Google
Search WWW Search geopowers.com

NATO - aktuell

[aktuell] [Probleme] [Texte]

 

 

NATO-Parlamentarier: 16 x

17. November 2009

Wieder kurz davor, eine “Sorry”-Meldung zu schreiben, haben uns die NATO-Parlamentarier rausgepaukt. Wahrscheinlich wird kaum jemand von ihrer 55. Jahrestagung in Edinburgh berichten. Seit Jahrzehnten ist es so, dass uns die schriftlichen Berichte der “Nato Parliamentary Assembly” zu sicherheitspolitischen Themen interessiert haben - weil sie in den Stapel an sauber erarbeiteten Studien zu einem jeweiligen Thema gehören, immer irgendwie Fundgrube sind. Beim Lob sollte man der fleissigen “Büchsenspanner” gedenken, die die ganze Arbeit hatten).

Die “Tag-Wolke” der 16 Rapporteure aus Edinburgh sieht (unvollständig) so aus:

Wahrscheinlich ist der in der Listung als erstes aufgeführte Rapport (178 ESC 09 E) mit dem Titel “The Global Financial Crisis and its Impact on Defence Budgets” der interessante. Von A (Albania) bis BB (United States) wird ein länderspezifischer, kurzer Überblick mit guten Fakten geboten.

{Lesen - Denken - Kommentieren - 16 x}

 

NATO 2030: hoch

13. Mai 2009

Man darf nicht umhin, dem “Allied Command Transformation” der NATO eine anständige Anerkennung zu zollen. Es hat das Projekt “Multiple Futures Project - Navigating towards 2030” angeschoben und legt nun 74 Seiten an Ideen und Informationen vor, die dem “strategischen Dialog” dienen sollen:
http://www.act.nato.int/media/Multiple_Futures/20090503_MFP_finalrep.pdf

Ein “analytischer Rahmen”, 4 denkbare Zukunftsmodelle und 33 sicherheits- und 26 militärische Implikationen werden abgeleitet.

Im Kapitel 5 (pdf-S. 55 - 69) werden Forderungen präsentiert, die jeden “Umsetzer” gleich zum Herzinfarkt führen.

Trotzdem: An diesem Dokument (und dem Annex) führt nichts vorbei. Vielleicht ist eine Lese-Prämie angebracht?

{Zukunft = Gegenwart hoch wieviel?}

 

NATO-Konzept: Rezept

17. März 2009

Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass der in Kürze stattfindende 60-Jahre-NATO-Gipfel beschliessen wird, dass für den 2010-Gipfel der Entwurf für ein neues strategisches Konzept der NATO vorliegt. Beschlossen wird dann hoffentlich auch, ob es innerhalb der NATO-Administration entwickelt oder von weisen älteren StaatsFrauenMännern geschrieben wird (deutscher Vorschlag).

Das hält fleissige Institutionen wie die “Stiftung Wissenschaft und Politik” ( www.swp-berlin.org ) natürlich nicht davon ab, der Bundesregierung ein “Beratungspapier” anzudienen, welche Position sie denn in dem dann wahrscheinlich 28 Mitglieder starken Chor einnehmen soll (wenn man entspannt wäre, würde man wahrscheinlich erst einmal das Ergebnis der Bundestagswahl abwarten).

Aber lassen wir uns von der Hektik mitreissen:

  • Es muss ein knackiger Titel gefunden werden;
     
  • Die Sicherheitsstrukturen sollen zu tragfähigen Kooperationen weiterentwickelt werden;
     
  • Die Aufgaben der NATO sollen einerseits auf ihren Kern, aber auch auf U.N.-Aufträge begrenzt werden,
     
  • Für eine Stärkung der Kooperation zwischen NATO und EU denkt man an einen vertraglich geregelten Zugang zu zivilen Ressourcen der EU (!);
     
  • Für die Erneuerung des Verhältnisses zu Russland will man eine 10-15-Jahres-Vision sozusagen von hinten nach vorn entwickeln;
     
  • Bei der Rüstungskontrolle geht es vor allem um das Fernziel der “Globalen Null” bei Nuklearwaffen (wäre ein riesiger Erfolg!);
     
  • Man müsse die Akzeptanz der Öffentlichkeit sichern, insbesondere in Deutschland.

Von sicherheitspolitischen Konzept-Debatten sollte die unglaublich faszinierende Wirkung ausgehen, wie das bei Rezept-Präsentationen bei den diversen TV-Koch-Shows der Fall ist. Zur Popularisierung der Sicherheitspolitik wäre es deshalb angebracht, analoge Modelle zu entwickeln (aber bitte nicht die DEGETO beauftragen). Weil in Berlin schon “angegrillt” worden ist, könnte man die Sendung vielleicht nennen: “Wer grillt wen?”.

{Streiche Konzept - setze Rezept}

 

NATO-Erweiterung: vergess

21. August 2008

Es könnte ja rein theoretisch sein, dass sich von den Verantwortlichen irgend jemand, der für die NATO-Erweiterung zuständig ist, sich dessen erinnert, was die NATO selbst ganz höchstselbst und amtlich zu den Kriterien gesagt hat, die für Beitrittskandidaten gelten.

Das entsprechende NATO-Dokument hat den Nachteil, dass es von 1995 stammt und sich augenscheinlich niemand daran erinnert (erinnern will). Für den NATO-Gipfel im Dezember d. J. sollte man es sich aber abladen, damit die Augen ganz weit werden:
http://www.nato.int/docu/basictxt/enl-9501.htm

Wer mit Eifer den Beitritt von Georgien (oder der Ukraine) betreibt, muss nur sachlich hinter jedes der genannten Felder Yes oder No schreiben und schon hat alles Gequake ein schnelles Ende. Wer macht’s? - Danke!!

{Vergess das Vergrässliche}

 

NATO/AFG-Schrift: Fest

3. April 2008

Obwohl der 5. Jahrestag der NATO in Afghanistan von ihr selbst erst auf den August 2008 gelegt wird, legt sie, passend für den Bukarest-Gipfel, schon jetzt ihre Festschrift vor:
http://www.nato.int/isaf/docu/epub/pdf/progress_afghanistan.pdf (3,16 MB)

Die 22 Seiten sind so grottenschlecht nicht; man stelle sich vor, dass 27 eitele Professoren ihre gemeinsame Denkschrift abnicken sollen! Unsereins blättert wie folgt (immer pdf.-Seite):

  • Die “IED Breakdown”-Tabelle auf S. 6 grenzt vielleicht an Geheimnisverrat:

    Wenn von den 2.616 in 2007 festgestellten Strassenbomben 1.118 “discovered” werden, spricht dies für gute Aufklärung und Ausbildung. Wenn ganze 63 Stück “pre-detonated” wurden, scheint gute Counter-IED-Technik noch nicht eingeführt zu sein;
     
  • Die S. 9 muss man unbedingt ausschneiden, um darüber sinnieren zu können, ob es im Norden nur deshalb so friedlich ist, weil dort die Bundeswehr die “hearts and minds” der Afghanen so gewonnen hat;
     
  • S. 11 dokumentiert, wie warm wir die Kameraden der afghanischen Armee halten:
    - Deutschland liefert ihnen Wolldecken, Kleidung und Ausrüstung,
    - die Schweiz Feuerwehrautos,
    - Rumänien mobile Küchen
    - und fast alle restlichen Staaten richtige Waffen und Munition;
     
  • S. 16 ist richtig “perfide”: Die “Schnappschüsse” der tollen Aufbauarbeit im “deutschen” Norden zeigen die Norweger und die Ungaren! Nix toll deutsch?

Also muss der Presse/Info-Stab des BMVg unter seiner schimmernden Führung eine Deutsche Festschrift initialisieren, die die Meilensteine unserer PRT-Arbeit mit Worten ins Bild rückt (aber schön Zahlen und Fakten nennen!).

{Wer schreibt, der bleibt auf Festen}

 

NATO-Verteidigungsausgaben: schlau

16. Januar 2008

Wieder in der Zeit des Weihnachtstrubels hat die NATO das “Kompendium” veröffentlicht, welches die finanziellen und ökonomischen Daten enthällt, die in Bezug zur Verteidigungspolitik stehen: Verteidigungsausgaben mit Gliederung in Ausgabenbereiche, Brutto-Inlandsprodukt, pro Kopf- und Prozent-Relationen, Preise in 2000 und derzeit:
http://www.nato.int/docu/pr/2007/p07-141.pdf

Wer, für welche politische Position auch immer, Argumente sucht, wird sicher fündig werden. Im Ordner “Grunddaten” muss man diese Tabellen ausgedruckt vorhalten:

  • Dass das ein NATO-Russia-Compendium ist, stimmt nur halb: Seit 2005 steuert die russische Regierung keine Daten mehr bei, die den Verteidigungssektor berühren;
     
  • U.E. ist ein Vergleich Deutschlands mit europäischen Partnern angemessen, die von der Bevölkerungszahl und der wirtschaftlichen Grössenordnung ähnlich sind. Danach ist zu messen, was in Gemeinschaften generell gilt und sozusagen 1. Lehrsatz ist: Jeder hat gemäss seiner Grösse einen in etwa dementsprechenden Beitrag einzubringen. Vergleicht man die Daten Deutschlands mit denen Grossbritanniens (UK), Frankreichs (F) und Italiens (I) für 2007, ergibt sich:

    - Bei den nominalen Verteidigungsausgaben führt Frankreich:

    F: 44,2 Mrd. EUR
    UK: 41,7 Mrd. EUR (31,6 GBP)
    D: 30,7 Mrd. EUR
    I: 27,5 Mrd. EUR

    - Die Verteidigungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung reihen sich so:

    UK: 657 USD
    F: 560 USD
    D: 320 USD
    I: 276 USD

    - Die Stärken der Streitkräfte lauten:

    F: 354.000
    I: 298.000
    D: 247.000 (ca. 190.000 ohne Wehrpflichtige)
    UK: 190.000

    - Tabelle 5 ist die interessanteste. Sie gliedert die Verteidigungsausgaben prozentual in die Bereiche Personal-, Ausrüstungs-, Infrastruktur- und sonstige Ausgaben. Das die Reihung bei den Ausrüstungsausgaben die wichtigste ist, unterstellen wir:

    UK: 24,2 %
    F: 22,4 %
    D: 15,3 %
    I: 10,9 %

    Gerechnet nach der Höhe der Verteidigungshaushalte ergeben sich die nominalen Ausrüstungsausgaben (Invest) wie folgt (erinnere: F und UK sind Nuklearmächte; allgemein wird der Anteil der Ausgaben für die Nuklearrüstung an den gesamten Ausrüstungsausgaben auf grob 10 % geschätzt - ein lange in Frankreich stationierter Stabsoffizier hat uns gegenüber den französischen Nuklearanteil auf 20 % beziffert):

    UK: 10,1 Mrd. EUR
    F: 9,9 Mrd. EUR
    D: 4,7 Mrd. EUR

    Es wäre eine Doktor-Arbeit wert, zu untersuchen, ob bei den Deutschen im Vergleich zu Franzosen und Briten ein strukturelles Mismanagement im Dreieck von Streitkräftestärke, Personal- und Ausrüstungsausgaben vorliegt. Oder kann uns das jemand ganz einfach erklären?

