille (intentions) und Fähigkeiten (capabilities). Zu beachtetem Politischen Willen gehören Werte-Orientierung und Verlässlichkeit sowie Standhaftigkeit auch in schwierigen Situationen, zu den Fähigkeiten vor allem militärische; es ist wie in der “Lindenstrasse”. Das anschaulichste, wissenschaftliche Interaktions-Modell ist nach wie vor
    Tit for Tat. Wie ist die Zukunft dieses Feldes einzuschätzen? Die Grundsätze werden sich nicht ändern, auch nicht der der Wirkung gemeinschaftlicher Politik. Angesichts der überaus schweren Nahost-Krise entdecken kluge Beobachter, dass - falls überhaupt etwas hilft - nur eine gemeinsame Politik der USA und der EU ein Höchstmass an Wirkungs-Chancen hat. Das Europa der “Vaterländer”, das noch lange mit seinen althergebrachten “Meriten” behaftet sein wird, sollte sich in seiner Aussenpolitik davor hüten, grössenwahnsinnig zu werden. Ein Parade-Beispiel dafür ist die Absicht, unabhängig von den USA eine “grosse” militärische Operation durchführen zu können. Jeder, der die Materie einigermassen kennt, wird dieses Helsinki-Ziel nur als Heat-Line sehen; da könnten Soldaten verbrennen.

{Gilt Art. 1, Abs.1 GG. eigentlich auch für Soldaten?}

 

Top/Up III: No risk - no fun

11. Juni 2001

7. Bedrohungen/Risiken: keine*

Einer der zentralen Punkte der Verteidigungspolitik zu Zeiten des Kalten Krieges war die Bedrohung. Zehntausende von Waffen aller Sortierungen, undenkbar und aberwitzig tödlich, bedrohten gegenseitig. Heutzutage benutzt man statt des Begriffes Bedrohung lieber den des Risikos; die Definition müsste in etwa lauten: Risiko ist das Mass für die Grösse einer Gefahr, die sich aus den Teilen (A) Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Schadens + (B) Ausmass des Schadens zusammensetzt.

Eine verteidigungs/militär-politische Risiko-Betrachtung bis 2015/2020 muss sich zunächst beschränken. Risiken, die durch terroristische Anschläge jedweder Art, Drogenhandel, Computer-Krieg etc. drohen, gehören nicht in den Verantwortungs-Bereich des Verteidigungs-, sondern des Innenministers (was nicht bedeuten soll, dass etwa bezüglich innerstaatlicher B-Waffen-Attacken nicht eine gemeinsame Konflikt-Strategie der entsprechenden Ressorts und Ressourcen geplant wird).

Einem Rundblick aus Euroland stellen sich die rein hypothetisch bedrohlichen militärischen Fähigkeiten für eine Aggression wie folgt da:

  • Norden und Westen: absolut null.
     
  • Süden: Kein nordafrikanischer Staat wäre in der Lage, seine im Vergleich zu Euro/NATO-Land winzigen Streitkräfte über’s Mittelmeer zu befördern.
     
  • Süd-Ost: Mit der Türkei besteht ein Riegel für Kern-Europa. Würde sich der türkische Staat allerdings in den nächsten Jahrzehnten zu einem Risiko-Staat entwickeln, in dem Extremisten, die den islamischen Glauben zu politischen Zwecken missbrauchen, diktatorisch regieren, wäre eine etwas bedrohlichere Situation vorhanden. Alle anderen Staaten können keine militärische Bedrohung generieren.
     
  • Verbleibt der Osten. Lauscht man genauer in die deutsche Verteidiger-Gemeinde, dann hört man den russischen Bären noch mächtig trapsen. Wie soll ein Russland, das
    - ein Brutto-Sozialprodukt in der Grössen-Ordnung Dänemarks erzeugt,
    - im Süden und Süd-Osten einen Krisen-Gürtel allererster Güte hat,
    - sich längst auf Schmuse-Kurs mit den USA befindet und andererseits durch “anti-westliche” Verlautbarungen sich alle Mühe gibt, den strategischen Kurs gegen China zu verschleiern, ausgerechnet auf die absonderliche Idee kommen, im Westen ein militärisches Abenteuer zu beginnen? Wir schliessen uns US-Verteidigungsminister Rumsfeld an, der nicht müde wird, seine Zuhörerschaft daran zu erinnern, dass der Kalte Krieg zu Ende ist (folgt die auch im alltäglichen Leben oft zu hörende Rede-Wendung, die so wiederum gar nicht gemeint wird).