Angesichts des niedrigen deutschen Gewichtseinwurfes in Sachen Verteidigung kann man klagen, aber auch zu einer komisch klingenden Beurteilung kommen: Die Deutschen sind eben so ausgebufft, ihr Geld lieber in “anständigen” Bereichen auszugeben.

{Bärbel sagt immer: “... weil ich schlau bin”}

 

NATO-Rüstung: schwindelfrei

12. November 2007

Es ist wie die Angst des Torwarts vor dem Elfmeter - gerade sonntags eine gute Geschichte für den Wochenstart zu finden. Aber dank Giovanni de Briganti, den wir virtuell jeden Werktag besuchen ( www.defense-aerospace.com ), finden wir seinen Eintrag “October 2007 CNAD Makes Progress” (leider ist keine direkte Verlinkung möglich; suche auf der Startseite unter “Press Releases” - rechts unten - den Eintrag “NATO sees Progress...” vom 9.11.07).

Briganti’s Eintrag verzeichnet als Quelle “NATO, issued Nov. 8, 2007”. Der Knall bei dieser Geschichte ist: Entweder sind wir zu blöd oder: Die CNAD-Geschichte ist auf www.nato.int wirklich nicht zu finden (wir haben mindestens 30 min. hin- und hergesucht; nein, als eingetragener NATO-e-mail-Empfänger haben wir auch diese e-mail nicht erhalten).
 

Sorry wegen der langen Vorrede - Auf der halbjährlich stattfindenden NATO-Konferenz (hier 25./26. Okt 2007) haben die nationalen Rüstungsdirektoren (CNAD = Conference of National Armaments Directors) interessanten “Fortschritt” vermeldet:

  • Zu Fragen der Raketenabwehr (Active Layered Theatre Ballistic Missile Defence - ALTBMD) würde man sich auf eine Erst-Einsatzfähigkeit in 2010 - 2012 zubewegen. Die Herausforderungen dieses Zeitplanes seien “adressiert” worden (damit ist die Raketenabwehr gegen militärische Einheiten der NATO gemeint, die leichter offiziös abgehakt werden kann);
     
  • Zu Fragen des territorialen Zivilschutzes gegen Raketenangriffe in Europa haben die NAD’s die ersten Ergebnisse einer entsprechenden Studie “gelernt” (das ist natürlich alles ganz fürchterlich GEHEIM);
     
  • Zum seit wohl seit einem Jahrzehnt schmorenden NATO-Vorhaben AGS (Alliance Ground Surveillance - das “AWACS” für die Bodenüberwachung) liest man erstaunliches (vgl. unsere dementsprechenden Berichte hier und da):

    - Man hat sein “Commitment” “reaffirmed”, den U.S.-”Global Hawk” vom Ladentisch zu kaufen und, was u.E. eine Sensation ist und nachrecherchiert werden müsste, mit dem (rein) amerikanischen (MP-RTIP)-Radar (das wäre der Abgesang auf das europäische SOSTAR-Vorhaben und das entsprechende 50:50 JointVenture zwischen SOSTAR und MP-RTIP, genannt TCAR - die Kürzel-Aufklärung schaffen wir heute nicht) eine die EU-Technologie “schädigende” Entscheidung getroffen. Die transatlantischen Verhandlungen über “Blackbox” versus “billiger” Technologie-Transfer werden bestimmt lustig. Mitte 2008 soll bereits der Vertrag unterzeichnet werden (!);
     
  • Die sonstigen CNAD-Beschlüsse sind vielleicht noch wichtiger:

    - Für Afghanistan will man schnell eine gemeinsame ISR-Kapazität (Intelligence, Surveillance, Reconnaissance) aufbauen;

    - Den katastrophalen Hubschrauber-Mangel will man überwinden. Experten berichten, dass während des letzten Pakistan-Hilfseinsatzes die NATO-Staaten plötzlich 75 Chopper meldeten, hatten aber vorher für AFG nur drei oder vier aufgeboten;

    - Die NAD’s wollen eine “non-lethal capability initiative” starten. Weil zwischen-regierungsamtliche Bewegungen ewige Zeit brauchen, sollte man das Verfahren so focussieren: Lobe 10, ober besser, 100 Mio. USD auf den Wirkstoff aus, der - per Bombe oder Granate verbracht - jede zivil-militärische Personenansammlung in feindlich vermutetem Umfeld für eine maximale Zeit ausser Aktion setzt (ja - klingt makaber).

Nochmal sorry, wenn wir noch etwas dranhängen (Leseköpfe schlagen auf den Tisch); Quelle auch Briganti:

  • Im geliebten Land unserer britischen Freunde hat sich eine Lobby-Gruppe für die Belange der Verteidigung gegründet: www.uknda.org
    (die deutsche Verteidiger-Gemeinschaft wird sich nun fragen müssen, wie das eigene Haus eigentlich bestellt ist);
     
  • Gleichzeitig enttäuschen uns einige Insel-Kameraden masslos:

    - Dass sie für die britischen Streitkräfte den “PREDATOR B” in Windeseile beschaffen, treibt die deutsche Luftwaffe in blanken Neid, die wahrscheinlich erst 2011 zwei Flieger kaufen und UAV-Fliegen lernen darf;

    -
    (Nachtrag 16.11: Nein, nein, unser nachfolgender Text ist so grottenfalsch, dass es ganz peinlich ist. Streiche bitte, setze GeoPowers ist durmmdreist und hat selbst fürchterlich geeiert: REAPER ist der Name für den PREDATOR B!!! Wir entschuldigen uns nachdrücklich und hoffen auf britische Nachsicht und Vergebung - bitte) Dass die verantwortlichen Briten ihren gekauften Predator B auf den Namen REAPER taufen, ist eine ausgemachte Dreistigkeit: Wer ein wenig Interesse für die UAV-Szene hat, weiss, dass der wirkliche REAPER ungefähr doppelt so gross und doppelt soviel leistet wie sein Modell, der PREDATOR B. Wenn derartiger Etikettenschwindel in britische Amtsstuben einzieht, eiert das Empire nicht standesgemäss.

{Wer nicht alles schwindelfrei ist}

 

NATO-PA-Berichte: fleissig

9. Oktober 2007

Vor Jahrzehnten waren die Berichte schon gut, heute empfehlen wir sie wieder: Die Reports, die der Parlamentarischen Versammlung der NATO vorgelegt werden, hier zur 53. Jahrestagung, vom 5. - 9. Okt. 07 in Reykjavik:
http://www.nato-pa.int/Default.asp?SHORTCUT=1161

Die 19 von NATO-Parlamentariern verfassten Entwürfe behandeln z.B.:

  • Kosovo, Afghanistan (2 Berichte), Pakistan, Schwarzmeer-Region;
     
  • Schutz kritischer Infrastruktur, Network-Centric Capabilities, Klimawandel;
     
  • Operationelle Kooperation NATO-EU, Ressourcen-Management, Raketenabwehr, Proliferation;
     
  • Die deutschen Mitglieder waren auch fleissig (in aller Regel sind Assis die Schreiber):
    - MdB Kurt Bodewig hat Berichte über Georgien und Moldavien verfasst,
    - MdB Ruprecht Polenz schlussfolgert nach 5 Jahren Kampf gegen den Terrorismus.

Es müsste eigentlich für jeden etwas dabei sein!

{Glücklich ist, wer nichts vergisst}

 

Raketen-Abwehr: beschlossen

5. März 2007

Wenn FDP-Parteichef Guido Westerwelle, die GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Renate Kühnast, SPD-Parteichef Kurt Beck und wer sonst noch russland-besorgte Kommentare zum Thema der geplanten U.S.-Raketenabwehr abgeben, ist das nicht so traurig.

Wenn der von abrufbarem Sachverstand umgebene Verteidigungsminister Jung allerdings den Vorschlag auftischt, das U.S.-Vorhaben “im Rahmen der NATO (zu) entwickeln” (WELT Online, 2.3.07), dann ist das doppelter Unsinn:

  • Das derzeit diskutierte System ist Teil eines rein nationalen Vorhabens der U.S.A. Den Anspruch, darüber in der NATO evtl. abweichend entscheiden zu wollen, ist eine lächerliche Vorstellung.
     
  • Abenteuerlich wird die Inszenierung, wenn man von den originären NATO-Plänen einer Raketenabwehr erfährt (Danke, Netzwerker).
    Peter C. W. Flory, “NATO’s Assistant Secretary for Defence Investment, hat auf der 8. (!) “Missile Defence Conference” des Londoner “Royal United Services Institute for Defence and Security Studies” (RUSI) am 27. 2. 07 einen Vortrag gehalten, in dem die NATO-Optionen öffentlich genannt werden; das Bezugsdokument ist die sog. “Missile Defense Feasibility Study” (MD FS; sie umfasst 10.000 Seiten):

    - Am unteren Ende der NATO-Optionen steht die “low cost”-Alternative, die “einige Hundert Millionen Euro” kosten würde:
    Die bereits jetzt bestehenden nationalen “Battle-Management-Fähigkeiten” (BMC3I) würden für alle NATO-Staaten verfügbar werden. Damit wäre aber nicht die Stationierung von irgendwelchen Abwehr-Raketen verbunden;

    - Eine mögliche Zwischenlösung für die NATO wäre die Anschaffung eines Abwehrsystemes mit ein bis zwei Radaren und einer Abschuss-Anlage für Raketen, die gegnerische Raketen im mittleren Flugabschnitt (midcourse interceptor) treffen sollen. Kosten: 6 - 8 Milliarden EUR);

    - Die “High-End”-Lösung wird auf runde 20 Milliarden EUR geschätzt:
    Eine komplette Verteidigungsarchitektur mit mehreren Abschuss-Plätzen und einem verteilten “Sensor Network”.

Der eigentliche Kracher in Flory’s Rede findet sich auf S. 8. Der NATO-VIP äussert seine private Meinung, dass die gewählten Repräsentanten und die Öffentlichkeit darüber diskutieren müssten. Dann folgt aber die Beschluss-Lage:
“However, there ist not agreement within NATO on a public approach”.

Es ist eines der interessantesten Argumentationsmuster:

  • Die Amerikaner blamieren;
  • Die Russen fürchten, bzw. Händchen halten, ihre Propaganda tief inhalieren;
  • NATO-Pläne vertuschen;
  • anti-iranische Militär-Optionen rundweg ablehnen;
  • mögliche iranische Bedrohungen natürlich wegverhandeln,
  • von der Sache nicht die allergeringste Peilung haben, dafür aber über jede Menge populistische Thesen verfügen, jene Klumpatsch-Totschläger: Wir empfehlen als letzte Notbremse den Klimaschutz;
  • und “Angela” kriegt zum Schluss die Watschen, weil sie diesen ***** nicht aus dem Lüfter geholt hat.

Kein Theater kann diese Nummer aufführen; nur die Wirklichkeit ist mutig genug.

{Die Zukunft ist DEUTSCH: so beschlossen}

 

Kriegsgipfel Riga: durchgesetzt

30. November 2006

Heute hat Verteidigungsminister Jung im “Morgenmagazin” der ARD stolz verkündet, dass sich Deutschland beim NATO-Gipfel in Riga “durchgesetzt” habe. Gemeint ist die Dauerbrenner-Frage des “nationalen Vorbehalts” (caveat) bei dem Einsatz deutscher Soldaten bei Kampfeinsätzen der ISAF im Süden und Osten Afghanistans.

Ob dieser deutsche Vorbehalt tatsächlich so besteht, muss zunächst bezweifelt werden. Die massgebende Leitlinie für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan ist der letzte Antrag der Bundesregierung für die Verlängerung des ISAF-Einsatzes vom 13. September 2006 (Bundestagsdrucksache 16/2573), dem der Bundestag mehrheitlich zugestimmt hat. Dort heisst es (S. 3):

  • “Darüber hinaus sind das deutsche ISAF-Kontingent, deutsche Soldaten in NATO-Stäben wie auch deutsche Anteile an NATO-Verbänden (z.B. NATO-Fernmeldebattaillone) in der Lage, bei Bedarf neben dem operativen Schwerpunkt ISAF-Nordregion die ISAF-Operationen zeitlich und im Umfang begrenzt in anderen Regionen zu unterstützen, sofern dies zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar ist. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die den gesamten ISAF-Verantwortungsbereich abdeckende Logistik und Sanitätsversorgung sowie Nachrichtengewinnung und Aufklärung.”

In Riga hat NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer gegenüber Reportern erklärt, dass alle 26 NATO-Verbündeten trotz ihre nationale Vorbehalte (lt. SACEUR James Jones gibt es 50!) in einer Notlage (“emergency situation”) assistieren wollen. Und es seien durch Reduzierung der “caveats” nun 26.000 der 32.000 ISAF-Soldaten frei bewegbar.

Entscheidend ist aber de Hoop Scheffer’s Nachsatz:

  • “There is no negotiation of the definition of an emergency”. Die Notsituation festzustellen, sei Angelegenheit nur eines Mannes: “one man, and only one man -- the Commander of ISAF”

Demnach dürfte man diese Diskussion beenden können. Dass die Deutschen sich “durchgesetzt” haben, kann man ja immer behaupten. In der Gipfel-Erklärung von Riga wird die gesamte Debatte immerhin auf einen einzigen Satz (“We reaffirm ...”) in der Ziff. 5 reduziert:
http://www.nato.int/docu/pr/2006/p06-150e.htm

Über diesem Problem ist aber festzustellen, dass einige NATO-Staaten gänzlich unsolidarisch sind. Schon vor dem Gipfel hatte der oberste Befehlshaber der NATO, U.S.-General James Jones, festgestellt, dass die von den NATO-Staaten für ISAF zugesagten Truppenstärken nur zu 85 % eingehalten worden seien. Gemessen an der Okt.-Stärke der ISAF vom Oktober 06 (31.000) wäre das ein Fehl von 5.470 (!) Soldaten. Beim Abendessen in Riga soll es dem NATO-Generalsekretär gelungen sein, dass 15 %ige Fehl auf 10 % zu veringern; demnach müssten rund 1.800 mehr zur Verfügung stehen (im Süden AFG fehlen 20 %).

Dazu ist die Presse-Erklärung des Niederländers Bert Koenders, Präsident der NATO-Parlamentarier-Konferenz, vom 28. November 06 zu lesen: “One hundred percent means one hundred percent”. Nun müsste man nur noch die Daten haben, wer was zugesagt und nicht eingehalten hat.

Der britische “Economist” vom 23. Nov. 06 hat eine Geschichte erzählt:

  • “General Richards (Commander ISAF) says he is one of the few commanders ever to be sent into a theatre of war without proper reserve. NATO has pressed for months for an extra 2,200 troops, including a 1,000-strong mobile force with no caveats, able to support other troops, where needed. At the height of the fighting in September, NATO’s military chiefs asked informally whether it would be possible to send out NATO’s ‘strategic reserve’ battalion in France. The answer from Paris was NON, on the ground that it should remain available for duty on the balkans.”

Die tollste Geschichte ist u.E. aber jene, die sich über den Krieg in Afghanistan in den deutschen Medien und Köpfen ausbreitet: Nur weil die Deutschen im Norden Afghanistans eine so tolle Aufbauarbeit leisten (was nicht bestritten werden soll), findet dort kein Krieg statt. Dort wo der Krieg stattfindet, ballert der NATO-Rest, der für dieses wahnsinnig intelektuelle deutsche Konzept der “vernetzten Sicherheit” schlicht zu blöd sein muss.

{Zum Schlafengehen bitte nur eine Geschichte}
(P.S. Für das für die nächsten 10 - 15 Jahre gelten sollende “politische” Grundsatzdokument der NATO, die “Comprehensive Political Guidance”, nehmen wir uns noch etwas Zeit - Sie können sie ja schon gleich lesen:
http://www.nato.int/docu/basictxt/b061129e.htm

 

NATO-Solidarität?: 1 : ?

28. November 2006

Wenn die NATO auf ihrem NATO-Gipfel in Riga die Bündnis-Solidarität, vor allem in Afghanistan, diskutiert, würden vor allem Zahlen-Werke interessieren müssen. Die Voraussetzung dafür wird die Veröffentlichung der bisher als “NATO Restricted” eingestuften “Comprehensive Political Guidance” (CPG) sein, dem wichtigsten, am 16. Dezember 2005 von der NATO beschlossenen, Grundsatz-Dokument (Veröffentlichung am 30.11.06):

In der zentralen CPG heisst es in Ziff. 13 konkret:

  • “On this basis, the Alliance requires sufficent fully deployable and sustainable land forces, and appropiate air and maritime components. This requirement is supported by political targets as set out by Defence Ministers for the proportion of their nation’s land forces which are structured, prepared and equipped for deployed operations (40 %) as well as the proportion undertaking or planned for sustained operations at any one time (8 %)

Wenn man diese Verpflichtung der NATO-Staaten herunterbricht, ergibt sich folgender, von uns errechneter Zahlen-Salat (als pdf)

Die Erkenntnis ist relativ einfach: Wer sich deutlich oberhalb des durchschnittlichen Afghanistan-Committments von 1 : 4,85 bewegt, erhält eine Abmahnung:

  • In der Klasse um > 1 : 10 bewegen sich:
    - Bulgarien
    - Frankreich
    - Portugal
    - Slowakei.
     
  • In der Klasse > 1 : 33 fallen auf:
    - Türkei (für die Sonderkonditionen gelten)
    - Slowenien
    - Polen (die ab Jan. 2007 eine 1.000-starke Truppe stellen)
    - Griechenland (besonders “auffällig”).

Wäre man fleissig, könnte man ausrechnen, welche Verstärkung dem ISAF-Kontingent zufliessen könnte, wenn die betroffenen NATO-Staaten solidarisch wären.

Andererseits weiss man schon, was passiert, wenn man die Zahlen präsentieren würde. Der Eine hat jenen Einwand, der Andere sagt gar nichts. Wie soll man einen Souverän an die Hammelbeine (alte deutsche Spruchweisheit) packen können?

{Macht mag kein Tribunal }

 

NATO-Mitglied Israel?: Sehe

9. August 2006

Wir wissen nicht, welchen nachhaltigen Effekt der Vorschlag von Ralf Fücks auf die sicherheitspolitische Szenerie hinterlassen hat, gestehen aber, dass wir während unseres Urlaubs fast vom Campinghocker gefallen wären, als wir ihn am 20. Juli auf SPIEGEL-Online gelesen haben:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,427649,00.html

Kein Geringerer als der von wem auch immer ernannten Grundsatz-Guru der GRÜNEN, Ralf Fücks, als Vorsitzender der Heinrich-Böll-Stiftung (GRÜNEN-nah) in Amt und Würden, plädiert mit einem sauber runtergeschriebenen Exklusiv-Artikel für die Aufnahme Israels in die NATO!

Wenn man als Beobachter der Sicherheitspolitik Deutschlands seit mehr als 30 Jahren fühlt, stockt einem schon der Atem. “Gestern” noch haben die GRÜNEN die Abschaffung der NATO propagiert, wagen sie sich heute intellektuell ganz ungeniert zu einer Forderung, die sich jedem konservativen Oldtimer automatisch verschliesst; die Dreistigkeit des Fahnenschwungs ist wirklich sehr beachtlich.

Fraglich ist aber, ob dieser Schwung in der Tiefe der Konsequenzen von den “Fücksen” mitgetragen wird. Vor einiger Zeit haben wir uns mit einem, seit langem, hochpolitisierten Stabsoffizier unterhalten, den wir seit langem kennen und sehr schätzen. Seine Empfindungen sind u.E. nachdenkenswert:

  • Stabsoffizier “X” argumentiert, dass es auf Seiten des “rot-grünen” Spektrums von Seiten der Meinungsführer wie z.B. Heidemarie Wieczorek-Zeul (HWZ) und GRÜNEN eine absolut neue Strategie-Linie gäbe, die für eine “Interventions-Freudigkeit” zugunsten der “Menschenrechts-Freundlichkeit” der rot-grünen Ideologie spräche.
     
  • Gleichzeitig stellt aber Stabsoffizier “X” fest, dass damit keineswegs eine Verbindung zu den Voraussetzungen einer solchen Strategie gegeben wird (sprich Ressourcen-Gestellung). Am logischen Ende wird sich deshalb jeder Soldat als “verheizt” vorkommen.

Wenn das “Maul-Heldentum” platzgreifen sollte, müsste man gewarnt sein.

{Vorsicht ist keine Sehweise, sondern  eine weise Sehe}

 

Global Partnership: Riga

24. Mai 2006

Karl-Heinz Kamp, Abteilungsleiter Aussen- und Sicherheitspolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung, hat sich in einer 4-Seiten-Analyse mit dem Thema “Global Partnership” auseinandergesetzt und fragt, ob es “ein neuer Streitpunkt in der NATO” werden könnte (sie wird wahrscheinlich bald in der Rubrik “Analysen und Argumente” auf www.kas.de zu finden sein).