So ist festzustellen, das Euro-Land auf weit absehbare Zeit mit konventionellen Militär-Mitteln absolut unbedroht ist. Sollte irgendwo geringster Zweifel bestehen, reicht der Hinweis auf die das Rest-Risiko abdeckende Versicherungs-Police, hinterlegt im Pentagon.

*)
Was die aufscheinende militärische Raketen-Bedrohungen durch Risiko-Staaten (Russland ist kein Risiko-Staat) betrifft, scheint es bei den “Aufklärern” höchstens graduelle Meinungs-Verschiedenheiten zu geben. Unter friedfertigen Sicherheitspolitikern gelten die Erkenntnisse natürlich wenig, weil man die möglichen Bedrohungen Europas durch Risiko-Staaten dadurch aus der Welt schafft, in dem man sie alle demokratisieren wird. Und ausserdem kann man solche Horror-Geschichten in der innenpolitischen Szenerie gar nicht gebrauchen - die Renten- und BSE-Debatten reichen für die Spass-Gesellschaft völlig.

Deshalb begnüge man sich zunächst, diese Fragestellung noch ein wenig schmoren zu lassen. Vielleicht werden wir durch das immer noch überfällige “Weissbuch 2001” klüger; man kann sich schon jetzt auf das “kräftige Sowohl-als-auch” freuen.

8. Interventionen: reichlich

Seit der grössten Sicherheits-Wende 1989/90 hat die NATO dreimal agiert. Im Golf-Krieg 90/91 mit UN-Mandat ohne direkte deutsche Beteiligung, gegen Jugoslawien 1995 ohne Mandat mit einem relativ kurzen Luftwaffen-Einsatz und 1999 ohne Mandat im Kosovo-Krieg. Nicht einer der Militär-Einsätze hat kurz- oder längerfristig zu einer nachhaltigen Befriedung geführt. Zum amerikanischen Argmentations-Paket gehört, dass ein erneuter Überfall Kuwait’s durch die irakischen Streitkräfte im Bereich des Möglichen liegt. Ob nun um grosse, mittlere oder kleine militärische Operationen (UN-Beiträge, Evakuierungs-Massnahmen) geht: Die bisher durchgeführten und möglichen zukünftigen Einsätze haben mit der Verteidigung gegen eine bewaffnete Aggression gegen Europa nichts zu tun. Es sind und werden sein Interventionen ausserhalb des NATO-Gebietes; die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Einsätze ist relativ hoch.

9. Europäische militärische Fähigkeiten: Potemkin’scher Pomp

Der niederländische Experte Rob de Wijk hat eine sehr verdienstvolle Arbeit erledigt: die statistische Aufbereitung aller wichtigen Daten zur Verteidigungsleistung der (NATO-)Europäer (in: Chaillot-Papers Nr. 42, Anhang, Sept. 2000; per e-mail bestellen über www.weu.int/institute / - download hakt). Zählt man die Haupt-Waffen-Systeme der “alten” europäischen NATO-Staaten zusammen, ergeben sich

  • 14.015 Kampf-Panzer
  • 3.370 Kampf-Flugzeuge
  • 191 grössere Überwasser-Kampfschiffe (Stand 1999).

Im Annex 12 hat de Wijk spezielles Rüstungsgerät aufgelistet (Marsch-Flugkörper, Flug-Betankung, Präzisions-Bomben etc., Stand 1999). Ausser bei Frankreich, und weniger bei Grossbritannien ist diese Tabelle von der Eintragung “NO” beherrscht; natürlich steht in der US-Spalte überall ein fettes YES.

Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass die Europäer im Jahr 2015 die Umsteuerung auf die “ferne” Interventions-Fähigkeit bewältigt haben werden. Für den zweiten Blick ist aber einzukalkulieren:

  • Nimmt man das “Rüstungs-Konzept” (Mat-Konzept - 2015) der Bundeswehr (rund 110 Mrd. US$) als grobe Anhaltsgrösse auch für den französischen und britischen Rüstungsbedarf, ergibt sich mit dem
    - französischen Rüstungs-Etat 1999 von rund 5,24 Mrd. US$ eine 15-Jahres-Volumen von 78,6 Mrd. US$,
    - britischen Rüstungs-Etat 1999 von rund 8,26 Mrd. US$ ein 15-Jahres-Volumen von 123,9 Mrd. US$. Zur “Erfüllung” der Anforderungen muss aber das Preisstands-Problem addiert werden. Falls mit Preisstand 2000 ein Rüstungs-Volumen von etwa 100 Mrd. US$ bis 2015 zu erbringen ist, wäre bei der derzeitigen allgemeinen Inflation von rund 2 % für den Bereich der Rüstungs-Beschaffung mit etwa 5 % zu rechnen. Frage: Werden, als Beispiel F und UK, ihre Verteidigungs-Ausgaben inflationsbereinigt auf oder gar über “Höhe Jahr 2000” halten können? Behauptung: Nein - und Deutschland bekanntlich sowieso nicht, es sei denn, Scharping’s “Blüten-Träume” gehen in Erfüllung (?).
     
  • Betrachtet man das Mat-Konzept näher, so ist festzustellen, dass der quantitative Umfang der Präzisions-Munition - etwas übertrieben - für die One-Shot-Show-Force reicht. Welchen Umfang erreichen eigentlich die Mat-Konzepte der “Grossen”, wenn die echten Anforderungen der Kategorie Golf oder Kosovo mit Zehntausender-Quantitäten eingesetzt werden? Ciao baby.
     
  • Und so sicher wie das Amen in der Kirche ist: Wahl-Sieger Tony Blair wird mit der Warte-Liste von 50.000 Operations-Suchenden und dem Laden mit Aufschrift “NHS” eher zu tun haben, als mit den Militärs. Die Frau, die ihn kurz vor Ende des Wahlkampfes wegen NHS zu recht angegiftet und sein “Very sorry” strikt zurückgewiesen hat, wird er wahrscheinlich nicht vergessen. Und die Franzosen? Und wir, und alle anderen Europäer? Eine absolute Lachnummer zu glauben, dass wir für unsere Operetten-Armeen unseren lieblichen “way of life” ändern. Wir sind ja schliesslich nicht so blöd wie die Amis.

Man könnte Zukunft in diesem Rahmen schon annähernd beweisen - aber wen interessiert das?

Richtig ist, das Europa zur Arbeits- und Rollen-Teilung im militärischen Bereich kommen müsste. Das ist zwar schon 1975 oder gar noch früher zu recht gefordert worden, nur: Wer glaubt angesichts der zu beobachtenden Re-Nationalisierung in Europa an die Umsetzung dieser Notwendigkeiten? Wenn Verträge wie z. B. der von Nizza zur “Volksabstimmung” gestellt werden, kann man nur hoffen, dass solche Politiker wenigstens Papp-Nasen sind. Vielleicht gründen wir den  Verein ”Volksabstimmung in Europa für Vereinigte Streitkräfte” (VEUVEST). Wenn die Friedens-Dividende stimmt, wird das ein Mords-Erfolg und wir kommen ganz gross raus ...

Wenn wir Europäer, besonders wir Deutschen natürlich, den Amis aber intellektuell schon so dermassen überlegen sind, müssen wir dennoch aufpassen, dass wir sie nicht, milde ausgedrückt, veralbern. Da wir schon in dem Ruf stehen, dass wir, nachdem uns freundlicherweise auf dem Weg in den Urwald eine Konserven-Dose in die Hand gedrückt wird, mit einem Panzer aus dem Dickicht wieder auftauchen, sollten wir mit den paar Euros vom Eichel die intellektuelle Herausforderung annehmen, die “Mords-Force” (M-Force) zu wunderwaffen, zunderschaffen - sorry - zu entwerfen. Soviel sei vorab verraten: “Bündnis 90/Die Grünen”, allgemein als Bw-Töter verdächtigt, liegen konzeptionell weit vorn; bei den Roten ist “Dr. Vernünftig” noch nicht recht auszumachen.