Seit dem Frühjahr 2004 haben Vertreter der U.S.-Administration die “Global Partnership” ins Gespräch gebracht. Staaten wie Australien, Neuseeland oder Japan pflegen als sog. “Contact Countries” zwar seit langem unverbindliche Beziehungen zur NATO, sollen aber nun in noch nicht näher definierter Form in das Bündnis eingewoben werden. Für Australien und Neuseeland erscheint dies nachvollziehbar, denn beide Staaten unterstützen durch nicht unerhebliche Leistungen, z.B. in Afghanistan, das globale Engagement der Nordatlantischen Allianz. Als Mitglieder eines “Global Partnership Council” (GPC) sind allerdings auch Pakistan, Süd-Korea und Singapur im Gespräch.

Die Kriterien für die Konzeption der Global Partnership hinterfragt Analyst Kamp so:

  • “Ist es die politische Nähe des Kandidaten zur ‘westlichen’ Institution NATO, ist es die Höhe seines militärischen Beitrages oder ist es seine strategische Relevanz - und die strategische Relevanz für wen? Was ist, wenn die politische und strategische Bedeutung eines Kandidaten seiner ‘Bündnisverträglichkeit’ offensichtlich widerspricht?
     
  • Wer entscheidet über die Zusammensetzung des zu bildenden ‘Global Partnership Council’? Wie werden die sogenannten’postneutralen’ Länder (Schweden, Finnland, Österreich, Schweiz) eingebunden, die sich an NATO-Operationen beteiligen, geografisch aber in Europa liegen? Welche Rolle soll Russland als besonderer Partner der NATO im Rahmen eines globalen Forums zukommen?”

Die Mehrzahl der NATO-Europäer steht dem amerikanischen Projekt lt. Kamp “kritisch gegenüber”. Dass einige U.S.-Vertreter Pakistan als Kandidaten nennen, habe auch zu dem Verdacht geführt,
“dass es den USA vor allem darum gehe, die NATO als Instrument der amerikanischen Globalstrategie zu verstehen und als Werkzeug im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus fortzuentwickeln.”

Plakativ formuliert der Autor, dass das Ziel der globalen Erweiterung “nicht der Export von Demokratie, sondern der Import von Unterstützung in die NATO” sei. U.E. ist aber problematisch, wenn Kamp der U.S.-Administration vorwirft, trotz der von ihm festgestellten “schlüssigen Begründung” für den Partnerschaftsgedanken diese “nur unzureichend” vertreten zu haben (S. 3), und (nur) von Washington verlangt, bis zum NATO-Gipfel in Riga (11/2006) “die entsprechenden Antworten” auf die offenen Fragen zu geben (S. 4, letzter Satz). Bis Riga sollten eigentlich alle Staats- und Regierungschefs zu dieser strategischen Frage der Allianz sprachfähig werden.

{Die Unschuldsmiene ist nicht patentierungsfähig}

 

NATO-lead Darfur: Ball?

22. März 2006

Wer Beispiele für die These vom “beauty contest” zwischen NATO und EU sucht, wird neben dem temporären Sieg der EU hinsichtlich der Demokratischen Republik Kongo (DRC) die NATO nicht aus dem Auge lassen.

NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer hat U.S.-Präsident George W. Bush besucht, und ihre am 20. 3. 2006 geäusserten Erklärungen lassen ein verstärktes NATO-Engagement im Sudan ahnen:
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2006/03/print/20060320-1.html

U.S.-Präsident Bush geht demnach weit. Sollte die Afrikanische Union ihre Mission auf die U.N. übertragen wollen, worüber sie Ende März entscheiden wird (siehe www.africa-union.org ) und “im Prinzip” schon votiert, droht:

  • “I talked to him (Scheffer) about a strategy that would enable NATO to take the lead in Dafur.”

NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer ist etwas zurückhaltender:

  • “... when the U.N. comes, the NATO allies will be ready to do more in enabling the United Nations force in Dafur.”

Im NATO/EU-”Schönheitswettbewerb” gilt, dass die U.S.-Administration drängt, die noch nicht im Einsatz gezeigte NATO Response Force (NRF) endlich zur Schau zu bringen; Frankreich mag das gar nicht. Und für den NATO-Gipfel in Riga (Nov. 06) sucht man dringend nach der Tisch-Dekoration.

Es ist eine gute Frage, wie derartige “Bälle” eigentlich ins Rollen kommen. In Sachen Kongo war es jenes strategische Gespräch Merkel/Chirac am soundsovielten. Bezüglich Dafur steht wohl ein “long-distance-call from Washington” bevor, falls er nicht schon stattgefunden hat.

{Politik kann nicht inszeniert werden - der Applaus fehlt}

 

Jones/Reid: aufheben

9. März 2006

Das Briefing, dass der NATO-SACEUR (Supreme Allied Commander Europe), General James L. Jones, am 6. März 2006 im U.S. Verteidigungsministerium gegeben hat (siehe:
http://www.defenselink.mil/transcripts/2006/tr20060306-12612.html ),
ist u.E. zu zwei Fragen beachtenswert:

  • Die 7. Rotation der NATO Response Force (NRF-7), ca. 25.000 Soldaten incl. Luftwaffe und Marine, die am 1. Oktober 2006 zertifiziert einsatzbereit sein soll, ist erst zu 75 % bemannt und ausgerüstet (schlummert da etwas sanft ein?).
     
  • General Jones klassifiziert die A400M als taktischen, nicht als strategischen Lufttransporter und meint, dass die NATO ein strategisches Transportflugzeug benötige.
    “Frage: Wie die C-17?”
    Gen. Jones: “Die C-17 wäre eine exzellente Wahl, oder etwas vergleichbares.”

Zeitgleich hat der britische Verteidigungsminister John Reid einen 5-seitigen Brandbrief an seine Amtskollegen in NATO und EU geschrieben. Auch er meint, dass die Europäer die strategischen Lufttransport-Kapazitäten erhöhen sollten, vermeidet aber konkrete Lösungungs-Vorschläge:
http://www.mod.uk/DefenceInternet/DefenceNews/PressCentre/070306ReidIssuesStrategicAi rliftChallenge.htm

Nicht in dieser Presse-Mitteilung, aber in dem Original-Text des Reid-Briefes ist eine konkrete Rechengrösse angeführt:
VM Reid fordert, dass acht Prozent der Landstreitkräfte per Lufttransport anzulanden sind (die entscheidende
deutsche Studie geht von 10 % aus). Ungeklärt ist natürlich, welche “Landstreitkräfte” er meint: Ein NRF-Kontingent oder die in Wirklichkeit nur aus 2 (zwei) bestehenden EU-Battlegroups addierten 3.000 EU-Soldaten.

Wer sich der Thematik ohne die Weihen der höheren Militärpolitik nähern will, wird sich wohl wundern:

  • Haben nicht gerade ungefähr 18 NATO-Staaten das SALIS-Abkommen (Strategic AirLift Interim Solution) unterschrieben (Charter von 4.800 Flugstunden/Jahr mit 6 Antonov AN 124 von Wolga Dnepr, so auch erwähnt in Reid’s Presse-Erklärung, Endnote 4; wichtig auch Endnote 5)?
     
  • Waren bei SALIS zunächst nicht erheblich mehr Flugstunden vorgesehen, die dann mangels Finanzen deutlich abgesenkt worden sind?
     
  • Wer rechnet dem NATO/EU-Bürger die britische 8%-Formel in Airlift um?

Vielleicht entdeckt man ja das Wehrtechnik-Papier der “Junge Union”, Niedersachsen; sie haben den deutschen Cargo-Lifter (150 t) nicht vergessen (kein Fake)!

{Immanuel sagt: “aufheben - aufheben - aufheben” (= lift)}

 

U.S./NATO-Positionierung: Delta

27. Februar 2006

Für den NATO-Gipfel der Staats- und Regierungs-Chefs der NATO im Nov. 2006 in Riga suchen alle Beteiligten noch nach dem Hit für den adäquaten Verkauf der Veranstaltung. Karl-Heinz Kamp, sicherheitspolitischer Koordinator der “Konrad-Adenauer-Stiftung”, hat eine ganz saubere Lage-Beurteilung der Situation geschrieben:
http://www.kas.de/db_files/dokumente/7_dokument_dok_pdf_8028_1.pdf

Auf dieser Grundlage hat man u.E. zu beurteilen, was Kurt Volker, Staatssekretär im U.S.-Aussenministerium, zuständig für “European and Eurasian Affairs”, zur Perspektive der U.S.-Position in Sachen Zukunft der NATO ins Spiel gebracht hat:
http://www.state.gov/p/eur/rls/rm/2006/62073.htm

Schon in Volkers Vortrag sind deutliche Festlegungen zu markieren:

  • Albanien scheint auf der U.S.-Wunschliste für die Erweiterung der NATO zu stehen,  allerdings nicht für 2006 (S. 3);
     
  • Mit Australien, Neu-Seeland, Süd-Korea und Japan will Volker “Wege der Kooperation” finden (S. 3), was die “alten Europäer” relativ nervös macht;
     
  • Dass die NATO eine “very important alliance” sei (S. 1), ist eine typische Übertreibung. Fast jeder Europäer denkt dabei nur, dass er ein “dreckiger” Schraubenschlüssel im Werkzeugkasten des U.S.-”Imperialismus” ist.

In der anschliessenden Diskussion findet man zusätzlich:

  • Staatssekretär Volker beschreibt, wie sich NATO und EU um den Einsatz im Sudan geradezu prügeln (S. 4);
     
  • Das gerade von vielen NATO-Staaten geschlossene Abkommen zur Charter von Antonow AN-124 für den strategischen Lufttransport (suche: SALIS) hält Volker für “very expensive” (S. 7). Sein Plädoyer für eine NATO-weite Eignerschaft des ungenannten Flugzeugtyps C-17 fällt eindeutig aus; über dessen Kosten-Effektivität schweigt der Vortragende natürlich;
     
  • Die U.S.-Administration scheint sich für die gesamte “Schwarzmeer-Region” zu erwärmen; die NATO könne zur weiteren Entwicklung Beitragender sein (S. 7 f.).

Dem Volker-Statement kann man letztlich auch nicht den Marketing-Hit für das Treffen der Staats- und Regierungs-Chefs der NATO in Riga entnehmen. Wenn man bedenkt, dass seit zwei Jahren auf der “Münchner Sicherheitskonferenz” eine Re-Politisierung der NATO gefordert wird, öffnet sich irgendwie ein Delta zwischen deklaratorischer und “Action-Policy” (nebenbei: seit Bestehen der NATO haben die strategischen Entscheidungen noch nie innerhalb der “regulären” NATO-Gremien stattgefunden).