{Konfutius sagt: “Es mag welche geben, die handeln ohne zu wissen, warum}

(Warning to translators: Beware of the jokes)

 

Sicherheitspolitisches Ober-Seminar

1. März 2001

Heute werden die Seminar-Themen an unsere lieben Teilnehmer des Ober-Seminars “Grundsätze der Sicherheitspolitik”, Wolke “Sieben”, verteilt:

  • Nehmen Sie Stellung zu der These, dass Anarchie unter den Nationen herrschen darf, soll - oder welche Grundsätze für den Verkehr der Nationen (incl. Anwendung physischer Gewalt) untereinander gelten sollen.
     
  • Kaspern Sie den derzeitigen Stand und zu erwartende Trends bis 2015 angesichts des herrschenden Völkerrechts-Regimes ab.
     
  • Entwerfen Sie frei Entwicklungslinien der europäischen Politik, der Entwicklung der Geschichte nach 1945 bis 1989, ohne das amerikanische Engagement.
     
  • Zeichnen Sie frei Szenarien der sicherheitspolitischen Entwicklungs-Möglichkeiten der Weltpolitik unter der Annahme, dass sich die USA für eine absolut isolationistische Aussen- und Sicherheitspolitik entschieden haben und diese strikt durchhalten.
     
  • Beschreiben Sie aufgrund belegter finanzwirtschaftlicher Trends die Entwicklung der Verteidigungsausgaben der grossen europäischen Nationen (F, GB, D) und den daraus zu generierenden Stand der Kampfkraft im Vergleich zu den USA für den Zeitraum bis 2015.
     
  • Beschreiben Sie konkret erfolgreiche, nicht-militärische Konflikt-Präventions-Möglichkeiten am Beispiel politischer Führungs-Persönlichkeiten wie Adolf Hitler, Sadam Hussein, Pol Pot, Slobodan Milosevics.
     
  • Kommentieren Sie Fraktionierungen westlicher Politiken in ihrer Wirkung auf die Perzeption auf politische Führer von “States of concern”.
     
  • Vergleichen Sie Phänomene krimineller Energie in gesellschaftlichen Klein- und Gross-Gruppen mit möglichen Vergleichs-Schemata in der internationalen Politik.
     
  • Kommentieren Sie die Charakterisierung eines nicht namentlich bekannten italienischen Heeres-Militär-Attache`s in Bezug auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Amerikanern und Europäern: “In den USA ist der Einzelne eine Flasche, aber die Gemeinschaft ist unschlagbar - in Europa ist es genau umgekehrt.”
     
  • Beschreiben Sie (mögliche) Parallelen zwischen individuellen psychologischen Phänomenen wie Neid, Eifersucht, Hass/Liebe/Freundschaft, Eigensucht, Herrschsucht und kollektiven Empfindungen zwischen den Nationen.
     
  • Fassen Sie die entscheidenden Wirkungsmechanismen der internationalen Politik zusammen.
     
  • Beschreiben Sie die “Wirkungs-Illusionen” der unterschiedlichen internationalen Akteure.

Wie Sie sehen, habe ich 12 Themen genannt; da wir 12 Teilnehmer in unserem Ober-Seminar zu vermelden haben, bitte ich Sie, sich über die Zuteilung der Themen untereinander zu einigen. In 28 Tagen sehen wir uns alle hoffentlich gesund und munter wieder. Falls Sie wert auf eine Ihr weiteres Fortkommen förderliche Beurteilung legen, bitte ich Sie, mir Ihre Arbeiten innerhalb der nächsten 21 Tage vorzulegen. Seien Sie gewiss, dass ich bei der Beurteilung Ihrer Leistungen ein Höchstmass an Nachsicht gelten lasse, trotzdem aber gerecht urteilen werde.

{ Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag ...}

 

Teil 1: Bedrohung - Risiken (W.W.)