{Wie kann ich wissen, was ich tue - bevor ich spüre, dass ich irre?}

 

Force Generation: C4

25. November 2005

Das britische “Royal United Services Institute for Defence and Security Strategies” (RUSI) hat der “Verteidiger-Gemeinschaft” einen sehr guten Dienst erwiesen. Mit seiner Studie
“Reforming NATO Force Generation - Progress, Problems and Outstanding Challenges”
gehört Berichterstatter Mark Joyce zu jenen, die zu den Fenster-Reden der Kaffeehaus-Strategen das empirische C4 liefern:
http://www.rusi.org/downloads/announcements/FG_Report.pdf

Demnach war die “Erzeugungsfähigkeit” der NATO für den Einsatz von Streitkräften in Afghanistan im Jahr 2004 im Gegensatz zu 2005 kurz vor dem Zusammenbruch. Die zukünftigen Herausforderungen der NATO in Sachen tatsächlicher “Force Generation” sind aber nicht unerheblich:

  • Zentrales Stichwort ist die “politische Zusammenhangskraft” (cohesion);
     
  • Ganz praktisches Problem ist der Grundsatz: Kosten sind dort abzugegleichen, wo sie anfallen (“Cost lie, where they fall”). Logisch, dass nur das “Common funding” gerechten, aber ungeliebten Ausweg bietet;
     
  • Schön wäre es, die “Empfehlungen” der RUSI-Studie ((S. 30 ff.) zu messen an den Ergebnissen der irgendwann im Nov. 2005 stattfindenden “Global Force Generation Conference” der NATO. Höchstwahrscheinlich hat die Öffentlichkeit keine Chance, zeitnah Erkenntnisse zu gewinnen.

Weil die NATO “Global Player” sein will, wird sie eine “Globale Force” (Product) generieren müssen (sie hat keine “Konkurrenz”!). Die Rusi-Studie und mögliche Zukunfts-Szenare zeigen aber, dass doch alles ganz erheblich “auf Rand genäht” ist.

{Empirisches C4 darf man nicht mögen}

 

NATO-Transformation: spanisch

16. November 2005

Heute wird der spanische Denkpanzer FAES ( http://www.fundacionfaes.es/default.cfm ) von sich reden machen, denn die Studie “NATO: An Alliance for Freedom” von Rafael L. Bardji, mit einem Vorwort von José María Aznar versehen, wird vorgestellt.

Wem selbst keine Patent-Rezepte für eine neue glamouröse NATO einfallen, wird sich mit den spanischen Vorschlägen wahrscheinlich auch schwer tun:

  • Der aktuellen NATO wird “Hyperaktivität” vorgeworfen; sie sei in der schwersten Krise ihrer Geschichte;
     
  • Als neue “Mission” für die NATO wird vorgeschlagen:

    - “Homeland Defense” (die NATO-”Innenminister” werden sich die Schenkel rot schlagen!);

    - eine “Counter-Proliferation-Strategy”, die die Unfähigkeit der bisherigen Strategie durch “possible joint action” (!?) ersetzt;

    - Statt Nation-Building wird “Democracy Building” empfohlen:
    “In regions where democracy is an alien idea, or where it is scare or simply non-existent, security requires the elimination of regimes based on fear and oppression”. Dies steht im Zusammenhang mit der Forderung, den Krieg gegen den “Islamic jihadism” in das Zentrum der Allianz-Strategie zu rücken. Wer den zweiten Absatz der S. 12 liest, wird fürchten, dass Kriege zu führen sind;

    - Israel, Japan und Australien sollen Mitglied der NATO werden, mit Indien und Kolumbien sollen strategische Verbindungen aufgenommen werden!

{Sorry, wenn uns das - politisch unkorrekt - “spanisch” vorkommt}

 

NATOs Berliner Signal: Anspruch

13. September 2005

Damit auch die NATO zu den Feiern “50 Jahre Bundeswehr” beiträgt, hat Verteidigungsminister Struck seine Minister-Kollegen für heute und morgen zum üblichen informellen Halbjahres-Treffen nach Berlin eingeladen.

Mit einem konkreten Ergebnis kann man Reklame machen: Die NATO kauft sich bis 2012 strategische Lufttransport-Kapazität ein:

  • Die Ruslan Salis GmbH wird auf dem Flugplatz Leipzig/Halle zwei Lufttransporter des Typs AN 124 (Ruslan) permanent und vier weitere Maschinen mit einem 6-9 Tage Vorlauf bereitstellen. Die 120-Tonnen-Flieger werden von den Gesellschaftern Wolga Dnjepr und Antonov 50:50 eingebracht. Von den 2.000 bereitzustellenden Flugstunden pro Jahr nimmt Deutschland 750 zum Preis von 20 Mio. EUR ab; den Rest teilen sich z.B. F 25,4 %, CD 7,4 % DK 4,5 %, NL 6,6 %, PL 4,5 % (Spanien und Portugal nehmen nicht teil).

Als zentrales Thema haben sich die Verteidigungsminister der Allianz eine Fragestellung vorgenommen, die die hohe Politik in die NATO zurückbringen soll:
Wie soll der Nordatlantik-Pakt in den nächsten zehn Jahren politisch transformiert werden?
Voraussetzung dazu wäre, dass die Verteidigungsminister von ihren eigenen Aussenminister-Kollegen zunächst einmal ernstgenommen werden müssten. Bisher beraten und beschliessen jene in NATO und EU nämlich, ohne die Militär-Minister überhaupt zu ihren Sitzungen zuzulassen.

Trotz des informellen Charakters soll es eine Abschlusserklärung zur neuen 2015-Strategie, “Berliner Signal” betitelt, geben. Der Anspruch klingt immerhin ganz gewaltig.

{Ansprüche sind nicht wirklich ansprechend}

 

NATO-Raketen-Abwehr: Tempo

9. September 2005

Dem Wahlkampf könnte man für die letzte Woche noch einen schrillen Dreh geben: Fragen Sie die Kandidaten nach ihrer Position hinsichtlich einer Raketenabwehr für Europa! Damit Sie nicht als Witzbold eingestuft werden, sollten Sie argumentativ vorbauen:

  • Am 31. August 2005 hat ein Konsortium von Northrop Grumman, EADS und Indra (Sp) seine Kandidatur für die im Frühjahr 2006 geplante Auftragsvergabe des  “Systementwicklungs- und -integrationsvertrages” eines “Active-Layered Theatre Ballistic-Missile Defence” (ALTBMD) der NATO für Europa angekündigt.

    Am 6. September 2005 folgte der zweite Wettbewerber BOEING, der sich mit einer Riesentruppe umgeben hat: BAE, Finmeccanica, Havelsan (Türkei), Lockheed Martin, MBDA, Pit (Polen) und Teledyne Brown (US).
     
  • Am 7. September hat dazu passend ein “Förderverein” eine Umfrage veröffentlicht, die 71 % der Europäer pro ALTBMD verortet. Wer die Seite 2 der abladbaren ppt-Darstellung überblickt, wird erkennen, welche zu einer Umfrage gehörenden Daten fehlen. Dass das regierungsamtliche (U.S. + D) “Marshall Center” in Garmisch Hilfswilliger der Raketen-Advokaten ist, wird sicherlich noch Kritiker wachrütteln:
    http://www.missiledefenseadvocacy.org (die Gegner findet man auf www.cdi.org ).

Natürlich wird man nicht in irgendeine Form von Hektik verfallen, wenn man die Parameter des Umfeldes kennt. Wer würde glauben, dass die NATO-Europäer ihre im Grundsatz seit langem beschlossenen Rüstungsprojekte irgendwann auch umsetzen? Sie eignen sich allerdings hervorragend als Dauerbrenner.

{Man geniesst die Zeit - am besten mit Tempo}

 

NATO-Sommer: verregnet

10. Juni 2005

Man muss so tun, als sei die NATO-Sommer-Tagung ein wichtiges Ereignis:

Die Organisation hat wieder ein “Kompendium der finanziellen und ökonomischen Daten bezüglich der Verteidigung” herausgegeben; erstmals werden die Daten der “Russischen Förderation” so aufgeführt, als sei der ehemalige Feind schon Mitglied der Allianz: http://www.nato.int/docu/pr/2005/p050609.pdf

Es dürfte wenig Zweck haben, in allen Tabellen die für Deutschland angegebenen Werte in Relation zu vergleichbaren Nationen zu setzen. Trends sind wie sie sind - Umschwünge hätten Brechstangen-Charakter; sie sind politisch nicht korrekt.

Das von der Bundesregierung betriebene Ende der deutschen “nuklearen Teilhabe” (und das Ende von U.S.-Nuklearwaffen auf deutschem Boden) hat in der Erklärung der “Nuklearen Planungsgruppe” sein Gegenteil erfahren:
http://www.nato.int/docu/pr/2005/p05-075e.htm (siehe Ziff. 7 und 8).

In die Darfur-Region des Sudan will die NATO rund 5.000 Soldaten der “Afrikanischen Union” einfliegen. Eine Handvoll Offiziere der NATO werden ausserdem in der “Planungszelle” der Einsatzführung in Addis Abeba sitzen.

Dass bei der NATO weiterhin fröhlich an den altbekannten Themen gewerkelt wird, zeigt der Text des “Final Communique” (Ziff. 12, insbesonder der 5. Spiegelstrich):
http://www.nato.int/docu/pr/2005/p05-076e.htm

Man sollte sich das Wochenende von derartigen Texten nicht verregnen lassen - Gute Wünsche aus der Bonner Bucht (hier hat uns gestern Prof. C. Hacke im “Haus der Geschichte” die Landesverteidigung empfohlen!).

{Regen ist des Sommers wonnige Lust}

 

NATO: ZZV

21. Februar 2005

Wer sich zu dem kleinen Schärflein derjenigen rechnen möchte, das sich noch um unabhängige Sachlichkeit bemüht, sollte wieder das Standard-Formular für die Bitte um Zusendung einer Studie der “Stiftung Wissenschaft und Politik” ( www.swp-berlin.org ) bemühen.

Helga Haftendorn, Prof. em. der FU Berlin, Ikone der sicherheitspolitischen Politik-Wissenschaft, hat für den Denk-Tank SWP die 30-S.-Studie
“Das Atlantische Bündnis in der Anpassungskrise” geschrieben.

Für die Schnell-Leser in den Amtsstuben reicht die Lektüre der Seiten 28 - 30 aus:

  • “... herrscht im Bündnis alles andere als Aufbruchstimmung, vielmehr ein Gefühl der Malaise”;
     
  • “Sie (die NATO-Mitglieder, d. Verf.) engagieren sich nur dann mit ganzer Kraft, wenn sie sich durch die perzipierten Gefahren selbst betroffen fühlen ... Das Fehlen einer offensichtlichen Bedrohung macht heute politische Eigenwege möglich, die unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts sehr gefährlich gewesen wären”;
     
  • “Am dauerhaftesten ist der Konflikt zwischen Washington und Paris, unter dem das Bündnis seit den Zeiten Kennedys und de Gaulles leidet. Bei ihm geht es im Kern um die Frage, welche Nation die Ziele und Zwecke des Bündnisses festlegt und inwieweit sie dabei die Interessen der anderen Mitglieder berücksichtigt”;
     
  • “Die Unsicherheiten über die künftige Bündnispolitik Washingtons ergeben sich weder aus der Persönlichkeit von George W. Bush noch aus dem konservativen Zuschnitt seiner Administration”;
     
  • “Eine Voraussetzung für den Fortbestand einer in der Substanz veränderten NATO ist weiterhin ein Bestand an gemeinsamen sicherheitspolitischen Interessen und Risikoeinschätzungen, die - und das ist ganz wichtig! - auch von den USA geteilt werden”;

Zentral sind die Folgerungen, die Frau Haftendorn für die Bundesregierung in Berlin als gegeben ansieht:

  • “Zunächst muss Berlin seine eigenen Interessen an der NATO definieren und eine kohärente Bündnispolitik entwickeln, die zwar auf aktuelle Ereignisse reagiert, aber über den Tag hinaus Bestand hat”;
     
  • “Die deutsche Bündnispolitik sollte von dem Ziel geleitet sein, die NATO als Risikogemeinschaft, als Sicherheitscaucus und als transatlantischen Transmissionsriemen zu erhalten”;
     
  • “Angesichts seiner starken transatlantischen Dimension lässt sich das Atlantische Bündnis nicht von einer wie auch immer ausgestalteten ESVP ersetzen”;
     
  • “Die Bundesregierung sollte sich bewusst sein, dass von Deutschland eine ihrer weltpolitischen Rolle entsprechende Verantwortungsbereitschaft und darauf gegründete Initiativen erwartet werden.”

Es ist wohl kaum zu erwarten, dass die kluge Studie von Frau Prof. Haftendorn die Meinung des Bundeskanzlers ausreichend tangieren wird. Vor die strategische Alternative gestellt, zwischen Abgrenzung und Komplementarität deutscher NATO-Strategie zu wählen, wird Gerhard Schröder, im Verbund vor allem mit Frankreich, aber auch Russland und China eher die Abgrenzung wählen, was zwar nicht die sicherheitspolitisch “verantwortliche” und staatsmännische, dafür aber die innenpolitisch motivierte Wahlstimmen-Multiplikation für den vermeintlichen Machterhalt ist.

Solange den Deutschen eine deutlich vor Augen geführte Bedrohung fehlt, wird der Medienkanzler sein Spiel mit den Oberflächlichkeiten seiner “Zivilmacht”-Sicherheitspolitik treiben können, gekrönt vom vorgegaukelten ständigen Sitz im U.N.-Sicherheitsrat.

Schade nur, dass bestimmte Weichenstellungen in der Politik erst nach langer Zeit ihre Bedeutung zeigen.

{Geben Sie sich nur mit der Zukunfts-Zeitraffer-Version (ZZV) zufrieden}

 

NATO-Raketenabwehr: soft

27. Januar 2005

Wenn im März d.J. die deutsche Seite das Memorandum of Understandig (MoU) für die Entwicklung von MEADS (Suche in GP) unterschrieben haben wird, müsste die “Science Applications International Corporation” (SAIC) gerade ihre für die NATO verfasste “Missile Defence Feasibility Study” (MDFS) vorlegen. Wer sich über den Zusammenhang schnell informieren will, sollte wenigstens die Ziff. 28 ff. in der sauberen Studie des NATO-Parlamentariers Lothar Ibrügger lesen:
http://www.nato-pa.int/default.asp?TAB=497

Vielleicht wird sich die deutsche Öffentlichkeit dann etwas mehr für das Thema interessieren:

  • Im Gegensatz zu MEADS geht es um den Schutz des europäischen “Heimatlandes” vor Raketen-Angriffen mit einer Reichweite von mehr als 1.000 km, also die “eigene Haut”;
     
  • Die Optionen sind so oder so nicht berückend:

    - Wenn die bösen Amis die sich entwickelnde Bedrohung militärisch nicht unilateral beseitigen, muss die Fischer-Truppe konkret beweisen, dass die iranische Regierung aufgrund der europäischen Soft-Power auf ihre Raketen-Entwicklung sowie die von Nuklearwaffen verzichtet, damit die NATO-Raketenabwehr überflüssig wird;

    - Anderfalls entsteht zumindest eine präsumtive Bedrohung mit sehr geringem Risiko, der sich eine meadsige Regierung gar nicht verschliessen kann. Immerhin hat Japan mit den U.S.A. schon eine Zusamenarbeit in der Raketenabwehr beschlossen. Allerdings könnten die deutschen Verteidigungs-Regierer nicht wie bei MEADS verfahren, aufgrund eigentlich nicht vorhandener Finanzen eine mangelhafte Beschaffung nach 2025 darzustellen. Besonders erfrischend würde ein deutscher Beitritt zur NATO-weiten Raketenabwehr auf die Bw-Finanzplanung wirken; bisher ist darin nicht ein EURO dafür eingestellt.

Wenn sich Harald Schmidt erst einmal mit dem Thema beschäftigt, wird er sicher schmunzeln, dass die weithin angenommene Bush-Variante in Sachen Iran für den sicherheits- und finanzbewussten deutschen Michel doch so unelegant nicht ist. Ausserdem eignet sich der Stoff auch für die Verschwörungstheorie, dass der Bundesregierung diese Variante heimlich die liebste ist (Schröder “scheint daran zu denken”).

{Soft Power in Rhein-Kultur}

 

Mittelmeer-Dialog: Cordon

30. November 2004

Als Festredner zum “Wehrtechnik”-Empfang (Mönch-Verlag) in Bonn hat gestern General Harald Kujat, Vorsitzender des “Military Committee” der NATO, zwei Konfliktfelder angesprochen, die er ausdrücklich nicht gern mit dem Begriff “Cordon sanitaire” verbinden wollte: Die Entwicklung der Krisenregion Sub-Sahara und die NATO-Politik mit den Staaten des sog. “Mittelmeer-Dialogs” (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Marokko, Mauretanien und Tunesien; näheres siehe: http://www.nato.int/med-dial/home.htm ).

Der 1994 begonnene Mittelmeer-Dialog der NATO ist eigentlich ein politisches und  bilaterales Konsultativ-Organ und hat im politischen Bereich eher magere Ergebnisse erbracht. General Kujat konnte jedoch auf dem militärischen Feld eine mittelprächtige Sensation vermelden, die  bisher keine Presse gehabt haben soll:

  • Vor einigen Tagen haben sich erstmals die Generalstabs-Chefs der Streitkräfte des Mittelmeer-Dialogs (incl. des israelischen!) mit dem Military Committee an einen Tisch gesetzt. Vereinbart wurde ein Arbeitsprogramm, das eine Experten-Gruppe im Januar in Brüssel konkretisieren soll. Für Mai 2005 ist die nächste Sitzung geplant.
     
  • Der interessanteste Punkt der verabredeten Zusamenarbeit aber ist: Man will Informationen der Geheimdienste untereinander austauschen.

Man wird sehen, in welche Richtung sich die Cordon sanitaire-Strategie der NATO-Mittelmeerer verlagern wird: gen Süden oder (und/oder?) Osten. Am 8. Dezember 2004 wird uns vielleicht eine mikroskopische Text-Analyse des Kommunique`s der NATO-Aussenminister weiterhelfen; die wollen sich auch mit dem Thema beschäftigen.

{Frage aus der letzten Reihe: “Und was macht der Barcelona-Prozess?”}

 

NATO-SitRep: F-Marsch

17. September 2004

Ein richtiger NATO-XXL hat einen Situation-Report abgegeben, der so uninteressant nicht ist:

  • Unser XXL regt sich masslos über die Arroganz der Amis auf (dabei ist er nicht allein, allerdings sind alle Mächtigen in aller Regel arrogant);
     
  • Die Streitkräfte-Planung der NATO-Staaten sei nach wie vor noch im Kalte-Kriegs-Stadium. Der überall strapazierte Begriff “Transformation” sei nichts anderes als eine Worthülse;
    (Es ist ja auch bedeutend, dass von den zu Buche stehenden 2,7 Millionen europäischen NATO-Soldaten immerhin 21.000 (gut 0,8 %) im Jahr 2007 für die verwendbare NATO Response Force bereitstehen.
    Wer über die Bw-Definition des Begriffes Transformation nachdenkt, wird das vielleicht bestätigen:
    “Transformation ist die Gestaltung eines fortlaufenden Anpassungs-Prozesses, dessen Ziel die Erhöhung der Wirksamkeit der Bundeswehr im Einsatz ist.”);
     
  • Der NATO-gemeinsame Haushalt in Höhe von 680 Mio. US$ (ca. 0,5 % der europ. NATO-Verteidigungsausgaben) gerät durch die zunehmenden Stabilisierungs-Einsätze der NATO in die Unterfinanzierung.
     
  • Für das italienische und das spanische Bataillon haben die Spanier letztendlich wenigstens einige Cougar-Hubschrauber spendiert, damit die Kameraden aus Kabul in die Provinz fliegen können, um Wahl-Absicherung zu betreiben;
     
  • Neben diesen “Peanuts” macht sich ein möglicher strategischer Faktor ganz anders aus, den unser XXL lanciert haben will:
    Die Franzosen befinden sich auf dem “Marsch durch die Institutionen” der NATO, obwohl sie seit Jahrzehnten offiziell nicht militärisch integriert sein wollen. Ausserdem folgen sie der Logik: Wenn sich die Amis immer mehr aus der Allianz zurückziehen, muss jemand ihren Platz einnehmen:

    - Die quantitativ und qualitativ beste Truppe für die NATO-Response-Force stellen die Franzosen (!);
    - Ca. 110 hohe französische Offiziersränge sind zusätzlich in die militärische Integration eingesickert;
    - Im Kosovo wie in Afghanistan haben französische Generale das Oberkommando;
    - beim zukunftsweisenden “Concept, Development & Evaluation”-Prozess (CD&E), einem NATO-übergreifenden Elite-Kämpfer-Club unter amerikanischer Führung, sind die Franzosen ebenso ganz eifrig dabei;
    - unsere französischen Freunde hätten endlich begriffen, dass den Europäern das nötige Kleingeld für den parallelen Aufbau von EU- und NATO-Kampftruppe fehlt.

NATO-Optimisten werden alles doch recht schrecklich finden, die Pessimisten werden das Ende der Allianz prophezeien. Aus der Sicht des Jahres 2030 wird sich das beruhigen: Es gibt heute immer noch die Westeuropäische Union (WEU) - und die OSZE wird seit einem Jahrzehnt von einigen Optimisten als propere Nachfolge-Organisation für die NATO gefordert.