14. Februar 2001

Die USA sind einzig verbliebene Supermacht, die NATO mit strotzender Militärmacht Herrscher im euroatlantischen Raum. Kann irgend jemand einen ernstzunehmenden Gegner ausmachen? Lesen Sie Bedrohungs-Szenarien: Die Risiken haben sich “diversiviziert”, sind schwer zu bestimmen/auszumachen etc. Achten Sie bitte auf die Herkunft der Risiko-Analyse: Wie die Fischer-Chöre singen alle, dass der Komponist die NATO ist - die Partitur ist wie der Quell-Code von Windows natürlich geheim. Deshalb machen wir unsere eigene:

  • Im Norden:
    Ist da irgend jemand, der eine Bedrohuing sieht? Haaaalllloooohhhhh?
  • Im Westen:
    Welche Seemacht schaukelt über die Wellen des Atlantiks, um die NATO zusammen zu schiessen? Die Krümmung der Erde ist schuld, dass man nichts sieht.
  • Im Osten:
    Ja, da sind doch die Russen. Das ist doch was. Weit umzingelt von lauter NATO-Aufnahme-Kandidaten, schwach bis auf die Knochen, zwingen sie die Deutschen, 30.000 Mann/Frau für die “Landesverteidigung” einzuplanen, Hunderte von Panzern und was sonst noch in Hallen zu lagern. Eilfertig verweisen die Teutonen auf das Grund-Gesetz und den Auftrag der “nationalen” Landesverteidigung. Das haben wir uns so vorzustellen: Die Russen greifen uns an und wir können mit keinerlei Hilfe unserer lieben europäischen Nachbarn, Partner, Freunde rechnen, zu schweigen von den treulosen Amis. National stehen wir ganz allein gegen die Bedrohung aus dem Osten. Und wir Knallerbsen machen uns immer lustig über die abartigen Bedrohungs-Perzeptionen der Russen! Streichen wir mal die “nationale Landesverteidigung”? Stiller (?) Aufschrei, nationale Souveränität!, ma’ wäses nich, würden die Hessen sagen. Nicht zu überbietender Schwachsinn. Empfehlung: Streiche “Landesverteidigung” - äusserst uneuropäisch, Verschwendung von Steuergeldern. Kommen Sie mir aber bloss nicht mit dem nuklearem Überfall der Russen auf uns - trinken Sie bitte in Zukunft weniger Wodka - sonst erleben Sie den nicht mehr.
  • Im Süden:
    Da geht’s richtig los. 72 Tage haben die NATO, besser die US-Streitkräfte gebraucht, um mit rund 10.000 Strike-Einsätzen für die Hessen-Land-Grösse Kosovo Erfolg zu vermelden. Mit Milliarden $ ist vieles zerbombt worden, was nun mit Milliarden $/Euro wieder aufgebaut wird. Für die Ewigkeit bleiben wir dort stationiert mit Zehntausenden von Soldaten, was irres Geld kostet. Ein grandioses Konzept, Präzision ohne Ende, die gloriose Exit-Strategie, von Huf-Eisen-Plänen ganz zu schweigen.

    Weiter östlich kommt irgendwann die Kaukasus-Region: milliarden-schwere Öl-Pläne, Korruption, War-Lords, Taliban-Fans und sonstige Macht-Besessene. Hat schon irgendwann jemand die Frage aufgeworfen, ob das zum NATO/EU-Gebiet gehört? Wie ist das mit dem 4000 km-Radius der EU-Eingreif-Truppe? Man achte darauf, wie der Kaukasus sich in “Krisenbogen” westlicher Bedrohungs-Szenaristen einflechtet.

    Nein, Sadam haben wir nicht vergessen. Wenn er ein zweites Mal losschlägt, wird er nicht so bodenlos blöde sein können, dem Gegner wieder sechs Monate ungestörten Aufmarsches zu erlauben. Dann geht es nur darum, Luftmacht mit Bodenhaftung auszuüben. Haben “wir” denn die Sortierung dafür?

    Dann kommt das grosse Schweigen.  Nachdem es den Israelis irgendwie gelungen ist, Ägypter und Syrer zu vereinen, müssen die Amerikaner antreten und fragen auch nach europäischem Beistand. Ja, das sind Szenare, wo wir noch einmal echt gefordert werden. Abstrus? Ja, Sie haben recht, ich bin blöd, alles wahnwitzig; ich bestehe nicht auf dem Szenar.

{wir können das “auf vielfältigen Wunsch” absetzen}

 

 

[Home] [News] [Mächte] [Allianzen] [Konzepte] [Kriege] [Szenarien] [i-Views] [Kontakt]