{Macht ist nicht nur arrogant - auch beständig}

 

NATO/Irak-Training: tot

5. August 2004

Man erinnert sich: Während des NATO-Gipfels in Istanbul (28./29. Juni 2004) hatte sich das vom U.S.-Hegemon so erfolgreich geführte Bündnis immerhin dazu durchringen können, der irakischen Armee Ausbildungshilfe angedeihen zu lassen. Alle Mandatierungs-Vorgaben waren erfüllt: Die U.N.-Sicherheits-Resolution 1546 fordert zur Hilfe, die irakische Regierung hatte brieflich und durch die persönliche Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes gebettelt.

Am 30. Juli 2004 beklatschte das U.S.-Aussen-Ministerium die NATO-Entscheidung, dass die NATO ihre “Training Implementation Mission” Anfang August beginnen werde. NATO-General-Sekretär de Hoop Scheffer war bei der Presse-Konferenz augenscheinlich etwas genervt:

  • But I’ve given you the number of people, roughly around 40... 37, 38, 40, I mean give or take one.”

Natürlich soll die gewaltige NATO-Streitmacht von 40 “Ausbildern” nur der “Nucleus” eines wesentlich gewaltigeren Trainer-Heeres sein; darüber werden aber am 15. September erst einmal die NATO-Commanders berichten. Immerhin: U.S./NATO-Botschafter Burns wird mit dem Ausspruch zitiert: “the NATO flag is definitely going to be in Baghdad” (ap, 1.8.04). Vorsichtig wird auch die Kommando-Unterstellung gehandhabt, weil die Franzosen bezüglich der Befehls-Beziehung zum U.S.Kommando hyper-sensibel sind.

Gegen sie schmale- NATO-Truppe im Irak (natürlich im irakischen Verteidigungs-Ministerium verkrümmelt), nimmt sich die deutsche Ausbildungs-Truppe gewaltig aus. www.bundeswehr.de meldet am 4.8.04, dass die Bundesregierung derzeit Ausbildungs-Unterstützung in den Bereichen

  • “Strassen- und Brückenbau (Pionierwesen),
  • Beseitigung von Sprengmitteln und
  • Instandsetzung von Lastkraftwagen” prüft.
     
  • Gleichzeitig überlegt man, den irakische Streitkräften 100 gebrauchte LKW aus Bundeswehr-Beständen bereitzustellen (logisch, dass man für deren Instand-Setzung wiederum die Ausbildungs-Hilfe anbietet).

Nicht unwichtige Einschränkung ist natürlich, dass dies nicht im Irak, sondern nur in Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) geschehen soll. Unübersehbar fett gedruckt ist ausserdem der Hinweis in der BMVg-Mitteilung: “Derzeit sind weder LKW noch Personal der Bundeswehr in Richtung Vereinigte Arabische Emirate unterwegs.”

Nun möge bitte niemand mit dem Argument aufdonnern wollen, dass die NATO im allgemeinen und die Bundesrepublik im besonderen - mit amerikanischen Augen betrachtet - der ach so wichtigen Nordatlantischen Allianz einen besonders dicken Grabstein anliefere. Zu wieviel Prozent ist Aussenpolitik Konsumzweck für die Innen-Politik?: 90 oder 99 %?

Wenn solche Nachrichten erst einmal die entsprechenden Parlamentarier erreicht haben werden, müsste sich eigentlich - wenigstens ein kleines - Sommer-Loch im Medien-Quoting auftun. Wenn man schon “fett” signalisiert, dass noch nichts “unterwegs” in die UAE sei, sehnt man geradezu herbei, dass Parlamentarier dazu einen Beschluss des Bundestages fordern. Wir vermissen MdB Hans-Christian Ströbele schon seit so langer Zeit im Sonnenkönigs-TV.

Vielleicht wäre für die elitäre Schar der mit reichlichen Ressourcen ausgestatteten “investigativ”-politisierten Journalisten das Thema

  • Beitrag Deutschlands zum NATO-Haushalt sowie Verwendung von NATO-Ressourcen für die Unterstützung der polnischen Streitkräfte “im Irak-Krieg”

von Interesse? Auf www.nato.int  sind genügend Recherche-Starter zu finden.

Wir sind ziemlich sicher, dass diese Daten - in der retrospektiven Betrachtung in 2010 - als die “OSZE-Merkmale” des NATO-Niedergangs vermerkt werden. Aber Vorsicht: Sicherheitspolitik ist nicht eine Frage von Organisationen oder Ambitionen. Der U.S.-9/11-Bericht hat vor allem fehlende “Imagination” beklagt.

{Stell’ Dir den NATOD vor - weine nicht}

 

NATO-Zukunft: brennt, Burns

24. Oktober 2003

Man wird bezweifeln müssen, ob interessierte Normal-Bürger die Beutung ausreichend realisieren, die sich mit der Kokon-Metamorphose der NATO vollzieht. Über Nacht ist sie weltweit zuständig, in Rekordzeit veranstaltet sie (letzte Woche) die Inthronisation der “NATO-Response-Force” (NRF) in Brunssum (NL) und in Sachen “Transformation” (der Streitkräfte) wird nicht nur ein ganzes Headquarter in Norfolk dafür umgewidmet, sondern auch ein augenscheinlich bedeutsames Projekt betrieben, dass sich “Multinational Joint Concept Development and Experimentation” (kurz CDE) nennt: Betreiber sind die USA, Australien, Kanada, GrossBritannien, Deutschland und Frankreich (dessen Teilhabe als nicht in die militärische Integration der NATO gekennzeichneter Staat Bände für die Agilität der politischen Führung spricht). Im CDE-Projekt wollen die Deutschen Partner “auf Augenhöhe” sein und dafür immerhin 90 (!) hochrangige Offiziers-Dienstposten herausbrechen.

Zum Kokon-Charakter liefert die Rede des U.S.-Botschafters bei der NATO, Nicholas Burns, die er am 19. Oktober anlässlich der Konferenz “NATO and the Greater Middle East” in Prag gehalten hat, zusätzlichen Treibstoff
http://usinfo.state.gov/xarchives/display.html?p=washfile-english&y=2003&m=October&x=20 031023173310osnhojac0.5739099&t=usinfo/wf-latest.html :

  • “Wir werden unsere konzeptionelle Aufmerksamkeit und die Stationierung unserer Streitkräfte im Osten und Süden vorzunehmen haben. Die Zukunft der NATO, meinen wir (die US-Regierung), liegt im Osten und Süden; sie ist im erweiterten Mittleren Osten.”
     
  • Die Bedrohungen sieht Botschafter Burns aus den Richtungen: “Zentral- und Süd-Asien, dem Mittleren Osten selbst, und aus Nord-Afrika.”
     
  • Der “Mediterranean Dialouge”, den die NATO seit 1995 mit Israel und sechs arabischen Ländern (auch aus Nord-Afrika, mit Ägypten und Jordanien) führt, soll in seinem militärischen Inhalt angefüllt werden mit mehr Training und Mannövern. Allerdings hat darüber die NATO noch nicht entschieden.
     
  • Für den Frühjahrs-Gipfel der NATO in Istanbul kündigt Botschafter Burns eine Ost-Initiative seiner Regierung an: Man will die Ausweitung des NATO-Einflusses in die Kaukasus-Region und Zentral-Asien.

Zum in den Medien auf kleiner Flamme gekochten Streit zum Thema NATO/EU sind notizwürdige Bemerkungen aufzufinden. Wahrscheinlich werden diese im Streit der Welt-Strategen wenig Gehör finden. Wer wird sich schon in die Niederungen der materiellen Konsequenzen begeben, die eine “Schokoladen-Strategie” zur Folge hätte. Kein Mensch macht sich die Mühe, die NATO als unglaubliche Maschinerie vorzustellen. Im NATO-”Headquarter” (+ SHAPE) arbeiten 13.000 Experten, mit eigenen Satelliten, AWACS, kostspieligsten Ressourcen. Weltkonzerne würden das als “Center of Excellence, Competence” oder sonstwas beschreiben. Immerhin hat die EU mit der NATO die volle Nutzung dieser Kapazitäten ausgehandelt - oder nicht? Wenn man das Schokoladen-Schlösschen in Tervuren haben möchte, reicht die Rennovierung dieser augenscheinlich etwas heruntergekommenen Immobilie keinesfalls.

{Henny sagt: “Es ist nicht so: Schitt doa mol henn - es muss auch stinken”}

 

NATO: Level of Ambition

14. Oktober 2003

Wir haben wieder einmal etwas aufgeschnappt, das wir dann doch nicht verstehen. Es geht um den “Level of Ambition” der NATO. Dieses Thema ist deshalb sehr interessant, weil hier  strategische Ziele genannt werden, aus denen sich auch die Verpflichtungen für die militärischen Beiträge der Mitgliedstaaten, etwa Deutschlands, ergeben. Nach unserem Kenntnisstand ist weder in der Vergangenheit noch derzeit offen beziffert worden, welche Verpflichtungen die deutsche Regierung gegenüber der NATO konkret eingegangen ist.

Der (neue) “Level of Ambition” der NATO lautet wie folgt:

  • “Jederzeit Operationen nach Art. 5 des NATO-Vertrages innerhalb der AOR (Area of Responsibility = NATO-Vertragsgebiet)
    plus
    Zwei Operationen (Major Joint Operations) ausserhalb der AOR (also weltweit), die gleichzeitig geführt und jeweils mehr als zwei Jahre dauern.
     
  • oder,
    falls keine Operationen nach Art. 5 vorhersehbar sind:
    Drei Major Joint Operations ausserhalb AOR, gleichzeitig geführt mit > 2 Jahren Dauer (das drei Major Operations gleichzeitig und über längere Zeiträume geführt werden können, wird als “essentiell” bezeichnet).”
     
  • Ausserdem wird unter dem Stichwort “Flexibilität” gefordert, dass
    - “mehr als drei Operationen (kleiner als die Major Operations)” und
    - “grössere gemeinsame Operationen ausserhalb der AOR” möglich sind.
     
  • Einziger konkreter Hinweis ist, dass man für die “Anfangsoperationen” etwas weniger als “3 Korps-Äquivalente” benötigt (Ein Korps führt in der Regel zwei bis drei Divisionen; einer Division wiederum unterstehen zwei bis drei Brigaden sowie andere Divisionstruppen. Nach Angaben der Bundeswehr aus 1997 gehören 16.000 - 20.500 Soldaten zu einer Division. Die heutigen Divisions-Grössen liegen aber deutlich unterhalb dieser Grösse).

Andererseits wissen wir aus diversen Veröffentlichungen, dass die neue “NATO Response Force” 21.000 Soldaten (aller Truppengattungen) haben soll, von denen 5.000 aus Deutschland verpflichtet werden sollen.

Genaues wissen wir also keinesfalls. Über allem liegt der “Geheim”-Schleier der NATO. Vielleicht erhört ja jemand unseren Hilferuf nach Aufklärung dieser vor-demokratischen Zustände.

{Ambitionen sollte man immer verschweigen}

 

NATO zu 20: interests

29. Mai 2002

Ohne Zweifel ein echtes historisches Datum: Die “Deklaration der Regierungs-Chefs der NATO-Staaten und der Russischen Förderation” am 28. Mai 2002 auf dem Luftwaffen-Stützpunkt Pratica di Mare nahe Rom. Nicht Teil der offiziellen Texte, wohl aber auf der NATO-Website nato.int zu finden, ist die Beschreibung der bisher definierten “issues of common interests”; top-interessant dürfte die Nr. fünf sein:

  • “Kampf gegen Terrorismus;
  • Krisen-Management;
  • Nicht-Weitergabe;
  • Rüstungskontrolle und vertrauensbildende Massnahmen;
  • (nicht-strategische) Raketen-Abwehr (theatre missile defence);
  • Suche und Rettung zur See;
  • militärische Kooperation (military-to-military) und defence reform;
  • zivile Katastrophenfälle;
  • neue Bedrohungen und Herausforderungen.”

Nach dem die Russen in Sachen Raketen-Abwehr an Bord kommen, hoffen wir, dass die Deutschen nicht ihr Desinteresse erklären.

{Wat den enen sin Uhl, is den anneren sin Nachtigall}

 

NATO-VerteidigungsMinister-Treffen: “... noch eine Menge zu tun”

5. 12. 2000

Bei seiner Presse-Konferenz war Verteidigungsminister Scharping hörbar gut aufgelegt und meinte gleich eingangs, in Sachen DCI (erhebliche Verbesserung des Streitkäfte-Dispositivs) sei “noch eine Menge zu tun”.

Analysiert man das Kommunique der NATO-Minister, scheint Scharping erheblich ehrlicher zu sein. In Ziff. 17 des vorab von NATO-Mitarbeitern entworfenen Textes, der dann praktisch nur noch abgesegnet wird, klingt die DCI-Geschichte viel positiver, was sie in Wirklichkeit natürlich überhaupt nicht ist. Beispiel:
“Wir meinen, dass wir eine wichtige Stufe bezüglich der Umsetzung der DCI erreicht haben.” Man kann das natürlich auch anders interpretieren, wenn Sätze wie “wir sind durch kürzliche Ankündigungen..” verwendet werden. Kurzum: Es ist die hohe Kunst des Kommunique-isierens.

Die folgenden harten Fakten lassen sich feststellen:

  1. Ziff. 17: Extra erwähnt wird AGS: Alliance Ground Suveillance System - das grössere “Momentum”, welches dieser Arbeit gewidmet wird, wird willkommen geheissen.
     
  2. Ziff. 22: Das hochdiplomatische und -politische Gefecht zwischen NATO und EU aufgrund der EU-Militär-Initiative wir unter ein tolles Prinzip gestellt, dass notizwürdig auch für Partnerschafts-Konflikte ist:
    nichts ist abgemacht, bevor alles vereinbart ist (nothing will be agreed until everthing is agreed).
     
  3. Ziff. 26: Unter dem Begriff “Force Structure Review” verbirgt sich ein Super-Thema: Die NATO ist erst dabei, aufzuzeichnen, wieviel und welche Truppen sie denn eigentlich braucht und vor allem, welche Nation dazu in welchem Umfang beitragen müsste. Die Deutschen haben ihr fettes Angebot natürlich schon parat (u. E. allerdings nicht, was die Qualitäten angeht - aber wir sind gross und mächtig und brauchen den “Platz an der Sonne”).
    Zur Frühjahrs-Tagung sollen die Empfehlungen der “Force Structure Review” auf den Tisch kommen.
     
  4. Ziff. 31: Schön ist, dass die NATO das Thema “Verbreitung von Kleinwaffen” entdeckt hat (die entsprechende UNICEF-Aktion hat inzwischen 30.000 Unterzeichner).
     
  5. Ziff. 37: Zu dem russischen Vorschlag, die Kooperation bei Search and Rescue auf See zu diskutieren, kann man nur gutes hoffen.
     
  6. Ziff. 38: Der breit angelegte sicherheits- und militärpolitische Dialog zwischen NATO und Russland ist beachtenswert, denn es geht sogar um theatre missile defence. Und in Moskau wird eine NATO Military Liasion Mission aufgemacht.
     
  7. Ziff. 39: Zu Tschetschenien hat man immerhin etwas gesagt und die Regierung aufgefordert, die humanitären Hilfeleistungen zu unterstützen.
     
  8. Ziff. 45: Natürlich steht die Nicht-Verbreitungspolitik im Vordergrund, aber immer wieder spannend ist, mit welchem Wording die Raketen-Abwehr-Kiste vernebelt wird: “defensive preparedness”!
     
  9. Ziff. 49: Freundlich und deutlich ist die Aufforderung an Russland, gemäss den Vereinbarungen des Vertrages über Konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE) nun endlich von verschiedenen Punkten abzuziehen.

Gegen die 18 Seiten des Abschluss-Kommunique’s sind die vier Seiten des Kommunique’s des “Defence Planning Committee” und der “Nuclear Planning Group” erfrischend”:

  1. Die Minister haben sich die Pläne für die Zeit von 2001 - 2005 und darüber hinaus angeschaut und den bis 2005 akzeptiert (falls die einmal das Licht der Öffentlichkeit erblicken würden, könnte man sich eine Menge Druckerfarbe und Bytes sparen - aber das sind ja alles Arbeitsplätze).
     
  2. “Wir haben erkannt - however - dass es einige Zeit dauern wird, bevor die Alliierten viele der DCI-Kapazitäten voll entwickelt haben, teilweise aufgrund von “Ressourcen”-Beschränkungen.” (Yes, Sir, ganz lange Zeit).
     
  3. In Ziff. 6 geht es dann um die Planung über 2008 hinaus und dann geht es um Fähigkeiten für Nicht-NATO-Art. 5-Krisen - ein schönes Thema.
     
  4. In Ziff. 10 liest man, dass die NATO die Russen erneut auffordert, die Reduktion ihrer taktischen Nuklearwaffen zu komplettieren - wie 1991 und 1992 für das Ende des Jahres 2000 versprochen - noch ein schönes Thema, mit dem sich wieder kein Mensch beschäftigt - oder doch? Wir haben zuletzt gehört, dass sie noch kein Stück davon reduziert haben.

Und wie sollen wir den ganzen Kram nun abschliessen?

{Können Sie mir bitte sagen, wo ich hin will - ich geh’ schon ‘mal vor}

Wenn Sie was ordentliches und zutreffendes über die NATO-Probleme lesen wollen: Nur die knapp zwei Seiten der Schlussfolgerung /Zusammenfassung (S. 18 ff.) von:
Paul Helminger (Luxemburg), Generalberichterstatter, NATO, Parlamentarische Versammlung, Wirtschafts- und Sicherheitsausschuss;
“Die Verteidigungsausgaben im Bündnis - Trend und Entwicklungen”
abladen bei:
www.nato-pa.int/publications

Die u. E. derzeit beste Zusammenstellung zu Streitkräfte-Daten von NATO/EU sollten sich Interessierte unbedingt besorgen:
“Chaillot-Papers” Nr. 42, Sept. 2000, Francois Heisbourg et.al, “European Defence: Making It Work”,  Annex 1 - 13. Das Abladen als pdf-Dokument funktioniert derzeit (4.12.2000) nicht:
www.weu.int/institute/index.html

(Wenn Sie einen europäischen Staat finden, der finanzwirtschaftlich gesund und dazu noch defense-minded ist, können Sie einen signifikanten Trend nach oben eintragen - ansonsten vergessen wir es lieber und tragen die Flatline ein).

 

NATO-Aussenminister-Treffen: Türkischer Aufmarsch

16. 12. 2000

Die Türken standen diesmal in Brüssel: Alles haben sie in die Schlacht gegen die EU geworfen, die sich bei NATO ggfs. reichlich der Ressourcen bedienen wollen, wenn sie in irgendeiner Krise ohne die Amerikaner operieren wollen. So zwingt man NATO und EU, den Status auch der NATO-Staaten zu achten, die (noch) nicht in der EU Mitglied sind; das hat sicher alle gefreut, die die französische Absicht nicht mögen, dass die EU sich gegenüber der NATO verselbständigen will.

Die NATO hat’s wieder geschafft: 16 Seiten Kommunique. Die wichtigsten Punkte:

  • Ziff. 1 - 25: Balkan
     
  • Ziff. 26 - 28: DCI
    Milde Töne, aber: “Ultimately, however, the implementation of DCI will depend on the adequacy of national defence budgets.”
     
  • Ziff. 29 - 35: ESDI
    Immer wieder die Erinnerung an die Prinzipien, die zur ESDI auf dem Washingtoner NATO-Gipfel im April 1999 beschlossen worden sind. In Ziff. 31 geht’s zur Sache, sprich Nizza: Es wird ein Agreement zwischen NATO und EU geben (nothing will be agreed until everthing is agreed); auf diese Weise werden alle Bedenken beseitigt werden können. Selbst Kanada ist nun wieder dabei.
    In Ziff. 33 ist fein aufgezählt, welche Felder konkret zwischen EU und NATO vertraglich festgelegt werden müssen (im Zusammenhang mit dem Solana-Nizza-Bericht zu ESDI werden wir uns damit noch beschäftigen). Die Schweden, die die EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2001 übernehmen, werden’s schon richten.
     
  • Ziff. 36 - 72: Neu-Aufnahme, Russland, Open Skies usw.:
    Ziff.: 47: Die Russen sollen die Rückkehr der OSZE-Gruppe nach Tschetschenien genehmigen.
    Ziff. 55: Zum Thema Vertrauensbildung, Verifikation, Non-Proliferation, Rüstungskontrolle und Abrüstung hat NATO einen 34-S.-Report veröffentlicht (Download nicht vergessen).
     
  • Ziff. 61 wird der Aussenminister seinen Freunden erklären:
    “Wir bekräftigen nochmals, dass die Gesamtdarstellung der Verteidigungskräfte der Allianz die Fähigkeiten haben muss, sich gegeüber den Risiken, die mit der Weitergabe von ABC-Waffen und deren Trägermittel verbunden sind, angemessen und effektiv bereit zu machen. Wir beachten die kontinuierliche Arbeit zwischen den Alliierten der NATO über Theater Missile Defense für punktuelle und Raum-Verteidigung.” (eigene Übersetzung).
    (Wir haben gar keine Hurra-Meldungen zu den Brüsseler Spitzen auf der Homepage des AA gefunden?!).

{Parole? - Weitermachen - aber rührt Euch}

 

[Home] [News] [Mächte] [Allianzen] [Konzepte] [Kriege] [Szenarien] [i-Views] [Kontakt]